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Document 62007CJ0349

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 18. Dezember 2008.
Sopropé - Organizações de Calçado Lda gegen Fazenda Pública.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Supremo Tribunal Administrativo - Portugal.
Zollkodex der Gemeinschaften - Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte - Nacherhebung der Eingangsabgaben.
Rechtssache C-349/07.

European Court Reports 2008 I-10369

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2008:746

Rechtssache C‑349/07

Sopropé − Organizações de Calçado Lda

gegen

Fazenda Pública

(Vorabentscheidungsersuchen des Supremo Tribunal Administrativo)

„Zollkodex der Gemeinschaften – Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte – Nacherhebung der Eingangsabgaben“

Leitsätze des Urteils

1.        Gemeinschaftsrecht – Allgemeine Rechtsgrundsätze – Grundrechte – Verteidigungsrechte – Durch das nationale Recht vorgeschriebene Frist in einem Verfahren zur Nacherhebung von Abgaben

(Art. 6 EU)

2.        Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben – Verteidigungsrechte

(Art. 6 EU)

1.        In Bezug auf die Aufforderung zur Zahlung einer Zollschuld zum Zweck der Nacherhebung von Eingangsabgaben genügt eine Frist von acht bis fünfzehn Tagen, innerhalb deren der Importeur, der verdächtigt wird, gegen Zollbestimmungen verstoßen zu haben, seinen Standpunkt vortragen kann, grundsätzlich den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts.

Eine solche Frist macht die Wahrnehmung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Verteidigungsrechte grundsätzlich weder praktisch unmöglich, noch erschwert sie deren Ausübung übermäßig. Bei den Unternehmen, die von dem Verfahren betroffen sein können, handelt es sich nämlich um professionelle Wirtschaftsteilnehmer, die gewohnheitsmäßig Waren einführen. Außerdem sieht die anwendbare Gemeinschaftsregelung vor, dass diese Unternehmen in der Lage sein müssen, zu Prüfungszwecken die Ordnungsmäßigkeit sämtlicher von ihnen erledigten Vorgänge zu belegen. Schließlich liegt es im allgemeinen Interesse der Europäischen Gemeinschaft und insbesondere im Interesse der schnellstmöglichen Erhebung ihrer Eigenmittel, dass die Prüfungen rasch und wirksam durchgeführt werden können.

(vgl. Randnrn. 41, 52, Tenor 1)

2.        Es obliegt dem angerufenen nationalen Gericht, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob im Rahmen der Nacherhebung von Eingangsabgaben die dem Importeur tatsächlich eingeräumte Frist es ihm ermöglicht hat, von den Zollbehörden angemessen gehört zu werden.

Zu diesem Zweck können verschiedene Kriterien herangezogen werden. In Bezug auf Einfuhren aus asiatischen Ländern können solche Gesichtspunkte wie die Komplexität der betreffenden Vorgänge, die Entfernung oder auch die Qualität der mit den zuständigen örtlichen Stellen gepflegten Beziehungen von Bedeutung sein. Ebenso sind die Größe des Unternehmens und die Frage zu berücksichtigen, ob es eine ständige Geschäftsbeziehung zu dem fraglichen Land unterhält. Zudem sind Umstände, die den Schluss zulassen können, dass das betroffene Unternehmen in voller Sachkenntnis im Lauf der Ermittlungen angehört wurde, ebenfalls zu berücksichtigen. So begründet ein Ermittlungsverfahren, das sich über mehrere Monate hinzieht und Vor‑Ort‑Kontrollen sowie die Anhörung des betroffenen Unternehmens, dessen Erklärungen zur Akte genommen werden, umfasst, die Vermutung, dass dieses Unternehmen wusste, aus welchen Gründen das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war und was ihm vorgeworfen wurde.

Das nationale Gericht muss außerdem prüfen, ob in Anbetracht der Zeit, die zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die betreffende Verwaltung die Erklärungen des Importeurs erhalten hat, und dem Tag, an dem sie ihren Bescheid erlassen hat, verstrichen ist, angenommen werden kann, dass sie die ihr übermittelten Erklärungen gebührend berücksichtigt hat.

