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Document 61990CJ0204

Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1992.
Hanns-Martin Bachmann gegen Belgischer Staat.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour de cassation - Belgien.
Artikel 48, 59, 67 und 106 EWG-Vertrag - Abzug von Versicherungsbeiträgen.
Rechtssache C-204/90.

European Court Reports 1992 I-00249

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1992:35

SITZUNGSBERICHT

in der Rechtssache C-204/90 ( *1 )

I — Sachverhalt und schriftliches Verfahren

1. Nationaler rechtlicher Rahmen

Gemäß Artikel 54 Nrn. 1 und 2 des belgischen Code des impôts sur les revenus (Einkommensteuergesetz; nachstehend: CIR) können vom Gesamtbetrag der Erwerbseinkünfte abgezogen werden „die Beiträge zur freiwilligen Kranken-und Invaliditätsversicherung, die der Beitragspflichtige an einen von Belgien anerkannten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gezahlt hat, sowie die Beiträge zu Zusatzversicherungen für den Fall des Alters und des vorzeitigen Todes, die der Beitragspflichtige in Belgien insbesondere in Erfüllung eines von ihm individuell geschlossenen Lebensversicherungsvertrags gezahlt hat“.

2. Ausgangsrechtsstreit und Vorabentscheidungsfrage

Herr Bachmann hatte 1971 in Deutschland eine freiwillige Krankenversicherung bei der Debeka Krankenversicherungsverein AG sowie zwei Versicherungen, eine Invaliditätsund eine Lebensversicherung, bei der Hamburg-Mannheimer abgeschlossen.

Am 16. Mai 1972 ließ er sich in Belgien nieder, um die Leitung der Rechts-und Steuerabteilung der belgisch-luxemburgisch-deutschen Handelskammer in Brüssel zu übernehmen. Von 1973 bis 1976 zog Herr Bachmann in seiner Steuererklärung die Beiträge zu den vorgenannten Versicherungen vom Gesamtbetrag seiner belgischen Erwerbseinkünfte ab.

Nachdem der Directeur des contributions directes de Bruxelles-I diese Abzüge mit Entscheidung vom 24. August 1987 abgelehnt hatte, erhob Herr Bachmann Klage bei der Cour d'appel Brüssel, die diese Entscheidung mit Urteil vom 15. November 1988 bestätigte. Die als Rechtsmittelinstanz angerufene Cour de cassation (Erste Kammer) hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Vorabentscheidungsfrage vorgelegt:

Sind die Bestimmungen des belgischen Steuerrechts, die im Bereich der Steuern auf das Einkommen die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Kranken-und Invaliditäts-oder Alters-und Todesfallversicherungen von der Voraussetzung abhängig machen, daß diese Beiträge „in Belgien“ gezahlt werden, mit den Artikeln 48, 59, und zwar dessen Absatz 1, 67 und 106 EWG-Vertrag vereinbar?

3. Verfahren vor dem Gerichtshof

Der Vorlagebeschluß der belgischen Cour de Cassation ist am 5. Juli 1990 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen worden.

Gemäß Artikel 20 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes der EWG haben der Kläger des Ausgangsverfahrens, vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Pierre Nemery de Bellevaux, der Finanzminister des Königreichs Belgien, vertreten durch Rechtsanwalt Ignace Maselis, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Jean-Claude Séché, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, und die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Ernst Röder als Bevollmächtigten, schriftliche Erklärungen eingereicht.

Der Gerichtshof hat auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

II — Zusammenfassung der beim Gerichtshof abgegebenen schriftlichen Erklärungen

1. Zum Verstoß gegen Artikel 48 EWG-Vertrag

1.1.

Nach Auffassung von Herrn Bachmann verstößt Artikel 54 CIR gegen Artikel 48 EWG-Vertrag. Die streitige Vorschrift gelte zwar unterschiedslos für die Einwohner des Königreichs Belgien, betreffe aber die Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz immer in Belgien gehabt hätten, nur in Ausnahmefällen. Diese Arbeitnehmer hätten nämlich im allgemeinen bei Versicherungsgesellschaften in Belgien Versicherungen abgeschlossen, während Arbeitnehmer, die ihre Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat begonnen hätten, bei der Aufnahme der Berufstätigkeit Versicherungsverträge bei Versicherungsgesellschaften in diesem Mitgliedstaat unterschrieben.

Der Abschluß eines neuen Vertrags mit einer Gesellschaft in Belgien habe Folgen, die nachteiliger seien wegen des höheren Alters und weil der Zuwachs der mit dem Lebensversicherungsvertrag verbundenen Dekkungsrücklage verlorengehe und vielleicht auch wegen der Gefahr, von einer in Belgien ansässigen Versicherungsgesellschaft abgelehnt zu werden, sobald eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Versicherungsbewerbers die Versicherungsgesellschaft veranlasse, das Risiko dieses Arbeitnehmers nicht mehr zu decken.

1. 2.

Die belgische Regierung ist der Auffassung, daß Artikel 54 CIR keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliehe Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten enthalte und also mit Artikel 48 EWG-Vertrag vereinbar sei. Denn die Entrichtung von Beiträgen in Belgien werde sowohl von Inländern als auch von Wanderarbeitnehmern verlangt. Außerdem seien die belgischen Arbeitnehmer, die früher ins Ausland abgewandert seien und sich bei ihrer Rückkehr nach Belgien dafür entschieden hätten, im Ausland während ihres Aufenthalts dort geschlossene Verträge beizubehalten, durch diese Beschränkung ebenso betroffen wie nach Belgien zugewanderte Arbeitnehmer aus der EG, die sich dafür entschieden hätten, früher in ihrem Herkunftsland geschlossene Verträge beizubehalten.

