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. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .Verkauf eines Waldes fällt nicht unter die Anwendbarkeit des § 37 Abs. 6 EStG 1988.
Rechtssätze
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Steuerberater, über die Beschwerde vom 20.06.2016 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom 12.05.2016, Steuernummer, betreffend Einkommensteuer 2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt und Parteienvorbringen
Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom 12.05.2016 wurde die Einkommensteuer ohne Anwendung
des Hälftesteuersatzes für Einkünfte aus besonderer Waldnutzung festgesetzt. Begründet
wurde dies damit:
"Der Hälftesteuersatz gem. § 37 Abs. 6 EStG kann für Einkünfte aus besonderer Waldnutzung
geltend gemacht werden. Unter dem Begriff der besonderen Waldnutzung wird jedoch nicht
der Tatbestand des Verkaufes eines forstwirtschaftlichen Betriebes subsumiert.
Im gegebenen Fall sind die Voraussetzungen gem. § 37 Abs. 5 Z. 1-3 EStG anzuwenden.
Da weder der Sachverhalt eines Ablebensfalles, einer Erwerbsunfähigkeit oder der Vollendung
des 60. Lebensjahres vorliegt, kann der Hälftesteuersatz nicht zur Anwendung gebracht
werden."
Am 13.06.2016 brachte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin einen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum 30.06.2016 ein, dem stattgegeben wurde.
Am 20.06.2016 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre steuerliche Vertretung Beschwerde
gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 12.05.2016 und führte darin Folgendes aus:
"Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid wurde der Hälftesteuersatz gem. § 37 Abs
6 EStG mit der Begründung, dass ein forstwirtschaftlicher Betrieb verkauft wurde,
nicht gewährt.
Da es sich im gegenständlichen Fall um keine Veräußerung eines forstwirtschaftlichen
Betriebes handelt und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 37 Abs 1 iVm Abs 6
EStG vorliegen, ist der Hälftesteuersatz auf die in der Einkommensteuererklärung 2014
ausgewiesenen Einkünfte iHv € 83.523,44 anwendbar.
Frau Beschwerdeführerin wurde im Jahr 2014 (gerichtlich) geschieden. Um die daraus
resultierenden
Scheidungsansprüche begleichen zu können war sie gezwungen ein - in der vollpauschalierten
Land- und Forstwirtschaft befindliches - Waldgrundstück zu veräußern. Gem § 1 Abs
5 LuF PauschVO und der Rz 4194ff EStR ist bei der Veräußerung von forstwirtschaftlich
genutzten Flächen der daraus resultierende Gewinn neben den pauschalen Einkünften
anzusetzen. Dabei ist allerdings der auf das stehende Holz entfallende Anteil zu ermitteln.
Nach Rz 4195 EStR können diese pauschal mit 35 % des
Veräußerungserlöses angenommen werden. Bei Frau Beschwerdeführerin ergab sich daraus
ein Verkaufserlös für den Baumbestand (stehendes Holz) iHv € 83.523,44 (ausgewiesen
in der KZ9710 der E1c) für den der Hälftesteuersatz geltend gemacht wurde. Der anteilige
50%ige Verkaufserlös (€ 119.319,20) für die Immobilie (Grund und Boden) wurde der
Immobilienertragsteuer gem § 30 EStG unterzogen. Eine - wie in der Begründung des
Steuerbescheides angeführte - Veräußerung eines forstwirtschaftlichen Betriebes fand
demnach nicht statt.
Für den begünstigten Steuersatz gem § 37 Abs 1 EStG ist es erforderlich, dass es sich
um Einkünfte aus einer besonderen Waldnutzung handelt. Nach § 37 Abs 6 liegen solche
vor, wenn für das „stehende Holz kein Bestandsvergleich vorgenommen wird und überdies
außerordentliche Waldnutzungen vorliegen“. Solche außerordentlichen Nutzungen sind
aus wirtschaftlichen Gründen geboten. Gem Rz 7327ff EStR liegen solche Nutzungen dann
vor, wenn diese über die regelmäßigen, die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen
nachhaltig jährlich zu erzielen wären, Nutzungen hinausgehen. Die EStR sehen als Gründe
einer solchen Nutzung ausdrücklich auch privatwirtschaftliche vor, um persönliche
Nachteile von sich oder seiner Familie abzuwenden. Nach Rz 7329 liegen solche Gründe
dann vor, wenn Pflichtteilsschulden zu bedienen sind und dafür keine anderen Mittel
zu Verfügung stehen.
