Richtlinie des BMF vom 14.12.2011, BMF-010222/0229-VI/7/2011 gültig ab 14.12.2011

LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002

Die Lohnsteuerrichtlinien 2002 stellen einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Lohnsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Lohnsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen. Sie basieren auf den Lohnsteuerrichtlinien 1999.
  • 3 STEUERBEFREIUNGEN (§ 3 EStG 1988)
  • 3.3 Die einzelnen Steuerbefreiungen
  • 3.3.10 Begünstigte Auslandstätigkeiten (§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988)

3.3.10.6 § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 - Rechtslage ab 01.01.2011 (Übergangsregelung für die Jahre 2011 und 2012)

70c

§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der Fassung des BBG 2011 sieht vor, dass im Jahr 2011 nur mehr 66% der Einkünfte aus der begünstigten Auslandstätigkeit und im Jahr 2012 nur mehr 33% dieser Einkünfte von der Einkommensteuer befreit sind. Weiters bestimmt § 3 Abs. 1 Z 10 lit. f EStG 1988, dass bei der Berechnung der Lohnsteuer § 3 Abs. 3 EStG 1988 zu berücksichtigen ist.

Nach § 3 Abs. 3 EStG 1988 ist ein Progressionsvorbehalt dann zu berücksichtigen, wenn (ua.) Auslandseinkünfte nach § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 erzielt werden. Bei Berechnung des Durchschnittssteuersatzes nach § 33 Abs. 10 EStG 1988 sind daher auch die steuerbefreiten Teile dieser Auslandseinkünfte heranzuziehen. Dieser Durchschnittsteuersatz wird dann auf das steuerpflichtige Einkommen (beispielsweise für Tätigkeiten im Inland, aber auch für die steuerpflichtigen Einkünfte im Zuge der Auslandstätigkeit) angewendet. Die Berücksichtigung des Progressionsvorbehaltes hat bereits beim Arbeitgeber im Zuge der Lohnverrechnung zu erfolgen.

Beispiel 1 (Abrechnung Jänner 2011):

Bruttobezug

2.500,00

SV

455,00

LSt-Bmgl

2.045,00

(2.045,00 * 66%)

1.349,70

steuerfrei 66%

(2.045,00 * 34%)

695,30

steuerpflichtig 34%

Lohnsteuerberechnung

(2.045*0,365-369,18)

377,25

fiktive Gesamtlohnsteuer

(377,25/2.045)

18,45%

Durchschnittssteuersatz

Einzubehaltende LSt

(695,30 * 18,45%)

128,26

LSt mit Berücksichtigung des Progressionsvorbehaltes

Es bestehen keine Bedenken, wenn bei Ermittlung des Lohnsteuerabzuges vereinfachend die gesamten Auslandsbezüge zunächst ohne Berücksichtigung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 ("normal") abgerechnet werden und von der sich so errechneten Lohnsteuer im Jahr 2011 nur 34% bzw. im Jahr 2012 nur 67% als tatsächlich anfallende Lohnsteuer abgezogen und einbehalten werden.

Beispiel 2 (Vereinfachte Berechnung; Abrechnung Jänner 2011)

Bruttobezug

2.500,00

SV

455,00

LSt-Bmgl

2.045,00

(2.045,00 * 66%)

1.349,70

steuerfrei 66%

(2.045,00 * 34%)

695,30

steuerpflichtig 34%

Lohnsteuerberechnung

(2.045 * 0,365-369,18)

377,25

fiktive Gesamtlohnsteuer

Einzubehaltene LSt

(377,25 * 34%)

128,26

Sonstige Bezüge

Die Teile der sonstigen Bezüge, die während der begünstigten Auslandstätigkeit steuerfrei ausbezahlt werden (zB 66% der sonstigen Bezüge im Jahr 2011) sind auf den Freibetrag bzw. die Freigrenze gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 anzurechnen. Solche sonstige Bezüge verbrauchen somit grundsätzlich den Freibetrag bzw. die Freigrenze für sonstige Bezüge und das Jahressechstel. Für Arbeitnehmer, die dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz unterliegen, kommt ab 1.1.2012 statt dem Jahressechstel ein Jahreszwölftel zur Anwendung (siehe Rz 1083, 1083a).