Entgegen der Auffassung der Kommission stelle die streitige Vorschrift keine mittelbare Diskriminierung dar. Denn

a)

Artikel 54 CIR werde keinen Gemeinschaftsangehörigen, der in seinem Herkunftsmitgliedstaat auch nicht zu dem fraglichen Steuerabzug berechtigt sei, davon abhalten, ein Stellenangebot in Belgien anzunehmen;

b)

ein Gemeinschaftsangehöriger, der in seinem Herkunftsmitgliedstaat zum steuerlichen Abzug der fraglichen Beiträge berechtigt sei, werde diese Beiträge, nachdem er eine Stelle in Belgien angenommen habe, von seinen Erwerbseinkünften im Herkunftsmitgliedstaat weiterhin abziehen können;

c)

ein Gemeinschaftsangehöriger, der unter Artikel 54 CIR fallende Verträge mit einer Gesellschaft geschlossen habe, die außerhalb von Belgien ansässig sei, könne die Beiträge unter den folgenden Voraussetzungen von seinen belgischen Erwerbseinkünften abziehen :

Im Fall der freiwilligen Kranken-und Invaliditätsversicherung müßten die Beiträge an einen in Belgien anerkannten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gezahlt worden sein;

im Fall der Lebensversicherung müßten die Beiträge in Belgien an belgische Versicherungsgesellschaften oder an belgische Niederlassungen ausländischer Versicherungsgesellschaften gezahlt worden sein.

Das Gesetz schreibe also nicht vor, daß die Beiträge an eine belgische Versicherungsgesellschaft gezahlt worden sein müßten;

d)

ein Gemeinschaftsangehöriger werde die Beiträge zu einer freiwilligen Kranken-und Invaliditätsversicherung, wenn sie an einen nicht in Belgien anerkannten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gezahlt worden seien, und auch die Beiträge zu einer Lebensversicherung, wenn sie nicht in Belgien gezahlt worden seien, nicht abziehen können.

Außerdem führt die belgische Regierung aus, daß ein Gemeinschaftsangehöriger, der eine Stelle in Belgien annehmen wolle, seine Kranken-und Invaliditätsversicherung in seinem Herkunftsstaat problemlos beenden und eine neue Versicherung mit einem von Belgien anerkannten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit abschließen könne, um den Vorteil der Abzugsfähigkeit zu erlangen.

Bei einer Lebensversicherung werde die fehlende Abzugsfähigkeit der Beiträge durch die Nichtbesteuerung des angesammelten Kapitals oder der gebildeten Rente ausgeglichen. Durch diesen Ausgleich werde sichergestellt, daß sich die fragliche Vorschrift weder unmittelbar noch mittelbar für Angehörige anderer Mitgliedstaaten finanziell nachteiliger auswirke als für belgische Staatsangehörige. Artikel 54 CIR stelle also keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung des Artikels 48 EWG-Vertrag dar (Urteil vom 8. Oktober 1980 in der Rechtssache 810/79, Überschär, Slg. 1980, 2747, Randnr. 17).

Der vorliegende Fall weise keine Ähnlichkeit mit dem des Urteils vom 8. Mai 1990 in der Rechtssache C-175/88 (Biehl, Slg. 1990, I-1779) auf. In dieser Rechtssache sei nämlich ein Wohnsitzerfordernis aufgestellt gewesen, damit der Betroffene die Erstattung zuviel gezahlter Steuern erreichen könne, während Artikel 54 CIR in der vorliegenden Rechtssache kein Wohnsitzerfordernis aufstelle, um den Vorteil des Steuerabzugs zu erlangen.

Die sich aus den steuerrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten ergebenden Beeinträchtigungen der Freizügigkeit müßten durch die Harmonisierung dieser Rechtsvorschriften beseitigt werden. Zu diesem Zweck habe die Kommission eine Richtlinie zur Harmonisierung von Regelungen im Bereich der Einkommensteuer im Hinblick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft (ABl. 1980, C 21, S. 6) vorgeschlagen, deren Artikel 9 wie folgt laute:

„(1)

Gewährt ein Mitgliedstaat für Zahlungen, die eine natürliche Person an Versicherungsunternehmen, Banken, Pensionsfonds, Bausparkassen oder irgendeinen anderen Empfänger leistet, eine Vergünstigung bei der in Artikel 2 aufgeführten Einkommensteuer, gleichgültig ob durch Abzug von der Steuerbemessungsgrundlage oder auf andere Weise, so darf er eine solche Steuervergünstigung nicht lediglich deshalb versagen, weil der Empfänger in einem anderen Mitgliedstaat gelegen, errichtet oder ansässig ist.

(2)

Der in Absatz 1 erstgenannte Mitgliedstaat kann die Anwendung des Absatzes 1 davon abhängig machen, daß der Empfänger einer ähnlichen steuerlichen Kontrolle und ähnlichen steuerlichen Verpflichtungen unterliegt wie der entsprechende in seinem Gebiet ansässige Empfänger.“

Dieser Vorschlag zeige, daß selbst nach einer Harmonisierung des Steuerrechts betreffend den Abzug von Versicherungsbeiträgen eine gewisse Beeinträchtigung der Freizügigkeit aus Gründen der steuerlichen Kontrolle gerechtfertigt sein könnte.

Es bestünden andere Beeinträchtigungen der Freizügigkeit, insbesondere jene, die sich aus den Unterschieden in den nationalen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit ergäben. Der Gerichtshof habe jedoch in seinem Urteil vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 41/84 (Pinna, Slg. 1986, 1) das Bestehen solcher Beeinträchtigungen als mit dem Vertrag vereinbar anerkannt. Dagegen dürfe eine Gemeinschaftsregelung keine Unterschiede einführen, die zu den Unterschieden hinzuträten, die sich bereits aus der mangelnden Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften ergäben.

Die sich aus einer solchen mangelnden Harmonisierung ergebenden Unterschiede verstießen nicht gegen Artikel 48 EWG-Vertrag. Deshalb sehe Artikel 51 eine Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit vor, um die Freizügigkeit zu gewährleisten.

Schließlich sei das von der Kommission gegen das Argument, die streitige Maßnahme sei durch einen solchen Ausgleich gerechtfertigt, angeführte Urteil des Gerichtshofes im vorliegenden Fall nicht anwendbar. In dem Urteil vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83 (Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 273) habe die beanstandete Regelung eine steuerliche Behandlung vorgesehen, die eine unmittelbare Diskriminierung der Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat dargestellt habe. Die möglichen Vorteile ausländischer Gesellschaften rechtfertigten den Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot offensichtlich nicht.

1.

