Richtlinie des BMF vom 29.10.2020, 2020-0.683.230 gültig von 29.10.2020 bis 21.01.2021

UP-3000, Arbeitsrichtlinie Allgemeine Bestimmungen

  • 5. Verifizierung - Materielle Prüfung von in Österreich bzw. in Partnerländern ausgestellten Präferenznachweisen

5.2. Prüfung von in Partnerländern ausgestellten Präferenznachweisen (zwischenstaatliche Verifizierungsverfahren)

5.2.1. Grundsätzliches

Das Prüfungsverfahren gemäß den Ursprungsregeln ist bei Vorliegen eines formell gültigen Präferenznachweises das anwendbare Verfahren zur Klärung von Zweifeln am Ursprung der Ware.

Ein formell gültiger Präferenznachweis eröffnet dem Anmelder grundsätzlich ein Recht auf Anwendung der Präferenzzölle. Zweifel an der sachlichen Richtigkeit von Präferenznachweisen sind daher grundsätzlich gemeinsam mit den zuständigen ausländischen Behörden im Rahmen eines Verifizierungsverfahrens zu klären. Daraus folgt, dass es nicht zulässig ist, anlässlich der Einfuhrabfertigung in freier Beweiswürdigung über die sachliche Richtigkeit eines Präferenznachweises zu entscheiden.

5.2.2. Einleitung der Verifizierung

Wenn sonst keine Gründe vorliegen, stellt ein Verifizierungsverfahren kein Abfertigungshindernis dar. Verfahrenstechnisch handelt es sich grundsätzlich um eine vollständige Zollanmeldung mit besonderer Überwachung.

5.2.3. Sicherheitsleistung

Es wird zwar der nach den Präferenzzollsätzen zu berechnende Abgabenbetrag buchmäßig erfasst, jedoch muss vom Anmelder eine Sicherheit in der Höhe der Differenz zwischen dem Abgabenbetrag ohne Gewährung der Präferenzzölle und jenem unter Heranziehung der Präferenzzölle geleistet werden. Für die Sicherheitsleistung gelten die Bestimmungen des Unionszollkodex.

Anstelle einer Sicherheitsleistung steht es dem Anmelder aber auch frei, die unmittelbare buchmäßige Erfassung des ohne Anwendung der Präferenzzölle zu erhebenden Abgabenbetrages zu beantragen.

5.2.4. Tarifarische Einreihung

Sollten bezüglich der tarifarischen Einreihung der Waren Zweifel bestehen, so ist noch vor Einleitung der Verifizierung die zolltarifarische Einreihung zu klären. In der Einleitung der Verifizierung ist ein entsprechender Vermerk über das Ergebnis der eingeholten Tarifauskunft anzubringen.

5.2.5. Zollplafonds, Zollkontingente

Auch bei einer Einleitung der Verifizierung sind die Präferenzzölle im Rahmen von Zollkontingenten oder Zollplafonds zu gewähren. Jedoch ist bei Vorliegen eines negativen Verifizierungsergebnisses umgehend die Kontingentstelle zu informieren.

5.2.6. Vorlage an die Zentralstelle Verifizierung und Ursprung (ZVU)

Mit dem Zoll Standardset 150 sind der Präferenznachweis im Original sowie in Kopie alle zugehörigen Rechnungen und die Anmeldung an die ZVU zu senden. Im Antrag ist anzuführen, ob es sich um eine "stichprobenweise Verifizierung" handelt oder begründete Zweifel vorliegen.

Beispiele für begründete Zweifel sind:

Die Unterschrift des Ausführers fehlt (dies gilt nicht für Erklärungen auf Rechnungen oder auf Handelspapieren, die von ermächtigten Ausführern ausgestellt werden, sofern die Bestimmungen diese Möglichkeit vorsehen).

Die Unterschrift der Behörde, die die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 ausgestellt hat, oder das Ausstellungsdatum fehlt.

Die Erzeugnisse, ihre Verpackungen oder Begleitpapiere deuten auf einen anderen als den auf der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 angegebenen Ursprung hin.

Aus den Angaben auf der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 geht hervor, dass die Be- oder Verarbeitungsvorgänge für den Erwerb der Ursprungseigenschaft nicht ausreichen.

