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Document 62016CJ0052

Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 6. März 2018.
„SEGRO” Kft. gegen Vas Megyei Kormányhivatal Sárvári Járási Földhivatala und Günther Horváth gegen Vas Megyei Kormányhivatal.
Vorabentscheidungsersuchen des Szombathelyi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 63 AEUV – Freier Kapitalverkehr – Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen – Nationale Regelung, nach der künftig nur nahe Angehörige des Eigentümers der Flächen solche Rechte erwerben können und die in der Vergangenheit von juristischen oder natürlichen Personen, die kein nahes Angehörigenverhältnis zum Eigentümer nachweisen können, erworbenen Rechte entschädigungslos erlöschen.
Verbundene Rechtssachen C-52/16 und C-113/16.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2018:157

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

6. März 2018 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 63 AEUV – Freier Kapitalverkehr – Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen – Nationale Regelung, nach der künftig nur nahe Angehörige des Eigentümers der Flächen solche Rechte erwerben können und die in der Vergangenheit von juristischen oder natürlichen Personen, die kein nahes Angehörigenverhältnis zum Eigentümer nachweisen können, erworbenen Rechte entschädigungslos erlöschen“

In den verbundenen Rechtssachen C‑52/16 und C‑113/16

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Szombathelyi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szombathely, Ungarn) mit Entscheidungen vom 25. Januar und 8. Februar 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Januar und 26. Februar 2016, in den Verfahren

„SEGRO“ Kft.

gegen

Vas Megyei Kormányhivatal Sárvári Járási Földhivatala (C‑52/16)

und

Günther Horváth

gegen

Vas Megyei Kormányhivatal (C‑113/16)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, E. Levits, C. G. Fernlund und C. Vajda, der Richter J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal (Berichterstatterin) sowie der Richter S. Rodin und F. Biltgen,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und M. M. Tátrai als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Garofoli, avvocato dello Stato,

der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und M. J. Castello-Branco als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Havas, L. Malferrari und E. Montaguti als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 31. Mai 2017

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 49 und 63 AEUV sowie der Art. 17 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der „SEGRO“ Kft. und der Vas Megyei Kormányhivatal Sárvári Járási Földhivatala (Regierungsbehörde für das Komitat Vas [Grundbuchamt des Kreises Sárvár], Ungarn) sowie zwischen Herrn Günther Horváth und der Vas Megyei Kormányhivatal (Regierungsbehörde für das Komitat Vas) wegen Bescheiden über die Löschung von Nießbrauchsrechten an landwirtschaftlichen Flächen im Grundbuch, deren Inhaber SEGRO bzw. Herr Horváth waren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Anhang X der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33, im Folgenden: Beitrittsakte von 2003) trägt die Überschrift „Liste nach Artikel 24 der Beitrittsakte: Ungarn“. In Nr. 2 von Kapitel 3 („Freier Kapitalverkehr“) dieses Anhangs heißt es:

„Unbeschadet der Verpflichtungen aus den Verträgen, auf die sich die Europäische Union gründet, kann Ungarn die Verbote des Erwerbs von landwirtschaftlichen Flächen durch natürliche Personen, die weder ihren Wohnsitz in Ungarn haben noch ungarische Staatsbürger sind, sowie durch juristische Personen gemäß seinen zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieser Akte geltenden Rechtsvorschriften nach dem Beitritt sieben Jahre lang beibehalten. Auf keinen Fall dürfen Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder juristische Personen, die gemäß den Gesetzen eines anderen Mitgliedstaats geschaffen wurden, beim Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen ungünstiger als am Tag der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags behandelt werden. …

Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats, die sich als selbstständige Landwirte niederlassen wollen, mindestens drei Jahre lang ununterbrochen ihren rechtmäßigen Wohnsitz in Ungarn hatten und dort mindestens drei Jahre lang ununterbrochen in der Landwirtschaft tätig waren, dürfen weder den Bestimmungen des vorstehenden Unterabsatzes noch anderen Regeln und Verfahren als denjenigen unterworfen werden, die für ungarische Staatsangehörige gelten.

Liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass bei Ablauf der Übergangsfrist der Markt für landwirtschaftliche Flächen in Ungarn ernsthaft gestört ist oder dass solche ernsthaften Störungen drohen, so entscheidet die Kommission auf Antrag Ungarns über eine Verlängerung der Übergangsfrist von bis zu drei Jahren.“

4

Mit dem Beschluss 2010/792/EU der Kommission vom 20. Dezember 2010 zur Verlängerung des Übergangszeitraums für den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen in Ungarn (ABl. 2010, L 336, S. 60) wurde die in Anhang X Kapitel 3 Nr. 2 der Beitrittsakte von 2003 vorgesehene Übergangsfrist bis zum 30. April 2014 verlängert.

Ungarisches Recht

5

Das Földről szóló 1987. évi I. törvény (Gesetz Nr. I von 1987 über den Boden) sah vor, dass ausländische natürliche oder juristische Personen das Eigentum oder ein Nießbrauchsrecht an landwirtschaftlichen Flächen nur nach vorheriger Genehmigung durch das Finanzministerium erwerben konnten.

6

Mit der 171/1991 Korm. rendelet (Regierungsverordnung Nr. 171) vom 27. Dezember 1991, die am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist, und dem Termőföldről szóló 1994. évi LV. törvény (Gesetz Nr. LV von 1994 über Anbauflächen, im Folgenden: Gesetz von 1994) wurde für natürliche Personen, die nicht die ungarische Staatsangehörigkeit besitzen, die Möglichkeit ausgeschlossen, solche Flächen zu erwerben. Mit dem Gesetz von 1994 wurde außerdem der Erwerb dieser Flächen durch juristische Personen ausgeschlossen. Dagegen stand es jeder Person frei, vertraglich ein Nießbrauchsrecht an diesen Flächen zu erwerben.

7

Das Gesetz von 1994 wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 geändert, um auch die Möglichkeit auszuschließen, vertraglich ein Nießbrauchsrecht an landwirtschaftlichen Flächen zugunsten von natürlichen Personen ohne ungarische Staatsangehörigkeit oder juristischen Personen zu bestellen.

8

Aufgrund nachfolgender Änderungen dieses Gesetzes, die am 1. Januar 2013 in Kraft traten, war die vertragliche Bestellung eines Nießbrauchsrechts an landwirtschaftlichen Flächen nur noch unter der Bedingung zulässig, dass das Recht zugunsten eines „nahen Angehörigen“ bestellt wurde. Andernfalls war die Bestellung nichtig. Dabei wurde zudem ein neuer § 91 Abs. 1 in das Gesetz von 1994 eingefügt, der vorsieht, dass „[a]m 1. Januar 2033 … kraft Gesetzes alle am 1. Januar 2013 bestehenden unbefristeten oder über den 30. Dezember 2032 hinaus befristeten Nießbrauchsrechte [erlöschen], die durch einen Vertrag zwischen Personen begründet worden sind, die keine nahen Angehörigen sind“.

9

Das Mező- és erdőgazdasági földek forgalmáról szóló 2013. évi CXXII. törvény (Gesetz Nr. CXXII von 2013 über den Verkauf land- und forstwirtschaftlicher Flächen, im Folgenden: Gesetz von 2013 über landwirtschaftliche Flächen) wurde am 21. Juni 2013 erlassen und ist am 15. Dezember 2013 in Kraft getreten.

10

Gemäß der Definition in § 5 Nr. 13 dieses Gesetzes sind

„‚nahe Angehörige‘: der Ehegatte, die Verwandten in gerader Linie, die Adoptiv-, Stief- und Pflegekinder, die Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern sowie die Geschwister“.

11

§ 37 Abs. 1 des Gesetzes von 2013 über landwirtschaftliche Flächen behält die Regel bei, dass die vertragliche Bestellung von Nießbrauchsrechten an solchen Flächen nur zulässig ist, wenn sie zwischen nahen Angehörigen erfolgt, und andernfalls nichtig ist.

12

Das Mező- és erdőgazdasági földek forgalmáról szóló 2013. évi CXXII. törvénnyel összefüggő egyes rendelkezésekről és átmeneti szabályokról szóló 2013. évi CCXII. törvény (Gesetz Nr. CCXII von 2013 über bestimmte Vorschriften und Übergangsregelungen betreffend das Gesetz Nr. CXXII von 2013 über den Verkauf land- und forstwirtschaftlicher Flächen, im Folgenden: Gesetz von 2013 über Übergangsregelungen) wurde am 12. Dezember 2013 erlassen und ist am 15. Dezember 2013 in Kraft getreten.