Im vorliegenden Fall musste die Steuerpflichtige ein Waldgrundstück verkaufen, um
Ihre
Scheidungsansprüche zu begleichen. Bei der Veräußerung wurden dann folglich die Einkünfte
aus dem stehenden Holz aufgedeckt. Dadurch wurden die Einkünfte in einem Jahr voll
aufgedeckt, d.h. die „Nutzung“ des Holzes ging somit über die regelmäßige forstwirtschaftliche
Nutzung hinaus. Sprich ohne die Begleichung wäre die wirtschaftliche Nutzung der Forstwirtschaft
anders verlaufen und eine Versteuerung des gesamten stehenden Holzes hätte nicht erfolgen
müssen.
Aufgrund der dargelegten außerordentlichen Waldnutzung und der vorliegenden Voraussetzungen
zur Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes gem § 37 Abs 1 iVm Abs 6 EStG sind die
Einkünfte aus dem Waldverkauf iHv € 85.523,44 mit dem begünstigten Steuersatz zu versteuern."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.06.2016 wurde die Beschwerde vom 20.06.2016 gegen
den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 12.05.2016 als unbegründet. abgewiesen. Begründend
wurde ausgeführt:
"Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen liegen vor, wenn für das stehende Holz kein
Bestandsvergleich vorgenommen wird und überdies außerordentliche Waldnutzungen oder
Waldnutzungen infolge höherer Gewalt vorliegen.
Als außerordentliche Waldnutzungen gelten alle aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen
Nutzungen, die über die regelmäßigen Nutzungen hinausgehen, die nach forstwirtschaftlichen
Grundsätzen nachhaltig jährlich zu erzielen sind.
Als wirtschaftliche Gründe gelten volkswirtschaftliche oder staatswirtschaftliche
Gründe sowie privatwirtschaftliche Gründe des Steuerpflichtigen.
Privatwirtschaftliche Gründe liegen nur vor, wenn die Überschlägerung wirtschaftlich
unvermeidbar ist. Ein solcher Fall tritt ein, wenn Kapital zur Fortführung der Land-
und Forstwirtschaft notwendig ist oder Kapital aus zwingenden Gründen aufgebracht
werden muss, um schwer wiegende wirtschaftliche oder persönliche Nachteile von sich
abzuwenden.
Da der Verkauf nicht zwangsläufig aus wirtschaftlichen Gründen sondern aus ausschließlich
privaten Gründen erfolgt ist, konnte der Hälftesteuersatz im Sinne des § 37 Abs. 6
EStG nicht berücksichtigt werden.
Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."
Am 21.07.2016 stellte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag. Es wurde kein weiteres Vorbringen erstattet.
Die Beschwerde wurde am 23.08.2016 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und deren Abweisung beantragt.
Beweiswürdigung
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorliegenden Aktenteile.
Rechtslage
§ 37 EStG 1988 lautet auszugsweise:
(1) Der Steuersatz ermäßigt sich für
...
– Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (Abs. 6), soweit diese vorrangig den Verlust
aus anderen Holznutzungen und sodann einen weiteren Verlust aus demselben forstwirtschaftlichen
Betriebszweig, in dem die Einkünfte aus besonderer Waldnutzung angefallen sind, übersteigen,
...
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.
(6) Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen liegen nur vor, wenn für das stehende Holz kein Bestandsvergleich vorgenommen wird und überdies außerordentliche Waldnutzungen oder Waldnutzungen infolge höherer Gewalt vorliegen. Einkünfte aus außerordentlichen Waldnutzungen sind solche, die aus wirtschaftlichen Gründen geboten sind und über die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig zu erzielenden jährlichen regelmäßigen Nutzungen hinausgehen. Die Betriebsart ist unmaßgeblich. Bei Einkünften aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt hindert die Behandlung eines Teiles der stillen Reserve nach § 12 Abs. 7 nicht die Versteuerung des restlichen Teiles der Einkünfte zum ermäßigten Steuersatz gemäß Abs. 1.
Erwägungen
Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 37 Abs 6 EStG ist, dass für das stehende Holz kein Bestandsvergleich vorgenommen wird und außerordentliche Waldnutzungen oder Waldnutzungen infolge höherer Gewalt vorliegen.