(vgl. Randnrn. 44-46, 53-54, Tenor 2-3)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

18. Dezember 2008(*)

„Zollkodex der Gemeinschaften – Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte – Nacherhebung der Eingangsabgaben“

In der Rechtssache C‑349/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) mit Entscheidung vom 12. Juni 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juli 2007, in dem Verfahren

Sopropé – Organizações de Calçado, Lda

gegen

Fazenda Pública,

Beteiligter:

Ministério Público,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter J.‑C. Bonichot (Berichterstatter), K. Schiemann, P. Kūris und L. Bay Larsen,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Sopropé – Organizações de Calçado, Lda, vertreten durch A. Caneira, advogado,

–        der portugiesischen Regierung, vertreten durch H. Ventura, C. Guerra Santos und L. Fernandes als Bevollmächtigte,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,

–        der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch S. Schønberg und P. Guerra e Andrade als Bevollmächtigte,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 2008,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte.

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft Sopropé – Organizações de Calçado, Lda (im Folgenden: Sopropé), und der Fazenda Pública (Fiskus) wegen eines Bescheids, mit dem im Anschluss an eine Prüfung des Ursprungs von Waren, die diese Gesellschaft in den Jahren 2000 bis 2002 nach Portugal eingeführt hatte, die Nacherhebung einer Zollschuld festgesetzt wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Gemeinschaftsrecht

3        Die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) ist durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 (ABl. L 311, S. 17) geändert worden (geänderte Fassung im Folgenden: Zollkodex).

4        Titel VII Kapitel 3 des Zollkodex behandelt in den Art. 217 bis 232 die Erhebung der Zollschuld.

5        Art. 221 Abs. 1 des Zollkodex bestimmt:

„Der Abgabenbetrag ist dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist.“

6        In Art. 222 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex heißt es:

„(1) Der nach Artikel 221 mitgeteilte Abgabenbetrag ist vom Zollschuldner innerhalb folgender Fristen zu entrichten:

a)      ist keine Zahlungserleichterung nach den Artikeln 224 bis 229 eingeräumt worden, so muss die Zahlung innerhalb der festgesetzten Frist geleistet werden.

Unbeschadet des Artikels 244 zweiter Absatz darf diese Frist zehn Tage, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Mitteilung des geschuldeten Abgabenbetrags an den Zollschuldner, nicht überschreiten; im Falle der Globalisierung der buchmäßigen Erfassung im Sinne des Artikels 218 Absatz 1 Unterabsatz 2 muss die Frist so festgesetzt werden, dass der Zollschuldner keine längere Zahlungsfrist erhält als er im Falle eines Zahlungsaufschubs erhalten hätte.

…“

7        Die Art. 243 bis 246, die sich in Titel VIII des Zollkodex befinden, betreffen den Rechtsbehelf.

8        Art. 245 des Zollkodex lautet:

„Die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens werden von den Mitgliedstaaten erlassen.“

 Nationales Recht

9        Die Lei Geral Tributária (Abgabenordnung, im Folgenden: LGT), die mit Decreto-lei Nr. 398/98 vom 12. Dezember 1998 genehmigt wurde, sieht ausdrücklich den Grundsatz der Beteiligung am abgabenrechtlichen Verfahren vor, der in Art. 267 der Verfassung der Portugiesischen Republik niedergelegt und in Bezug auf das Verwaltungsverfahren bereits in den Art. 100 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorgesehen ist.

10      In Art. 60 LGT in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung heißt es:

„(1)      Die Abgabenpflichtigen sind, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt, in einer der folgenden Formen am Erlass der sie betreffenden Entscheidungen beteiligt:

a)       Recht auf Anhörung vor der Erhebung;

e)      Recht auf Anhörung vor Abschluss des Berichts über die abgabenrechtlichen Ermittlungen.

(4)      Das Recht auf Anhörung muss innerhalb einer Frist ausgeübt werden, die von der Finanzverwaltung per Einschreiben festgesetzt wird, das zu diesem Zweck an den steuerlichen Wohnsitz des Abgabenpflichtigen übermittelt wird.

(6)      Die Frist zur mündlichen oder schriftlichen Wahrnehmung des Rechts auf Anhörung beträgt wenigstens acht und höchstens fünfzehn Tage.

…“

11      Mit Decreto‑lei Nr. 413/98 vom 31. Dezember 1998 wurde das Regime Complementar do Procedimento de Inspecção Tributária (Ergänzende Regelungen für das abgabenrechtliche Ermittlungsverfahren) erlassen.

