

Rechtssätze
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Jakob Schmalzl Schwechater Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsges.m.b.H., Bruck-Hainburger Straße 1, 2320 Schwechat, über die Beschwerde vom 21. Jänner 2021 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 14. Dezember 2020 betreffend Einkommensteuer 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Nach Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2015 und 2016 wurde
die Einkommensteuer für diese Jahre mit Einkommensteuerbescheiden 2015 und 2016 vom 19. November 2021 neu festgesetzt.
Die sonstigen Einkünfte (Einkünfte aus Leistungen) seien mit einem Betrag von 6.804,30
€ (für 2015) und 10.695,74 € (für 2016) festgesetzt worden.
Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge der GPLA von "2" A B Lohnverrechnung Urlaubsvertretungs- und Krankenvertretungsgelder überprüft worden
seien. Hierbei sei festgestellt worden, dass Dienstnehmer für die Vertretung für Hausbesorger
Tätigkeiten unversteuertes Entgelt an Dritte weitergegeben hätten. Laut Veranlagungsakt
sei dieser Betrag steuerlich nicht berücksichtigt worden, obwohl nebenbei noch Einkünfte
aus nichtselbständiger Tätigkeit vorgelegen seien. Die Vertreter eines Hausbesorgers
würden sonstige Einkünfte gem. § 29 Z 3 EStG 1988 erzielen, die zur Einkommensteuer
zu veranlagen seien.
Mit Eingabe vom 16. Dezember 2021 wurde Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 eingebracht.
Hausbesorgervertretungsgelder:
Bei den gemeldeten Hausbesorgervertretungen hätte kein Zahlungsfluss stattgefunden.
Es würde daher keine Beträge geben, die dem Steuerpflichtigen zugerechnet werden würden
können.
Mangels Zuflusses bzw. mangels Zurechnung würde daher keine Steuerpflicht vorliegen.
Zur Problematik eines fehlenden Zahlungsflusses von Vertretungsgeldern bei Hausbesorgen
werde auf die Rechtsprechung des UFS RV/2703-W/10 verwiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 2. Februar 2022 wurde die Beschwerde über den Einkommensteuerbescheid 2014 als
unbegründet abgewiesen.
Eine Begründung würde gesondert zugehen.
Mit selben Datum wurde folgende Begründung verfasst und übermittelt:
Der Beschwerdeführer sei Hausbesorger in Wien und würde in einem Dienstverhältnis
mit der A B GmbH (in weiterer Folge A B) stehen. Der Abgabenbehörde seien Kontrollmitteilungen (fünf Formulare betreffend
Übernahme einer Krankenstands- bzw. Urlaubsvertreterentschädigung) übermittelt worden,
wonach der Beschwerdeführer Vertreterentschädigungen für die Vertretung von Hrn. C D im Jahr 2015 iHv. 6.804,30 € und im Jahr 2016 in Höhe von 10.695,74 € erhalten hätte.
Im Zuge eines Vorhalteverfahrens hätte der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen
Vertreter am 16. Februar 2021 wie folgt Stellung genommen:
"Hiermit teilen wir ihnen mit, dass der o.a. Steuerpflichtige für den Zeitraum 2015
bis laufend keine einkommensteuerpflichtigen Zusatzeinkünfte als Hausbesorger bezogen
hat."
Danach hätte die Behörde diese Einkünfte in Höhe der übermittelten Kontrollmitteilung im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 1 BAO zusätzlich festgesetzt.
Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde hätte der Beschwerdeführerin vorgebracht,
dass bei den gemeldeten Hausbesorgervertretungen kein Zahlungsfluss stattgefunden
hätte. Es würde daher keine Beträge geben, die dem Steuerpflichtigen zugerechnet werden
würden können.
Mangels Zuflusses bzw. mangels Zurechnung würde daher keine Steuerpflicht vorliegen.
Zur Problematik eines fehlenden Zahlungsflusses von Vertretungsgeldern bei Hausbesorgern
werde auf die Rechtsprechung des UFS RV/2703-W/10 verwiesen.
Nach § 167 Abs. 2 BAO hätte die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei oder nicht.
