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Document 62000CJ0392

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 17. September 2002.
Finanzamt Hannover-Nord gegen Norddeutsche Gesellschaft zur Beratung und Durchführung von Entsorgungsaufgaben bei Kernkraftwerken mbH.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesfinanzhof - Deutschland.
Ansammlung von Kapital - Richtlinie 69/335/EWG - Gesellschaftsteuer - Gewährung zinsloser Darlehen durch Gesellschafter - Ergebnisabführungsvertrag.
Rechtssache C-392/00.

European Court Reports 2002 I-07397

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2002:500

62000J0392

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 17. September 2002. - Finanzamt Hannover-Nord gegen Norddeutsche Gesellschaft zur Beratung und Durchführung von Entsorgungsaufgaben bei Kernkraftwerken mbH. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesfinanzhof - Deutschland. - Ansammlung von Kapital - Richtlinie 69/335/EWG - Gesellschaftsteuer - Gewährung zinsloser Darlehen durch Gesellschafter - Ergebnisabführungsvertrag. - Rechtssache C-392/00.

Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-07397


Leitsätze
Parteien
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Schlüsselwörter


Steuerrecht - Harmonisierung - Indirekte Steuern auf die Ansammlung von Kapital - Gewährung eines zinslosen Darlehens an eine Gesellschaft durch deren Gesellschafter, die mit ihr einen Ergebnisabführungsvertrag geschlossen haben - Erhebung von Gesellschaftsteuer auf die ersparten Zinsen - Zulässigkeitsvoraussetzung - Dauerhafte Erhöhung des Gesellschaftsvermögens - Beurteilung durch das nationale Gericht

(Richtlinie 69/335 des Rates, Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b)

Leitsätze


$$Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital ist dahin auszulegen, dass er der Erhebung von Gesellschaftsteuer auf die Zinsen, die eine Gesellschaft erspart hat, weil ihre Gesellschafter ihr ein zinsloses Darlehen gewährt haben, bei Vorliegen eines von den Gesellschaftern und der Gesellschaft vor der Gewährung des Darlehens geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags nicht entgegensteht, sofern die dadurch ersparten Zinsen das Vermögen der Gesellschaft dauerhaft erhöht haben. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand aller Merkmale des fraglichen Vorgangs zu prüfen, ob und, wenn ja, in welchem Umfang die ersparten Zinsen tatsächlich eine solche Wirkung hatten.

( vgl. Randnr. 25 und Tenor )

Parteien


In der Rechtssache C-392/00

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Bundesfinanzhof (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Finanzamt Hannover-Nord

gegen

Norddeutsche Gesellschaft zur Beratung und Durchführung von Entsorgungsaufgaben bei Kernkraftwerken mbH

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 (ABl. L 156, S. 23)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin F. Macken sowie der Richterin N. Colneric und der Richter J.-P. Puissochet, R. Schintgen (Berichterstatter) und V. Skouris,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- des Finanzamts Hannover-Nord, vertreten durch D. Niemeyer als Bevollmächtigten,

- der Norddeutschen Gesellschaft zur Beratung und Durchführung von Entsorgungsaufgaben bei Kernkraftwerken mbH, vertreten durch Rechtsanwalt K. Kleine,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Gross und R. Lyal als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Finanzamts Hannover-Nord, der Norddeutschen Gesellschaft zur Beratung und Durchführung von Entsorgungsaufgaben bei Kernkraftwerken mbH und der Kommission in der Sitzung vom 6. Dezember 2001

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Januar 2002,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe


1 Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 9. August 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Oktober 2000, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 (ABl. L 156, S. 23) (im Folgenden: Richtlinie 69/335) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Finanzamt Hannover-Nord (im Folgenden: Finanzamt) und der Norddeutschen Gesellschaft zur Beratung und Durchführung von Entsorgungsaufgaben bei Kernkraftwerken mbH (im Folgenden: Klägerin) wegen der Erhebung von Gesellschaftsteuer auf die der Klägerin von ihren Gesellschaftern gewährten zinslosen Darlehen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Wie aus ihrer ersten Begründungserwägung hervorgeht, bezweckt die Richtlinie 69/335 die Förderung des freien Kapitalverkehrs, die als wesentliche Voraussetzung für die Schaffung einer Wirtschaftsunion mit ähnlichen Eigenschaften wie ein Binnenmarkt angesehen wird.

