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Document 62010CJ0153

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 7. April 2011.
Staatssecretaris van Financiën gegen Sony Supply Chain Solutions (Europe) BV.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Hoge Raad der Nederlanden - Niederlande.
Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 - Zollkodex der Gemeinschaft - Art. 12 Abs. 2 und 5, 217 Abs. 1 und 243 - Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 - Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 - Art. 10 und 11 - Einreihung von Waren - Verbindliche Zolltarifauskunft - Verwendung für dieselbe Ware durch einen Wirtschaftsteilnehmer, der nicht Berechtigter ist - Verordnung der nationalen Zollverwaltung - Berechtigtes Vertrauen.
Rechtssache C-153/10.

Sammlung der Rechtsprechung 2011 I-02775

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2011:224

Rechtssache C‑153/10

Staatssecretaris van Financiën

gegen

Sony Supply Chain Solutions (Europe) BV, vormals Sony Logistics Europe BV

(Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden)

„Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 – Zollkodex der Gemeinschaft – Art. 12 Abs. 2 und 5, Art. 217 Abs. 1 und Art. 243 – Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 – Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 – Art. 10 und 11 – Einreihung von Waren – Verbindliche Zolltarifauskunft – Verwendung für dieselbe Ware durch einen Wirtschaftsteilnehmer, der nicht Berechtigter ist – Verordnung der nationalen Zollverwaltung – Berechtigtes Vertrauen“

Leitsätze des Urteils

1.        Gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung der Waren – Verbindliche Zolltarifauskunft

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung, Art. 5 Abs. 4 und Art. 12 Abs. 2; Verordnung Nr. 2454/93 der Kommission in der durch die Verordnung 12/97 geänderten Fassung, Art. 10 und 11)

2.        Gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung der Waren – Verbindliche Zolltarifauskunft – Anfechtung der Erhebung der Zölle durch einen Betroffenen – Beweismittel

(Verordnung des Rates Nr. 2913/92 des Rates in der durch die Verordnung 82/97 geänderten Fassung, Art. 12 Abs. 2 und 5, Art. 217 Abs. 1 und Art. 243; Verordnung Nr. 2454/93 der Kommission in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung, Art. 11)

3.        Gemeinsamer Zolltarif – Tarifierung der Waren – Verbindliche Zolltarifauskunft

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung, Art. 12; Verordnung Nr. 2454/93 der Kommission in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung, Art. 10 Abs. 1)

1.        Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung sowie die Art. 10 und 11 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass der Zollanmelder, der in seinem Namen und für eigene Rechnung Zollanmeldungen abgibt, sich auf eine verbindliche Zolltarifauskunft, deren Berechtigter nicht er selbst, sondern eine mit ihm verbundene Gesellschaft ist, in deren Auftrag er die Zollanmeldungen abgab, nicht berufen kann.

Zum einen sieht Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2 des Zollkodex vor, dass Personen, die nicht erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die keine Vertretungsmacht besitzen, als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd gelten. Die Vertretung muss demnach ausdrücklich sein und wird nicht vermutet. Zum anderen wird eine Gesellschaft auch nicht dadurch zum Vertreter im Sinne von Art. 5 des Zollkodex, dass sie und eine zweite Gesellschaft zur selben Unternehmensgruppe gehörten oder dass die eine im Einfuhrmitgliedstaat der Steuervertreter der anderen ist.

(vgl. Randnrn. 31, 34-35, Tenor 1)

2.        Art. 12 Abs. 2 und 5 sowie Art. 217 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung und Art. 11 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 243 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass ein Beteiligter in einem Verfahren über erhobene Zölle die Erhebung anfechten kann, indem er als Beweis eine in einem anderen Mitgliedstaat für die gleichen Waren erteilte verbindliche Zolltarifauskunft vorlegt, ohne dass diese die mit ihr verbundenen Rechtswirkungen entfalten kann. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob nach dem einschlägigen Verfahrensrecht des betreffenden Mitgliedstaats die Vorlage eines solchen Beweismittels möglich ist.

