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Document 62019CJ0812

Urteil des Gerichtshofs (Siebte Kammer) vom 11. März 2021.
Danske Bank A/S, Danmark, Sverige Filial, gegen Skatteverket.
Vorabentscheidungsersuchen des Högsta förvaltningsdomstolen.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuern – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 9 – Steuerpflichtiger – Begriff – Art. 11 – Mehrwertsteuergruppe – Hauptniederlassung und Zweigniederlassung einer Gesellschaft in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten – Hauptniederlassung, die Teil einer Mehrwertsteuergruppe ist, zu der die Zweigniederlassung nicht gehört – Hauptniederlassung, die Dienstleistungen für die Zweigniederlassung erbringt und ihr die Kosten für diese Dienstleistungen zurechnet.
Rechtssache C-812/19.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2021:196

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

11. März 2021 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuern – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 9 – Steuerpflichtiger – Begriff – Art. 11 – Mehrwertsteuergruppe – Hauptniederlassung und Zweigniederlassung einer Gesellschaft in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten – Hauptniederlassung, die Teil einer Mehrwertsteuergruppe ist, zu der die Zweigniederlassung nicht gehört – Hauptniederlassung, die Dienstleistungen für die Zweigniederlassung erbringt und ihr die Kosten für diese Dienstleistungen zurechnet“

In der Rechtssache C‑812/19

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 24. Oktober 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 4. November 2019, in dem Verfahren

Danske Bank A/S, Danmark, Sverige Filial,

gegen

Skatteverket

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Kumin sowie der Richter T. von Danwitz (Berichterstatter) und P. G. Xuereb,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Danske Bank A/S, Danmark, Sverige Filial, vertreten durch T. Karlsson,

des Skatteverk, vertreten durch K. Alvesson als Bevollmächtigte,

der dänischen Regierung, vertreten durch J. Nymann-Lindegren, P. Jespersen und M. S. Wolff als Bevollmächtigte,

der französischen Regierung, vertreten durch E. Toutain und E. de Moustier als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal, K. Simonsson und G. Tolstoy als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Danske Bank A/S, Danmark, Sverige Filial, einer schwedischen Zweigniederlassung der dänischen Gesellschaft Danske Bank A/S, und dem Skatteverk (Steuerverwaltung, Schweden) wegen eines Vorbescheids des Skatterättsnämnd (Steuerrechtsausschuss, Schweden) zum Mervärdesskattelag (1994:200) (Mehrwertsteuergesetz [1994:200]).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

c)

Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.

4

Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Als ‚Steuerpflichtiger‘ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.

Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“

5

Art. 11 der Richtlinie lautet:

„Nach Konsultation des Beratenden Ausschusses für die Mehrwertsteuer (nachstehend ‚Mehrwertsteuerausschuss‘ genannt) kann jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.

Ein Mitgliedstaat, der die in Absatz 1 vorgesehene Möglichkeit in Anspruch nimmt, kann die erforderlichen Maßnahmen treffen, um Steuerhinterziehungen oder -umgehungen durch die Anwendung dieser Bestimmung vorzubeugen.“

Dänisches Recht

6

In Dänemark wurde Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie durch § 47 Abs. 4 der Lov om merværdiafgift (Mehrwertsteuergesetz) umgesetzt. Diese Bestimmung erlaubt es u. a. mehreren Steuerpflichtigen mit gemeinsamem Eigentümer, sich als dänische Mehrwertsteuergruppe eintragen zu lassen. Aus demselben Absatz geht auch hervor, dass zu der Gruppe nur in Dänemark ansässige Unternehmen gehören dürfen, so dass eine Haupt- oder eine Zweigniederlassung nur Mitglieder einer dänischen Mehrwertsteuergruppe werden dürfen, wenn es sich bei ihnen um in dänischem Hoheitsgebiet ansässige Betriebsstätten handelt.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

7

Danske Bank ist eine Gesellschaft, deren Hauptniederlassung sich in Dänemark befindet. Sie übt ihre Tätigkeit in Schweden über eine dort ansässige Zweigniederlassung – Danske Bank, Danmark, Sverige Filial – aus. Die Hauptniederlassung von Danske Bank gehört zu einer dänischen Mehrwertsteuergruppe (im Folgenden: dänische Mehrwertsteuergruppe), die gemäß der dänischen Regelung zur Umsetzung von Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie gebildet wurde. Ihre schwedische Zweigniederlassung gehört keiner schwedischen Mehrwertsteuergruppe an.