3. Nach Auffassung der Kommission verstößt die streitige Vorschrift gegen Artikel 48 Absatz 1 EWG-Vertrag. Wie der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 8. Mai 1990, Biehl (a. a. O., Randnrn. 11, 12 und 13), und vom 12. Februar 1974 in der Rechtssache 152/73 (Sotgiu, Slg. 1974, 153) entschieden habe, verböten die Vorschriften über die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten insbesondere in bezug auf die Entlohnung nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führten. Obwohl die Ablehnung der Abzugsfähigkeit der Beiträge unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen gelte, könne sich das Kriterium, auf dem sie beruhe (Erfordernis der Beitragszahlung in Belgien), zum Nachteil der Steuerpflichtigen auswirken, die Angehörige anderer Mitgliedstaaten seien. So werde ein Arbeitnehmer davon abgehalten, eine Berufstätigkeit in Belgien auszuüben, wenn er feststelle, daß ihm die steuerliche Abzugsfähigkeit, die ihm in dem Staat, in dem er seine Beschäftigung ausübe, für Beiträge zu einer Zusatzrentenversicherung, die er weiter an denselben Versicherer entrichten wolle, gegebenenfalls zustehe, in Belgien verweigert werden würde.

Außerdem sei Artikel 54 CIR jedenfalls eine durch den EWG-Vertrag verbotene Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Urteil vom 7. Juli 1988 in der Rechtssache 143/87, Stanton, Slg. 1988, 3877).

Das Argument der belgischen Regierung, die steuerliche Nichtabzugsfähigkeit der Beiträge werde durch die Nichtbesteuerung der Rente und des Kapitals ausgeglichen, die durch die Beiträge gebildet worden seien, greife nicht durch. Dieser Steuervorteil stelle, auf Renten angewandt, zwar eine angemessene Regelung der Lage von Grenzgängern dar, sei aber für Personen uninteressant, die Belgien verließen, nachdem sie dort während eines bestimmten Zeitraums eine Berufstätigkeit ausgeübt hätten, was vor allem bei Angehörigen anderer Mitgliedstaaten der Fall sei. Außerdem habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83 (a. a. O., Randnr. 21) ausgeschlossen, daß eine unterschiedliche Behandlung durch mögliche Vorteile gerechtfertigt sein könne. Ebensowenig könne in diesem Zusammenhang die Gefahr der Steuerflucht geltend gemacht werden (a. a. O., Randnr. 25).

1. 4.

Die deutsche Regierung macht geltend, daß die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet seien, ihr Einkommensteuerrecht zur Erleichterung der Freizügigkeit zu harmonisieren, auch wenn die Freizügigkeit, wie im vorliegenden Fall, eingeschränkt werde.

Der Angehörige eines Mitgliedstaats A, der den Abzug von Versicherungsbeiträgen gestatte, verliere einen Vorteil, wenn er im Mitgliedstaat Β arbeite, der einen solchen Abzug in keinem Fall zulasse. Jedoch seien die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, ihr Einkommensteuerrecht zur Erleichterung der Freizügigkeit zu harmonisieren. Der Verlust bestimmter Steuervorteile, die Staat A im Gegensatz zum Staat Β gewähre, müsse bei einem Wechsel von Staat A nach Staat Β ebenso hingenommen werden, wie im umgekehrten Fall diese unterschiedliche Regelung als Anreiz für Arbeitnehmer dienen könne, von Staat Β nach Staat A zu wechseln.

Ähnlich zu beurteilen sei der Fall, daß der Staat Β — ebenso wie der Staat A — Versicherungsbeiträge zwar steuerrechtlich begünstige, allerdings nur Beiträge an zum Geschäftsbetrieb in Β zugelassene Unternehmen, und wenn das Unternehmen, bei dem der Arbeitnehmer versichert sei, im Staat Β nicht zum Geschäftsbetrieb zugelassen sei. Der Wechsel von A nach Β sei für den Wanderarbeitnehmer von Nachteil, obwohl beide Staaten vergleichbare einkommensteuerrechtliche Regelungen hätten. Während in der vorhergehenden Variante der steuerrechtliche Unterschied (Einkommensteuer) die Freizügigkeit erschwert habe, sei bei dieser Fallgestaltung der Unterschied im Versicherungsrecht ausschlaggebend. Solange die materiellen Anforderungen an die fraglichen Versicherungsarten nicht harmonisiert seien, sei ein solcher Nachteil aber unvermeidlich.

2. Zum Verstoß gegen Artikel 59 EWG-Vertrag

2. 1.

Auf der Grundlage der Überlegungen zum Verstoß gegen Artikel 48 macht Herr Bachmann geltend, daß die streitige Vorschrift auch gegen Artikel 59 EWG-Vertrag verstoße.

2. 2.

Nach Auffassung der belgischen Regierung beschränkt Artikel 54 CIR den freien Dienstleistungsverkehr nicht.

Bei der zusätzlichen Kranken-und Invaliditätsversicherung seien die Beiträge abziehbar, wenn sie an einen belgischen oder in Belgien anerkannten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gezahlt würden. Der Gerichtshof habe das Erfordernis einer Anerkennung ausländischer Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit in seinem Urteil vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnrn. 46 und 47) gelten lassen; danach führe nur das Erfordernis einer Zulassung, deren Erteilung und Widerruf Sache des Bestimmungsstaats seien, zu einer wirksamen Aufsicht und stelle keine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

Außerdem würden die erste Richtlinie 73/239/EWG des Rates (ABl. L 228, S. 3) sowie die zweite Richtlinie 88/357/EWG des Rates (ABl. L 172, S. 1) zur Koordinierung der Rechts-und Verwaltungsvorschriften, mit denen die Ausübung der Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet der Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherungen) erleichtert werden sollten, die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit von ihrem Geltungsbereich ausschließen (Artikel 3 der Richtlinie 73/239, Artikel 12 Absatz 2 der Richtlinie 88/357). Jedenfalls seien Massenrisiken wie z. B. Krankheit von der Liberalisierung nach der Richtlinie 88/357 (Artikel 5) ausgeschlossen, während der freie Dienstleistungsverkehr auch für die Invaliditätsversicherungen der Lebensversicherer nicht verwirklicht worden sei, weil diese Versicherungen unter die Richtlinie über die Lebensversicherungen fielen (Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 79/267/EWG, ABl. 1979, L 63, S. 1).