13

In § 108 Abs. 1 dieses Gesetzes, mit dem § 91 Abs. 1 des Gesetzes von 1994 aufgehoben wurde, heißt es:

„Am 1. Mai 2014 erlöschen kraft Gesetzes alle am 30. April 2014 bestehenden unbefristeten oder über den 30. April 2014 hinaus befristeten Nießbrauchs- und Nutzungsrechte, die durch einen Vertrag zwischen Personen begründet worden sind, die keine nahen Angehörigen sind.“

14

§ 94 des Ingatlan-nyilvántartásról szóló 1997. évi CXLI. törvény (Gesetz Nr. CXLI von 1997 über das Grundbuch, im Folgenden: Grundbuchgesetz) bestimmt:

„(1)   Im Fall der Löschung eines aufgrund der Bestimmungen von § 108 Abs. 1 [des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen] erlöschenden Nießbrauchs- oder Nutzungsrechts (in diesem Paragrafen im Folgenden zusammen: Nießbrauchsrecht) aus dem Grundbuch muss eine nießbrauchsberechtigte natürliche Person auf die durch die Grundbuchbehörde spätestens bis zum 31. Oktober 2014 versandte Aufforderung hin binnen 15 Tagen nach deren Zustellung auf einem durch den Minister eingeführten Formular eine Erklärung über das Bestehen des nahen Angehörigenverhältnisses zwischen ihr und dem Grundstückseigentümer, der gemäß der für die Eintragung als Grundlage dienenden Urkunde das Nießbrauchsrecht bestellt hat, abgeben. Bei einem Versäumen dieser Frist ist nach dem 31. Dezember 2014 kein Antrag auf Wiedereinsetzung zulässig.

(3)   Wenn aufgrund der Erklärung kein nahes Angehörigenverhältnis besteht oder der Berechtigte innerhalb der Frist keine Erklärung abgibt, löscht die Grundbuchbehörde das eingetragene Nießbrauchsrecht innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Frist zur Abgabe der Erklärung, spätestens bis zum 31. Juli 2015 von Amts wegen aus dem Grundbuch.

(5)   Die Grundbuchbehörde löscht spätestens am 31. Dezember 2014 von Amts wegen aus dem Grundbuch Nießbrauchsrechte, die zugunsten von juristischen Personen oder Einheiten eingetragen wurden, die keine Rechtspersönlichkeit haben, aber fähig sind, Rechte zu erwerben, die in das Register eingetragen werden können, und die gemäß § 108 Abs. 1 des [Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen] erloschen sind.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C‑52/16

15

SEGRO ist eine Handelsgesellschaft mit Sitz in Ungarn, deren Gesellschafter natürliche Personen mit der Staatsangehörigkeit anderer Mitgliedstaaten sind und in Deutschland wohnen.

16

SEGRO erwarb Nießbrauchsrechte an zwei in Ungarn gelegenen landwirtschaftlichen Grundstücken. Diese Rechte wurden ins Grundbuch eingetragen. Wie sich im Einzelnen aus den schriftlichen Erklärungen der ungarischen Regierung ergibt, wurden diese Rechte vor dem 1. Januar 2002 bestellt und am 8. Januar 2002 ins Grundbuch eingetragen.

17

Mit zwei Bescheiden vom 10. und 11. September 2014 löschte die Regierungsbehörde für das Komitat Vas (Grundbuchamt des Kreises Sárvár) diese Nießbrauchsrechte im Grundbuch und berief sich dabei auf § 108 Abs. 1 des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen und auf § 94 Abs. 5 des Grundbuchgesetzes.

18

Zur Stützung ihrer beim Szombathelyi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szombathely, Ungarn) erhobenen Klage machte SEGRO u. a. geltend, dass diese Bestimmungen sowohl gegen das ungarische Grundgesetz als auch das Unionsrecht verstießen.

19

Dieses Gericht rief das Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht, Ungarn) an und beantragte, die Verfassungswidrigkeit von § 108 Abs. 1 des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen und von § 94 Abs. 5 des Grundbuchgesetzes festzustellen, soweit diese Vorschriften zum Erlöschen in der Vergangenheit bestellter Nießbrauchsrechte führten und ihre Löschung im Grundbuch verlangten, und die Anwendung dieser Vorschriften auf den vorliegenden Fall zu untersagen.

20

In seinem Urteil Nr. 25 vom 21. Juli 2015 wies das Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) diese Anträge zurück.

21

Das vorlegende Gericht führt aus, das Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) habe in diesem Urteil jedoch festgestellt, dass das ungarische Grundgesetz dadurch verletzt worden sei, dass der Gesetzgeber für die durch die Anwendung von § 108 des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen weggefallenen Nießbrauchs- und Nutzungsrechte keine Ausnahmevorschriften zur Ermöglichung einer Entschädigung erlassen habe, die im Rahmen einer Regelung zwischen den Vertragsparteien auch bei einem gültigen Vertrag nicht habe verlangt werden können. In diesem Urteil habe das Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) den Gesetzgeber außerdem aufgefordert, diese Gesetzeslücke bis spätestens 1. Dezember 2015 zu schließen. Diese Frist sei abgelaufen, ohne dass eine entsprechende Maßnahme erlassen worden sei.

22

In ihren schriftlichen Erklärungen hat die ungarische Regierung hierzu vorgetragen, dass die vom Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) damit formulierte Aufforderung, gesetzgeberisch tätig zu werden, nur den Ersatz etwaiger den Eigentümern entstandener Schäden betreffe, soweit für diese Schäden im Rahmen einer Regelung zwischen den Parteien nach den Vorschriften des Zivilrechts kein Ersatz erlangt werden könne. In Bezug auf die Nießbrauchsinhaber habe das Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften des Zivilrechts ausreichten, um ihre etwaige Entschädigung sicherzustellen.

23

Das Szombathelyi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szombathely) ist der Auffassung, dass die in Rede stehenden nationalen Vorschriften eine Beschränkung der Rechte von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten als Ungarn auf Niederlassungsfreiheit und freien Kapitalverkehr darstellten, da sie geeignet seien, diese Staatsangehörigen von der Ausübung ihrer Rechte in Form des Erwerbs von Nießbrauchsrechten an landwirtschaftlichen Flächen abzuhalten, in Anbetracht des Risikos, dass ihnen die Nießbrauchsrechte vorzeitig entzogen werden könnten, obwohl sie sich aus gültigen Verträgen ergäben.

24

Zu den Zielen, die mit dem Gesetz von 2013 über landwirtschaftliche Flächen verfolgt werden, gibt das vorlegende Gericht Auszüge aus dem Urteil Nr. 25 des Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) vom 21. Juli 2015 wieder, aus denen u. a. hervorgeht, dass mit ihm „das nach dem Regimewechsel allgemein anerkannte und akzeptierte und durch Art. P des Grundgesetzes in der Verfassung verankerte nationale strategische Ziel [verfolgt wird], wonach Anbauflächen im Wesentlichen nur im Eigentum der natürlichen Personen stehen dürfen, die sie bewirtschaften“. Weiter heißt es in dem Urteil, dass „dieses Gesetz im Hinblick auf dieses Ziel desgleichen vor[sieht], dass Grundeigentum nicht als Investition für die Zukunft erworben werden darf, d. h., um einen Gewinn zu erzielen, der sich aus der Steigerung des Preises der Flächen ergibt“, und dass, „wie sich aus der Präambel des Gesetzes ergibt, andere rechtspolitische Ziele, die zu seiner Ausarbeitung geführt haben, u. a. darauf abzielten, dass der Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Flächen und die Bestellung von Hypotheken an solchen Flächen zur Absicherung von Krediten ihre Bewirtschaftung durch neu gegründete Unternehmen tatsächlich erleichtern können, dass Eigentum in einer Größe gebildet werden kann, die eine lebens- und wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Produktion ermöglicht, dass die auf Eigentum beruhende Struktur der Landwirtschaft nicht durch die verhängnisvollen Auswirkungen der Zerstückelung der Böden bedroht wird und dass jeder Betreiber die landwirtschaftliche Erzeugung in Ruhe ausüben kann“.

25

In Bezug auf die im Ausgangsverfahren konkret in Rede stehenden Vorschriften geht nach den Angaben des vorlegenden Gerichts aus dem Urteil des Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) hervor, dass „[d]ie Notwendigkeit und der Nutzen von § 108 Abs. 1 des Gesetzes über Übergangsregelungen … speziell mit der Erwägung begründet [wurden], dass, was das Eigentum an Anbauflächen betrifft, dieses Gesetz die Rechtswirkungen einer Praxis des Erwerbs von Anbauflächen beseitigen musste, die sich seit nahezu zwei Jahrzehnten entwickelt hatte und wegen der das Nießbrauchsrecht funktionswidrig angewendet worden war, um das vom neuen Regime angestrebte nationale strategische Ziel voll zu erreichen. Die neue Regelung kann nämlich, was das Eigentum, den Nießbrauch und die Nutzung von Anbauflächen betrifft, nicht ohne das Erfordernis auskommen, dass die im Grundbuch eingetragenen Verhältnisse die Rechtsverhältnisse widerspiegeln, die mit dem Grundgesetz in Einklang stehen.“ Infolgedessen sei es „notwendig [gewesen], Vorschriften zu erlassen, die die Anwendung von Rechtskonstruktionen verhindern, die im allgemeinen Sprachgebrauch als ‚Deckmantelverträge‘ bekannt waren, und daher vorzusehen, dass nicht weiterhin Rechte oder Pflichten oder irgendwelche Rechtsbehelfe auf der Grundlage bestehender Rechtsverhältnisse geschaffen werden können, um sich früheren Verboten und Beschränkungen im Bereich des Eigentumserwerbs zu entziehen“.