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG seien Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem
Steuerpflichtigen zugeflossen seien. Es sei unstrittig, dass die Vertretungstätigkeit
in den Jahren 2015 und 2016 vom Beschwerdeführer übernommen worden sei. Mit der Unterschrift
auf den gegenständlichen Formularen hätte der Steuerpflichtige jeweils bestätigt,
dass er die Vertretungsentgelte erhalten hätte.
Einnahmen seien einem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er die volle Verfügungsmacht
über sie erhalten würde (VwGH 17.10.1984, 82/13/0266; VwGH 22.2.1993, 92/15/0048).
Es sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auf den streitgegenständlichen Formularen
bestätigt hätte, die Vertreterbeträge erhalten zu haben. Das Formular sei hinsichtlich
der Formulierung "Betrag vom Hausbesorger/In erhalten" eindeutig, es werde dadurch vom Vertreter bestätigt, die geltend gemachten Beträge
erhalten zu haben.
Für die Abgabenbehörde sei nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht die in der Beschwerde
begründete "Problematik" eines fehlenden Zahlungsflusses in UFS 11.7.2011, RV/2703-W/10
für den gegenständlichen Fall von Bedeutung sei, da der dortige und der hier gegenständliche
Sachverhalt nicht miteinander vergleichbar sei.
In der zitierten Entscheidung sei die Abzugsfähigkeit geltend gemachter Werbungskosten
für Vertreterentgelte eines Hausbesorgers strittig. Der Rechtsmittelwerber sei von
der Behörde aufgefordert worden, den Zahlungsfluss nachzuweisen und hätte in weiterer
Folge monatliche Honorarnoten über Pauschalentgelte sowie Kassabelege über Barzahlungen
vorgelegt. Banküberweisungen seien keine vorgelegt worden. Der Unabhängige Finanzsenat
hätte festgestellt, dass die Pauschalentgelte nicht fremdüblich seien, außerdem seien
die Vertretungsentgelte nicht direkt von der Hausverwaltung bezahlt worden, weshalb
im Ergebnis der Zahlungsfluss nicht nachgewiesen werden hätte können.
Im gegenständlichen Fall hingegen würden Bestätigungen über den Erhalt des Vertreterentgelts
vorliegen, welche als Einkünfte angesetzt worden seien.
Die angeführten Ausführungen seien Bestandteil des oben bezeichneten Bescheides. Ein
nach Maßgabe der Rechtsmittelbelehrung zulässiges Rechtsmittel könne nur gegen den
Spruch des oben bezeichneten Bescheides, nicht aber gegen die Begründung erhoben werden.
Mit Eingabe vom 24. Februar 2022 wurde beantragt, gegenständliche Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung
vorzulegen (Vorlageantrag).
Zu den in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung enthaltenen Abgabenbehörde
werde wie folgt Stellung bezogen:
< Einkommensteuer 2015 und 2016:
Wie bereits in der Beschwerde begründet, hätte kein Zahlungsfluss stattgefunden. Gem.
§ 19 Abs. 1 EStG würde mangels Zuflusses keine Steuerpflicht vorliegen. Es hätte daher
auch keine volle Verfügungsmacht entstehen können. Die Formulare seien vom Arbeitgeber
vorgelegt worden. Es hätte keine anderen zur Auswahl gegeben.
Die Formulare seien mangels steuerlicher Kenntnisse so hingenommen und unterschrieben
worden.
In einem vergleichbaren Sachverhalt gebe es bereits eine stattgebende Entscheidung des BFG, in welcher das BFG entschieden hat, dass mangels Zahlungsflusses keine Steuerpflicht vorliegen würde (sieh GZ. RV/7105990/2019).
Mit Vorlagebericht vom 8. März 2022 wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Bezugnehmend auf die Beschwerdevorentscheidung wurde beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Von der belangten Behörde übermittelte Unterlagen:
1.) Übernahme von Vertreterentschädigungen (Kontrollmitteilungen 2015 und 2016).
