Richtlinie des BMF vom 13.07.2005, 09 4501/58-IV/9/00 gültig von 13.07.2005 bis 18.12.2012

UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000

Die Umsatzsteuerrichtlinien 2000 stellen einen Auslegungsbehelf zum Umsatzsteuergesetz 1994 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Umsatzsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Umsatzsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen.
  • 2. Unternehmer, Unternehmen (§ 2 UStG 1994)
  • 2.1. Begriff des Unternehmers

2.1.8. Beginn der Unternehmereigenschaft

2.1.8.1. Vorbereitungshandlungen

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Zur Begründung der Unternehmereigenschaft ist es nicht erforderlich, dass bereits tatsächlich Umsätze bewirkt werden, es genügt vielmehr ein Tätigwerden zum Zwecke des späteren Bewirkens von Umsätzen. Die ausgeübte Tätigkeit muss ernsthaft auf die Erbringung von entgeltlichen Leistungen angelegt sein und dies muss nach außen in Erscheinung treten (VwGH 3.5.1968, 1081/66).

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Als Nachweis für die Ernsthaftigkeit sind Vorbereitungshandlungen anzusehen, wenn bezogene Gegenstände oder in Anspruch genommene Leistungen ihrer Art nach nur zur unternehmerischen Verwendung oder Nutzung bestimmt sein können oder in einem objektiven und zweifelsfrei erkennbaren Zusammenhang mit der beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit stehen (unternehmensbezogene Vorbereitungshandlungen). Solche Vorbereitungshandlungen können zB sein

  • der Erwerb umfangreichen Inventars (Maschinen, Fuhrpark),
  • Wareneinkauf,
  • Anmieten von Büro- oder Lagerräumen,
  • Erwerb eines Grundstückes,
  • Auftrag zu einer Rentabilitätsstudie,
  • Beauftragung eines Architekten,
  • Durchführung einer größeren Anzeigenaktion.
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Bei der Errichtung von Wohnraum muss, damit der Vorsteuerabzug vor Erzielung von Einnahmen gewährt werden kann, die Vermietungsabsicht in bindenden Vereinbarungen ihren Niederschlag finden oder aus sonstigen, über die Absichtserklärung hinausgehenden Umständen mit ziemlicher Sicherheit feststehen (VwGH 15.1.1981, 1817/79; VwGH 25.11.1986, 86/14/0045; VwGH 17.5.1988, 85/14/0106; VwGH 23.6.1992, 92/14/0037; VwGH 27.3.1996, 93/15/0210; VwGH 25.6.1997, 94/15/0227; VwGH 29.7.1997, 93/14/0132; VwGH 27.1.1998, 93/14/0234).

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Bei Vorbereitungshandlungen, die ihrer Art nach sowohl zur unternehmerischen als auch zur privaten Verwendung bestimmt sein können (zB Anschaffung eines Computers oder KFZ), wird die Unternehmensbezogenheit und damit die Unternehmereigenschaft idR nicht sofort abschließend beurteilt werden können.

Sind Vorbereitungshandlungen ihrer Art nach typischerweise zur nichtunternehmerischen Nutzung bestimmt (zB Erwerb eines Wohnmobils, eines Segelbootes) und kann deren Unternehmensbezogenheit nicht nachgewiesen werden, ist in der Vorbereitungsphase nicht von der Unternehmereigenschaft auszugehen.

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Wenn die unternehmerische Tätigkeit die aktive Phase nicht erreicht, sondern in der Phase der Vorbereitung stecken bleibt, kommt es entscheidend darauf an, ob in der Phase der Vorbereitung die erklärte Absicht bestand, in die aktive Phase einzutreten und damit steuerbare Umsätze zu erzielen. Die Unternehmereigenschaft kann auch durch Tätigkeiten begründet werden, die letztlich zu keiner Einnahmenerzielung führen (VwGH 30.9.1998, 96/13/0211, zu einer Trockenfuttergewinnungsanlage, die - vor Erzielung von Einnahmen - mangels Profitabilität eingestellt wurde), oder durch Tätigkeiten, die erst die Entscheidung ermöglichen sollen, ob eine Tätigkeit zur Einnahmenerzielung aufgenommen werden soll (EuGH 29.2.1996, Rs C-110/94 "INZO" zu einer Rentabilitätsstudie betreffend eine Meerwasserentsalzungsanlage). Durch die Vorbereitungshandlungen wird die Unternehmereigenschaft endgültig erlangt, dh. das Vorsteuerabzugsrecht kann später nicht mehr rückgängig gemacht werden, es sei denn es liegt ein Fall von Betrug oder Missbrauch vor.

2.1.8.2. Vorgesellschaft

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Eine GmbH wird bereits vor ihrer Eintragung in das Firmenbuch als Steuersubjekt angesehen (Vorgesellschaft), wenn der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen ist und eine nach außen hin erkennbare Tätigkeit entfaltet wird. Die Gesellschaft muss als solche wirtschaftlich in Erscheinung treten, zB durch Eröffnung eines Bankkontos, das der künftigen Einzahlung des Stammkapitals und/oder anderen Geldtransaktionen der GmbH zu dienen bestimmt ist (VwGH 4.3.1987, 84/13/0239). Als Steuersubjekt ist in solchen Fällen nicht die Vorgesellschaft als von der in Gründung befindlichen GmbH verschiedener Rechtsträger, sondern die erst später existent werdende GmbH selbst anzusehen (VwGH 4.3.1987, 84/13/0239). Der Vorsteuerabzug steht auch zu, wenn Gesellschafter vor Eintragung der Gesellschaft im Namen der Gesellschaft Leistungen für die Gesellschaft in Anspruch nehmen (VwGH 31.3.1998, 95/13/0125). Auch Vorleistungen an die so genannte Vorgründungsgesellschaft (bis zum Abschluss des schriftlichen Gesellschaftsvertrages) können der künftigen GmbH zugerechnet werden, wenn sie innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages erbracht wurden.