8

Danske Bank verwendet im Rahmen ihrer Tätigkeit in den skandinavischen Ländern eine IT-Plattform. Diese ist für alle Zweigniederlassungen weitgehend dieselbe. Die im Zusammenhang mit der Nutzung der Plattform durch die schwedische Zweigniederlassung für die Zwecke ihrer Tätigkeit in Schweden anfallenden Kosten werden ihr von der Hauptniederlassung von Danske Bank zugerechnet.

9

Durch die Beantragung des Vorbescheids beim Skatterättsnämnd wollte die schwedische Zweigniederlassung von Danske Bank u. a. in Erfahrung bringen, ob die Zugehörigkeit der Hauptniederlassung von Danske Bank zu einer dänischen Mehrwertsteuergruppe bedeutet, dass diese Mehrwertsteuergruppe für die Zwecke der Anwendung des Mehrwertsteuergesetzes (1994:200) im Verhältnis zu dieser Zweigniederlassung als getrennte Steuerpflichtige angesehen werden muss. Außerdem wollte sie wissen, ob die von der Mehrwertsteuergruppe erbrachten Dienstleistungen, deren Kosten ihr zugerechnet werden, als für Mehrwertsteuerzwecke erbrachte Leistungen anzusehen sind und ob sie als Dienstleistungsempfängerin die Mehrwertsteuer in Schweden abführen muss.

10

Mit seinem Vorbescheid vom 23. November 2018 stellte der Skatterättsnämnd fest, dass die dänische Mehrwertsteuergruppe, zu der zum einen die Hauptniederlassung von Danske Bank und zum anderen die schwedische Zweigniederlassung dieser Gesellschaft gehörten, als zwei getrennte Steuerpflichtige anzusehen seien. Durch ihren Anschluss an die dänische Mehrwertsteuergruppe nach dänischem Mehrwertsteuerrecht habe sich die Hauptniederlassung von Danske Bank von ihrer schwedischen Zweigniederlassung gelöst. Zudem seien die von der Hauptniederlassung von Danske Bank erbrachten Dienstleistungen, deren Kosten der schwedischen Zweigniederlassung zugerechnet würden, als Erbringung von Dienstleistungen für Mehrwertsteuerzwecke anzusehen.

11

Die schwedische Zweigniederlassung von Danske Bank erhob beim Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) Klage gegen den Vorbescheid des Skatterättsnämnd und machte geltend, dass die Hauptniederlassung von Danske Bank und die Zweigniederlassung als eine einzige Steuerpflichtige anzusehen seien und dass es sich bei den von der Hauptniederlassung für die Zweigniederlassung erbrachten Dienstleistungen nicht um Leistungen für Mehrwertsteuerzwecke handele. Die Zweigniederlassung übe keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit aus und gehöre nicht zu einer Mehrwertsteuergruppe in Schweden, so dass sie nicht von der fraglichen Hauptniederlassung getrennt werden könne.

12

Das Skatteverk beantragte, den Vorbescheid zu bestätigen. Gemäß den dänischen Rechtsvorschriften könnten nur in Dänemark ansässige Betriebsstätten Mitglied einer dänischen Mehrwertsteuergruppe werden. Folglich gehöre die schwedische Zweigniederlassung von Danske Bank nicht zu dieser Gruppe, so dass sie nicht zusammen mit der Hauptniederlassung als eine einzige Steuerpflichtige angesehen werden könne.