2.) Vorhalt belangte Behörde vom 14. Dezember 2020:
"Der Finanzverwaltung liegt Kontrollmaterial vor, dem zu Folge Sie Einkünfte aus Hausbesorger/Urlaubs-
und Krankenstandsvertreterentschädigungen erzielt haben. Es besteht nun der begründete
Verdacht, dass Sie zumindest ab dem Jahr 2015 bis laufend diese Einkünfte nicht ordnungsgemäß
offengelegt respektive der Besteuerung unterzogen haben und dadurch Einkommensteuer
in noch zu bestimmender Höhe verkürzt (§ 33 FinstrG) wurde. Jedem Steuerpflichtigen
ist hinlänglich bekannt, dass einkommensteuerpflichtige (Zusatz)Einkünfte (§ 41 Abs.
1 Z 1 EStG 1988) bekannt zu geben und zu versteuern sind. Der Tatverdacht ist daher
in objektiver und subjektiver Hinsicht begründet. Sie werden daher ersucht, für die
diesbezüglichen Abgabenerklärungen (Formular E1 bzw. E1a) abzugeben. Bei Nichtabgabe
der Steuererklärungen beabsichtigt die ho. Behörde die Einkünfte im Schätzungswege
gem. § 184 BAO zu ermitteln. Um Stellungnahme bzw. Abgabe der Einkommensteuererklärungen
wird ersucht."
3.) Antwortschreiben des Beschwerdeführers (Vertreter):
"Hiermit teilen wir ihnen mit, dass o.a. Steuerpflichtige für den Zeitraum 2015 bis
laufend keine einkommensteuerpflichtigen Zusatzeinkünfte als Hausbesorger bezogen
hat."
Mit Schreiben vom 15. März 2022 wurde Herr D C seitens des Richters zu einer schriftlichen Zeugenaussage aufgefordert.
Im Antwortschreiben vom 8. April 2020 (Anmerkung Richter: richtig wohl 8. April 2022) wurde hierauf wie folgt geantwortet:
"1.) Ich habe Hr. Beschwerdeführer keine Beträge ausbezahlt.
2.) A B verlangte die Bestätigungen.
3.) Ich stehe mit Hr. Beschwerdeführer in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis.
4.) Der urlaubgehende Hausbesorger kümmert sich um die Vertretung.
5.) Es haben keine anderen Personen die Vertretung übernommen."
Mit Eingabe vom 21. April 2022 wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den gesamten Senat zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer stand in den Streitjahren 2015 und 2016 in einem Dienstverhältnis mit der Stadt Wien - A B und erzielte daraus Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
Im Zuge einer von bei "2" A B durchgeführten GPLA-Prüfung wurden Urlaubs- und Krankenvertretungsgelder, darunter auch jene des Beschwerdeführers, überprüft und Kontrollmitteilungen angefertigt.
Der Beschwerdeführer hat in den Streitjahren 2015 und 2016 die Urlaubs- sowie Krankenstandsvertretung für näher bezeichnete Liegenschaftsobjekte für Herrn D C übernommen und hierfür den Erhalt von Vertreterentschädigungen unter Verwendung entsprechender Formulare unterzeichnet.
Die von A B bereitgestellten Formulare enthielten die Überschrift "ÜBERNAHME EINER URLAUBSENTSCHÄDIGUNG" bzw. "ÜBERNAHME EINER KRANKENSTANDSVERTRETERENTSCHÄDIGUNG", die Personalnummer des Vertretenen, den betreffenden Monat sowie Ort und Datum und
waren im Adressfeld an die vertretene Person gerichtet.
Daran anschließend lautete es auszugsweise wie folgt:
"Um Überzahlungen Ihrerseits an den/die Vertreter zu vermeiden, erlauben wir uns nachstehend
die gesetzlichen Obergrenzen pro Objekt für den Gesamtzeitraum Ihres Urlaubes/Ihres
Krankenstandes, Kuraufenthaltes oder Arbeitsunfalls bekannt zu geben:"
Seitens A B vorausgefüllt waren daran anschließend die zu vertretenen Objekte (1. Objekt; 2. Objekt; … jeweils mit Zuordnungscode), der für das jeweilige Objekt zustehende Betrag in EUR sowie der Gesamtbetrag aller Objekte in EUR.
Vorgedruckt war weiters die händische Ausfüllmöglichkeit des Vertreters mit Platzhaltern "für Objekt", "für den Zeitraum von […] bis", "Name", "Anschrift", "Betrag in EUR", "vom Hausbesorger/In erhalten" sowie "Unterschrift des Vertreters" zur Bestätigung.