Auf dem Gebiet der freiwilligen Lebensversicherung sei der freie Dienstleistungsverkehr noch nicht verwirklicht. Beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts könne ein Mitgliedstaat von ausländischen Gesellschaften eine Zulassung zur Erbringung von Lebensversicherungsleistungen in seinem Hoheitsgebiet verlangen (Artikel 6 bis 8 der Richtlinie 79/267).

Selbst wenn davon auszugehen wäre, daß die Nichtabzugsfähigkeit der fraglichen Beiträge den freien Dienstleistungsverkehr einschränke, so würde eine solche Einschränkung doch durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sein. Denn daß nur die in Belgien gezahlten Beiträge zu Zusatzversicherungen unter die Steuerbefreiung fielen, habe seinen Grund darin, daß es den Steuerbehörden unmöglich sei, die Bescheinigungen über im Ausland geleistete Beitragszahlungen zu kontrollieren.

2. 3.

Die Kommission ist der Auffassung, daß die streitige Maßnahme gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs verstoße, da sie nicht nur die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten, sondern auch die des betroffenen Mitgliedstaats möglicherweise davon abhalte, eine Zusatzversicherung bei einem in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherer abzuschließen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergebe sich, daß u. a. innerstaatliche fiskalische Maßnahmen, die die Ausübung dieser Freiheit durch den Wirtschaftsteilnehmer beeinträchtigten, ein Hindernis sein könnten.

2. 4.

Die deutsche Regierung ist der Auffassung, daß die streitige Vorschrift im Hinblick auf den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs zulässig sei. Die Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs in bezug auf Versicherungsunternehmen, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung nicht in Belgien hätten, sei durch ein Allgemeininteresse gerechtfertigt (Urteil vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84, Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 27), dessen Gegenstand der Schutz der Versicherungsnehmer und der Versicherten sei. Der einzelne Versicherungsnehmer könne nämlich in der Regel nicht beurteilen, ob die Entwicklung der finanziellen Lage des Versicherungsunternehmens und die von diesem Unternehmen verwendeten Versicherungsbedingungen eine ausreichende Sicherheit für die Leistung im Versicherungsfall böten; soweit die versicherungsrechtlichen Anforderungen gemeinschaftsweit nicht harmonisiert seien, könnten die Mitgliedstaaten das von ihnen angestrebte Schutzniveau dadurch sichern, daß sie den grenzüberschreitenden Verkehr mit Versicherungsdienstleistungen von einer Zulassung zum Geschäftsbetrieb abhängig machten (Urteil vom 4. Dezember 1986, Kommission/Deutschland, a. a. O., Randnr. 49). Die Richtlinien 73/239 und 88/357 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung erfaßten ausdrücklich nicht die Lebensversicherung. Insoweit seien die Mitgliedstaaten also weiterhin befugt, den Dienstleistungsverkehr von der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb abhängig zu machen.

Wenn jedoch die Mitgliedstaaten befugt seien, den Verkehr mit Dienstleistungen der Unternehmen gänzlich zu untersagen, die nicht zum Geschäftsbetrieb zugelassen seien, dann müßten die Mitgliedstaaten auch befugt sein, diesen Unternehmen steuerliche Vergünstigungen vorzuenthalten.

3. Zum Verstoß gegen die Artikel 67 und 106 EWG-Vertrag

3.

1. Zum Verstoß gegen Artikel 67 EWG-Vertrag macht Herr Bachmann geltend, daß die belgischen Steuervorschriften den freien Kapitalverkehr unterbänden, da sie den Abzug von an ausländische Versicherungsgesellschaften geleisteten Beitragszahlungen untersagten und somit die möglichen Versicherungsnehmer solcher Versicherungsverträge zu rein belgischen Versicherungsgesellschaften gehen ließen. Außerdem habe das Finanzministerium durch seine Auslegung des CIR eine zusätzliche Diskriminierung eingeführt. Die Steuerbehörde erkläre nämlich, daß sie für die Arbeitgeberleistungen vom Erfordernis einer in Belgien geleisteten Zahlung ausdrücklich absehe, soweit diese „... im Rahmen einer in Frankreich, dem Großherzogtum Luxemburg oder den Niederlanden abgeschlossenen Gruppenversicherung zugunsten bestimmter Arbeitnehmer mit französischer, luxemburgischer oder niederländischer Staatsangehörigkeit [erfolgten], soweit die Betroffenen nicht unter die besondere Steuerregelung für ausländische Führungskräfte, Angestellte und Forscher fallen“.

Was den Verstoß gegen Artikel 106 EWG-Vertrag angehe, so mache die belgische Regierung zur Rechtfertigung der fraglichen diskriminierenden Regelung nichts geltend, was mit ihrer allgemeinen wirtschaftlichen Lage und ihrer Zahlungsbilanz zu tun habe, und die Ausführungen zum Verstoß gegen die Artikel 48 und 67 gälten auch insoweit.

Schließlich stützt sich der Kläger des Ausgangsverfahrens auf das erwähnte Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83, wonach die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 52 EWG-Vertrag verstoßen habe, daß sie den in Frankreich gelegenen Zweigniederlassungen und Agenturen von Versicherungsgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nicht unter den gleichen Bedingungen wie Versicherungsgesellschaften mit Sitz in Frankreich ein Steuerguthaben für die von diesen Zweigniederlassungen und Agenturen bezogenen Dividenden französischer Gesellschaften gewährt habe.

3. 2.

Die belgische Regierung führt zunächst aus, daß man sich nicht vorstellen könne, wie eine steuerrechtliche Vorschrift den freien Kapitalverkehr beschränken könne. Artikel 54 CIR hindere Herrn Bachmann nicht daran, seine Versicherungsbeiträge in Deutschland zu entrichten.

Die belgische Regierung trägt sodann vor, die streitige Vorschrift verstoße selbst dann nicht gegen Artikel 67 und 106 EWG-Vertrag, wenn sie den freien Kapitalverkehr beschränken könne.