26

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts hat der ungarische Gesetzgeber jedoch die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Regeln nicht hinreichend dargelegt, da die Begründung des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen es insbesondere weder erlaube, im Gesetz oder in dessen Begründung ein ausreichend belegtes, legitimes und im Allgemeininteresse liegendes Ziel zu erkennen, noch Argumente erkennen lasse, die die undifferenzierte Löschung der Nießbrauchsrechte ohne Entschädigung und ohne angemessenen Übergangszeitraum rechtfertigten. In Bezug auf den letztgenannten Aspekt werde auch nicht dargetan, weshalb es notwendig sein solle, den Zeitraum des möglichen Fortbestands der betreffenden Nießbrauchsrechte bis zu ihrer Löschung von zuvor 20 Jahren auf wenige Monate zu verkürzen.

27

Insbesondere ziele die gesetzliche Vermutung, die der betreffenden Regelung – auch wenn sie darin nicht ausdrücklich erwähnt werde – zugrunde liege und nach der alle privaten Verträge über die Bestellung von Nießbrauchs- und Nutzungsrechten geschlossen worden seien, um den früheren Verboten des Erwerbs von Eigentum zu entgehen, darauf ab, angeblichen in der Vergangenheit begangenen Rechtsverstößen ein Ende zu setzen. Der ungarische Gesetzgeber habe somit durch gesetzliche Maßnahmen die Wirkungen der behaupteten Ungültigkeit solcher Verträge festgelegt, ohne jedoch zu begründen, warum diese Regelung im Allgemeininteresse liege, und er habe den Betroffenen die Möglichkeit genommen, die Gültigkeit ihrer Verträge im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nachzuweisen, und ihr in Art. 47 der Charta verankertes Recht auf Zugang zu einem unparteiischen Gericht beeinträchtigt.

28

Ferner hätten die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Vorschriften auch das in Art. 17 der Charta verankerte Recht auf Eigentum beeinträchtigt, insbesondere dadurch, dass den enteigneten Inhabern von Nießbrauchsrechten – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Investition in einen Nießbrauch grundsätzlich ein langfristiges Rechtsgeschäft darstelle – keine angemessene Entschädigung garantiert und der Grundsatz des Vertrauensschutzes missachtet worden sei.

29

Unter diesen Umständen hat das Szombathelyi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szombathely) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Sind die Art. 49 und 63 AEUV sowie die Art. 17 und 47 der Charta dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, die – ohne Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte – eine Pflicht zur Löschung von Nießbrauchs- und Nutzungsrechten an landwirtschaftlichen Grundstücken vorschreibt, die zugunsten von Wirtschaftsorganisationen und natürlichen Personen, die keine unmittelbaren Angehörigen des Grundstückseigentümers sind, eingetragen worden waren, ohne gleichzeitig vorzusehen, dass die Inhaber der erloschenen Nießbrauchs- und Nutzungsrechte bei der Abrechnung zwischen den Vertragsparteien einen Ausgleich für die mit nicht durchsetzbaren, aber gültigen Verträgen zusammenhängenden Vermögensschäden erhalten?

2.

Sind die Art. 49 und 63 AEUV sowie die Art. 17 und 47 der Charta dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die – ohne Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte – eine Pflicht zur Löschung von Nießbrauchs- und Nutzungsrechten an landwirtschaftlichen Grundstücken vorschreibt, die auf der Grundlage von vor dem 30. April 2014 geschlossenen Verträgen zugunsten von Wirtschaftsorganisationen und natürlichen Personen, die keine unmittelbaren Angehörigen des Grundstückseigentümers sind, eingetragen worden waren, ohne gleichzeitig vorzusehen, dass die Inhaber der erloschenen Nießbrauchs- und Nutzungsrechte bei der Abrechnung zwischen den Vertragsparteien einen Ausgleich für die mit nicht durchsetzbaren, aber gültigen Verträgen zusammenhängenden Vermögensschäden erhalten?

Rechtssache C‑113/16

30

Herr Horváth ist ein österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich, der vor dem 30. April 2014 Nießbrauchsrechte an zwei in Ungarn gelegenen landwirtschaftlichen Grundstücken erwarb. Die Rechte wurden in das Grundbuch eingetragen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat die ungarische Regierung angegeben, dass diese Eintragungen am 2. November 1999 erfolgt seien.

31

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2015 löschte die Regierungsbehörde für das Komitat Vas die Nießbrauchsrechte im Grundbuch und berief sich dabei auf § 108 Abs. 1 des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen und auf § 94 Abs. 1 und 3 des Grundbuchgesetzes.

32

Herr Horváth erhob beim Szombathelyi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szombathely) Klage.

33

Dieses Gericht wirft erstens die Frage auf, ob die in Rede stehenden nationalen Vorschriften dadurch, dass sie den Fortbestand der Nießbrauchsrechte davon abhängig machten, dass ihr Inhaber den Nachweis für ein nahes Angehörigenverhältnis zu der Person erbringe, die diese Rechte eingeräumt habe und die in den meisten Fällen ein ungarischer Staatsangehöriger sei, zu einer versteckten Diskriminierung von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten als Ungarn führe. Dies könne der Fall sein, weil die zuvor geltenden Regelungen ausländischen natürlichen und juristischen Personen, die landwirtschaftliche Flächen in Ungarn hätten bewirtschaften wollen, den Erwerb des Eigentums an solchen Flächen ausdrücklich untersagt hätten, so dass bei den Inhabern von Nießbrauchs- oder Nutzungsrechten der Anteil von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten weit höher sei als der von ungarischen Staatsangehörigen.

34

Zweitens sei hinsichtlich der Beurteilung der Erforderlichkeit der betreffenden Maßnahmen anhand der vom nationalen Gesetzgeber verfolgten Ziele die in der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C‑52/16 vorgenommene Analyse zu ergänzen. Beim Erlass des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen habe der ungarische Gesetzgeber vermutet, dass die zwischen anderen Personen als nahen Angehörigen bestellten Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen als Investitionen anzusehen seien, mit denen ein persönlicher Gewinn erzielt werden solle. Ein nahes Angehörigenverhältnis schließe jedoch nicht automatisch aus, dass kein mit der Erzielung eines persönlichen Gewinns verbundenes Motiv vorliege.

35

Unter diesen Umständen hat das Szombathelyi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szombathely) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Stellt die Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die den Fortbestand von Nießbrauchs- und Nutzungsrechten an landwirtschaftlichen Grundstücken an den Nachweis eines nahen Angehörigenverhältnisses zum Besteller des Nießbrauchs- oder Nutzungsrechts knüpft und das Nießbrauchs- oder Nutzungsrecht, sofern der Nießbrauchs- oder Nutzungsberechtigte das nahe Angehörigenverhältnis nicht nachweisen kann, kraft Gesetzes – ohne jeglichen Ausgleich – erlischt, eine Beschränkung dar, die gegen die Art. 49 und 63 AEUV verstößt?

2.

Wirkt sich eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die den Fortbestand von Nießbrauchs- und Nutzungsrechten an landwirtschaftlichen Grundstücken an den Nachweis eines nahen Angehörigenverhältnisses zum Besteller des Nießbrauchs- oder Nutzungsrechts knüpft und das Nießbrauchs- oder Nutzungsrecht, sofern der Nießbrauchs- oder Nutzungsberechtigte das nahe Angehörigenverhältnis nicht nachweisen kann, kraft Gesetzes – ohne jeglichen Ausgleich – erlischt, im Hinblick auf die Art. 49 und 63 AEUV tatsächlich in gleichem Maß auf Staatsangehörige des betreffenden Mitgliedstaats und auf Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten aus?

36

Die Rechtssachen C‑52/16 und C‑113/16 sind durch Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 10. März 2016 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil verbunden worden.

Zu den Vorlagefragen

37

Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 49 und 63 AEUV sowie die Art. 17 und 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegenstehen, wonach in der Vergangenheit bestellte Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen, deren Inhaber keine nahen Angehörigen des Eigentümers dieser Flächen sind, kraft Gesetzes erlöschen und infolgedessen im Grundbuch gelöscht werden.

Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs und zur Zulässigkeit der Vorlagefragen

38

Die ungarische Regierung macht erstens geltend, die Gültigkeit der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsverträge hänge, da sie vor dem Inkrafttreten des Beitrittsvertrags von 2003 geschlossen worden seien, ausschließlich von den Vorschriften des nationalen Rechts ab, die zum Zeitpunkt ihres Abschlusses in Kraft gewesen seien. Daher sei der Gerichtshof weder für die Beurteilung dieser Vorschriften anhand des Unionsrechts zuständig noch dafür, sich zur späteren Löschung von Nießbrauchsrechten, die aus dem Blickwinkel des nationalen Rechts vor dem Beitritt Ungarns zur Union rechtswidrig bestellt worden seien, aufgrund der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorschriften zu äußern.