Sämtliche dem Gericht vorliegenden streitgegenständlichen Übernahmebestätigungen für Vertreterentschädigungen enthielten die händische Vervollständigung der Daten des Beschwerdeführers inklusive des in EUR als Vertreterentschädigung erhaltenen Betrages sowie die Unterschrift des Beschwerdeführers. Die Wortfolge "vom Hausbesorger/In erhalten" wurde in keiner der gegenständlichen Übernahmebestätigungen gestrichen.
Der Beschwerdeführer und der Vertretene stehen in keinem Angehörigenverhältnis (Zeugenaussage vom 8. April 2020; Anmerkung Richter: gemein wohl 8. April 2022).
Für den erkennenden Richter besteht kein Zweifel, dass die Vertreterentschädigungen
entsprechend dem betraglichen Ausweis seitens A B an den Vertretenen ausbezahlt und im Wege der Lohnverrechnung versteuert wurden.
Beanstandungen dahingehend erfolgten im Rahmen der bei A B durchgeführten Prüfung der GPLA nicht.
Die Entschädigungen wurden mit dem Gehalt des Vertretungsmonats ausbezahlt.
Der Beschwerdeführer kümmert sich laut seinen Angaben selbstständig um eine geeignete
Vertretung (ebenso Herr C - lt. oben genannter Zeugenaussage). Eine gegenseitige Vertretungsleistung
erfolgt nicht gleichwertig, sondern ausschließlich nach Bedarf und Verfügbarkeit.
Die erhaltenen Kostenersätze der Vertreterentschädigungen des Beschwerdeführers wurden
in den Streitjahren 2015 und 2016 nicht an diesen ausbezahlt. Eine Ausbezahlung war
zu keinem Zeitpunkt intendiert. Eine Aufrechnung der gegenseitigen Vertretung war
explizit nicht gewollt. Vielmehr entspricht es dem Usus, dass gegenseitig auf sämtliche
Kostenersatzansprüche verzichtet wird, der Erhalt der Ersatzleistung jedoch jeweils
bestätigt wurde, um den Kostenersatz von A B zu erhalten.
Die Nichtweitergabe an den Vertreter einer der von A B an den Vertretenen bezahlten Entschädigung wird grundsätzlich disziplinär verfolgt. Der jahrelange unter Hausbesorgern übliche Usus, dass diese sich gegenseitig vertreten, den Erhalt von Vertreterentschädigungen bestätigen, wodurch der Vertreterkostenersatz durch A B an die Vertretenen erfolgt, obwohl tatsächlich keine Vertretungskosten entstanden sind (und dies auch tatsächlich nicht beabsichtigt war), wird von A B toleriert.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.
Herr C hat in seiner schriftlichen Zeugeneinvernahme dem Richter mitgeteilt, dass er keine Beträge an den Beschwerdeführer ausbezahlt hat.
A B übersandte den Vertretenen die hinsichtlich des für die Vertretung zustehenden Maximalkostenersatzes vorausgefüllten Vertreterformulare, welche nach Ausfüllen der Vertretungsdaten sowie Bestätigung des Erhalts der Vertreterentschädigung binnen einem Monat dem Verrechnungsreferat zu retournieren waren. Wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, wurden die gegenständlichen Vertreterformulare mit den händisch ausgefüllten Daten des Beschwerdeführers sowie dem Vertretungszeitraum und -objekt vom Beschwerdeführer unterfertigt an A B übermittelt. Diese Vorgehensweise bestätigte sich auch nach den Ausführungen der Zeugenaussage vom 8. April 2022.
Nur durch diese Vorgangsweise konnte auch die GPLA im Rahmen der Außenprüfung und in weiterer Folge die belangte Behörde durch Kontrollmitteilung Kenntnis der betreffenden Vertreterentschädigungen erlangen.
Der erkennende Richter geht folglich davon aus, dass entsprechend den gesetzlichen
Vorgaben A B den Kostenersatz für die Vertretung an den Vertretener im Rahmen der Gehaltszahlungen
ausbezahlt hat.