Der verweigerte Abzug betreffe die Jahre 1973, 1974, 1975 und 1976. In dieser Zeit sei der freie Kapitalverkehr nur sehr teilweise durch zwei Richtlinien verwirklicht gewesen, die den freien Transfer von Zahlungen in Erfüllung von Versicherungsverträgen nur für Verträge vorgesehen hätten, für die der freie Dienstleistungsverkehr verwirklicht gewesen sei. Der freie Dienstleistungsverkehr sei jedoch im Bereich der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und der Lebensversicherungen bis heute noch nicht verwirklicht. Folglich sei nicht gegen Artikel 67 verstoßen worden.

Ebensowenig könne gegen Artikel 106 Absatz 1 verstoßen werden, wenn die betroffenen Dienstleistungen nicht liberalisiert seien.

Selbst bei Verwirklichung des freien Dienstleistungsverkehrs sei Artikel 54 CIR dadurch gerechtfertigt, daß die belgischen Steuerbehörden die Bescheinigungen für im Ausland geleistete Zahlungen nicht kontrollieren könnten.

3. 3.

Die Kommission hält die Verweisung auf Artikel 106 in der vorliegenden Rechtssache nicht für relevant. Was Artikel 67 angehe, so sei seine Durchführung durch die Richtlinie vom 24. Juni 1988 (ABl. L 178, S. 5) erfolgt, die den Kapitalverkehr vollständig liberalisiert habe. Folglich seien Steuervorschriften wie die, die Gegenstand der Vorlagefrage seien, eine Diskriminierung aufgrund des „Anlageorts“ im Sinne von Artikel 67.

3. 4.

Nach Auffassung der deutschen Regierung kann der Kapitalverkehr behindert werden, was jedoch gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden sei, da im vorliegenden Fall die Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages einschlägig sei. Danach seien die in Anhang I der Richtlinie unter Ziffer X genannten „Transferzahlungen in Erfüllung von Versicherungsverträgen“ liberalisiert. Ob das den Transferzahlungen zugrunde liegende Geschäft liberalisiert sei, beurteile sich aber nicht nach dieser Richtlinie. Hierfür gälten vielmehr die Vertragsbestimmungen über den Dienstleistungsverkehr.

Soweit in der in der Vorlagefrage beschriebenen einkommensteuerrechtlichen Regelung eine Beschränkung des Zahlungsverkehrs gesehen werde, sei diese Beschränkung gemäß Artikel 106 Absatz 2 EWG-Vertrag an den für das Grundgeschäft geltenden gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen zu messen (Urteil vom 11. November 1981 in der Rechtssache 203/80, Casati, Sig. 1981, 2595, Randnr. 24). Die Bestimmungen über den Dienstleistungsverkehr seien also maßgebend.

4. Von den Beteiligten vorgeschlagene Antworten auf die Vorlagefrage

Aufgrund seiner vorstehenden Erwägungen schlägt Herr Bachmann dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage zu verneinen.

Die von der belgischen Regierung vorgeschlagene Antwort auf die Vorlagefrage lautet wie folgt:

„Die Bestimmungen des belgischen Steuerrechts, die im Bereich der Steuern auf das Einkommen die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur freiwilligen Kranken-und Invaliditätsversicherung von der Voraussetzung abhängig machen, daß sie an von Belgien anerkannte Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gezahlt werden, und die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Alters-oder Todesfallversicherungen von der Voraussetzung abhängig machen, daß sie ‚in Belgien‘ gezahlt werden, sind mit den Artikeln 48, 59, 65 und 106 EWG-Vertrag vereinbar.“

Die Kommission schlägt folgende Antwort vor:

„Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die im Bereich der Steuern auf das Einkommen die Abzugsfähigkeit von Versicherungsbeiträgen wie denjenigen zu Kranken-, Invaliditäts-, Alters-oder Todesfallversicherungen von der Voraussetzung abhängig machen, daß diese Beiträge an ein im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats niedergelassenes Unternehmen gezahlt werden, sind mit den Artikeln 48, 52 und 59 EWG-Vertrag sowie mit der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages unvereinbar.“

Die deutsche Regierung schlägt dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage zu bejahen, wobei diese jedoch wie folgt umzuformulieren sei:

„Ist eine nationale Regelung, die die einkommensteuerrechtliche Begünstigung von Beiträgen zu Kranken-und Invaliditätsoder Alters-und Todesfallversicherungen davon abhängig macht, daß das Versicherungsunternehmen seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung im Inland hat, mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbaren?“

J. C. Moitinho de Almeida

Berichterstatter


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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URTEIL DES GERICHTSHOFES

28. Januar 1992 ( *1 )

In der Rechtssache C-204/90

betreffend ein dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag von der belgischen Cour de cassation in dem bei dieser anhängigen Rechtsstreit

Hanns-Martin Bachmann

gegen

Belgischer Staat

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 48, 59, 67 und 106 EWG-Vertrag

erläßt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Due, der Kammerpräsidenten R. Joliét, F. A. Schockweiler und F. Grévisse, der Richter C. N. Kakouris, J. C. Moitinho de Almeida, G. C. Rodríguez Iglesias, M. Diez de Velasco und M. Zuleeg,

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: J. A. Pompe, Hilfskanzler

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

des Klägers des Ausgangsverfahrens, vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Pierre Nemery de Bellevaux, Brüssel,

des Beklagten des Ausgangsverfahrens, vertreten durch Rechtsanwalt Ignace Maselis, Brüssel,

der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Ernst Röder als Bevollmächtigten,

der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Jean-Claude Séché als Bevollmächtigten,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien des Ausgangsverfahrens, der dänischen Regierung, vertreten durch Jørgen Molde als Bevollmächtigten, der deutschen Regierung, der niederländischen Regierung, vertreten durch T. Heukels als Bevollmächtigten, und der Kommission in der Sitzung vom 3. Juli 1991,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. September 1991,

folgendes

Urteil

1

Die belgische Cour de cassation hat mit Urteil vom 28. Juni 1990, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Juli 1990, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 48, 59, 67 und 106 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Hanns-Martin Bachmann, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und in Belgien beschäftigt war, und dem belgischen Staat wegen der Weigerung des Directeur des contributions directes de Bruxelles-I, den Abzug von in Deutschland gezahlten Beiträgen im Rahmen von Kranken- und Invaliditätsversicherungsverträgen sowie eines Lebensversicherungsvertrags, die der Kläger vor seiner Ankunft in Belgien geschlossen hatte, vom Gesamtbetrag seiner Erwerbseinkünfte des Zeitraums 1973 bis 1976 zu gestatten.