Neben den laufenden Inlandsbezügen sind auch die laufenden (steuerfreien und steuerpflichtigen) Auslandsbezüge in die Berechnung des Jahressechstels miteinzubeziehen.

Beispiel 3 (Abrechnung Juni 2011 - Aufteilung der Sonderzahlung von 4.000 Euro brutto):

Sonstiger Bezug (UZ)

Steuerfreier Teil - 66%

Steuerpflichtiger Teil - 34%

Brutto 4.000,00

2.640,00

1.360,00

- SV (17,2%)

454,08

233,92

- Freibetrag

409,20

210,80

LSt-Bmgl

1.776,72

915,28

Einzubehaltene LSt (6%)

54,92

Beispiel 4 (Abrechnung Juni 2011 - vereinfachte Methode):

Sonstiger Bezug (UZ)

Brutto

4.000,00

- SV (17,2%)

688,00

- Freibetrag

620,00

LSt-Bmgl

2.692,00

X 6%

LSt - gesamt

161,52

Davon 34%

54,92

3.3.10.7 Beginn bzw. Beendigung der Auslandsentsendung während eines Lohnzahlungszeitraumes nach dem 31.12.2010

70d

Bei Auslandsentsendungen, die im Laufe eines Lohnzahlungszeitraumes (Kalendermonat) beginnen oder beendet werden, hat sowohl für die nicht begünstigten Inlandsbezüge, als auch für die Bezüge nach § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 die Berechnung tageweise nach dem Lohnsteuertarif im Sinne des § 66 EStG 1988 zu erfolgen (Lohnzahlungszeitraum ist der Kalendertag). Die Berechnung der Lohnsteuer für die gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 steuerbegünstigten Kalendertage hat nach der unter Rz 70c beschriebenen Vorgangsweise zu erfolgen.

Beispiel (10 Tage Inlandstätigkeit, 20 Tage begünstigte Auslandstätigkeit; Abrechnung April 2011)

Bruttobezug Inland

833,33

10 Tage

Bruttobezug Ausland

1.666,67

20 Tage

SV x)

455,00

LSt-Bmgl Inlandsbezüge

681,67

LSt-Bmgl Auslandsbezüge

1.363,33

Tageweise Berechnung

LSt-Bmgl Inlandsbezüge

68,17

pro Tag (681,67/10)

LSt Inlandsbezüge

12,57

pro Tag (68,17 * 0,365-12,306)

LSt-Bmgl Auslandsbezüge

68,17

pro Tag (1.363,33/20)

Fiktive LSt Auslandsbezüge

12,57

pro Tag (68,17 * 0,365-12,306)

LSt Auslandsbezüge

4,28

pro Tag (12,57 * 34%)

LSt Auslandsbezüge

(4,28 * 20 Tage)

85,51

LSt pro Monat

LSt Inlandsbezüge

(12,57 * 10 Tage)

125,75

LSt pro Monat

Summe einzubehaltende LSt

211,26

x) Zur Aufteilung der Sozialversicherung auf die Inlands- und Auslandsbezüge siehe Rz 69 (Inland: € 151,66; Ausland: € 303,34)

Ein allfälliges Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 ist ebenfalls nur tageweise zu berücksichtigen. Andere Werbungskosten (zB Gewerkschaftsbeitrag), die während eines Lohnzahlungszeitraumes anfallen und sowohl steuerbegünstigte Auslandsbezüge als auch steuerpflichtige Inlandsbezüge während dieses Lohnzahlungszeitraumes betreffen, sind tageweise auf diese Inlands- und Auslandsbezüge aufzuteilen. Der auf die Auslandsbezüge entfallende Teil der Werbungskosten ist aliquot dem steuerpflichtigen und steuerfreien Teil zuzuordnen. Das Service-Entgelt für die e-card kann zur Gänze bei den steuerpflichtigen Bezügen berücksichtigt werden (siehe dazu auch Rz 69 letzter Absatz).