4 Nach der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie 69/335 setzt die Verfolgung dieses Zweckes in Bezug auf die Besteuerung von Kapitalansammlungen die Abschaffung der in den Mitgliedstaaten bisher erhobenen indirekten Steuern und deren Ersetzung durch eine Steuer voraus, die innerhalb des Gemeinsamen Marktes nur einmal erhoben wird und in allen Mitgliedstaaten gleich hoch ist.

5 In Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 69/335 heißt es:

Soweit sie am 1. Juli 1984 der Steuer zum Satz von 1 v. H. unterlagen, können die folgenden Vorgänge auch weiterhin der Gesellschaftsteuer unterworfen werden:

...

b) die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen;

..."

Nationales Recht

6 Gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe c des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) vom 17. November 1972 (BGBl. 1972 I S. 2130) unterliegt die Überlassung von Gegenständen durch einen Gesellschafter an eine deutsche Kapitalgesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung der Gesellschaftsteuer, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.

7 Nach der Rechtsprechung der deutschen Gerichte stellt die Gewährung eines zinslosen Darlehens durch einen Gesellschafter an eine Kapitalgesellschaft eine Überlassung von Gegenständen" im Sinne der oben genannten Bestimmung des KVStG dar.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

8 Wie sich aus den Akten des Ausgangsverfahrens ergibt, ist die Klägerin eine deutsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gesellschafterinnen im Jahr 1990 die Preussen Elektra AG und die Gemeinschaftswerke Weser GmbH waren. Diese beiden Gesellschafterinnen hatten sich 1986 zwecks einheitlicher Willensbildung bei der Klägerin zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengeschlossen.

9 Ab 1. Januar 1987 bestand zwischen der GbR und der Klägerin ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, dem zufolge die Klägerin im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit ausschließlich nach dem Willen der GbR handelte und verpflichtet war, die während der Laufzeit des Vertrages entstehenden Gewinne an die GbR abzuführen. Die GbR hatte sich ihrerseits verpflichtet, jeden während der Laufzeit des Vertrages bei der Klägerin entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht aus freien Rücklagen abgedeckt werden konnte. Die Gesellschafterinnen waren berechtigt, diesen Vertrag mit einjähriger Frist zum Ende jedes Jahres zu kündigen. Dieses Kündigungsrecht konnte erstmals zum 31. Dezember 1991 ausgeübt werden. Die Klägerin hatte auf ihr Kündigungsrecht verzichtet.

10 Im Jahr 1990 gewährten die Gesellschafterinnen der Klägerin zinslose Darlehen. Da diese Leistung nach Ansicht des Finanzamts der Gesellschaftsteuer unterlag, erließ es gegen die Klägerin einen Steuerbescheid. Der von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobenen Klage gab das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 24. Februar 1999 statt.

11 Durch die vom Niedersächsischen Finanzgericht zugelassene Revision des Finanzamts wurde der Bundesfinanzhof mit dem Rechtsstreit befasst. Zur Stützung seines Revisionsantrags rügte das Finanzamt die Verletzung von § 2 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe c KVStG und beantragte, das Urteil des Finanzgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12 In seinem Vorlagebeschluss führt der Bundesfinanzhof aus, der vorliegende Fall ähnele wegen des dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Darlehens dem Fall, der zum Urteil vom 5. Februar 1991 in der Rechtssache C-249/89 (Trave-Schiffahrtsgesellschaft, Slg. 1991, I-257) geführt habe. Von dem dortigen Sachverhalt unterscheide sich der vorliegende Fall jedoch durch das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags zwischen der Klägerin und ihren Gesellschafterinnen, der Ähnlichkeiten mit dem Vertrag in der Rechtssache C-38/88 aufweise, die zum Urteil vom 28. März 1990 (Siegen, Slg. 1990, I-1447) geführt habe. Auf das letztgenannte Urteil habe das Niedersächsische Finanzgericht im Übrigen seine Schlussfolgerung gestützt, dass das fragliche zinslose Darlehen keine Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte der begünstigten Gesellschaft zur Folge gehabt habe.