39

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof jedoch für die Auslegung des Unionsrechts in Bezug auf seine Anwendung in einem neuen Mitgliedstaat ab dem Zeitpunkt des Beitritts dieses Staates zur Union zuständig (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 2006, Ynos, C‑302/04, EU:C:2006:9, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40

Wie in den vorliegenden Fällen aus den Vorlagebeschlüssen hervorgeht, bestanden die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsrechte am 30. April 2014 noch, und ihr Erlöschen sowie ihre Löschung im Grundbuch erfolgten nicht aufgrund der Anwendung von Regelungen, die schon vor dem Beitritt Ungarns zur Union in Kraft waren und ihre vollen Wirkungen entfalteten, sondern ausschließlich gemäß der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorschriften, die fast zehn Jahre nach dem Beitritt erlassen wurden.

41

Zweitens macht die ungarische Regierung geltend, die Vorlagefragen seien unzulässig, soweit sie sich auf § 108 des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen bezögen, da in den Ausgangsverfahren nur § 94 des Grundbuchgesetzes angewendet worden sei. § 108 habe bereits seine vollen Wirkungen entfaltet, und das vorlegende Gericht könne nicht über die Wiederherstellung oder den Fortbestand der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsrechte entscheiden.

42

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein Sache des nationalen Gerichts ist, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 24. April 2012, Kamberaj, C‑571/10, EU:C:2012:233, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Die Zurückweisung des Vorabentscheidungsersuchens eines nationalen Gerichts ist nur möglich, wenn offensichtlich ist, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 24. April 2012, Kamberaj, C‑571/10, EU:C:2012:233, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44

Im vorliegenden Fall hat § 108 des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen das Erlöschen kraft Gesetzes der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsrechte zur Folge. Er liegt somit ebenso wie § 94 des Grundbuchgesetzes den in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Löschungsbescheiden zugrunde. Daraus folgt zum einen, dass die hier erbetene Auslegung des Unionsrechts, die es dem vorlegenden Gericht ermöglichen soll, die Vereinbarkeit dieser nationalen Vorschriften mit dem Unionsrecht zu beurteilen, zweifelsfrei in Zusammenhang mit dem Gegenstand der Ausgangsrechtsstreitigkeiten steht, und zum anderen, dass die gestellten Fragen keinen hypothetischen Charakter haben.

45

Insoweit ist zum Vorbringen der ungarischen Regierung, das vorlegende Gericht könne nicht über den Fortbestand der durch § 108 des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen erloschenen und gemäß § 94 des Grundbuchgesetzes gelöschten Nießbrauchsrechte entscheiden, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Vorschriften wie die Art. 49 und 63 AEUV, die unmittelbar anwendbar sind, vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden und zur Unanwendbarkeit ihnen zuwiderlaufender nationaler Vorschriften führen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. November 2002, Überseering, C‑208/00, EU:C:2002:632, Rn. 60, und vom 14. September 2017, The Trustees of the BT Pension Scheme, C‑628/15, EU:C:2017:687, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46

Somit sind sowohl die nationalen Verwaltungsbehörden als auch die nationalen Gerichte, die im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden haben, gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Bestimmungen Sorge zu tragen, indem sie erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Bestimmung aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lassen, ohne die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren zu beantragen oder abzuwarten (Urteil vom 14. September 2017, The Trustees of the BT Pension Scheme, C‑628/15, EU:C:2017:687, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47

Drittens macht die ungarische Regierung geltend, das vorlegende Gericht stelle bestimmte Erkenntnisse aus dem Urteil Nr. 25 des Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) vom 21. Juli 2015 in Frage, obwohl dessen Entscheidungen nach dem ungarischen Verfassungsrecht für die untergeordneten Gerichte bindend seien.

48

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die nationalen Gerichte nach ständiger Rechtsprechung die umfassende Befugnis haben, den Gerichtshof mit einer Frage nach der Auslegung der relevanten Bestimmungen des Unionsrechts zu befassen, und dass eine Vorschrift des nationalen Rechts ein nationales Gericht nicht daran hindern kann, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen. Eine solche Befugnis ist nämlich dem durch Art. 267 AEUV errichteten System der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof und den Aufgaben des zur Anwendung des Unionsrechts berufenen Richters inhärent, die durch diese Bestimmung den nationalen Gerichten zugewiesen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2016, PFE, C‑689/13, EU:C:2016:199, Rn. 32 und 33 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat daher insbesondere entschieden, dass eine innerstaatliche Rechtsnorm, die die nicht in letzter Instanz entscheidenden Gerichte an die rechtliche Beurteilung eines übergeordneten Gerichts bindet, ihnen nicht schon deshalb die fragliche Befugnis nehmen kann (Urteil vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli, C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 42).

49

Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Vorbringen der ungarischen Regierung, mit dem sie die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entscheidung über die Vorlagefragen oder deren Zulässigkeit in Abrede stellt, zurückzuweisen ist.

Zur Beantwortung der Fragen

Zur Anwendbarkeit von Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 63 AEUV (freier Kapitalverkehr)

50

Die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Vorschriften haben im Wesentlichen zum Gegenstand, dass die in der Vergangenheit erworbenen Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen kraft Gesetzes erlöschen, wenn ihre Inhaber nicht die Bedingungen erfüllen, von denen ihr Erwerb nach den nationalen Rechtsvorschriften nunmehr abhängt, und dass solche in der Vergangenheit erworbenen Rechte infolgedessen im Grundbuch gelöscht werden.

51

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Art. 345 AEUV, auf den sich die ungarische Regierung in ihren Erklärungen bezogen hat, zwar den Grundsatz der Neutralität der Verträge gegenüber der Eigentumsordnung in den Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringt, doch führt er nicht dazu, dass die in den Mitgliedstaaten bestehenden Eigentumsordnungen den Grundregeln des AEU-Vertrags entzogen sind (Urteil vom 22. Oktober 2013, Essent u. a., C‑105/12 bis C‑107/12, EU:C:2013:677, Rn. 29 und 36 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und Gutachten 2/15 [Freihandelsabkommen EU–Singapur] vom 16. Mai 2017, EU:C:2017:376, Rn. 107). Dieser Artikel stellt somit zwar nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten in Frage, eine Regelung für den Erwerb von Grundeigentum zu schaffen, die spezielle Maßnahmen für Transaktionen vorsieht, die land- und forstwirtschaftliche Grundstücke betreffen, aber auch für eine solche Regelung gelten u. a. das Diskriminierungsverbot sowie die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit und den freien Kapitalverkehr (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. September 2003, Ospelt und Schlössle Weissenberg, C‑452/01, EU:C:2003:493, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52

Da sich die Vorlagefragen auf die Vorschriften des Vertrags sowohl über die Niederlassungsfreiheit als auch über den freien Kapitalverkehr beziehen, ist zudem zu klären, um welche Freiheit es in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten geht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi, C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 20).

53

Dabei ist auf den Gegenstand der in Rede stehenden nationalen Regelung abzustellen (Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi, C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54

In Bezug auf eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, deren Gegenstand in Rn. 50 des vorliegenden Urteils erläutert worden ist, ist darauf hinzuweisen, dass das Recht, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats Immobilien zu erwerben, zu nutzen und darüber zu verfügen, wenn es ergänzend zum Niederlassungsrecht ausgeübt wird, zu Kapitalverkehr führt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2007, Festersen, C‑370/05, EU:C:2007:59, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55

Auch wenn diese Regelung a priori unter die beiden vom vorlegenden Gericht angesprochenen Grundfreiheiten fallen kann, würden etwaige aus ihr resultierende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit im Kontext der Ausgangsverfahren eine unvermeidliche Folge der Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen und rechtfertigen damit keine eigenständige Prüfung der Regelung anhand von Art. 49 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2009, Glaxo Wellcome, C‑182/08, EU:C:2009:559, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56

Der Kapitalverkehr umfasst nämlich Vorgänge, durch die Personen im Gebiet eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ihren Wohnsitz haben, Investitionen in Immobilien tätigen; dies ergibt sich aus der Nomenklatur für den Kapitalverkehr in Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages [der durch den Vertrag von Amsterdam aufgehoben wurde] (ABl. 1988, L 178, S. 5), die ihren Hinweischarakter für die Definition des Begriffs des Kapitalverkehrs behält (Urteil vom 25. Januar 2007, Festersen, C‑370/05, EU:C:2007:59, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57

Unter diesen Begriff fallen u. a. Immobilieninvestitionen, die den Erwerb eines Nießbrauchs an landwirtschaftlichen Flächen betreffen, wie sich insbesondere der Angabe in den Begriffsbestimmungen in Anhang I der Richtlinie 88/361 entnehmen lässt, wonach die Kategorie der von ihr erfassten Immobilieninvestitionen den Erwerb von Nießbrauchsrechten an bebauten und unbebauten Grundstücken einschließt.

58

Vorliegend steht in der Rechtssache C‑113/16 fest, dass der Ausgangsrechtsstreit einen österreichischen Staatsangehörigen betrifft, der nicht in Ungarn wohnt und vertraglich Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen in diesem Mitgliedstaat erworben hat, die ihm in der Folge aufgrund des Erlasses der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Vorschriften entzogen wurden. Diese Situation fällt daher unter den freien Kapitalverkehr.