13

Das vorlegende Gericht hält zwei Auslegungen der einschlägigen Vorschriften für möglich. Eine erste Auslegung dieser Vorschriften bestehe gemäß der auf das Urteil vom 23. März 2006, FCE Bank (C‑210/04, EU:C:2006:196), zurückgehenden Rechtsprechung in der Annahme, dass die schwedische Zweigniederlassung, die von der Hauptniederlassung von Danske Bank nicht unabhängig sei und nicht zu einer Mehrwertsteuergruppe in Schweden gehöre, Teil derselben Steuerpflichtigen wie die Hauptniederlassung sei, selbst wenn diese zu einer dänischen Mehrwertsteuergruppe gehöre. Eine zweite Auslegung bestehe in der Annahme, dass sich die Hauptniederlassung von Danske Bank dadurch, dass sie sich für Mehrwertsteuerzwecke der dänischen Mehrwertsteuergruppe angeschlossen habe, von dem Steuerpflichtigen, den die Hauptniederlassung und die schwedische Zweigniederlassung für die Umsätze zwischen ihnen grundsätzlich gebildet hätten, gelöst habe.

14

So habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17. September 2014, Skandia America (USA), filial Sverige (C‑7/13, EU:C:2014:2225), bereits entschieden, dass eine Zweigniederlassung, die nicht unabhängig von der Hauptniederlassung einer ausländischen Gesellschaft sei, aber zu einer Mehrwertsteuergruppe gehöre, zusammen mit den Mitgliedern dieser Gruppe eine einzige Steuerpflichtige bilde, so dass die Leistungen, die sie gegen Entgelt von der Hauptniederlassung erhalte, nicht zugunsten der Zweigniederlassung, sondern zugunsten der Mehrwertsteuergruppe erbracht würden. Demnach handele es sich um Umsätze zwischen zwei getrennten Steuerpflichtigen. Allerdings gehe es in jenem Urteil um einen Sachverhalt, bei dem die Zweigstelle zu einer Mehrwertsteuergruppe gehöre, während es im vorliegenden Fall die Hauptniederlassung sei, die zu einer Mehrwertsteuergruppe gehöre.

15

Das vorlegende Gericht verweist auch auf die bei der 105. Sitzung des Mehrwertsteuerausschusses am 26. Oktober 2015 erlassenen Leitlinien, aus denen hervorgehe, dass der Ausschuss mit großer Mehrheit die Auffassung vertreten habe, dass in einem Fall wie dem beim vorlegenden Gericht anhängigen die Mehrwertsteuergruppe, zu der die in einem Mitgliedstaat ansässige Hauptniederlassung gehöre, und die in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Zweigniederlassung als zwei getrennte Steuerpflichtige anzusehen seien.

16

Der Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof) hat deshalb beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Stellt die schwedische Zweigniederlassung einer Bank mit Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Schweden einen eigenen Steuerpflichtigen dar, wenn die Hauptniederlassung zugunsten der Zweigniederlassung Dienstleistungen erbringt und die Kosten für diese Dienstleistung der Zweigniederlassung zurechnet und die Hauptniederlassung in dem anderen Staat einer Mehrwertsteuergruppe angehört, während die schwedische Zweigniederlassung keiner schwedischen Mehrwertsteuergruppe angehört?

Zur Vorlagefrage

17

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die in einem Mitgliedstaat ansässige Hauptniederlassung einer Gesellschaft, die zu einer Mehrwertsteuergruppe im Sinne von Art. 11 gehört, und die in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Zweigniederlassung dieser Gesellschaft für Mehrwertsteuerzwecke als getrennte Steuerpflichtige anzusehen sind, wenn die Hauptniederlassung für die Zweigniederlassung Dienstleistungen erbringt und ihr die Kosten für diese Dienstleistungen zurechnet.

18

Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie Dienstleistungen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbracht werden, der Mehrwertsteuer unterliegen, wenn sie ein Steuerpflichtiger als solcher erbringt.

19

Nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie gilt als „Steuerpflichtiger“, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.