13 Der Bundesfinanzhof führt weiter aus, er halte die Auslegung des Urteils Siegen durch das Niedersächsische Finanzgericht nicht für absolut zwingend, da die Gründe dieses Urteils die Möglichkeit offen ließen, dass sie sich nur auf die Verlustübernahme aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrags bezögen und nicht die Behandlung sonstiger Leistungen der Gesellschafter beträfen. Insoweit sei darauf zu verweisen, dass es im Urteil Siegen nicht um ein zinsloses Darlehen gegangen sei, dass dieses Urteil vor allem von der vom Bundesfinanzhof geteilten Erwägung getragen werde, dass die Gesellschaftsteuer nach ihrer Zielsetzung diejenigen Vorgänge erfasse, durch die im Wege der Kapitalzufuhr das Wirtschaftspotential der Gesellschaft gestärkt werde, und dass die vom Gerichtshof zur Verlustübernahme entwickelte Auslegung nicht auch für die Gewährung zinsloser Darlehen gelten müsse.

14 Schließlich spiele die Tatsache, dass es eine zeitliche Verschiebung zwischen der Gewährung des zinslosen Darlehens und der Gewinnabführung gebe, nur dann keine Rolle, wenn bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags Gesellschaft und Gesellschafter als wirtschaftliche Einheit zu betrachten wären und daher der Vorteil der Gesellschaft mit dem Nachteil der Gesellschafter saldiert werden müsste. Eine solche Vorgehensweise sei dem Gesellschaftsteuerrecht jedoch fremd und bislang auch vom Gerichtshof nie in Betracht gezogen worden.

15 Da nach Ansicht des Bundesfinanzhofs die Entscheidung des Rechtsstreits unter diesen Umständen von der Auslegung der Richtlinie 69/335 abhängt, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist es mit Artikel 4 der Richtlinie 69/335 vereinbar, die Gewährung eines unverzinslichen Darlehens durch den Gesellschafter an seine Gesellschaft der Gesellschaftsteuer zu unterwerfen, wenn im Zeitpunkt der Darlehensgewährung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ein Ergebnisabführungsvertrag bestand?

Zur Vorlagefrage

16 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335 dahin auszulegen ist, dass er der Erhebung von Gesellschaftsteuer auf die Zinsen, die eine Gesellschaft erspart hat, weil ihre Gesellschafter ihr ein zinsloses Darlehen gewährt haben, bei Vorliegen eines von den Gesellschaftern und der Gesellschaft vor der Gewährung des Darlehens geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags nicht entgegensteht.

17 Zur Beantwortung der umformulierten Frage ist zu klären, ob die Gewährung eines zinslosen Darlehens unter den im Vorlagebeschluss geschilderten Umständen das Vermögen der begünstigten Gesellschaft erhöht und ob dies den Wert ihrer Gesellschaftsrechte steigern kann.

18 Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Gesellschaft, der ein zinsloses Darlehen gewährt wird, über Kapital verfügen, ohne die Kosten dafür tragen zu müssen; die sich hieraus ergebende Ersparnis an Zinsaufwendungen bewirkt eine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens, da der Gesellschaft Kosten, die sie sonst zu tragen gehabt hätte, nicht entstehen, und die Gewährung eines solchen Darlehens trägt durch die Ersparnis dieser Kosten zur Stärkung des Wirtschaftspotentials der begünstigten Gesellschaft bei und ist daher geeignet, den Wert ihrer Gesellschaftsanteile zu erhöhen (Urteil Trave-Schiffahrtsgesellschaft, Randnrn. 12 und 14, sowie Urteil vom 26. September 1996 in der Rechtssache C-287/94, Frederiksen, Slg. 1996, I-4581, Randnrn. 12 und 13).

19 Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335 ist somit dahin auszulegen, dass ein zinsloses Darlehen, das eine Gesellschaft von einem ihrer Gesellschafter erhält, mit seinem Nutzungswert, d. h. mit dem Betrag der ersparten Zinsen, der Gesellschaftsteuer unterworfen werden kann (in diesem Sinne auch Urteile Trave-Schiffahrtsgesellschaft, Randnr. 17, und Frederiksen, Randnr. 14).

20 Aus der Rechtsprechung geht aber auch hervor, dass das Gesellschaftsvermögen im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335 alle Wirtschaftsgüter umfasst, die die Gesellschafter zu einem gemeinsamen Ganzen vereinigt haben, einschließlich ihres Zuwachses, und dass eine Gesellschaft, die die erzielten Gewinne in ihre Rücklagen einstellt, dadurch ihr Gesellschaftsvermögen erhöht, während sich das Vermögen einer Gesellschaft vermindert, wenn sie Verluste erleidet (Urteil Siegen, Randnr. 12).