3

Diese Weigerung ist auf Artikel 54 des belgischen Code des impôts sur les revenus (nachstellend: CIR) gestützt, der im Ausgangsverfahren Anwendung findet und wonach von den Erwerbseinkünften nur die Beiträge zur freiwilligen Kranken-und Invaliditätsversicherung, die an einen von Belgien anerkannten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gezahlt wurden, sowie die in Belgien gezahlten Beiträge zu Versicherungen für den Fall des Alters und des vorzeitigen Todes abgezogen werden können.

4

Herr Bachmann erhob gegen die genannte Entscheidung Klage bei der Cour d'appel Brüssel. Nach Abweisung dieser Klage legte er Rechtsmittel bei der Cour de cassation ein, die beschlossen hat, das Verfahren auszusetzen, bis der Gerichtshof über folgende Frage vorab entschieden hat:

Sind die Bestimmungen des belgischen Steuerrechts, die im Bereich der Steuern auf das Einkommen die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Kranken- und Invaliditätsoder Alters- und Todesfallversicherungen von der Voraussetzung abhängig machen, daß diese Beiträge „in Belgien“ gezahlt werden, mit den Artikeln 48, 59, und zwar dessen Absatz 1, 67 und 106 EWG-Vertrag vereinbar?

5

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

6

Vorab ist festzustellen, daß der Gerichtshof im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 177 EWG-Vertrag nicht über die Vereinbarkeit von innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu entscheiden hat; er kann jedoch dem nationalen Gericht alle Kriterien für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts an die Hand geben, die es diesem ermöglichen, über die Vereinbarkeit dieser Vorschriften mit den herangezogenen Gemeinschaftsbestimmungen zu befinden.

7

Die Vorlagefrage ist demnach so zu verstehen, daß das nationale Gericht wissen möchte, ob die Artikel 48, 59, 67 und 106 EWG-Vertrag dahin auszulegen sind, daß sie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die die steuerliche Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Kranken- und Invaliditäts- oder Alters- und Todesfallversicherungen von der Voraussetzung abhängig machen, daß diese Beiträge in diesem Staat gezahlt werden.

Artikel 48 EWG-Vertrag

8

Die belgische Regierung führt aus, daß die fraglichen Bestimmungen ohne Unterscheidung nach der Staatsangehörigkeit für belgische Arbeitnehmer und Arbeitnehmer mit der Staatsangehörigkeit anderer Mitgliedstaaten gälten, die den Vorteil der früher im Ausland geschlossenen Verträge behalten wollten, und daß die Behauptung der Kommission, diese Bestimmungen wirkten sich insbesondere zum Nachteil der steuerpflichtigen Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten aus, jeder Grundlage entbehre.

9

Insoweit ist festzustellen, daß die Arbeitnehmer, die in einem Mitgliedstaat berufstätig waren und später in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt sind oder dort eine Beschäftigung suchen, ihre Alters- und Todesfall- oder Invaliditäts- und Krankenversicherungsverträge normalerweise bei Versicherern geschlossen haben, die im erstgenannten Staat niedergelassen sind. Folglich besteht die Gefahr, daß sich die fraglichen Bestimmungen besonders zum Nachteil dieser Arbeitnehmer auswirken, die in aller Regel Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind.

10

Zu den Alters- und Todesfallversicherungsverträgen führt die belgische Regierung aus, daß die in Belgien beschäftigten Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten, die Begünstigte solcher zuvor in einem anderen Mitgliedstaat geschlossener Verträge seien, zwar ihre Beiträge vom Gesamtbetrag der in Belgien steuerpflichtigen Einkünfte nicht abziehen könnten, daß als Ausgleich dafür jedoch die von den Versicherern in Erfüllung dieser Verträge an sie gezahlten Pensionen, Renten, Kapitalabfindungen oder Rückkaufswerte keine steuerpflichtigen Einkünfte darstellten, wie sich aus dem durch das Gesetz vom 5. Januar 1976(Moniteur belge vom 6. Februar 1976, S. 81) in den CIR eingefügten Artikel 32bis ergebe. Wenn sie auf diese Beiträge bei Rückkehr in ihre Herkunftsländer eine Steuer zahlen müßten, beruhe dies nicht auf einer Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer durch das belgische Gesetz, sondern auf dem Fehlen einer Harmonisierung des Steuerrechts der Mitgliedstaaten.

11

Dieses Argument greift nicht durch. In der Regel kehren nämlich die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten nach ihrer Beschäftigung in Belgien in ihren Heimatstaat zurück, in dem die von den Versicherern zu zahlenden Beträge der Besteuerung unterliegen, und sie können somit die Nichtabzugsfähigkeit der Beiträge bei der Einkommensbesteuerung nicht durch die Steuerfreiheit der von den Versicherern zu zahlenden Beträge ausgleichen. Zwar beruht diese Situation auf dem Fehlen einer Harmonisierung des Steuerrechts der Mitgliedstaaten, doch darf diese Harmonisierung nicht zur Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 48 EWG-Vertrag gemacht werden.

12

Zu den Invaliditäts- und Krankenversicherungen führt die belgische Regierung aus, daß die fraglichen Bestimmungen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigten, da ein Gemeinschaftsbürger, der in Belgien eine Beschäftigung aufnehmen wolle, seinen Vertrag ohne nachteilige Folgen beenden und einen neuen Vertrag mit einem von Belgien anerkannten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit schließen könne, um die Abzugsfähigkeit in Anspruch zu nehmen. Dies werde er außerdem in der Regel auch tun, da die Leistungen dieser Versicherungen sich nach dem Pflichtversicherungssystem richteten, das von einem Mitgliedstaat zum anderen verschieden sei.