12      Art. 60 dieses Decreto‑lei, der die vorherige Anhörung betrifft, bestimmt:

„(1)      Nach Abschluss der Ermittlungen, muss, wenn diese Anlass zu Abgabenbescheiden oder sonstigen beschwerenden abgabenrechtlichen Maßnahmen gegenüber der Einheit geben, die Gegenstand der Ermittlungen ist, das vorläufige Ergebnis des Berichts einschließlich der Bezeichnung der betreffenden Bescheide bzw. Maßnahmen und ihrer Begründung innerhalb einer Frist von zehn Tagen der genannten Einheit mitgeteilt werden.

(2)      Die Mitteilung muss eine Frist von acht bis fünfzehn Tagen vorsehen, innerhalb deren sich die Einheit, die Gegenstand der Ermittlungen ist, zum vorläufigen Ergebnis des Berichts äußern kann.

(3)      Die Einheit, die Gegenstand der Ermittlungen ist, kann sich schriftlich oder mündlich äußern; bei mündlicher Äußerung werden ihre Erklärungen zu den Akten genommen.

(4)      Der endgültige Bericht wird innerhalb einer Frist von zehn Tagen nach Eingang bzw. Entgegennahme der Erklärungen im Sinne von Abs. 3 erstellt.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

13      Sopropé ist ein portugiesisches Unternehmen, das aus Asien eingeführte Schuhe verkauft. Der Ausgangsrechtsstreit betrifft 52 Einfuhren von angeblich aus Kambodscha stammenden Schuhen, die aufgrund ihres angenommenen Ursprungs gemäß dem Allgemeinen Präferenzsystem über zweieinhalb Jahre (von 2000 bis Mitte 2002) eine Zollpräferenzbehandlung erhielten.

14      Anfang 2003 führte die Direktion der Dienste zur Betrugsbekämpfung des portugiesischen Zolls im Rahmen einer vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) initiierten Mission zur Zusammenarbeit der Verwaltungen zum Zweck der Überprüfung des Ursprungs aus Asien eingeführter Schuhe eine Prüfung durch.

15      Die von der Zollbehörde bei Sopropé vorgenommenen Überprüfungen begannen am 14. Februar 2003. Die portugiesische Behörde gelangte zu dem Ergebnis, dass die 52 oben genannten Einfuhren unter Vorlage gefälschter Ursprungszeugnisse und Transportpapiere erfolgt seien.

16      Die Zolldienststellen schlossen daraus, dass die eingeführten Waren nichtpräferenziellen Ursprungs seien und daher nicht in den Genuss des Allgemeinen Präferenzsystems kämen und dass folglich der für Waren aus Drittländern geltende Zollsatz anzuwenden sei.

17      Am 3. Juli 2003 wurde Sopropé mitgeteilt, dass sie ihr Recht auf vorherige Anhörung zum vorläufigen Ergebnis des Ermittlungsberichts nebst Anlagen gemäß Art. 60 LGT innerhalb einer Frist von acht Tagen ausüben könne. Sie tat dies am 11. Juli 2003.

18      Die Zollverwaltung war der Ansicht, dass Sopropé keinen neuen Gesichtspunkt vorgebracht habe, der Anlass zur Änderung des vorläufigen Ergebnisses des Ermittlungsberichts geben könnte, und setzte sie deshalb mit Schreiben vom 16. Juli 2003, das diese am darauffolgenden Tag erhielt, davon in Kenntnis, dass sie nach Art. 222 des Zollkodex innerhalb einer Frist von zehn Tagen den geschuldeten Zoll zahlen müsse. Der Zoll belief sich auf 212 684,98 Euro zuzüglich 36 757,99 Euro Mehrwertsteuer und 19,30 Euro Verzugszinsen, also insgesamt 249 462,27 Euro.

19      Zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung zum Zweck der Ausübung des Anhörungsrechts und dem Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung vergingen somit dreizehn Tage.