Eine direkte Auszahlung der Vertreterentschädigung an den Beschwerdeführer von A B ist jedenfalls nicht erfolgt.
Die an Herrn C ausbezahlten Kostenersätze wurden somit der Besteuerung unterzogen.
Die Ausführungen der belangten Behörde (in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung)
sind für das Bundesfinanzgericht insofern nicht nachvollziehbar, wenn sie behauptet,
dass der Beschwerdeführer die Vertretungsgelder erhalten hat und diese also tatsächlich
zugeflossen sind.
Entgegen der Behauptungen der belangten Behörde sind diese Beträge dem Beschwerdeführer
nicht zugeflossen.
In den Gehaltszetteln des Herrn C ist ersichtlich, dass der Vertretene und nicht der
Beschwerdeführer den Kostenersatz von A B erhalten hat.
Inwieweit die an Herrn C von A B ausbezahlten Vertretungskostenersätze tatsächlich lohnversteuert wurden, ist nicht
verfahrensgegenständlich.
Strittig kann somit im beschwerdegegenständlichen Verfahren nur sein, ob - entsprechend
der unterfertigten Vertreterentschädigungsformulare - tatsächlich eine Entschädigungszahlung
von dem Vertretenen an den Beschwerdeführer erfolgt ist. Herr C hat als Zeuge glaubhaft
angegeben, dem Beschwerdeführer keine Entschädigung für die gegenständliche Vertretungstätigkeit
ausbezahlt zu haben.
Diese Aussage erscheint vor allem vor dem Hintergrund stimmig, dass Herr C in den
betreffenden Steuerbescheiden keine Werbungskosten für angefallene Vertretungskosten
geltend gemacht hat.
Entgegen der aktenkundigen unterfertigten Bestätigungen über die Ausbezahlung von Vertreterentschädigungen, geht das Bundesfinanzgericht im Lichte der Beweislage davon aus, dass tatsächlich keine Ausbezahlung der betreffenden Vertreterentschädigungen in den Streitjahren 2015 und 2016 an den Beschwerdeführer erfolgt ist und eine Ausbezahlung von vornherein auch nicht gewollt war.
Demnach war es bekannter Usus unter Hausbesorgern, dass sich diese gegenseitig vertreten, den Erhalt der Vertreterentschädigung bestätigen, diese jedoch nicht erhalten. Da die Dienstleistungen tatsächlich erbracht und im Rahmen der Lohnverrechnung auch besteuert werden, wird diese Vorgehensweise nach Auskunft von A B toleriert.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988, BGBl 1988/400 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl I 2011/112, sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
§ 7 Hausbesorgergesetz, BGBl 1970/16 idF BGBl I 2010/111, lautet wie folgt:
"Entgelt
§ 7. (1) Der Hauseigentümer hat an den Hausbesorger für die nach den §§ 3 und 4 Abs.
1 zu erbringenden Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt monatlich im Nachhinein
zu leisten.
(2) Ferner gebührt dem Hausbesorger ein Urlaubszuschuss in der Höhe des für den Monat Mai gebührenden Entgelts und eine Weihnachtsremuneration in der Höhe des für den Monat November gebührenden Entgelts. Der Urlaubszuschuss ist bei Antritt des Urlaubes, spätestens jedoch bis zum 30. Juni, die Weihnachtsremuneration spätestens bis zum 30. November eines jeden Jahres auszuzahlen. Beginnt oder endet das Dienstverhältnis während des Kalenderjahres, so gebühren dem Hausbesorger Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration, entsprechend der in diesem Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit, anteilsmäßig.
(3) Dem Hausbesorger ist eine Abrechnung, aus der die Berechnung und Höhe des monatlichen Bruttoentgeltes sowie die Abzüge zu ersehen sind, insbesondere dann auszuhändigen, wenn sich die Höhe des Brutto- oder Nettoentgelts ändert.
(4) Das Bundeseinigungsamt hat auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitnehmer durch Mindestlohntarif die Höhe des Entgeltes gemäß Abs. 1 für die Dienstleistungen gemäß den §§ 3 und 4 Abs. 1 unter vergleichsweiser Heranziehung kollektivvertraglicher Lohnbestimmungen für im wesentlichen gleichartige Arbeitsverrichtungen zu regeln.