Eine außerordentliche Waldnutzung liegt nur hinsichtlich des so genannten Überhiebes (der Überschlägerung) vor. Überhieb ist der über die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig zu erzielenden jährlichen regelmäßigen Nutzungen hinausgehende Teil der im Kalenderjahr vorgenommenen Schlägerungen (VwGH 09.11.1988, 87/13/0177).
Überhiebe sind unabhängig von der Betriebsart (Nachhaltsbetrieb, aussetzender Betrieb) alle aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Nutzungen, die über die regelmäßigen, nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig zu erzielenden jährlichen regelmäßigen Nutzungen hinausgehen. Zu den wirtschaftlichen Gründen zählen volkswirtschaftliche oder staatswirtschaftliche Gründe (Veranlassung der Nutzung durch gesetzlichen oder behördlichen Zwang) und privatwirtschaftliche Gründe (wirtschaftliche Unvermeidbarkeit des Überhiebs, etwa bei Kapitalbedarf zur Fortführung der LuF, zur Abdeckung von Pflichtteilsschulden [s VwGH 6.2.90, 89/14/0025] oder zur Bedeckung zwangsläufig erwachsener Lasten bzw zur Abwendung schwerwiegender wirtschaftlicher oder persönlicher Nachteile vom StPfl oder seiner Familie [s VwGH 27.2.59, 0447/58; 7.2.64, 0915/62; 14.2.64, 1877/63]) (vgl. Jakom, EStG11, § 37 Rz 41).
Unter einer außerordentlichen Waldnutzung kann nur ein Überhieb, nicht jedoch der Verkauf des Holzes am Stock samt dem zugehörigen Grundbesitz verstanden werden (VwGH 16.06.1987, 85/14/0110).
Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin ein Waldgrundstück verkauft, das sich in der vollpauschalierten Land- und Forstwirtschaft befunden hat. In der Einkommensteuererklärung für 2014 hat die Beschwerdeführerin für den auf das stehende Holz entfallenden Teil des Veräußerungserlöses die Anwendung des Hälftesteuersatzes beantragt.
Wenn der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin vorbringt, dass durch die Veräußerung des Waldgrundstückes folglich die Einkünfte aus dem stehenden Holz aufgedeckt worden seien, dadurch die Einkünfte in diesem Jahr voll aufgedeckt worden seien, d.h. die Nutzung somit über die regelmäßige forstwirtschaftliche Nutzung hinausgegangen sei, ist dem Folgendes zu entgegnen: Außergewöhnliche Nutzung erfordert immer das Vorliegen von Überhieb. Im gegenständlichen Fall ist ein solcher nicht gegeben, denn die Einkünfte wurden nicht dadurch erzielt, dass mehr Schlägerungen vorgenommen worden wären als nach den forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig jährlich regelmäßig zu erzielenden Nutzungen geboten ist. Die Verwertung des stehenden Holzes erfolgte vielmehr im Zusammenhang mit dem Verkauf des Waldgrundstücks samt des stehenden Holzes.
Jene Einkünfte, für welche die Beschwerdeführerin den Hälftesteuersatz im Sinne des § 37 Abs. 1 und 6 EStG 1988 begehrt, resultieren nicht aus dem Überhieb auf dem gegenständlichen Waldgrundstück und stellen deshalb keine Erlöse aus der Holznutzung bzw. aus Holzverkauf dar, sondern es liegt ein Verkauf des Holzes am Stock samt zugehörigem Grundbesitz vor, was nach der oa Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine außerordentliche Waldnutzung darstellt.
Die Beurteilung, ob die Begleichung der Ausgleichszahlung an ihren geschiedenen Ehegatten aus dem Scheidungsvergleich einen privatwirtschaftlichen Grund iSd Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Abs 6 EStG 1988 darstellt, kann unterbleiben, da mangels Vorliegens von Überhieb keine Einkünfte aus außerordentlichen Waldnutzungen vorliegen. Überhieb und wirtschaftliche Gründe müssen kumulativ vorliegen, um von Einkünften aus außergewöhnlichen Waldnutzungen sprechen zu können.
Da die Veräußerung des Waldgrundstücks durch die Beschwerdeführerin nicht das Tatbestandsmerkmal der außerordentlichen Waldnutzung iSd § 37 Abs 6 EStG 1988 erfüllt, kann eine Besteuerung des auf das stehende Holz entfallenden Veräußerungserlöses mit dem Hälftesteuersatz nicht erfolgen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, zumal die Entscheidung aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes basiert.
Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am 22. Mai 2018