13

Auch diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Die Notwendigkeit, den bei einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherer geschlossenen Vertrag zu kündigen, um den in einem anderen Mitgliedstaat vorgesehenen Abzug in Anspruch nehmen zu können, obwohl der Betroffene die Fortsetzung dieses Vertrags als in seinem Interesse liegend betrachtet, stellt wegen der damit verbundenen Schritte und Kosten eine Beeinträchtigung seiner Freizügigkeit dar.

14

Die belgische, die deutsche, die niederländische und die dänische Regierung sind der Auffassung, daß Bestimmungen wie die von dem nationalen Gericht erwähnten jedenfalls durch Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt seien.

15

Die deutsche Regierung führt insoweit aus, daß sich im Hinblick auf Alters- und Todesfall- sowie Kranken- und Invaliditätsversicherungen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Urteil vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84, Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 49) ergebe, daß die Mitgliedstaaten den Abschluß von Versicherungsverträgen bei einem in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherer einer Zulassungsregelung unterwerfen könnten, um die Verbraucher als Versicherungsnehmer und Versicherte zu schützen. Wenn jedoch die Mitgliedstaaten den Abschluß von Versicherungsverträgen, bei denen diese Voraussetzung nicht eingehalten werde, nicht hinnehmen müßten, dann seien sie auch nicht verpflichtet, solche Verträge steuerlich zu begünstigen.

16

Diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Zwar können die Mitgliedstaaten mangels gemeinschaftsrechtlicher Harmonisierungsmaßnahmen den Abschluß bestimmter Versicherungsverträge aus Gründen des Schutzes der Versicherten und Versicherungsnehmer als Verbraucher von der Zulassung des Versicherers abhängig machen, doch kann ein solches Allgemeininteresse nicht geltend gemacht werden, um bestehenden Versicherungsverträgen, die bei in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Versicherern zu einem Zeitpunkt geschlossen wurden, zu dem der Versicherungsnehmer dort wohnte, die Anerkennung zu versagen.

17

Nach Ansicht der belgischen, der niederländischen und der dänischen Regierung sind Bestimmungen wie die des Artikels 54 CIR nötig, da es zum einen schwierig, wenn nicht unmöglich sei, die Bescheinigungen für in anderen Mitgliedstaaten geleistete Beitragszahlungen zu kontrollieren, und da zum anderen die Kohärenz des Steuerrechts auf dem Gebiet der Alters- und Todesfallversicherungen gewährleistet werden müsse.

18

Zur Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle ist festzustellen, daß sich ein Mitgliedstaat auf die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15; nachstehend: Richtlinie) stützen kann, um zu kontrollieren, ob in einem anderen Mitgliedstaat Zahlungen geleistet worden sind, wenn diese Zahlungen wie im vorliegenden Fall für die zutreffende Festsetzung der Steuer vom Einkommen zu berücksichtigen sind (Artikel 1 Absatz 1).

19

Die belgische Regierung führt jedoch aus, daß einige Mitgliedstaaten nicht über eine Rechtsgrundlage dafür verfügten, von den Versicherern die Auskünfte zu verlangen, die zur Kontrolle der in ihrem Gebiet geleisteten Zahlungen erforderlich seien.

20

Insoweit ist festzustellen, daß die Finanzbehörden der Mitgliedstaaten nach Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie nicht zur Zusammenarbeit verpflichtet sind, wenn der Durchführung von Ermittlungen oder der Beschaffung oder Verwertung von Auskünften durch die zuständige Behörde für die eigenen Zwecke dieser Staaten gesetzliche Vorschriften oder ihre Verwaltungspraxis entgegenstünden. Daß eine solche Zusammenarbeit nicht verlangt werden kann, vermag jedoch die Nichtabzugsfähigkeit der Versicherungsbeiträge nicht zu rechtfertigen. Denn nichts würde die beteiligten Finanzbehörden daran hindern, vom Betroffenen die für erforderlich gehaltenen Belege zu verlangen und gegebenenfalls den Abzug bei Nichtvorlage dieser Belege zu verweigern.

21

Zur Notwendigkeit, die Kohärenz der Steuerregelung zu wahren, hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom heutigen Tag in der Rechtssache C-300/90 (Kommission/Belgien) festgestellt, daß innerhalb der belgischen Regelung ein Zusammenhang zwischen der Abzugsfähigkeit der Beiträge und der Besteuerung der von den Versicherern in Erfüllung der Versicherungsverträge für den Fall des Alters und des Todes zu zahlenden Beträge besteht. Nach Artikel 32bis CIR sind nämlich die Pensionen, Renten, Kapitalabfindungen oder Rückkaufswerte von Lebensversicherungsverträgen von der Steuer befreit, wenn der in Artikel 54 vorgesehene Abzug nicht erfolgt ist.

22

Folglich wird innerhalb einer solchen Steuerregelung der Einnahmeverlust, der sich aus dem Abzug der Beiträge zu Lebensversicherungen, worunter auch Alters- und Todesfallversicherungen fallen, vom Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Einkünfte ergibt, durch die Besteuerung der von den Versicherern zu zahlenden Pensionen, Renten oder Kapitalabfindungen ausgeglichen. Ist der Abzug solcher Beiträge nicht erfolgt, so sind diese Beträge von der Steuer befreit.

23

Die Kohärenz einer solchen Steuerregelung, deren Gestaltung Sache des einzelnen Mitgliedstaats ist, setzt also voraus, daß dieser Staat, wäre er verpflichtet, den Abzug der in einem anderen Mitgliedstaat gezahlten Lebensversicherungsbeiträge zuzulassen, die von den Versicherern zu zahlenden Beträge besteuern könnte.

24

Hierzu ist festzustellen, daß eine Selbstverpflichtung der Versicherer zur Zahlung dieser Steuer keine hinreichende Garantie darstellen würde. Falls nämlich die Verpflichtung nicht eingehalten würde, wäre es notwendig, ihre Erfüllung im Mitgliedstaat der Niederlassung zu erwirken; abgesehen davon, daß es für einen Staat schwierig ist, in Erfahrung zu bringen, ob und in welcher Höhe in einem anderen Staat niedergelassene Versicherer Zahlungen geleistet haben, ist es nicht ausgeschlossen, daß Gründe der öffentlichen Ordnung geltend gemacht werden, um die Einziehung der Steuer zu verhindern.