(5) In diesem Mindestlohntarif ist festzusetzen, welche Beträge (Entgeltanteile) zu
bezahlen sind:
a) für Wohnungen und
b) für andere Räumlichkeiten
c) für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis nach § 4 Abs.
1 Z 1 lit. e.
(6) Die Entgeltanteile für Wohnungen und für andere Räumlichkeiten sind nach deren Nutzflächenausmaß, der Entgeltanteil für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis pro m2 der zu reinigenden Flächen, in monatlich gleicher Höhe festzusetzen."
§ 15 Hausbesorgergesetz, BGBl 1970/16 idF BGBl I 1983/81, lautet wie folgt:
"Urlaub
§ 15. (1) Dem Hausbesorger gebührt in jedem Dienstjahr ein ununterbrochener Urlaub,
auf den die Vorschriften des Artikels I Abschnitt 1 des Bundesgesetzes vom 7. Juli
1976 betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer
Pflegefreistellung, BGBl. Nr. 390, mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an Stelle
des Urlaubsausmaßes von 30 Werktagen ein Urlaubsausmaß von 35 Kalendertagen und an
Stelle des Urlaubsausmaßes von 36 Werktagen ein Urlaubsausmaß von 42 Kalendertagen
tritt.
(2) Während des Urlaubes behält der Hausbesorger den Anspruch auf das gesamte Entgelt (§§ 7, 12 und 13)."
§ 17 Hausbesorgergesetz, BGBl 1970/16 idF BGBl I 2010/111, lautet wie folgt:
"Vertretung
§ 17. (1) Ist der Hausbesorger verhindert, seinen Obliegenheiten nachzukommen, so
hat er auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu
sorgen. Dies gilt solange nicht, als der Hausbesorger infolge einer plötzlich auftretenden
Dienstverhinderung durch Krankheit oder Unfall dieser Pflicht nicht nachzukommen vermag;
hiedurch wird jedoch eine besondere Pflicht des Hauseigentümers, für einen solchen
Fall im Voraus vorzusorgen, nicht begründet.
(2) In den Fällen der Dienstverhinderung wegen Krankheit oder Unfall (§ 14), des Urlaubes (§ 15) und der Bildungsfreistellung gemäß § 118 ArbVG hat der Hauseigentümer dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung bis zum Höchstausmaß des dem Hausbesorger sonst für diesen Zeitraum gebührenden durchschnittlichen Monatsbruttoentgelts zu ersetzen.
(3) Für die Dauer der Beschäftigungsverbote gemäß §§ 3 bis 5 Abs. 1 MSchG und der Karenz nach dem MSchG oder VKG, der Freistellung nach § 117 ArbVG und der erweiterten Bildungsfreistellung nach § 119 ArbVG hat der Hauseigentümer auf seine Kosten für eine Vertretung zu sorgen. Der Anspruch des Hausbesorgers auf Beibehaltung der Dienstwohnung bleibt unberührt. Vereinbarungen mit dem Hausbesorger über Tätigkeiten, die mit der Dienstwohnung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, sind für Zeiten des Karenzurlaubes, der Freistellung nach § 117 ArbVG und der erweiterten Bildungsfreistellung nach § 119 ArbVG zulässig."
Gemäß § 7 Hausbesorgergesetz besteht für die Tätigkeit als Hausbesorger ein Entgeltanspruch. Zudem hat ein Hausbesorger nach § 15 Hausbesorgergesetz einen Urlaubsanspruch unter Fortzahlung des Entgelts. Bei Inanspruchnahme des Urlaubs, hat ein Hausbesorger auf seine Kosten für die Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen (§ 17 Abs. 1 leg.cit.), wobei dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung vom Hauseigentümer zu ersetzen sind (§ 17 Abs. 2 leg.cit.). Der Beschwerdeführer hatte daher in jedem Fall einen Anspruch auf entgeltliche Vergütung seiner Vertretungstätigkeit.
Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde vom 16. Dezember 2021 sowie im Vorlageantrag vom 24. Februar 2022 den Zufluss der Einnahmen.