20

In Bezug auf eine Leistung zwischen einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Hauptniederlassung einer Gesellschaft und einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Zweigniederlassung derselben Gesellschaft hat der Gerichtshof entschieden, dass eine solche Leistung nur dann steuerbar ist, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. In Ermangelung eines Rechtsverhältnisses zwischen einer Zweigniederlassung und der Hauptniederlassung, die zusammen einen einzigen Steuerpflichtigen bilden, stellen die wechselseitigen Leistungen zwischen ihnen – im Gegensatz zu besteuerten Umsätzen mit Dritten – nicht steuerbare interne Transaktionen dar (Urteil vom 24. Januar 2019, Morgan Stanley & Co International, C‑165/17, EU:C:2019:58, Rn. 37 und 38 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

21

Um festzustellen, ob ein solches Rechtsverhältnis besteht, ist zu untersuchen, ob die Zweigniederlassung einer selbständigen Wirtschaftstätigkeit nachgeht. Hierzu ist zu prüfen, ob sie als selbständig betrachtet werden kann, insbesondere ob sie das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit trägt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. März 2006, FCE Bank, C‑210/04, EU:C:2006:196, Rn. 35, und vom 24. Januar 2019, Morgan Stanley & Co International, C‑165/17, EU:C:2019:58, Rn. 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

22

Was jedoch die Einordnung des zwischen der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassung bestehenden Rechtsverhältnisses betrifft, ist auch deren etwaige Zugehörigkeit zu einer Mehrwertsteuergruppe im Sinne von Art. 11 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu berücksichtigen.

23

Nach dieser Vorschrift steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln.

24

Schon der Wortlaut von Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält eine Beschränkung auf das Hoheitsgebiet, so dass ein Mitgliedstaat nicht vorsehen kann, dass eine Mehrwertsteuergruppe in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Personen umfasst. Wie aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervorgeht, können nach der dänischen Regelung zur Umsetzung dieser Vorschrift nur in Dänemark ansässige Betriebsstätten Teil einer dänischen Mehrwertsteuergruppe sein.

25

Zu den Folgen der Zugehörigkeit zu einer Mehrwertsteuergruppe im Sinne von Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie hat der Gerichtshof entschieden, dass es sich bei einer solchen Gruppe um einen einzigen Steuerpflichtigen handelt. Die Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen schließt aus, dass die Mitglieder einer Mehrwertsteuergruppe weiterhin getrennt Mehrwertsteuererklärungen abgeben und innerhalb wie außerhalb ihres Konzerns weiter als Steuerpflichtige angesehen werden, da nur der einzige Steuerpflichtige befugt ist, diese Erklärungen abzugeben (Urteil vom 17. September 2014, Skandia America [USA], filial Sverige, C‑7/13, EU:C:2014:2225, Rn. 28 und 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

26

Daraus folgt, dass bei der Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassung einer Gesellschaft, wenn sie in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind und eine von beiden zu einer Mehrwertsteuergruppe gehört, zum einen die Verschmelzung dieser Gruppe zu einem einzigen Steuerpflichtigen und zum anderen die gebietsmäßigen Beschränkungen dieser Gruppe zu berücksichtigen sind.

27

Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass Dienstleistungen, die eine Hauptniederlassung in einem Drittland zugunsten ihrer Zweigniederlassung in einem Mitgliedstaat erbringt, steuerbare Umsätze sind, wenn die Zweigniederlassung zu einer Mehrwertsteuergruppe gehört (Urteil vom 17. September 2014, Skandia America [USA], filial Sverige, C‑7/13, EU:C:2014:2225, Rn. 32). Der in diesem Urteil aufgestellte Grundsatz findet auch Anwendung, wenn die Leistungen zwischen einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Hauptniederlassung, die zu einer Mehrwertsteuergruppe gehört, und einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Zweigniederlassung erbracht werden.

28

Im vorliegenden Fall gehört die Hauptniederlassung von Danske Bank zu der fraglichen dänischen Mehrwertsteuergruppe. Wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Mehrwertsteuergruppe ist für Mehrwertsteuerzwecke davon auszugehen, dass die Leistungen, um die es im Ausgangsverfahren geht, von dieser Gruppe erbracht werden.