59

Ebenso verhält es sich mit der Situation in der Rechtssache C‑52/16. Zwar steht fest, dass die in dieser Rechtssache in Rede stehenden Nießbrauchsrechte von einer in Ungarn gegründeten Handelsgesellschaft erworben wurden, doch geht aus den Angaben in der Vorlageentscheidung auch hervor, dass diese Gesellschaft von natürlichen Personen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat gegründet wurde. Wie der Generalanwalt in Nr. 55 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann ein Immobilienerwerb durch Gebietsfremde auch dann unter den freien Kapitalverkehr fallen, wenn er mittels einer juristischen Person stattfindet, die in dem Mitgliedstaat gegründet wurde, in dem sich die betreffenden Güter befinden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Dezember 2003, Barbier, C‑364/01, EU:C:2003:665, Rn. 58 und 59, und vom 1. Oktober 2009, Woningstichting Sint Servatius, C‑567/07, EU:C:2009:593, Rn. 12, 13, 19, 20 und 39).

60

Die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung ist demnach ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen.

Zum Vorliegen einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs

61

Nach ständiger Rechtsprechung verbietet Art. 63 Abs. 1 AEUV ganz allgemein Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten (Urteil vom 22. Oktober 2013, Essent u. a., C‑105/12 bis C‑107/12, EU:C:2013:677, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62

Vorliegend ist festzustellen, dass eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, die das Erlöschen vertraglich erworbener Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen – zu denen auch solche gehören, die in Ausübung des Rechts auf freien Kapitalverkehr gehalten werden – vorsieht, schon allein aufgrund ihres Gegenstands diese Freiheit beschränkt. Der vom vorlegenden Gericht in seiner zweiten Frage in der Rechtssache C‑52/16 angesprochene eventuelle Erlass einer Maßnahme zur Entschädigung der Personen, denen solche Rechte nach ihrem Erwerb durch die Regelung entzogen wurden, kann an dieser Feststellung nichts ändern.

63

Durch die genannte Regelung wird dem Betroffenen nämlich sowohl die Möglichkeit genommen, das von ihm erworbene Recht weiterhin auszuüben, indem er u. a. daran gehindert wird, die betreffenden landwirtschaftlichen Flächen für die mit dem Erwerb des Rechts verfolgten Zwecke zu bewirtschaften, als auch die Möglichkeit, das Recht zu veräußern.

64

Indem Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten als Ungarn, die sich auf den freien Kapitalverkehr berufen können, auf diese Weise die Nutzung der Güter vorenthalten wird, in die sie Kapital investiert haben, stellt die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.

65

Außerdem gehören nach ständiger Rechtsprechung zu den Maßnahmen, die nach Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten sind, u. a. solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat abzuhalten (Urteile vom 25. Januar 2007, Festersen, C‑370/05, EU:C:2007:59, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 1. Oktober 2009, Woningstichting Sint Servatius, C‑567/07, EU:C:2009:593, Rn. 21).

66

Eine nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende stellt folglich eine Beschränkung der in Art. 63 AEUV garantierten Grundfreiheit dar.

67

Hinsichtlich des etwaigen diskriminierenden Charakters dieser Regelung – der Gegenstand der zweiten Frage in der Rechtssache C‑113/16 ist –, ist den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 72 seiner Schlussanträge beizupflichten, dass ein Erfordernis, das wie hier an das Bestehen eines nahen Angehörigenverhältnisses zwischen dem Inhaber des Nießbrauchs und dem Eigentümer der landwirtschaftlichen Fläche anknüpft, auf ein dem Anschein nach von der Staatsangehörigkeit des Nießbrauchers und der Herkunft des Kapitals unabhängiges und daher nicht unmittelbar diskriminierendes Kriterium zurückgreift.

68

Gleichwohl ist erstens festzustellen, dass eine relativ geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass dieses Kriterium von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten erfüllt wird, die ein solches Nießbrauchsrecht erworben haben.

69

Der in den Rn. 5 und 6 des vorliegenden Urteils dargestellte nationale Regelungszusammenhang sowie die in der Beitrittsakte vorgesehenen und in den Rn. 3 und 4 des vorliegenden Urteils angeführten Übergangsmaßnahmen, aus denen hervorgeht, dass der Erwerb von Eigentum an landwirtschaftlichen Flächen durch Personen, die nicht die ungarische Staatsangehörigkeit besitzen, lange Zeit nacheinander einem System der vorherigen Genehmigung und dann einem Verbotssystem unterworfen war, sind nämlich geeignet, die Möglichkeit des Übergangs solcher Flächen in das Eigentum von Ausländern und damit die Wahrscheinlichkeit verringert zu haben, dass der ausländische Inhaber eines Nießbrauchsrechts an solchen Flächen das Erfordernis eines nahen Angehörigenverhältnisses zum Eigentümer der Fläche erfüllt.

70

Zweitens hat der Umstand, dass für Personen, die nicht die ungarische Staatsangehörigkeit besitzen, die einzige Möglichkeit, dingliche Rechte an landwirtschaftlichen Flächen in Ungarn zu erwerben, zwischen 1992 und 2002 gerade darin bestand, Nießbrauchsrechte an diesen Flächen zu erwerben, zu einer Erhöhung der Zahl von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten geführt, die Inhaber eines Nießbrauchs an solchen Flächen sind.

71

In ihren schriftlichen Erklärungen hat die ungarische Regierung hierzu zwar geltend gemacht, dass von den mehr als 100000 Inhabern von Nießbrauchs- oder Nutzungsrechten, die von dem aus § 108 Abs. 1 des Gesetzes von 2013 über Übergangsregelungen resultierenden Erlöschen ihrer Rechte betroffen gewesen seien, nur 5058 Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten als Ungarn oder von Drittstaaten gewesen seien.

72

Selbst wenn man unterstellt, dass das dafür zuständige vorlegende Gericht diese Zahlenangaben als zutreffend ansehen sollte, könnte allein dieser Umstand jedoch nicht die Tatsache in Frage stellen, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung insbesondere Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten im Vergleich zu ungarischen Staatsangehörigen benachteiligt.

73

Ob eine solche Benachteiligung vorliegt, ist nämlich zu ermitteln, indem die aus Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten als Ungarn, die unmittelbar oder mittelbar Inhaber von Nießbrauchsrechten an landwirtschaftlichen Flächen sind, bestehende Gruppe mit der aus ungarischen Staatsangehörigen, die unmittelbar oder mittelbar Inhaber solcher Nießbrauchsrechte sind, bestehenden Gruppe verglichen und der Anteil bestimmt wird, zu dem jede dieser Gruppen vom Erlöschen der Rechte betroffen ist. In Anbetracht der in den Rn. 68 bis 70 des vorliegenden Urteils genannten Gesichtspunkte erscheint es aber wahrscheinlich, dass die erstgenannte Gruppe davon zu einem weitaus höheren Anteil betroffen ist als die letztgenannte Gruppe (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Februar 1999, Seymour-Smith und Perez, C‑167/97, EU:C:1999:60, Rn. 59).

74

Unter diesen Umständen erscheint, vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen, die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung geeignet, sich stärker zulasten der Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten auszuwirken als zulasten ungarischer Staatsangehöriger, so dass sie eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Nießbrauchers oder der Herkunft des Kapitals darstellen kann.

75

Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass die aus der genannten Regelung resultierende, in den Rn. 62 bis 66 des vorliegenden Urteils herausgearbeitete Beschränkung des freien Kapitalverkehrs, selbst wenn sie mittelbar diskriminierend ist, unter Umständen gerechtfertigt sein könnte.

Zur Rechtfertigung der Beschränkung des freien Kapitalverkehrs

76

Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, sind Maßnahmen wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die den freien Kapitalverkehr dadurch beschränken, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach eine mittelbar diskriminierende Wirkung haben, nur statthaft, wenn sie auf der Grundlage objektiver Erwägungen, die von der Herkunft des betreffenden Kapitals unabhängig sind, durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten, was erfordert, dass sie zur Erreichung des legitimerweise verfolgten Ziels geeignet sind und nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Oktober 2007, Geurts und Vogten, C‑464/05, EU:C:2007:631, Rn. 24, und vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi, C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 41 und 42).

77

Ebenso können solche Maßnahmen aus den in Art. 65 AEUV genannten Gründen gerechtfertigt sein, sofern sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten (Urteil vom 1. Oktober 2009, Woningstichting Sint Servatius, C‑567/07, EU:C:2009:593, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78

Insoweit ist außerdem darauf hinzuweisen, dass eine nationale Regelung nur dann geeignet ist, die Verwirklichung des angeführten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Urteil vom 26. Mai 2016, Kommission/Griechenland, C‑244/15, EU:C:2016:359, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79

Zwar ist es letztlich Sache des für die Beurteilung des Sachverhalts und die Auslegung des innerstaatlichen Rechts allein zuständigen nationalen Gerichts, festzustellen, ob diese Erfordernisse im konkreten Fall erfüllt sind, doch kann der Gerichtshof, der im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens die Fragen des vorlegenden Gerichts sachdienlich zu beantworten hat, auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen Hinweise geben, die dem vorlegenden Gericht die Entscheidung ermöglichen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2014, Leone, C‑173/13, EU:C:2014:2090, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80

Vorliegend hat Ungarn geltend gemacht, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt seien, und zwar durch das im Allgemeininteresse liegende Ziel der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen und durch Gründe, die unter Art. 65 AEUV fielen. Hinsichtlich dieses Artikels beruft sich die ungarische Regierung zum einen darauf, dass sie Verstöße gegen die nationalen Vorschriften über Devisenkontrollen ahnden wolle, und zum anderen darauf, dass sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung missbräuchliche Erwerbspraktiken bekämpfen wolle.