(vgl. Randnr. 44, Tenor 2)

3.        Art. 12 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung und Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass ein nationaler Leitfaden, dem zufolge sich die nationalen Behörden bei der Tarifeinreihung angemeldeter Waren auf eine einem Dritten für die gleiche Ware erteilte verbindliche Zolltarifauskunft stützen können, bei den Einführern kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen kann, dass sie sich auf diesen Leitfaden berufen können, da diese Behörden durch die Anwendung des Unionsrechts ein diesem Recht widersprechendes Verhalten gezeigt haben.

(vgl. Randnrn. 47, 49-50, Tenor 3)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

7. April 2011(*)

„Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 – Zollkodex der Gemeinschaft – Art. 12 Abs. 2 und 5, 217 Abs. 1 und 243 – Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 – Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 – Art. 10 und 11 – Einreihung von Waren – Verbindliche Zolltarifauskunft – Verwendung für dieselbe Ware durch einen Wirtschaftsteilnehmer, der nicht Berechtigter ist – Verordnung der nationalen Zollverwaltung – Berechtigtes Vertrauen“

In der Rechtssache C‑153/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 12. März 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 1. April 2010, in dem Verfahren

Staatssecretaris van Financiën

gegen

Sony Supply Chain Solutions (Europe) BV, vormals Sony Logistics Europe BV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, des Richters A. Rosas sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Sony Supply Chain Solutions (Europe) BV, vormals Sony Logistics Europe BV, vertreten durch P. De Baere, advocaat,

–        der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und K. Havlíčková als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch B.‑R. Killmann und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 12 Abs. 2 und 5, 217 Abs. 1 und 243 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 17, S. 1, und – Berichtigung – ABl. 1998, L 205, S. 75) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex) sowie der Art. 10 und 11 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 12/97 der Kommission vom 18. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 9, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsverordnung).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Staatssecretaris van Financiën und der Sony Logistics Europe BV, jetzt Sony Supply Chain Solutions (Europe) BV (im Folgenden: SLE), wegen der Zahlung von Zöllen für Videospiele.

 Rechtlicher Rahmen

 Der Zollkodex

3        Art. 4 des Zollkodex lautet:

„Im Sinne dieses Zollkodex ist oder sind

5.      Entscheidung: eine hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des Zollrechts zur Regelung eines Einzelfalls mit Rechtswirkung für eine oder mehrere bestimmte oder bestimmbare Personen; dieser Begriff umfasst unter anderem eine verbindliche Auskunft im Sinne von Artikel 12;

…“

4        Art. 5 des Zollkodex bestimmt Folgendes:

„(1)      Unter den Voraussetzungen des Artikels 64 Absatz 2 und vorbehaltlich der im Rahmen des Artikels 243 Absatz 2 Buchstabe b) erlassenen Vorschriften kann sich jedermann gegenüber den Zollbehörden bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrenshandlungen vertreten lassen.

(2)      Die Vertretung kann sein

–        direkt, wenn der Vertreter im Namen und für Rechnung eines anderen handelt;

oder

–        indirekt, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt.

(4)      Der Vertreter muss erklären, für die vertretene Person zu handeln; er muss ferner angeben, ob es sich um eine direkte oder indirekte Vertretung handelt, und Vertretungsmacht besitzen.

Personen, die nicht erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, aber keine Vertretungsmacht besitzen, gelten als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.

…“

5        Art. 12 des Zollkodex sieht vor:

„…

(2)      Die verbindliche Zolltarifauskunft oder die verbindliche Ursprungsauskunft bindet die Zollbehörden gegenüber dem Berechtigten nur hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung bzw. der Feststellung des Ursprungs der Waren.

Die verbindliche Zolltarifauskunft oder die verbindliche Ursprungsauskunft bindet die Zollbehörden nur hinsichtlich der Waren, für welche die Zollförmlichkeiten nach dem Zeitpunkt der Auskunftserteilung erfüllt werden.

(5)      Eine verbindliche Auskunft wird ungültig, wenn

a)      bei zolltariflichen Fragen:

iii)      sie nach Artikel 9 widerrufen oder geändert wird und unter der Voraussetzung, dass der Berechtigte davon in Kenntnis gesetzt worden ist.