20      Sopropé weigerte sich, die ihr mitgeteilte Zollschuld innerhalb der gesetzten Frist zu zahlen. Sie erhob am 8. September 2003 beim Tribunal Administrativo e Fiscal de Lisboa eine Klage, die sie insbesondere darauf stützte, dass aufgrund der unzureichenden Frist, die ihr zur Stellungnahme eingeräumt worden sei, ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte vorliege. Das Gericht hielt den Nacherhebungsbescheid für rechtmäßig, da kein Beweismittel vorgelegt worden sei, das hieran Zweifel begründen könnte. Außerdem seien die Verteidigungsrechte gewahrt worden, da dem Recht auf vorherige Anhörung, wie es in der LGT definiert sei, Genüge getan worden sei und die für das abgabenrechtliche Ermittlungsverfahren geltenden Regelungen befolgt worden seien.

21      Sopropé legte gegen dieses Urteil beim Supremo Tribunal Administrativo Rechtsmittel ein und führte zur Begründung insbesondere aus, dass das erstinstanzliche Gericht den verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte nicht zutreffend angewandt habe.

22      Im Rahmen dieses Rechtsmittels hat das Supremo Tribunal Administrativo beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist die in Art. 60 Abs. 6 der Lei Geral Tributária und in Art. 60 Abs. 2 des Regime Complementar do Procedimento de Inspecção Tributária in der Fassung des Decreto‑lei Nr. 413/98 vom 31. Dezember 1998 festgelegte Frist von acht bis fünfzehn Tagen für die mündliche oder schriftliche Wahrnehmung des Rechts auf vorherige Anhörung durch den Abgabenpflichtigen mit dem Grundsatz der Verteidigungsrechte vereinbar?

2.      Kann eine Frist von 13 Tagen, gerechnet von der Mitteilung der Zollbehörde an einen Gemeinschaftsimporteur (hier ein kleines portugiesisches Schuhhandelsunternehmen), dass er innerhalb von acht Tagen sein Recht auf vorherige Anhörung wahrnehmen könne, bis zum Tag der Aufforderung, innerhalb von zehn Tagen für 52 gemäß dem Allgemeinen Präferenzsystem während zweieinhalb Jahren (von 2000 bis Mitte 2002) vorgenommene Einfuhren von Schuhen aus dem Fernen Osten Eingangsabgaben zu zahlen, als angemessene Frist für die Wahrnehmung der Verteidigungsrechte des Importeurs angesehen werden?

 Zu den Vorlagefragen

23      Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob eine Frist von acht Tagen, die einem Unternehmen gewährt worden ist, um zum Entwurf eines Bescheids über die Nacherhebung von Eingangsabgaben in Höhe von 249 462,27 Euro für 52 während zweieinhalb Jahren vorgenommene Einfuhren von Waren Stellung zu nehmen, den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts und vor allem dem allgemeinen Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte genügt, insbesondere wenn die Verwaltung den Nacherhebungsbescheid fünf Tage nach Ablauf dieser Frist erlassen hat.

 Beim Gerichtshof abgegebene Erklärungen

24      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens führt aus, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gebiete der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, dass jeder, dem gegenüber eine ihn beschwerende Entscheidung getroffen werden solle, in die Lage versetzt werde, seinen Standpunkt in sachdienlicher Weise vorzutragen (vgl. u. a. Urteile vom 24. Oktober 1996, Kommission/Lisrestal u. a., C‑32/95 P, Slg. 1996, I‑5373, Randnr. 21, vom 21. September 2000, Mediocurso/Kommission, C‑462/98 P, Slg. 2000, I‑7183, Randnr. 36, und vom 12. Dezember 2002, Cipriani, C‑395/00, Slg. 2002, I‑11877, Randnr. 51).

25      Eine Frist wie die, die gemäß der LGT einem Importeur zur Ausübung seines Anhörungsrechts gewährt werde, könne demnach nur dann als mit dem Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte vereinbar angesehen werden, wenn sie es ihm ermögliche, seine Auffassung in sachdienlicher Weise zur Kenntnis zu bringen. Unter den Umständen des Ausgangsverfahrens sei die ihr gesetzte Frist nicht ausreichend gewesen.