21 Der Gerichtshof hat aus dieser Definition des Gesellschaftsvermögens abgeleitet, dass die Übernahme der Verluste einer Gesellschaft durch einen Gesellschafter grundsätzlich als Leistung anzusehen ist, durch die sich das Vermögen der Gesellschaft erhöht; dies gilt jedoch nicht, wenn diese Übernahme auf einem vor Eintritt der Verluste geschlossenen Ergebnisabführungsvertrag beruht, da die damit eingegangene Verpflichtung bedeutet, dass sich künftige Verluste der Gesellschaft nicht auf den Umfang ihres Vermögens auswirken werden (Urteil Siegen, Randnr. 13).

22 Aus wirtschaftlicher Sicht muss das, was für die Übernahme von Verlusten gilt, grundsätzlich aber auch für die Abführung von Gewinnen gelten; dies bedeutet, dass eine Gesellschaft, die Gewinn erzielt, aber durch einen mit ihren Gesellschaftern geschlossenen Ergebnisabführungsvertrag gebunden ist, diesen Gewinn nicht in ihre Rücklagen einstellen kann, so dass sich ihr Gesellschaftsvermögen grundsätzlich nicht erhöht.

23 Eine Leistung eines Gesellschafters - wie ein zinsloses Darlehen -, die sich nur auf das - aufgrund eines zuvor geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags in vollem Umfang an diesen Gesellschafter abzuführende oder von ihm übernommene - Ergebnis eines bestimmten Geschäftsjahrs auswirkt, kann daher grundsätzlich nicht zu einer Erhöhung des Vermögens der Gesellschaft führen.

24 Wie das Finanzamt ausgeführt hat und wie die Klägerin und die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, ist es jedoch auch bei Bestehen eines Ergebnisabführungsvertrags zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern nicht ausgeschlossen, dass eine Leistung der Gesellschafter das Vermögen der begünstigten Gesellschaft erhöht, sofern die Leistung ganz oder teilweise auf Dauer im Vermögen der Gesellschaft verbleibt. Dies wäre u. a. dann der Fall, wenn ein Teil des erzielten Gewinns in die gesetzliche Rücklage eingestellt würde oder wenn der Ergebnisabführungsvertrag nicht vollzogen würde. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand aller Merkmale des Vorgangs, um den es im Ausgangsverfahren geht, zu prüfen, ob und, wenn ja, in welchem Umfang ein zinsloses Darlehen, das einer Kapitalgesellschaft von einem ihrer Gesellschafter gewährt wurde, das Vermögen dieser Gesellschaft dauerhaft erhöht hat oder ob sich diese Leistung aufgrund eines vor der Gewährung des Darlehens geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags nicht auf den Umfang des Vermögens der Gesellschaft ausgewirkt hat.

25 Unter diesen Umständen ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335 dahin auszulegen ist, dass er der Erhebung von Gesellschaftsteuer auf die Zinsen, die eine Gesellschaft erspart hat, weil ihre Gesellschafter ihr ein zinsloses Darlehen gewährt haben, bei Vorliegen eines von den Gesellschaftern und der Gesellschaft vor der Gewährung des Darlehens geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags nicht entgegensteht, sofern die dadurch ersparten Zinsen das Vermögen der Gesellschaft dauerhaft erhöht haben. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand aller Merkmale des fraglichen Vorgangs zu prüfen, ob und, wenn ja, in welchem Umfang die ersparten Zinsen tatsächlich eine solche Wirkung hatten.

Kostenentscheidung


Kosten

26 Die Auslagen der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 9. August 2000 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 ist dahin auszulegen, dass er der Erhebung von Gesellschaftsteuer auf die Zinsen, die eine Gesellschaft erspart hat, weil ihre Gesellschafter ihr ein zinsloses Darlehen gewährt haben, bei Vorliegen eines von den Gesellschaftern und der Gesellschaft vor der Gewährung des Darlehens geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags nicht entgegensteht, sofern die dadurch ersparten Zinsen das Vermögen der Gesellschaft dauerhaft erhöht haben. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand aller Merkmale des fraglichen Vorgangs zu prüfen, ob und, wenn ja, in welchem Umfang die ersparten Zinsen tatsächlich eine solche Wirkung hatten.

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