(6)      Eine verbindliche Auskunft, die nach Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer ii) oder iii) oder Buchstabe b) Ziffer ii) oder iii) ungültig wird, kann von dem Berechtigten noch sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung oder Inkenntnissetzung verwendet werden, wenn er vor dem Zeitpunkt der Annahme der betreffenden Maßnahme aufgrund der verbindlichen Auskunft einen rechtsverbindlichen und endgültigen Vertrag zum Kauf oder Verkauf der betreffenden Waren geschlossen hat. Handelt es sich jedoch um Erzeugnisse, für die eine Einfuhr‑ oder Ausfuhrlizenz oder eine Vorausfestsetzungsbescheinigung bei der Erfüllung der Zollförmlichkeiten vorgelegt wird, so tritt der Zeitraum, für den die betreffende Bescheinigung gültig bleibt, an die Stelle des Sechsmonatszeitraums.

…“

6        Art. 64 Abs. 1 des Zollkodex lautet:

„Vorbehaltlich des Artikels 5 kann die Zollanmeldung von jeder Person abgegeben werden, die in der Lage ist, eine Ware bei der zuständigen Zollstelle zu gestellen oder gestellen zu lassen und alle Unterlagen vorzulegen, deren Vorlage nach den Bestimmungen vorgesehen ist, die das für diese Ware beantragte Zollverfahren regeln.“

7        In Art. 217 des Zollkodex wird präzisiert:

„(1)      Jeder einer Zollschuld entsprechende Einfuhr‑ oder Ausfuhrabgabenbetrag – nachstehend ‚Abgabenbetrag‘ genannt – muss unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zollbehörden berechnet und in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen eingetragen werden (buchmäßige Erfassung).

Der vorstehende Unterabsatz gilt nicht

b)      in Fällen, in denen der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag höher als der Betrag ist, der auf der Grundlage einer verbindlichen Auskunft festgelegt wurde;

…“

8        Art. 243 des Zollkodex lautet:

„(1)      Jede Person kann einen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen der Zollbehörden auf dem Gebiet des Zollrechts einlegen, die sie unmittelbar und persönlich betreffen.

Einen Rechtsbehelf kann auch einlegen, wer bei den Zollbehörden eine Entscheidung auf dem Gebiet des Zollrechts beantragt hat, aber innerhalb der Frist nach Artikel 6 Absatz 2 keine Entscheidung erhalten hat.

(2)      Ein Rechtsbehelf kann eingelegt werden:

a)      auf einer ersten Stufe bei der von den Mitgliedstaaten dafür bestimmten Zollbehörde;

b)      auf einer zweiten Stufe bei einer unabhängigen Instanz; dabei kann es sich nach dem geltenden Recht der Mitgliedstaaten um ein Gericht oder eine gleichwertige spezielle Stelle handeln.“

 Die Durchführungsverordnung

9        Art. 5 der Durchführungsverordnung bestimmt:

„Im Sinne dieses Titels [gilt] als

1.      verbindliche Zolltarifauskunft: eine Zolltarifauskunft bzw. eine Ursprungsauskunft, die Zollbehörden aller Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bindet, wenn die Voraussetzungen der Artikel 6 und 7 erfüllt sind;

…“

10      Art. 10 Abs. 1 und 2 Buchst. a dieser Verordnung sieht vor:

„(1)      Unbeschadet von Artikel 5 und 64 des Zollkodex darf die verbindliche Auskunft nur vom Berechtigten verwendet werden.

(2)      a)     Bei zolltariflichen Fragen kann die Zollbehörde verlangen, dass der Berechtigte ihr zur Erfüllung der Zollförmlichkeiten angibt, dass er für die abzufertigenden Waren eine verbindliche Zolltarifauskunft eingeholt hat.

…“

11      Art. 11 der Verordnung lautet:

„Eine von den Zollbehörden eines Mitgliedstaats ab dem 1. Januar 1991 erteilte verbindliche Zolltarifauskunft bindet in gleicher Weise alle anderen Mitgliedstaaten.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12      Die Sony Computer Entertainment Europe Ltd (im Folgenden: SCEE), eine Gesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich, vermarktet, verkauft und vertreibt Spielgeräte, Peripheriegeräte und Software in der gesamten Europäischen Union. Zu diesen Spielgeräten gehört auch die Konsole Playstation 2 Computer Entertainment System (im Folgenden: PS2).