Die steuerfreien Höchstbeträge für Zulagen und Zuschläge (§ 68 EStG 1988) sind tageweise zu ermitteln (zB 20 Tage begünstigte Auslandstätigkeit - es können für diesen Zeitraum, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, maximal 240 Euro an steuerfreien Schmutz-, Erschwernis und Gefahrenzulagen abgerechnet werden).

3.3.10.8 Auslandsentsendungen, die vor dem 1.1.2011 begonnen haben und nach dem 31.12.2010 enden

70e

Bei Auslandsentsendungen, in deren Zeitraum die Aufhebung des "§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 alt" und das In-Kraft-Treten des "§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 neu" fallen, hat die steuerliche Beurteilung nach dem Zuflussprinzip zu erfolgen. Das heißt, dass Bezugsteile, deren arbeitsrechtlicher Anspruch durch eine vor dem 1.1.2011 liegende begünstigte Auslandstätigkeit begründet wurde, deren Auszahlung aber erst im Jahr 2011 erfolgt, nach der für 2011 geltenden Rechtslage (nur 66% befreit, unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehaltes - siehe Rz 70c) zu versteuern sind. Eine Ausnahme stellen nur jene Bezüge für das Vorjahr dar, die bis zum 15.2.2011 bezahlt werden (§ 77 Abs. 5 EStG 1988). Diese sind steuerlich dem Vorjahr zuzuordnen.

Beispiel 1:

Bezieht ein Arbeitnehmer während einer vereinbarten Altersteilzeit Einkünfte aus einer begünstigten Auslandstätigkeit und wird während der "vollen Leistungsphase" nur ein Teil des Entgelts ausgezahlt, bleibt für die während der "Nichtleistungsphase" ausbezahlten Bezüge grundsätzlich die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 weiterhin anwendbar. Allerdings ist für die steuerliche Beurteilung die Rechtslage im Jahr der Auszahlung heranzuziehen (zB Nichtleistungsphase im Jahr 2011 - Besteuerung der Entgelte im Ausmaß von 34%).

Beispiel 2:

Einem Arbeitnehmer wurde bereits vor Beginn der Auslandstätigkeit für die Arbeitsleistung im Ausland eine Prämie zugesagt. Die Auszahlung der Prämie erfolgt erst nach Beendigung der begünstigten Auslandstätigkeit.

Die Prämie ist den Einkünften nach § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zuzuordnen. Die Besteuerung der Prämie richtet sich nach der Rechtslage im Jahr der Auszahlung (Zuflussprinzip). Wird die Prämie im Jahr 2012 ausbezahlt, ist diese im Ausmaß von 67% steuerpflichtig.

Beispiel 3:

Werden Mehrarbeitszeit oder Überstunden während oder unmittelbar im Anschluss an die begünstigte Auslandstätigkeit durch Zeitausgleich (im Aus- oder Inland) abgegolten, richtet sich das Ausmaß der Steuerfreiheit der Bezüge nach jener Rechtslage, die für den Zeitpunkt des Zeitausgleiches gilt (Überstunden aus dem Jahr 2010 werden 2011 ausbezahlt - Besteuerung der Entgelte im Ausmaß von 34 %).

Wird der Zeitausgleich hingegen nach einer Tätigkeit im Inland konsumiert, ist das Entgelt für den Zeitraum, in dem der Zeitausgleich konsumiert wird, wie auch bisher immer steuerpflichtig.

3.3.10.9 Ausstellen des Lohnzettels

70f

Für Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 ist auch für (Lohnzahlungs)Zeiträume nach dem 31.12.2010 wie bisher ein gesonderter Lohnzettel (Lohnzettelart 2) auszustellen, wobei bei der Darstellung der Bezugsteile auf die für das betreffende Jahr geltende Rechtslage Bedacht zu nehmen ist. Das heißt, sowohl der Gesamtbezug als auch die steuerpflichtigen und steuerbefreiten Bezugsteile sind unter der jeweils dafür vorgesehenen Kennzahl getrennt im Lohnzettel auszuweisen.