– Zum Bestehen eines auf einem im Allgemeininteresse liegenden Ziel der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen beruhenden Rechtfertigungsgrundes

81

Die ungarische Regierung macht unter Verweis auf die in Rn. 24 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Erwägungen im Urteil Nr. 25 des Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) vom 21. Juli 2015 geltend, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung, soweit sie den künftigen Erwerb von Nießbrauchsrechten an landwirtschaftlichen Flächen und den Fortbestand bestehender Rechte davon abhängig mache, dass der Nießbraucher ein naher Angehöriger des Eigentümers des betreffenden Grundstücks sei, im Allgemeininteresse liegende Ziele verfolge. So ziele diese Regelung darauf ab, das Eigentum an Anbauflächen den Personen vorzubehalten, die sie bewirtschafteten, und ihren Erwerb zu reinen Spekulationszwecken zu verhindern sowie ihre Bewirtschaftung durch neue Unternehmen zu ermöglichen, die Schaffung von Eigentum in einer Größe, die eine lebens- und wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Produktion ermögliche, zu erleichtern und eine Zerstückelung von Agrarflächen sowie Landflucht und Abwanderung aus ländlichen Gebieten zu verhindern.

82

Insoweit hat der Gerichtshof anerkannt, dass nationale Regelungen den freien Kapitalverkehr mit dem Ziel beschränken dürfen, die Bewirtschaftung von Agrarflächen durch den Eigentümer selbst zu erhalten und darauf hinzuwirken, dass Bauernhöfe überwiegend von ihren Eigentümern bewohnt und bewirtschaftet werden, sowie, als Raumordnungsziel, eine beständige Bevölkerung in den ländlichen Gebieten zu erhalten und eine vernünftige Nutzung der verfügbaren Flächen unter Bekämpfung des Drucks auf den Grundstücksmarkt zu fördern. Diese Ziele entsprechen im Übrigen denen der gemeinsamen Agrarpolitik, die nach Art. 39 Abs. 1 Buchst. b AEUV „der landwirtschaftlichen Bevölkerung … eine angemessene Lebenshaltung … gewährleisten“ soll und bei deren Gestaltung nach Art. 39 Abs. 2 Buchst. a AEUV „die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ergibt“, zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2007, Festersen, C‑370/05, EU:C:2007:59, Rn. 27 und 28 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

83

Ebenso verhält es sich mit den Zielen, die in der Wahrung einer die Entwicklung lebensfähiger Betriebe sowie die harmonische Pflege des Raumes und der Landschaft ermöglichenden Aufteilung des Grundeigentums bestehen (Urteil vom 23. September 2003, Ospelt und Schlössle Weissenberg, C‑452/01, EU:C:2003:493, Rn. 39).

84

Hier ist jedoch nach der in Rn. 76 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu prüfen, ob die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung tatsächlich durch objektive, von der Herkunft des betreffenden Kapitals unabhängige Erwägungen gerechtfertigt ist und ob sie geeignet ist, die Erreichung objektiver im Allgemeininteresse liegender Ziele zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.

85

In diesem Kontext ist ferner darauf hinzuweisen, dass den Rechtfertigungsgründen, auf die sich ein Mitgliedstaat berufen kann, angemessene Beweise oder eine Analyse der Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen restriktiven Maßnahme sowie genaue Angaben zur Stützung seines Vorbringens beigefügt werden müssen (vgl. entsprechend Urteil vom 23. Dezember 2015, Scotch Whisky Association u. a., C‑333/14, EU:C:2015:845, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit muss ein Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs durch eine restriktive nationale Maßnahme rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände vorlegen, anhand deren sich dieses Gericht vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich die Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfüllt (vgl. entsprechend Urteil vom 8. September 2010, Stoß u. a., C‑316/07, C‑358/07 bis C‑360/07, C‑409/07 und C‑410/07, EU:C:2010:504, Rn. 71).

86

Hierzu ist erstens festzustellen, dass, wie u. a. die Kommission geltend gemacht und der Generalanwalt in den Nrn. 111 bis 113 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, die den Fortbestand bestehender Nießbrauchsrechte an Anbauflächen davon abhängig macht, dass der Nießbraucher ein naher Angehöriger des Eigentümers dieser Flächen ist, zur Verfolgung der von der ungarischen Regierung angeführten Ziele, mit denen die Regelung in keinem direkten Zusammenhang steht, ungeeignet erscheint.

87

Das Bestehen des verlangten Verwandtschaftsverhältnisses vermag nämlich nicht sicherzustellen, dass der Nießbraucher das betreffende Grundstück selbst bewirtschaftet und dass er das fragliche Nießbrauchsrecht nicht zu reinen Spekulationszwecken erworben hat. Gleichermaßen kann nicht a priori angenommen werden, dass ein nicht zur Familie des Eigentümers gehörender Dritter, der einen Nießbrauch an einem solchen Grundstück erworben hat, nicht in der Lage wäre, es selbst zu bewirtschaften, und dass der Erwerb zwangsläufig zu reinen Spekulationszwecken und ohne jede Bewirtschaftungsabsicht erfolgte.

88

Überdies geht aus den dem Gerichtshof zur Verfügung stehenden Akten auch nicht hervor, dass das in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung vorgesehene Erfordernis eines Angehörigenverhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Nießbraucher geeignet wäre, u. a. durch die Vermeidung einer Zerstückelung der Agrarflächen zur Stützung und Entwicklung einer lebens- und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft beizutragen.

89

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis des Bestehens eines Angehörigenverhältnisses für sich genommen auch nicht geeignet erscheint, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, Landflucht und die Abwanderung aus ländlichen Gebieten zu verhindern. Das vom nationalen Gesetzgeber vorliegend gewählte Kriterium steht nämlich in keinem Zusammenhang mit dem Ziel, die Bevölkerung im ländlichen Raum zu erhalten, da der Umstand, dass der Nießbraucher zum Eigentümer in einem nahen Angehörigenverhältnis steht, nicht zwangsläufig bedeutet, dass er in der Nähe der betreffenden landwirtschaftlichen Flächen wohnt.

90

Zweitens geht die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung jedenfalls über das hinaus, was zur Erreichung der von der ungarischen Regierung angeführten Ziele erforderlich ist.

91

Zum einen hat die ungarische Regierung hinsichtlich des Fehlens einer Entschädigung der Nießbrauchsinhaber zwar geltend gemacht, dass diese eine Entschädigung im Rahmen einer zwischen den betreffenden Parteien zu erzielenden Einigung nach den Regeln des ungarischen Zivilrechts bekommen können sollten. Ein solcher Verweis auf die allgemeinen Regeln des Zivilrechts bürdet aber jedenfalls den Nießbrauchsinhabern die Last auf, in Verfahren, die sich als lang und kostspielig erweisen können, etwaige ihnen vom Grundstückseigentümer geschuldete Entschädigungen zu erlangen. Anhand der Regeln des Zivilrechts, die in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung im Übrigen mit keinem Wort erwähnt werden, kann nämlich weder einfach ermittelt werden, ob tatsächlich am Ende solcher Verfahren Entschädigungen erlangt werden können, noch welcher Art sie sein werden. Zudem haben die Nießbrauchsinhaber auch nicht die Gewissheit, dass sie vollständigen Ersatz für die von ihnen erlittenen Schäden erlangen können, insbesondere wenn der Eigentümer des mit dem Nießbrauch belasteten Grundstücks zahlungsunfähig ist.

92

Zum anderen hätten andere, die Freiheit des Kapitalverkehrs weniger einschränkende Maßnahmen als die in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung vorgesehenen erlassen werden können, um sicherzustellen, dass das Bestehen eines Nießbrauchsrechts an einer Anbaufläche nicht die Einstellung ihrer Bewirtschaftung durch den Nießbrauchsinhaber zur Folge hat oder dass der Erwerb eines solchen Rechts nicht zu reinen Spekulationszwecken erfolgt und zu einer Nutzung oder einer Zerstückelung führt, bei der die Gefahr der Unvereinbarkeit mit einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Flächen besteht.

93

Insoweit wäre es z. B., wie der Generalanwalt in Nr. 114 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, möglich gewesen, vom Nießbraucher zu verlangen, dass er die landwirtschaftliche Nutzung der betreffenden Fläche beibehält, gegebenenfalls indem er selbst ihre effektive Bewirtschaftung unter Bedingungen sicherstellt, die ihren Fortbestand gewährleisten. Im Übrigen scheint aus den Erläuterungen der ungarischen Regierung hervorzugehen, dass im Fall des Erwerbs des vollen Eigentums an einer landwirtschaftlichen Fläche oder ihrer langjährigen Verpachtung einem solchen Erfordernis der Vorzug gegeben wurde. In Anbetracht der dem Gerichtshof zur Verfügung stehenden Akten ist aber nicht ersichtlich, dass eine solche Lösung im Fall des Nießbrauchserwerbs nicht hätte gewählt werden können.