26      Die Portugiesische Republik trägt vor, dass der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte nicht für das in der LGT vorgesehene Verfahren der vorherigen Anhörung gelte. Dieses Verfahren sei nämlich Ausdruck des Grundsatzes der Beteiligung an der Entscheidung und nicht des Klagerechts. Zudem ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs und insbesondere dem Urteil vom 2. Oktober 2003, ARBED/Kommission (C‑176/99 P, Slg. 2003, I‑10687), dass das Recht auf vorherige Anhörung nur im Rahmen eines Verfahrens, in dem eine Sanktion verhängt werden könne, zu den Verteidigungsrechten gehöre; um ein solches Verfahren gehe es im Ausgangsverfahren nicht. Folglich könne die in Art. 60 LGT vorgesehene Frist nicht am Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte gemessen werden. Sie könne daher nicht als unangemessen betrachtet werden, denn sie komme lediglich zu den verschiedenen Rechtsbehelfen hinzu, die gegen einen Abgabenbescheid gegeben seien, und erleichtere damit die wirksame Ausübung der Verteidigungsrechte.

27      Für den Fall, dass die Verteidigungsrechte nach Auffassung des Gerichtshofs auf das in der LGT vorgesehene Verfahren der vorherigen Anhörung anwendbar sein sollten, fügt die Portugiesische Republik hinzu, dass die im Ausgangsverfahren streitige Frist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, da sie sowohl den Äquivalenz‑ als auch den Effektivitätsgrundsatz beachte (vgl. u. a. Urteil vom 17. Juni 2004, Recheio – Cash & Carry, C‑30/02, Slg. 2004, I‑6051). Dem Äquivalenzgrundsatz sei Genüge getan, da die LGT die gleiche Frist für alle Maßnahmen der Abgabenerhebung vorsehe, ob sie nun auf das nationale Recht oder auf das Gemeinschaftsrecht gestützt seien. Es sei Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob der Effektivitätsgrundsatz beachtet worden sei.

28      Die Italienische Republik stellt fest, der Zollkodex sehe nicht einmal vor, dass der Schuldner vor der Erhebung seiner Zollschuld gehört werden müsse. Gestützt auf Art. 245 des Zollkodex führt sie aus, dass die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen. Folglich müsse sich der Gerichtshof darauf beschränken, den Anspruch eines Wirtschaftsteilnehmers auf rechtliches Gehör sowohl im Verwaltungs‑ als auch im gerichtlichen Verfahren entsprechend den nationalen Rechtsvorschriften zu bekräftigen.

29      Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften bemerkt, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei es zur Wahrung der Verteidigungsrechte geboten, dass jeder Adressat einer Entscheidung, durch die seine Interessen spürbar beeinträchtigt würden, einen Anspruch auf rechtliches Gehör habe, d. h. seinen Standpunkt in sachdienlicher Weise vortragen können müsse; dies erfordere es, dem Adressaten eine angemessene Frist für die Abgabe seiner Stellungnahme einzuräumen (vgl. u. a. Urteile vom 14. Juli 1972, Cassella Farbwerke Mainkur/Kommission, 55/69, Slg. 1972, 887, vom 29. Juni 1994, Fiskano/Kommission, C‑135/92, Slg. 1994, I‑2885, und vom 13. September 2007, Land Oberösterreich und Österreich/Kommission, C‑439/05 P und C‑454/05 P, Slg. 2007, I‑7141).

30      Die nach dem Zollkodex erlassenen Nacherhebungsbescheide könnten die Interessen von Importeuren wie der Klägerin des Ausgangsverfahrens spürbar beeinträchtigen, so dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Bestimmungen des Zollkodex, die die Modalitäten der Nacherhebung der Zollschulden beträfen, die Verteidigungsrechte gewährleisten müssten, auch wenn sich dort keine Bestimmung über den Anspruch auf rechtliches Gehör finde.

31      Folglich sei eine Frist, wie sie in der LGT vorgesehen sei, mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vereinbar, wenn die Personen, deren Interessen von im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ergangenen Entscheidungen spürbar beeinträchtigt würden, die Möglichkeit hätten, ihren Standpunkt zu diesen Entscheidungen sachdienlich zur Kenntnis zu bringen.

32      Es sei Sache des nationalen Gerichts, im Hinblick sowohl auf den gemeinschaftlichen als auch den nationalen Rechtsrahmen und nach einer Gesamtwürdigung des dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts zu beurteilen, ob die Anforderungen an die Wahrung der Verteidigungsrechte erfüllt seien. Bei seiner Entscheidung über die Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör könne sich das nationale Gericht von Kriterien leiten lassen, die der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnommen werden könnten, und zwar dem Ziel der anwendbaren Gemeinschaftsvorschriften, der Komplexität des Sachverhalts und der Gründe, auf denen die Entscheidung beruhe, der Komplexität des rechtlichen Rahmens, der gegebenenfalls bestehenden Möglichkeit, eine Verlängerung der gesetzten Frist zu beantragen, und schließlich der Möglichkeit, eine ergänzende Stellungnahme abzugeben.