25

Zwar ließe sich eine solche Verpflichtung grundsätzlich mit der Leistung einer Sicherheit durch den Versicherer koppeln, doch würden sich daraus für den Versicherer zusätzliche Kosten ergeben, die auf die Versicherungsprämien abzuwälzen wären, so daß die Versicherten, die überdies der Gefahr einer doppelten Besteuerung der in Erfüllung der Verträge zu zahlenden Beträge ausgesetzt wären, jedes Interesse an der Aufrechterhaltung dieser Verträge verlören.

26

Es bestehen zwar zwischen einigen Mitgliedstaaten bilaterale Abkommen, die den steuerlichen Abzug von Beiträgen zulassen, die in einem anderen Vertragsstaat als dem, der diesen Vorteil gewährt, gezahlt worden sind, und die das Recht zur Besteuerung der von den Versicherern in Erfüllung ihrer Verträge gezahlten Beträge nur einem Staat einräumen. Eine solche Lösung ist jedoch nur auf diesem Weg oder dadurch möglich, daß der Rat die erforderlichen Koordinierungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen erläßt.

27

Daraus ergibt sich, daß beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts die Kohärenz einer solchen Steuerregelung nicht durch weniger einschränkende Bestimmungen, als sie Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits sind, gewährleistet werden kann und daß jede andere Maßnahme, die garantieren könnte, daß der betroffene Staat die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehene Steuer auf die von den Versicherern in Erfüllung ihrer Verträge zu zahlenden Beträge einziehen kann, im Ergebnis ähnliche Folgen hätte wie die, die sich aus der Nichtabzugsfähigkeit der Beiträge ergeben.

28

Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, daß auf dem Gebiet der Alters- und Todesfallversicherungen Bestimmungen wie die des fraglichen belgischen Gesetzes durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sind, die Kohärenz der Steuerregelung, zu der sie gehören, zu gewährleisten, und daß solche Bestimmungen somit nicht gegen Artikel 48 EWG-Vertrag verstoßen.

29

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß Artikel 32bis CIR erst seit 1975 und damit nur für einen Teil des fraglichen Zeitraums gilt. Es ist Sache des nationalen Gerichts, auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen festzustellen, ob die von ihm erwähnten Bestimmungen, was den übrigen Teil des genannten Zeitraums betrifft, notwendig waren, um den oben angegebenen, im Allgemeininteresse liegenden Zweck zu erreichen.

30

Desgleichen ist es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob die genannten Bestimmungen im Hinblick auf die Kranken- und Invaliditätsversicherungen ebenfalls zur Erreichung dieses Zwecks notwendig waren.

Artikel 59 EWG-Vertrag

31

Dazu ist festzustellen, daß Bestimmungen wie die des fraglichen belgischen Gesetzes den freien Dienstleistungsverkehr beschränken. Bestimmungen, nach denen der Versicherer in einem Mitgliedstaat niedergelassen sein muß, damit den Versicherten in diesem Staat bestimmte Steuerabzugsmöglichkeiten zugute kommen können, halten die Versicherten nämlich davon ab, sich an die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherer zu wenden, und stellen somit für letztere eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar.

32

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Urteil vom 4. Dezember 1986, a. a. O., Randnr. 52) ist das Erfordernis einer Niederlassung jedoch mit Artikel 59 EWG-Vertrag vereinbar, wenn es eine unerläßliche Voraussetzung für die Erreichung des im Allgemeininteresse verfolgten Zwecks darstellt.

33

Wie sich jedoch aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, trifft dies im Fall der Alters- und Todesfallversicherungen für die Zeit nach 1975 zu. Für die Jahre davor und für die Kranken- und Invaliditätsversicherungen ist es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob die von ihm erwähnten Bestimmungen ebenfalls notwendig waren, um die Kohärenz der Steuerregelung zu gewährleisten, zu der sie gehören.

Artikel 67 Absatz 1 und Artikel 106 EWG-Vertrag

34

Bestimmungen wie die des Artikels 54 CIR verstoßen nicht gegen die Artikel 67 und 106 EWG-Vertrag. Insoweit genügt der Hinweis darauf, daß Artikel 67 Beschränkungen nicht untersagt, die nicht den Kapitalverkehr betreffen, sondern sich mittelbar aus Beschränkungen anderer Grundfreiheiten ergeben, und daß Bestimmungen, wie sie vor dem nationalen Gericht im Streit stehen, die Zahlung von Versicherungsbeiträgen, die an Versicherer in einem anderen Mitgliedstaat zu leisten sind, ebensowenig hindern wie die Leistung dieser Zahlung in der Währung des Mitgliedstaats, in dem der Versicherer niedergelassen ist.

35

Folglich ist auf die Vorabentscheidungsfrage zu antworten, daß die Artikel 48 und 59 EWG-Vertrag Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Kranken- und Invaliditäts- oder Alters- und Todesfallversicherungen von der Voraussetzung abhängig machen, daß diese Beiträge in diesem Staat gezahlt werden. Diese Voraussetzung kann jedoch durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sein, die Kohärenz der anwendbaren Steuerregelung zu gewährleisten. Die Artikel 67 und 106 EWG-Vertrag stehen solchen Rechtsvorschriften nicht entgegen.

Kosten

36

Die Auslagen der deutschen, der dänischen und der niederländischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

 

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm von der belgischen Cour de cassation mit Urteil vom 28. Juni 1990 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

 

Die Artikel 48 und 59 EWG-Vertrag stehen Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, die die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Kranken- und Invaliditäts- oder Alters- und Todesfallversicherungen von der Voraussetzung abhängig machen, daß diese Beiträge in diesem Staat gezahlt werden. Diese Voraussetzung kann jedoch durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sein, die Kohärenz der anwendbaren Steuerregelung zu gewährleisten. Die Artikel 67 und 106 EWG-Vertrag stehen solchen Rechtsvorschriften nicht entgegen.

 

Due

Joliét

Schockweiler

Grévisse

Kakouris

Moitinho de Almeida

Rodríguez Iglesias

Diez de Velasco

Zuleeg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. Januar 1992.

Der Kanzler

J.-G. Giraud

Der Präsident

O. Due


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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