Beispiel (Begünstigte Auslandsbezüge für Jänner bis März 2011)

LZ-Art 2

KZ

Bruttobezug

12.125,00

210

- § 68 Abs. 1 Zulagen

-846,00

215

- SV

-2.206,75

230

- steuerfrei 66% [(12.125,00 - 846,00 - 2.206,75 - 60,00) * 66%]

-5.948,09

243

- einbehaltene freiw. Beiträge nach § 16 Abs. 1 Z 3b

-60,00

-6.008,09

LSt-Bmgl (steuerpflichtig 34%)

3.064,16

245

Anrechenbare Lohnsteuer

803,83

260

Vor Anwendung der Steuerfreiheit des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 müssen vom Bruttobezug neben Werbungskosten auch steuerfreie Zulagen und Zuschläge nach § 68 EStG 1988 ausgeschieden werden.

Hat Österreich gemäß einem DBA für Einkünfte, die unter § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 fallen, kein Besteuerungsrecht (Befreiungsmethode) und behält der Arbeitgeber die Lohnsteuer unterjährig nicht ein, ist für den gemäß innerstaatlichem Recht steuerpflichtigen Teil ein Lohnzettel iSd Rz 1228 auszufüllen (Lohnzettelart 8). Diese Beträge sind in den Lohnzettel der Art 2 nicht aufzunehmen.

Bei der Anrechnungsmethode ist für die Auslandsbezüge nur die Lohnzettelart 2 zu verwenden.

Übersicht der Lohnzettelarten in Fällen, in denen Österreich kein Besteuerungsrecht an den § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 - Einkünften hat:

Befreiungsmethode

Anrechnungsmethode

Arbeitgeber behält LSt ein

Lohnzettelart

2

2

Arbeitgeber behält LSt nicht ein (direkte Anwendung des DBA)

Lohnzettelart

8 und 2

2

Hinsichtlich der Inlandsbezüge aus diesem Dienstverhältnis ist wie bisher ein "normaler" Lohnzettel (Lohnzettelart 1) zu übermitteln.

Beispiel: Arbeitgeber behält LSt nicht ein (direkte Anwendung des DBA; Befreiungsmethode; dh. Anwendung Lohnzettelart 8 und 2)

LZ-Art 2

KZ

Bruttobezug

8.002,50

210

- § 68 Abs. 1 Zulagen

-558,36

215

- SV

-1.456,46

230

- steuerfrei 66%

[(12.125,00 - 846,00 - 2.206,75 - 60,00) * 66%]

-5.948,09

243

- einbehaltene freiw. Beiträge nach § 16 Abs. 1 Z 3b

-39,60

-5.987,69

LSt-Bmgl

0,00

245

Anrechenbare Lohnsteuer

0,00

260

LZ-Art 8

KZ

Bruttobezug

4.122,50

210

- § 68 Abs. 1 Zulagen

-287,64

215

- SV

-750,29

230

- steuerfrei 66%

0,00

243

- einbehaltene freiw. Beiträge nach § 16 Abs. 1 Z 3b

-20,40

-20,40

LSt-Bmgl

3.064,16

245

Anrechenbare Lohnsteuer

0,00

260

3.3.10.10 Berücksichtigung von Werbungskosten im Veranlagungsverfahren

70g

Soweit Aufwendungen oder Ausgaben mit nicht steuerpflichtigen (steuerfreien, nicht steuerbaren oder auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens der inländischen Besteuerung entzogenen) Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, können diese nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 nicht abgezogen werden, vermindern jedoch die Progressionseinkünfte (siehe Rz 10119).

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer ist im Jahr 2011 auf "Montage" gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988. Als Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung macht er im Jahr 2011 für diese Tätigkeit 1.000 Euro geltend. 34% dieser Aufwendungen (340 Euro) senken als Werbungskosten im Rahmen der Veranlagung die Steuerbemessungsgrundlage. Der Differenzbetrag (660 Euro) vermindert die Progressionseinkünfte.