 Antwort des Gerichtshofs

33      Die Grundrechte gehören zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat. Der Gerichtshof lässt sich dabei von den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten sowie von den Hinweisen leiten, die die völkerrechtlichen Verträge über den Schutz der Menschenrechte geben, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind (vgl. u. a. Urteil vom 6. März 2001, Connolly/Kommission, C‑274/99 P, Slg. 2001, I‑1611, Randnr. 37).

34      Nach seiner ständigen Rechtsprechung hat der Gerichtshof außerdem im Vorabentscheidungsverfahren, wenn eine nationale Regelung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt, dem vorlegenden Gericht alle Auslegungshinweise zu geben, die es benötigt, um die Vereinbarkeit der betreffenden Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung der Gerichtshof sichert (vgl. u. a. Urteile vom 18. Juni 1991, ERT, C‑260/89, Slg. 1991, I‑2925, Randnr. 42, und vom 4. Oktober 1991, Society for the Protection of Unborn Children Ireland, C‑159/90, Slg. 1991, I‑4685, Randnr. 31).

35      Da die Vorlagefragen die Modalitäten betreffen, nach denen die nationalen Behörden den Zollkodex der Gemeinschaften anzuwenden haben, ist der Gerichtshof befugt, dem vorlegenden Gericht alle Auslegungshinweise zu geben, die es braucht, um die Vereinbarkeit der streitigen nationalen Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Einhaltung der Gerichtshof sichert.

36      Die Wahrung der Verteidigungsrechte stellt einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, der anwendbar ist, wann immer die Verwaltung beabsichtigt, gegenüber einer Person eine sie beschwerende Maßnahme zu erlassen.

37      Nach diesem Grundsatz müssen die Adressaten von Entscheidungen, die ihre Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt zu den Elementen, auf die die Verwaltung ihre Entscheidung zu stützen beabsichtigt, sachdienlich vorzutragen. Zu diesem Zweck müssen sie eine ausreichende Frist erhalten (vgl. u. a. Urteile Kommission/Lisrestal u. a., Randnr. 21, und Mediocurso/Kommission, Randnr. 36).

38      Diese Verpflichtung besteht für die Verwaltungen der Mitgliedstaaten, wenn sie Entscheidungen treffen, die in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, auch dann, wenn die anwendbaren Gemeinschaftsvorschriften ein solches Verfahrensrecht nicht ausdrücklich vorsehen. Was die Umsetzung dieses Grundsatzes und insbesondere die Fristen zur Wahrnehmung der Verteidigungsrechte angeht, richten sich diese, wenn sie wie im Ausgangsverfahren nicht durch das Gemeinschaftsrecht festgelegt sind, nach nationalem Recht, sofern sie denen entsprechen, die für Einzelne oder Unternehmen in vergleichbaren unter das nationale Recht fallenden Situationen gelten, und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Verteidigungsrechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

39      Das vorlegende Gericht sieht sich in Bezug auf den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte vor zwei Fragen gestellt, nämlich zum einen, ob eine Frist von acht bis fünfzehn Tagen, wie sie das nationale Recht im Regelfall für die Ausübung des Anhörungsrechts durch den Abgabenpflichtigen vorsieht, als ausreichend betrachtet werden kann, und zum anderen, ob unter den Umständen des Ausgangsverfahrens der Zeitraum von dreizehn Tagen, der zwischen dem Zeitpunkt, zu dem Sopropé in die Lage versetzt wurde, ihren Standpunkt vorzutragen, und dem Erlass des Nacherhebungsbescheids vergangen ist, den Anforderungen dieses Grundsatzes genügt.

40      Zum ersten Punkt ist festzustellen, dass es üblich und im Übrigen angebracht ist, dass die nationalen Vorschriften und Regelungen im Rahmen der zahlreichen Verwaltungsverfahren Regelfristen festlegen. Die Festlegung solcher Regelfristen dient zudem der Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, für nationale Regelungen, die in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, Fristen festzulegen, die insbesondere der Bedeutung der zu treffenden Entscheidungen für die Betroffenen, der Komplexität der Verfahren und der anzuwendenden Rechtsvorschriften, der Zahl der potenziell Betroffenen und den anderen zu berücksichtigenden öffentlichen oder privaten Zwecken entsprechen.