94

Da nach den vorstehenden Erwägungen die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung offenbar weder geeignet erscheint, die Erreichung der angeführten im Allgemeininteresse liegenden Ziele im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen sicherzustellen, noch auf die Maßnahmen beschränkt ist, die zur Verfolgung dieser Ziele erforderlich sind, können die mit ihr verbundenen Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs nicht mit diesen Zielen gerechtfertigt werden.

– Zum Bestehen eines auf den Verstoß gegen die nationalen Vorschriften über Devisenkontrollen gestützten Rechtfertigungsgrundes

95

Art. 65 Abs. 1 Buchst. b AEUV bestimmt, dass Art. 63 AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten berührt, die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind. Nach Art. 65 Abs. 3 AEUV dürfen solche Maßnahmen oder Verfahren jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Art. 63 AEUV darstellen.

96

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 65 Abs. 1 Buchst. b AEUV als Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs eng auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2006, Centro di Musicologia Walter Stauffer, C‑386/04, EU:C:2006:568, Rn. 31).

97

Vorliegend macht die ungarische Regierung geltend, da die Erwerbe von Nießbrauchsrechten wie den in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden vor dem 1. Januar 2002 stattgefunden hätten und von Gebietsfremden im Sinne der im Bereich der Devisenkontrollen anwendbaren nationalen Regelung getätigt worden seien, seien sie nach dieser Regelung von einer Genehmigung der mit den Devisenkontrollen betrauten Behörde, der ungarischen Nationalbank, abhängig gewesen. Nach den Angaben dieser Einrichtung sei für den Erwerb von Nießbrauchsrechten an landwirtschaftlichen Flächen indes nie eine solche Genehmigung beantragt worden. Daraus folge, dass die Erwerbe der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsrechte ungültig seien.

98

Es ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, die gesamte Würdigung des Sachverhalts in die Zuständigkeit des nationalen Gerichts fällt (Urteil vom 8. Mai 2008, Danske Svineproducenter, C‑491/06, EU:C:2008:263, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ebenso ist es ausschließlich Sache der nationalen Gerichte, die nationalen Rechtsvorschriften auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2013, Križan u. a., C‑416/10, EU:C:2013:8, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Schließlich ist es allein Sache des nationalen Gerichts, den Gegenstand der Fragen festzulegen, die es dem Gerichtshof vorlegen möchte (Urteil vom 1. Oktober 2009, Gaz de France – Berliner Investissement, C‑247/08, EU:C:2009:600, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99

Vorliegend enthalten die Vorlageentscheidungen jedoch weder Angaben zu den besonderen tatsächlichen Umständen des Erwerbs der in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten in Rede stehenden Nießbrauchsrechte noch zu etwaigen Fehlern, mit denen ihr Erwerb nach dem nationalen Recht behaftet sein könnte.

100

Ferner geht aus den Vorlageentscheidungen hervor, dass die Ausgangsrechtsstreitigkeiten nicht die Rechtmäßigkeit dieser ursprünglichen Erwerbe betreffen, sondern das Erlöschen der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsrechte aufgrund einer allgemein anwendbaren nationalen Regelung, nach der alle Nießbrauchsrechte zu löschen sind, die nicht einem nahen Angehörigen des Grundstückseigentümers zustehen, unabhängig von möglichen besonderen Umständen dieses Erwerbs.

101

Zur Beantwortung der vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen ist daher nur zu prüfen, ob die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung mit der Absicht gerechtfertigt werden kann, Verstöße gegen die ungarische Regelung über Devisenkontrollen zu ahnden.

102

Hierzu ist erstens festzustellen, dass in Anbetracht der dem Gerichtshof zur Verfügung stehenden Akten offenbar weder die Regelung über Devisenkontrollen tatsächlich zur Folge hatte, dass die Gültigkeit des Erwerbs von Nießbrauchsrechten durch Gebietsfremde von einer Devisengenehmigung abhängig gemacht wurde, noch der Erlass der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung von der Absicht geleitet worden wäre, Verstöße gegen diese Regelung zu ahnden.

103

In Bezug auf den ersten dieser beiden Aspekte geht zudem aus den Erklärungen der ungarischen Regierung hervor, dass nie eine derartige Genehmigung für den Erwerb eines Nießbrauchs an Anbauflächen beantragt wurde und dass ungeachtet dessen sehr viele von Gebietsfremden erworbene Nießbrauchsrechte ohne eine solche Genehmigung in die Grundbücher eingetragen wurden.

104

In Bezug auf den zweiten Aspekt ist darauf hinzuweisen, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung die systematische Löschung der Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen vorsieht, die Personen ohne nachgewiesenes nahes Angehörigenverhältnis zum Eigentümer des betreffenden Grundstücks zustehen. Wie der Generalanwalt in Nr. 94 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, steht dieses Verwandtschaftskriterium jedoch in keinem Zusammenhang mit den Vorschriften über Devisenkontrollen. Außerdem bewirkt dieses Kriterium, dass nicht nur Nießbrauchsrechte von Gebietsfremden gelöscht werden, sondern auch Nießbrauchsrechte von Gebietsansässigen, da von den ca. 100000 von dieser Löschungsmaßnahme betroffenen Inhabern von Nießbrauchs- oder Nutzungsrechten, wie die ungarische Regierung im Übrigen in ihrem Schriftsatz selbst vorgetragen hat, etwa 95000 ungarische Staatsbürger sind.

105

Zweitens müsste noch – unterstellt, der Erlass der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung wäre, und sei es auch nur teilweise, von der Absicht geleitet gewesen, Verstöße gegen die geltenden Vorschriften über Devisenkontrollen zu ahnden, was gegebenenfalls das vorlegende Gericht zu überprüfen haben wird – sichergestellt werden, dass die in der genannten Regelung vorgesehene Löschung von Nießbrauchsrechten nicht außer Verhältnis zu diesem Ziel steht.

106

Wie auch der Generalanwalt in den Nrn. 95 und 98 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, liegt es insoweit auf der Hand, dass andere Maßnahmen mit weniger weitgehenden Wirkungen als die Löschung der betreffenden dinglichen Rechte, wie z. B. Geldbußen, hätten erlassen werden können, um eventuelle Verstöße gegen die anwendbaren Vorschriften über Devisenkontrollen ab initio zu ahnden (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Dezember 2005, Burtscher, C‑213/04, EU:C:2005:731, Rn. 60).

107

Angesichts dessen dürfte eine nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende – unterstellt, sie wäre tatsächlich von der Absicht geleitet, Verstöße gegen die Vorschriften über Devisenkontrollen zu ahnden oder zu beheben – nicht in angemessenem Verhältnis zu diesem Zweck stehen und wäre daher nicht aus diesem Grund nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. b AEUV gerechtfertigt.

– Zum Bestehen eines auf der Bekämpfung von Praktiken zur Umgehung des nationalen Rechts aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Ordnung beruhenden Rechtfertigungsgrundes

108

Wie in Rn. 95 des vorliegenden Urteils erwähnt, bestimmt Art. 65 Abs. 1 Buchst. b AEUV u. a., dass Art. 63 AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten berührt, Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.

109

Zunächst ist festzustellen, dass es nach den Angaben in den Rn. 6 und 7 des vorliegenden Urteils und nach den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts zum nationalen Recht im Anschluss an die Gesetzesänderungen, die in den Jahren 1991 und 1994 vorgenommen wurden, um natürlichen Personen, die nicht die ungarische Staatsangehörigkeit besitzen, und juristischen Personen den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen zu verbieten, jedem weiterhin freistand, ein Nießbrauchsrecht an diesen Flächen zu erwerben. Nach diesen Erläuterungen wurde das Gesetz von 1994 über Anbauflächen erst mit Wirkung vom 1. Januar 2002 geändert, um auch die Möglichkeit der vertraglichen Bestellung eines Nießbrauchsrechts an landwirtschaftlichen Flächen zugunsten dieser natürlichen oder juristischen Personen auszuschließen.

110

Wie im Übrigen aus den Angaben der ungarischen Regierung, die in den Rn. 16 und 30 des vorliegenden Urteils wiedergegeben werden, ausdrücklich hervorgeht, steht fest, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsrechte vor dem 1. Januar 2002 bestellt wurden, d. h. zu einer Zeit, als ihre Bestellung nach den geltenden nationalen Rechtsvorschriften nicht verboten war. Ferner steht fest, dass die Nießbrauchsrechte von den zuständigen Behörden in die Grundbücher eingetragen wurden.

111

Die ungarische Regierung macht jedoch geltend, Erwerbe wie die der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsrechte seien gesetzwidrig zustande gekommen, um das natürlichen Personen ohne ungarische Staatsangehörigkeit und juristischen Personen auferlegte gesetzliche Verbot des Erwerbs von Eigentum an landwirtschaftlichen Flächen zu umgehen.