5.2.7. Abschluss eines zwischenstaatlichen Verifizierungsverfahrens

Gemäß den Amtshilfebestimmungen der Präferenzmaßnahmen sind Zweifel an der sachlichen Richtigkeit von Präferenznachweisen im Wege der Amtshilfe (Verifizierung) zu klären. Wurde von einem Zollamt ein Verifizierungsverfahren eingeleitet, ist nach Einlangen des Ergebnisses bei der Zentralstelle Verifizierung und Ursprung wie folgt zu verfahren:

5.2.7.1. Mitteilung an das anfragende Zollamt

Nach Abschluss des zwischenstaatlichen Verifizierungsverfahrens wird das Ergebnis von der Zentralstelle Verifizierung und Ursprung dem anfragenden Zollamt zur Kenntnis gebracht.

5.2.7.2. Positives Ergebnis

Wurde von der zuständigen ausländischen Behörde die Richtigkeit des Präferenznachweises bestätigt, so sind allenfalls bei der Einfuhr unter Anwendung der Regelzollsätze erhobene Eingangsabgaben gemäß Art. 116 des Unionszollkodex zu erstatten bzw. eine geleistete Sicherheit unverzüglich freizugeben; sich daraus ergebende Guthaben sind nach §§ 215 und 239 BAO zu behandeln.

5.2.7.3. Negatives Ergebnis

Ergibt jedoch das Verifizierungsverfahren, das den jeweiligen Ursprungsregeln nicht entsprochen wurde, sind allenfalls nicht im Zuge der Einfuhrabfertigung erhobene Abgaben nun in der Höhe der sonst in Betracht kommenden Zollsätze gemäß den entsprechenden Bestimmungen des Unionszollkodex zu erfassen bzw. der sich ergebende Unterschiedsbetrag einzuheben.

5.2.7.4. Kein Ergebnis oder unzureichendes Ergebnis

Ist im Falle begründeter Zweifel zehn Monate nach dem Tag des Ersuchens um nachträgliche Prüfung noch keine Antwort eingegangen oder enthält die Antwort keine ausreichenden Angaben, um über die Echtheit des betreffenden Papiers oder den tatsächlichen Ursprung der Erzeugnisse entscheiden zu können, so lehnen die ersuchenden Zollbehörden die Gewährung der Präferenzbehandlung ab.

Eine Verlängerung dieser Frist von 10 Monaten ist nur möglich, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, sind allenfalls nicht im Zuge der Einfuhrabfertigung erhobene Abgaben nun in der Höhe der sonst in Betracht kommende Zollsätze gemäß den entsprechenden Bestimmungen des Unionszollkodex zu erfassen bzw. der sich ergebende Unterschiedsbetrag einzuheben.

5.3. Spontanmitteilungen

Ausländische Behörden geben der Zentralstelle Verifizierung und Ursprung oft spontan (ohne die österreichische Initiative einer Verifizierung) die unrichtige Ausstellung von Präferenznachweisen für Waren bekannt, die in die EU/nach Österreich ausgeführt worden sind.

Die Zentralstelle Verifizierung und Ursprung hat aufgrund der vorliegenden Mitteilung die entsprechende Einfuhrabfertigung zu ermitteln und die nicht erhobenen Abgaben nun in der Höhe der sonst in Betracht kommenden Zollsätze gemäß den entsprechenden Bestimmungen des Unionszollkodex zu erfassen bzw. den sich ergebenden Unterschiedsbetrag einzuheben.

5.4. Strafverfahren

Die wegen Vorlage eines sachlich unrichtigen Präferenznachweises zu Unrecht erfolgte Anwendung eines Präferenzzollsatzes erfüllt - Verschulden vorausgesetzt - den Tatbestand der Hinterziehung oder der fahrlässigen Verkürzung von Eingangsabgaben im Sinne der §§ 35 Abs. 2 oder 36 Abs. 2 Finanzstrafgesetz (FinStrG).

Jeder Präferenznachweis, dessen Unrichtigkeit sich im Zuge eines Verifizierungsverfahrens oder einer Spontanmitteilung herausgestellt hat, ist daher grundsätzlich samt den zugehörigen Unterlagen dem Amtsfachbereich/Strafsachen des zuständigen Zollamtes zur finanzstrafrechtlichen Würdigung zu übermitteln.

Zuständig ist im Falle von negativen Verifizierungsergebnissen, die sich aus eigenen Ermittlungen (sogenannte Fallfahndungen) der ZVU ergeben und/oder nach Spontanmitteilungen (Mitteilung der ausländischen Behörden ohne Verifizierungsersuchen), das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien (Finanzvergehen entdeckt) unabhängig davon, bei welchem Zollamt die Abfertigung erfolgte.