41      Was die Nacherhebung von Eingangsabgaben betrifft, macht eine Frist von wenigstens acht und höchstens fünfzehn Tagen, innerhalb deren der Abgabenpflichtige sein Anhörungsrecht ausüben kann, die Wahrnehmung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Verteidigungsrechte grundsätzlich weder praktisch unmöglich, noch erschwert sie deren Ausübung übermäßig. Bei den Unternehmen, die von dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verfahren betroffen sein können, handelt es sich nämlich um professionelle Wirtschaftsteilnehmer, die gewohnheitsmäßig Waren einführen. Außerdem sieht die anwendbare Gemeinschaftsregelung vor, dass diese Unternehmen in der Lage sein müssen, zu Prüfungszwecken die Ordnungsmäßigkeit sämtlicher von ihnen erledigten Vorgänge zu belegen. Schließlich liegt es im allgemeinen Interesse der Europäischen Gemeinschaft und insbesondere im Interesse der schnellstmöglichen Erhebung ihrer Eigenmittel, dass die Prüfungen rasch und wirksam durchgeführt werden können.

42      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat allerdings vor dem vorlegenden Gericht geltend gemacht, dass sie nur über eine Frist von acht Tagen verfügt habe, um ihre Erklärungen zu Gehör zu bringen, und dass der Nacherhebungsbescheid nur dreizehn Tage nach der an sie gerichteten Aufforderung zur Äußerung ergangen sei. Aus diesem Grund fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof, ob solche Fristen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

43      Der Gerichtshof ist zwar im Verfahren nach Art. 234 EG nicht befugt, die Normen des Gemeinschaftsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden, und somit auch nicht dafür zuständig, eine Bestimmung des innerstaatlichen Rechts an diesen Normen zu messen; er kann aber das Gemeinschaftsrecht im Rahmen der durch diesen Artikel vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen den Gerichten anhand der Akten auslegen, soweit dies dem innerstaatlichen Gericht bei der Beurteilung der Wirkungen dieser Bestimmung dienlich sein könnte (Urteile vom 8. Dezember 1987, Gauchard, 20/87, Slg. 1987, 4879, Randnr. 5, vom 5. März 2002, Reisch u. a., C‑515/99, C‑519/99 bis C‑524/99 und C‑526/99 bis C‑540/99, Slg. 2002, I‑2157, Randnr. 22, und vom 11. September 2003, Anomar u. a., C‑6/01, Slg. 2003, I‑8621, Randnr. 37).

44      Legen die nationalen Rechtsvorschriften oder Regelungen, wie es bei den im Ausgangsverfahren anwendbaren Vorschriften der Fall ist, als Frist für die Entgegennahme der Erklärungen der Beteiligten einen Zeitaum fest, obliegt es dem nationalen Gericht, sich zu vergewissern, dass die Frist, die die Verwaltung demgemäß im Einzelfall eingeräumt hat, der besonderen Situation der betreffenden Person oder des betreffenden Unternehmens entspricht und dass sie es ihnen ermöglicht, ihre Verteidigungsrechte unter Beachtung des Effektivitätsgrundsatzes wahrzunehmen. In diesem Fall muss es die Eigenheiten des Falles gebührend berücksichtigen. So können in Bezug auf Einfuhren aus asiatischen Ländern solche Gesichtspunkte wie die Komplexität der betreffenden Vorgänge, die Entfernung oder auch die Qualität der mit den zuständigen örtlichen Stellen gepflegten Beziehungen von Bedeutung sein. Ebenso sind die Größe des Unternehmens und die Frage zu berücksichtigen, ob es eine ständige Geschäftsbeziehung zu dem fraglichen Land unterhält.

45      Überprüfungen, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, stellen einen Gesamtvorgang dar. So begründet ein Ermittlungsverfahren, das sich über mehrere Monate hinzieht und Vor‑Ort‑Kontrollen sowie die Anhörung des betroffenen Unternehmens, dessen Erklärungen zur Akte genommen werden, umfasst, die Vermutung, dass dieses Unternehmen wusste, aus welchen Gründen das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war und was ihm vorgeworfen wurde.