112

Der Fortbestand derartiger Sachverhalte verstoße gegen die öffentliche Ordnung, so dass der Staat Abhilfe schaffen müsse. Insoweit habe sich der ungarische Gesetzgeber nicht für die klassische Lösung entschieden, die darin bestehe, am Ende einer gerichtlichen Einzelfallprüfung die Nichtigkeit der in Rede stehenden Verträge feststellen zu lassen, sondern dafür, ex lege die Mängel der zuvor eingeführten Rechtsnorm bzw. das Fehlen einer einschlägigen Norm zu beheben. Dieser Lösung sei u. a. aus haushaltsrechtlichen Gründen und aus Gründen des wirtschaftlichen Einsatzes von Mitteln der Justiz der Vorzug gegeben worden, in Anbetracht sowohl der großen Zahl potenziell zu prüfender Rechtssachen als auch der Notwendigkeit, die Rechtsvorschriften über den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen vor dem 1. Mai 2014 zu reformieren, dem vorgesehenen Ende des Übergangszeitraums aufgrund der Beitrittsakte von 2003.

113

Hierzu ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Anbetracht der in Rn. 98 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung und der Erwägungen in dessen Rn. 99 und 100 bei der Beantwortung der vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen die besonderen Umstände des Erwerbs der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nießbrauchsrechte nicht zu prüfen hat. Er hat dabei nur zu prüfen, ob die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung mit der Absicht gerechtfertigt werden kann, Praktiken zu bekämpfen, die zur Umgehung des nationalen Rechts gedient haben sollen, d. h., wie die ungarische Regierung geltend macht, mit Gründen der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 65 AEUV.

114

In Bezug auf die Bekämpfung von Praktiken, mit denen das nationale Recht umgangen werden soll, hat der Gerichtshof bereits anerkannt, dass eine Maßnahme, die eine Grundfreiheit beschränkt, gegebenenfalls gerechtfertigt sein kann, wenn mit ihr rein künstliche Gestaltungen bekämpft werden sollen, die darauf ausgerichtet sind, der Anwendung der betreffenden nationalen Rechtsvorschriften zu entgehen (Urteil vom 1. April 2014, Felixstowe Dock and Railway Company u. a., C‑80/12, EU:C:2014:200, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115

Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung ist eine solche Rechtfertigung jedoch nur dann zulässig, wenn sie sich speziell auf die künstlichen Gestaltungen bezieht, mit denen ein solches Ziel verfolgt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas, C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 51 und 55 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, C‑524/04, EU:C:2007:161, Rn. 72 und 74).

116

Dies schließt insbesondere jede Aufstellung einer allgemeinen Vermutung missbräuchlicher Praktiken als ausreichende Rechtfertigung für eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs aus (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. November 2009, Kommission/Italien, C‑540/07, EU:C:2009:717, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

117

Eine Maßnahme, mit der das spezielle Ziel der Bekämpfung rein künstlicher Gestaltungen verfolgt wird, steht vielmehr nur dann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang, wenn sie es dem nationalen Gericht ermöglicht, eine Einzelfallprüfung unter Einbeziehung der Besonderheiten jedes Falles durchzuführen und dabei die Berücksichtigung von missbräuchlichem oder betrügerischem Verhalten der betroffenen Personen auf objektive Elemente zu stützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2009, Glaxo Wellcome, C‑182/08, EU:C:2009:559, Rn. 99).

118

Eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende erfüllt jedoch keines der in den Rn. 115 bis 117 des vorliegenden Urteils genannten Erfordernisse.

119

Erstens scheint zwar aus den in Rn. 25 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Auszügen aus dem Urteil Nr. 25 des Alkotmánybíróság (Verfassungsgericht) vom 21. Juli 2015 hervorzugehen, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung darauf ausgerichtet war, die Rechtswirkungen einer Praxis des Erwerbs landwirtschaftlicher Flächen, bei der das Nießbrauchsrecht funktionswidrig angewendet worden sein soll, zumindest teilweise zu beseitigen, doch zeigen diese Auszüge auch, dass die Beseitigung dieser Praxis vor allem für notwendig erachtet wurde, um das mit der Neuregelung angestrebte strategische nationale Ziel, dass die Anbauflächen ausschließlich im Eigentum der sie bewirtschaftenden natürlichen Personen stehen sollten, in vollem Umfang zu erreichen.

120

Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit einer solchen Regelung das spezielle Ziel verfolgt wird, Verhaltensweisen in Form künstlicher Gestaltungen zu bekämpfen, die darauf ausgerichtet gewesen sein sollen, der Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften über den Erwerb von Agrarflächen zu entgehen. Insoweit ist überdies darauf hinzuweisen, dass diese Regelung allgemein das Erlöschen ex lege aller Nießbrauchsrechte juristischer oder natürlicher Personen vorsieht, sofern diese kein nahes Angehörigenverhältnis mit dem Eigentümer der Agrarfläche nachweisen können, ohne ihr Erlöschen in irgendeiner Weise mit den Gründen in Verbindung zu bringen, die die Betroffenen zum Erwerb der Nießbrauchsrechte veranlasst haben (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Dezember 2002, Lankhorst-Hohorst, C‑324/00, EU:C:2002:749, Rn. 37).

121

Zweitens kann – unterstellt, die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung wäre mit einem solchen speziellen Ziel der Bekämpfung künstlicher Gestaltungen erlassen worden – aus dem bloßen Umstand, dass der Inhaber eines Nießbrauchsrechts an einer landwirtschaftlichen Fläche eine juristische Person oder eine natürliche Person ohne nahes Angehörigenverhältnis mit dem Eigentümer dieser Fläche ist, bei vernünftiger Betrachtung nicht geschlossen werden, dass eine solche Person beim Erwerb eines solchen Nießbrauchsrechts missbräuchlich handelte. Wie in Rn. 116 des vorliegenden Urteils erwähnt, ist die Aufstellung einer allgemeinen Vermutung missbräuchlicher Praktiken nicht zulässig.

122

So könnten andere, den freien Kapitalverkehr weniger einschränkende Maßnahmen wie Sanktionen oder spezielle Nichtigkeitsklagen vor dem nationalen Gericht zur Bekämpfung etwaiger erwiesener Umgehungen der anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen werden, um unter Einhaltung der übrigen dem Unionsrecht zu entnehmenden Erfordernisse diese missbräuchlichen Praktiken zu bekämpfen.

123

Insoweit kann dem auf haushaltsrechtliche Gründe und auf Gründe des wirtschaftlichen Einsatzes von Mitteln der Justiz gestützten Vorbringen der ungarischen Regierung nicht gefolgt werden. Nach ständiger Rechtsprechung können nämlich Motive rein wirtschaftlicher Art keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses darstellen, die eine Beschränkung einer vom Vertrag garantierten Grundfreiheit rechtfertigen können (Urteil vom 17. März 2005, Kranemann, C‑109/04, EU:C:2005:187, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Gleiche gilt für rein administrative Erwägungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. November 1999, Arblade u. a., C‑369/96 und C‑376/96, EU:C:1999:575, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

124

Die vorstehenden Erwägungen reichen aus, um auszuschließen, dass die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs, zu der eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende führt, mit der Absicht gerechtfertigt werden könnte, rein künstliche Gestaltungen zu bekämpfen, deren Ziel darin bestanden haben soll, den für den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen geltenden nationalen Rechtsvorschriften zu entgehen.

125

Schließlich genügt in Bezug auf Art. 65 AEUV die Feststellung – unterstellt, dass auch das Erfordernis für einen Mitgliedstaat, künstliche Gestaltungen zu bekämpfen, die darauf gerichtet sind, ein Verbot des Erwerbs von Grundeigentum an landwirtschaftlichen Flächen zu umgehen, unter die Gründe der öffentlichen Ordnung im Sinne dieses Artikels fallen kann –, dass aus den Rn. 115 bis 124 des vorliegenden Urteils jedenfalls hervorgeht, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung auch nicht mittels dieses Artikels gerechtfertigt werden kann, da sie u. a. die Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht erfüllt.

126

Nach alledem ist festzustellen, dass in einer Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden – sollte sie tatsächlich von der Absicht geleitet sein, missbräuchliche Praktiken zu bekämpfen, die auf die Umgehung der für den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke geltenden nationalen Rechtsvorschriften abzielten – keine in angemessenem Verhältnis zu diesem Zweck stehende Maßnahme gesehen werden kann.

– Zu den Art. 17 und 47 der Charta

127

Wie aus den Erwägungen in den Rn. 81 bis 126 des vorliegenden Urteils hervorgeht, kann eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, die den freien Kapitalverkehr beschränkt, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weder mit den in der Rechtsprechung anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses noch auf der Grundlage von Art. 65 AEUV gerechtfertigt werden, so dass sie gegen Art. 63 AEUV verstößt.

128

Unter diesen Umständen ist es für die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten nicht erforderlich, die nationalen Regelungen an den Art. 17 und 47 der Charta zu messen.

129

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 63 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach in der Vergangenheit bestellte Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen, deren Inhaber keine nahen Angehörigen des Eigentümers dieser Flächen sind, kraft Gesetzes erlöschen und infolgedessen im Grundbuch gelöscht werden.

Kosten

130

Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach in der Vergangenheit bestellte Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen, deren Inhaber keine nahen Angehörigen des Eigentümers dieser Flächen sind, kraft Gesetzes erlöschen und infolgedessen im Grundbuch gelöscht werden.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Ungarisch.

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