29

Zudem kann die schwedische Zweigniederlassung von Danske Bank im Hinblick auf die sich aus Art. 11 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie ergebenden gebietsmäßigen Beschränkungen nicht als Teil der fraglichen dänischen Mehrwertsteuergruppe angesehen werden.

30

Somit können die dänische Mehrwertsteuergruppe, zu der die Hauptniederlassung von Danske Bank gehört, und die schwedische Zweigniederlassung dieser Gesellschaft für Mehrwertsteuerzwecke nicht als eine einzige Steuerpflichtige angesehen werden.

31

Keines der von Danske Bank vorgebrachten Argumente vermag dieses Ergebnis in Frage zu stellen.

32

Zunächst macht Danske Bank geltend, dass der dem Urteil vom 17. September 2014, Skandia America (USA), filial Sverige (C‑7/13, EU:C:2014:2225), zugrunde liegende Sachverhalt sich von dem des Ausgangsverfahrens unterscheide, was eine unterschiedliche Behandlung rechtfertige. Allerdings kann in Anbetracht der gebietsmäßigen Beschränkungen, denen gemäß Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie gebildete Gruppen unterliegen, die im genannten Urteil getroffene Entscheidung weder durch den Umstand, dass im Ausgangsverfahren – anders als in der jenem Urteil zugrunde liegenden Rechtssache – nicht die Zweigniederlassung, sondern die Hauptniederlassung von Danske Bank zur Mehrwertsteuergruppe gehört, noch durch den Umstand, dass diese Hauptniederlassung nicht in einem Drittstaat, sondern in einem Mitgliedstaat ansässig ist, in Frage gestellt werden.

33

Sodann gestattet, anders als von Danske Bank geltend gemacht, der Wortlaut von Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie einem Mitgliedstaat zwar nicht, die Reichweite einer Mehrwertsteuergruppe auf außerhalb ihres Hoheitsgebiets ansässige Unternehmen auszuweiten, das Bestehen einer Mehrwertsteuergruppe in diesem Mitgliedstaat muss aber gegebenenfalls bei der Besteuerung in anderen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden, insbesondere, wenn ein anderer Mitgliedstaat die steuerlichen Pflichten einer in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Zweigniederlassung beurteilt.

34

Schließlich ist in Bezug auf den von Danske Bank auch angeführten Grundsatz der steuerlichen Neutralität darauf hinzuweisen, dass dieser Grundsatz ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt, nach dem es unzulässig ist, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Umsätze hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Mai 2008, Ampliscientifica und Amplifin, C‑162/07, EU:C:2008:301, Rn. 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). In Anbetracht der Wirkungen der Bildung einer Mehrwertsteuergruppe sowie der gebietsmäßigen Beschränkungen dieser Gruppe ist nicht davon auszugehen, dass ein Umsatz zwischen der in Schweden ansässigen Zweigniederlassung von Danske Bank und der dänischen Mehrwertsteuergruppe, zu der die Hauptniederlassung dieser Gesellschaft gehört, mit einem Umsatz zwischen einer Zweigniederlassung und einer Hauptniederlassung, die nicht zu einer Mehrwertsteuergruppe gehört, gleichartig ist.

35

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die in einem Mitgliedstaat ansässige Hauptniederlassung einer Gesellschaft, die zu einer Mehrwertsteuergruppe im Sinne von Art. 11 gehört, und die in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Zweigniederlassung dieser Gesellschaft für Mehrwertsteuerzwecke als getrennte Steuerpflichtige anzusehen sind, wenn die Hauptniederlassung für die Zweigniederlassung Dienstleistungen erbringt und ihr die Kosten für diese Dienstleistungen zurechnet.

Kosten

36

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass die in einem Mitgliedstaat ansässige Hauptniederlassung einer Gesellschaft, die zu einer Mehrwertsteuergruppe im Sinne von Art. 11 gehört, und die in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Zweigniederlassung dieser Gesellschaft für Mehrwertsteuerzwecke als getrennte Steuerpflichtige anzusehen sind, wenn die Hauptniederlassung für die Zweigniederlassung Dienstleistungen erbringt und ihr die Kosten für diese Dienstleistungen zurechnet.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Schwedisch.

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