Mit Unterfertigung der Vertreterentschädigungsformulare hat der Beschwerdeführer - entsprechend dem vorherrschenden Usus - bestätigt, eine Entschädigung für die Vertretungsleistung von Herrn C erhalten zu haben, wodurch der Kostenersatz durch A B an Herrn C rechtlich gerechtfertigt wurde. Wären Herrn C nämlich tatsächlich keine Vertretungskosten entstanden, hätte dies auch keinen Kostenersatz seitens A B zur Folge gehabt. Wie das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung festgestellt hat, wurden von Herrn C tatsächlich keine Vertreterentschädigungen an den Beschwerdeführer in den Streitjahren 2015 und 2016 ausbezahlt. Ein Werbungskostenabzug für Vertretungskosten wurde dementsprechend weder von Herrn C, noch vom Beschwerdeführer geltend gemacht. Eine tatsächliche Ausbezahlung der Entschädigungen war streitgegenständlich auch zu keinem Zeitpunkt intendiert.
Zugeflossen ist eine Einnahme nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 dann, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich bzw. tatsächlich verfügen kann (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2017/13/0024), sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt (vgl. VwGH 7.7.2011, 2007/15/0156). Die Einnahme muss tatsächlich in das Vermögen des Steuerpflichtigen übergegangen sein und muss der Steuerpflichtige über die Einnahme "frei verfügen" können (vgl. VwGH 29.1.2014, 2009/13/0209). Die Verfügungsmöglichkeit muss objektiv und tatsächlich bestehen. Abgestellt wird dabei auf die rechtliche Verfügungsmöglichkeit (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 19 Tz 10).
Keinen Zufluss begründet ein bloß obligatorischer Anspruch; maßgebend ist die Geldbewegung.
Wird jedoch eine Forderung mit einer Gegenforderung verrechnet, gilt der Forderungsbetrag
mit der Gutschrift als zugeflossen (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18,
§ 19 Tz 20). Voraussetzung für eine Aufrechnung ist jedoch die zivilrechtliche Wirksamkeit
einer solchen.
Im Beschwerdefall war nach dem in freier Beweiswürdigung festgestelltem Sachverhalt
aber gerade eine solche nicht intendiert. Vielmehr war entgegen des Grundsatzes, dass
sich Fremde nichts zu schenken pflegen, ein freundschaftlicher Verzicht auf die Ausbezahlung
(trotz Bestätigung des Erhalts der Vertreterentschädigung) Usus unter den Hausbesorgern.
Ein Verzicht - wie im Beschwerdefall - ohne jegliche Verwendungswidmung begründet
jedoch keinen Zufluss (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 19 Tz
30).
Vor dem Hintergrund der rechtlichen Ausführungen geht das Bundesfinanzgericht entsprechend der in freier Beweiswürdigung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen davon aus, dass dem Beschwerdeführer von Herrn C in den Streitjahren 2015 und 2016 keine Vertreterentschädigungen ausbezahlt wurden, über die er rechtlich und wirtschaftlich verfügen hätte können. Der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer den Erhalt der Zahlungen mit Unterschrift bestätigt hat, ist - entgegen der Ansicht des Finanzamts - für die steuerliche Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht maßgebend. In den Jahren 2015 und 2016 ist folglich kein Zufluss der streitgegenständlichen Vertreterentschädigungen beim Beschwerdeführer erfolgt, der einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen gewesen wäre.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes weicht nicht vom klaren Wortlaut des § 19 EStG ab und steht im Einklang mit der dazu vom Verwaltungsgerichtshof ergangenen Judikatur. Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl. VwGH 25.2.2016, Ra 2016/16/0006). Einer (ordentlichen) Revisionsmöglichkeit war somit nicht zuzustimmen.
Beilage:
Berechnungsblatt Einkommensteuer 2014
Wien, am 26. April 2022
Zusatzinformationen
in Findok veröffentlicht am: | 08.06.2022 |
Materie: |
|
betroffene Normen: | |
Verweise: | |
ECLI: |
|
Systemdaten: | Findok-Nr: 136777.1 aufgenommen am: 08.06.2022 15:35:56 Dokument-ID: 6d179a62-c423-4ab2-89aa-d11d217c05a1 Segment-ID: 54734d42-756e-4243-8b25-3e8c86f2a074 |