46      Solche Umstände, die den Schluss zulassen können, dass das betroffene Unternehmen in voller Sachkenntnis im Lauf der Ermittlungen angehört wurde, sind ebenfalls zu berücksichtigen.

47      Es ist Sache des mit dem Ausgangsrechtsstreit befassten Gerichts, zu prüfen, ob insbesondere im Hinblick auf diese verschiedenen Kriterien die Frist, die die zuständige Verwaltung im Rahmen des im nationalen Gesetz vorgesehenen Zeitraums gewährt hat, den oben angeführten Anforderungen des Gemeinschaftsrechts genügt.

48      Zur Frage, welche Auswirkung es auf den im Ausgangsverfahren angefochtenen Bescheid haben kann, dass er dreizehn Tage nach der Benachrichtigung der Gesellschaft erging, dass sie über eine Frist von acht Tagen verfüge, um sich zu äußern, ist Folgendes festzustellen.

49      Die Regel, wonach der Adressat einer beschwerenden Entscheidung in die Lage versetzt werden muss, seinen Standpunkt vorzutragen, bevor die Entscheidung getroffen wird, soll es der zuständigen Behörde erlauben, alle maßgeblichen Gesichtspunkte angemessen zu berücksichtigen. Zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der betroffenen Person oder des betroffenen Unternehmens soll die Regel diesen insbesondere ermöglichen, einen Fehler zu berichtigen oder individuelle Umstände vorzutragen, die für oder gegen den Erlass oder für oder gegen einen bestimmten Inhalt der Entscheidung sprechen.

50      Demnach setzt die Wahrung der Verteidigungsrechte voraus, dass die Verwaltung mit aller gebotenen Sorgfalt die Erklärungen der betroffenen Person oder des betroffenen Unternehmens zur Kenntnis nimmt, denn nur dann kann angenommen werden, dass derjenige, dem diese Rechte zustehen, in die Lage versetzt worden ist, seinen Standpunkt sachdienlich vorzutragen.

51      Es ist ausschließlich Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob in Anbetracht der Zeit, die zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die betreffende Verwaltung die Erklärungen erhalten hat, und dem Tag, an dem sie ihre Entscheidung getroffen hat, verstrichen ist, angenommen werden kann, dass sie die ihr übermittelten Erklärungen gebührend berücksichtigt hat.

52      Deshalb ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass in Bezug auf die Aufforderung zur Zahlung einer Zollschuld zum Zweck der Nacherhebung von Eingangsabgaben eine Frist von acht bis fünfzehn Tagen, innerhalb deren der Importeur, der verdächtigt wird, gegen Zollbestimmungen verstoßen zu haben, seinen Standpunkt vortragen kann, grundsätzlich den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts genügt.

53      Es obliegt dem angerufenen nationalen Gericht, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob die dem Importeur tatsächlich eingeräumte Frist es ihm ermöglicht hat, von den Zollbehörden angemessen gehört zu werden.

54      Das nationale Gericht muss außerdem prüfen, ob in Anbetracht der Zeit, die zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die betreffende Verwaltung die Erklärungen des Importeurs erhalten hat, und dem Tag, an dem sie ihren Bescheid erlassen hat, verstrichen ist, angenommen werden kann, dass sie die ihr übermittelten Erklärungen gebührend berücksichtigt hat.

 Kosten

55      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      In Bezug auf die Aufforderung zur Zahlung einer Zollschuld zum Zweck der Nacherhebung von Eingangsabgaben genügt eine Frist von acht bis fünfzehn Tagen, innerhalb deren der Importeur, der verdächtigt wird, gegen Zollbestimmungen verstoßen zu haben, seinen Standpunkt vortragen kann, grundsätzlich den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts.

2.      Es obliegt dem angerufenen nationalen Gericht, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob die dem Importeur tatsächlich eingeräumte Frist es ihm ermöglicht hat, von den Zollbehörden angemessen gehört zu werden.

3.      Das nationale Gericht muss außerdem prüfen, ob in Anbetracht der Zeit, die zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die betreffende Verwaltung die Erklärungen des Importeurs erhalten hat, und dem Tag, an dem sie ihren Bescheid erlassen hat, verstrichen ist, angenommen werden kann, dass sie die ihr übermittelten Erklärungen gebührend berücksichtigt hat.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Portugiesisch.

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