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. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000
- 9 Besondere Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 10 bis 13 EStG 1988) und besondere Verlustberücksichtigungsvorschriften
- 9.1 Freibetrag für investierte Gewinne (§ 10 EStG 1988, Rechtslage bis zur Veranlagung 2009)
9.1.5 Behaltefrist, Nachversteuerung
Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der Freibetrag für investierte Gewinne geltend gemacht worden ist, vor Ablauf von vier Jahren seit ihrer Anschaffung oder Herstellung aus dem Betriebsvermögen aus oder werden sie in eine Betriebsstätte außerhalb des EU/EWR-Raumes verbracht, kommt es - abgesehen von den Fällen des Ausscheidens infolge höherer Gewalt oder wegen behördlichen Eingriffs (siehe dazu Rz 3726) - zu einer Nachversteuerung durch gewinnerhöhenden Ansatz des geltend gemachten Freibetrages. Dies hat im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens oder des Verbringens zu erfolgen.
Im Falle des Ausscheidens von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 unterbleibt insoweit der gewinnerhöhende Ansatz, als im Jahr des Ausscheidens begünstigte körperliche Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt werden (Ersatzbeschaffung, siehe dazu Rz 3717; siehe aber Rz 3704a zur vorzeitigen Tilgung von Wertpapieren).
Eine bloße Änderung in der Verwendung des Wirtschaftsgutes führt nicht zur Nachversteuerung. Wurde der Freibetrag von vornherein zu Unrecht gebildet, kann er mangels einer gesetzlichen Grundlage in einem der Folgejahre nicht aufgelöst werden. Eine Korrektur kann, unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten, nur für das Jahr vorgenommen werden, in welchem die Bildung erfolgte.
Die Bestimmungen über die Nachversteuerung des Freibetrages für investierte Gewinne sind gemäß § 124b Z 153 EStG 1988 auch nach Außerkrafttreten des Freibetrages für investierte Gewinne weiter anzuwenden.
Die Behaltefrist läuft von Tag zu Tag. Sie beginnt mit dem der Anschaffung oder Herstellung folgenden Tag und endet vier Kalenderjahre nach diesem Tag.
Beispiel:
Am 12.8.01 wird eine Maschine (Nutzungsdauer fünf Jahre) angeschafft, für die ein Freibetrag in Anspruch genommen wird. Die Behaltefrist beginnt mit dem 13.8.01, 0.00 Uhr und endet am 12.8.05, 24.00 Uhr.
Im Falle des Ausscheidens von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 unterbleibt insoweit der gewinnerhöhende Ansatz, als im Jahr des Ausscheidens, unabhängig davon, ob ein Gewinn oder Verlust vorliegt, körperliche Wirtschaftsgüter, die die Voraussetzungen für den Freibetrag erfüllen, angeschafft oder hergestellt (ersatzbeschafft) werden (zwingende "Übertragung" des Freibetrages auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter körperlicher Wirtschaftsgüter). Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 kommen als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter nicht in Betracht (siehe aber Rz 3704a zur vorzeitigen Tilgung von Wertpapieren). Gebäudeanschaffungen oder -herstellungen (einschließlich Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude) kommen ab der Veranlagung 2010 als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter in Betracht.
Der Steuerpflichtige hat im Anlageverzeichnis beim entsprechenden Ersatzbeschaffungswirtschaftsgut zu dokumentieren, in welcher Höhe ein Freibetrag aus einem ausgeschiedenen Wertpapier auf das entsprechende körperliche Wirtschaftsgut übertragen worden ist. Überdies ist der Zeitpunkt des Ausscheidens des Wertpapiers, von dem der übertragene Freibetrag stammt, zu dokumentieren (zum Fristenlauf bei Ersatzbeschaffung siehe Rz 3718 ff). Zur leichteren Lesbarkeit des Anlageverzeichnisses bestehen keine Bedenken, diese Dokumentation in einer gesonderten Beilage vorzunehmen.
Im selben Wirtschaftsjahr angeschaffte oder hergestellte begünstigungsfähige körperliche Anlagegüter sind zur Übertragung des Freibetrages jedenfalls heranzuziehen. Die ersatzbeschafften Wirtschaftsgüter dürfen im Fall eines Gewinnes in Höhe des übertragenen Freibetrages nicht in die Bemessungsgrundlage des Freibetrages im Jahr der Anschaffung oder Herstellung einbezogen werden (siehe Rz 3712).
Beim ersatzbeschafften Wirtschaftsgut wird der Fristenlauf des ausgeschiedenen Wertpapiers auf den Lauf der Frist von vier Jahren angerechnet. Erfolgen Wertpapierveräußerung und Wirtschaftsgutanschaffung oder -herstellung am selben Tag, wird im Ergebnis beim angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgut der ursprüngliche Fristenlauf fortgesetzt.
Beispiel:
Die Anschaffung von Wertpapieren erfolgte am 17.4.01 unter Inanspruchnahme des Freibetrages in Höhe von 10.000 Euro. Am 12.2.03 werden sämtliche angeschafften Wertpapiere veräußert. Am selben Tag wird eine begünstigte Maschine um 13.000 Euro angeschafft (Ersatzbeschaffung). Die Behaltefrist für diese Maschine hinsichtlich des Freibetrages von 10.000 Euro endet am 17.4.05.
Sollte die Veräußerung des Wertpapiers vor der Anschaffung/Herstellung des Ersatzwirtschaftsgutes erfolgt sein, ist die Zeitspanne zwischen Wertpapierveräußerung und Anschaffung/Herstellung des Ersatzwirtschaftsgutes dem ursprünglichen Fristenlauf des Wertpapiers hinzuzurechnen.
Beispiel:
Wertpapieranschaffung am 1.4.01, Wertpapierveräußerung am 1.5.02, Anschaffung der Maschine (Ersatzbeschaffung) am 1.7.02. Die Behaltefrist für die ersatzbeschaffte Maschine endet am 1.6.2005 (1.4.05 Ende der ursprünglichen vierjährigen Behaltefrist des Wertpapiers zuzüglich 2 Monate - Zeitspanne zwischen Wertpapierveräußerung und Maschinenanschaffung.
Sollte die Anschaffung/Herstellung des Ersatzwirtschaftsgutes vor der Veräußerung des Wertpapiers erfolgt sein, ist beim angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgut der ursprüngliche Fristenlauf des Wertpapiers fortzusetzen. Es kommt zu keiner Verkürzung des Fristenlaufs, da die Anschaffung/Herstellung erst mit der Veräußerung des Wertpapiers zur "Ersatzbeschaffung" wird.
Stehen der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes Wertpapieranschaffungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gegenüber, erfolgt somit die Übertragung mehrerer aus Wertpapieranschaffungen stammender Freibeträge auf ein einziges Wirtschaftsgut, ist die Fortsetzung der Behaltefrist auf die einzelnen Wertpapieranschaffungen bezogen zu sehen.
Beispiel:
Wertpapieranschaffung 1 am 15.3.01 um 200,
Wertpapieranschaffung 2 am 7.5.02 um 500,
Wertpapieranschaffung 3 am 21.8.03 um 300.
Veräußerung sämtlicher Wertpapiere am 14.11.04, am selben Tag erfolgt die Anschaffung einer Maschine um 1.200. Im Umfang des Freibetrages von insgesamt 1.000 unterbleibt eine Nachversteuerung und ist keine Inanspruchnahme des Freibetrages im Jahr 04 möglich ("Übertragung" des Freibetrages).
Hinsichtlich der Maschine endet die Behaltefrist in Bezug auf die Wertpapieranschaffung 1 am 15.3.05, in Bezug auf die Wertpapieranschaffung 2 am 7.5.06 und in Bezug auf die Wertpapieranschaffung 3 am 21.8.07.
Wird die Maschine vor dem 16.3.05 veräußert, ist der Freibetrag aus der Wertpapieranschaffung 1, 2 und 3 nachzuversteuern (1.000), da die Behaltefrist in Bezug auf sämtliche Wertpapieranschaffungen noch nicht abgelaufen ist.
Wird die Maschine nach dem 15.3.05 aber vor dem 8.5.06 veräußert, ist der Freibetrag aus der Wertpapieranschaffung 2 und 3 nachzuversteuern (800), da die Behaltefrist in Bezug auf diese Wertpapieranschaffungen noch nicht abgelaufen ist.
Wird die Maschine nach dem 7.5.06 aber vor dem 22.8.07 veräußert, ist der Freibetrag aus der Wertpapieranschaffung 3 nachzuversteuern (300), da die Behaltefrist in Bezug auf diese Wertpapieranschaffung noch nicht abgelaufen ist.
Die Anpassung eines Freibetrages auf Grund nachträglicher Anschaffungs- oder Herstellungskosten löst keinen neuen Fristenlauf aus, ebenso die Anpassung des Freibetrages wegen nachträglich geänderter Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Bei entgeltlicher oder unentgeltlicher Übertragung des gesamten Betriebes oder bei Übertragung eines Teilbetriebes unter Mitübertragung des Wirtschaftsgutes wird die Nachversteuerungsverpflichtung auf den Erwerber überbunden. Es kommt beim Übernehmenden nur dann zur Nachversteuerung, wenn die Wirtschaftsgüter vor Ablauf der Behaltefrist aus dem Betriebsvermögen ausscheiden oder in eine Betriebsstätte außerhalb des EU/EWR-Raumes verbracht werden. Wird bei Übertragung des (Teil)Betriebes das Wirtschaftsgut, für das der Freibetrag geltend gemacht worden ist, im Restbetrieb zurückbehalten, läuft die Behaltefrist beim Übertragenden weiter. Entsprechendes gilt bei Umgründungen.
Wird aus Anlass einer Betriebsveräußerung ein körperliches Wirtschaftsgut oder Wertpapier, für das der Freibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Behaltefrist ins Privatvermögen entnommen, kommt es zur Nachversteuerung. Der Nachversteuerungsbetrag ist Teil des Veräußerungsgewinnes (§ 24 EStG 1988).
Der (freiwillige oder zwangsläufige) Wechsel zur Bilanzierung löst noch keine Nachversteuerung aus, zu einer solchen kommt es erst, wenn die Wirtschaftsgüter nach dem Wechsel vor Ablauf der Behaltefrist ausscheiden oder in eine Betriebsstätte außerhalb des EU/EWR-Raumes verbracht werden.
Werden begünstigte Wirtschaftsgüter im Fall einer Betriebsaufgabe vor Ablauf der Behaltefrist ins Privatvermögen entnommen, kommt es zur Nachversteuerung. Der Nachversteuerungsbetrag ist Teil des Veräußerungsgewinnes (§ 24 EStG 1988).
Scheidet ein Wirtschaftsgut infolge höherer Gewalt oder infolge eines behördlichen Eingriffs aus, unterbleibt die gewinnerhöhende Auflösung des Freibetrages. Zur höheren Gewalt siehe Rz 3864 ff.