13      SCEE und SLE gehören zur selben Unternehmensgruppe, in deren Rahmen SLE logistische Dienstleistungen für die anderen Unternehmen der Gruppe erbringt. Am 1. April 1997 schlossen SCEE und SLE einen Vertrag, wonach SCEE bei der Einfuhr und der Lagerung der Spielgeräte, zu denen auch die PS2 gehört, in Europa von SLE unterstützt wird. SLE führt die Zollanmeldungen für diese Spielgeräte durch.

14      Zwischen November 2000 und Mai 2001 führte SLE PS2 in die Niederlande ein und führte für SCEE aber in eigenem Namen und für eigene Rechnung die Zollanmeldungen für diese Waren durch. Sie gab an, die PS2 seien einzureihen in die Tarifunterposition 9504 10 00 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1, im Folgenden: KN) in der sich aus der Verordnung (EG) Nr. 2204/1999 der Kommission vom 12. Oktober 1999 (ABl. L 278, S. 1) ergebenden Fassung, was die im Jahr 2000 durchgeführten Einfuhren angeht, und in der sich aus der Verordnung (EG) Nr. 2263/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000 (ABl. L 264, S. 1) ergebenden Fassung, was die im Jahr 2001 durchgeführten Einfuhren angeht. Für die Tarifunterposition 9504 10 00 waren im Jahr 2000 Zölle in Höhe von 2,2 % und im Jahr 2001 Zölle in Höhe von 1,7 % zu entrichten. Die niederländischen Zollbehörden erhoben von SLE Zölle in entsprechender Höhe.

15      Hiergegen legte SLE einen Rechtsbehelf ein und machte geltend, dass die PS2 eigentlich in die Tarifunterposition 8471 49 90 der KN hätten eingereiht werden müssen. Die in diese Unterposition eingereihten Waren sind zollfrei.

16      Im Rahmen dieses Rechtsbehelfs stützte SLE sich auf ein Verfahren, in dem sich SCEE und die Zollbehörden des Vereinigten Königreichs gegenüberstanden. Letztere hatten SCEE nämlich am 19. Oktober 2000 eine verbindliche Zolltarifauskunft für die PS2 erteilt und sie in die Tarifunterposition 9504 10 00 der KN eingereiht.

17      SCEE hatte diese Einreihung mit einer Klage vor den Gerichten des Vereinigten Königreichs angefochten. Im Anschluss an dieses Verfahren erteilten die Zollbehörden des Vereinigten Königreichs SCEE am 12. Juni 2001 eine geänderte verbindliche Zolltarifauskunft und reihten die PS2 mit Wirkung zum 19. Oktober 2000 in die Tarifunterposition 8471 49 90 der KN ein.

18      Vor den niederländischen Zollbehörden berief sich SLE auf die SCEE erteilte verbindliche Zolltarifauskunft in der geänderten Fassung.

19      In seiner Entscheidung vom 11. Dezember 2007 vertrat der Gerechtshof te Amsterdam die Auffassung, dass SLE die SCEE von den Zollbehörden des Vereinigten Königreichs erteilte geänderte verbindliche Zolltarifauskunft vor den niederländischen Zollbehörden sogar für die zwischen dem 19. Oktober 2000 und dem 12. Juni 2001 durchgeführten Zollanmeldungen verwenden könne. Folglich seien die PS2 in die Tarifunterposition 8471 49 90 der KN einzureihen.

20      Der Staatssecretaris van Financiën legte beim Hoge Raad der Nederlanden Kassationsbeschwerde gegen die Entscheidung vom 11. Dezember 2007 ein.

21      Dieses Gericht hat Zweifel hinsichtlich der Bedeutung der zwischen dem 19. Oktober 2000 und dem 12. Juni 2001 geänderten verbindlichen Zolltarifauskunft, hinsichtlich der Möglichkeit von SLE, sich auf diese verbindliche Zolltarifauskunft zu berufen, und hinsichtlich des berechtigten Vertrauens, das der Einführer darauf gründen könnte, dass die niederländischen Zollbehörden nach ihren eigenen Vorschriften eine von einem Dritten für identische Waren erteilte verbindliche Zolltarifauskunft berücksichtigen müssten.

22      Daher hat der Hoge Raad der Nederlanden beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 12 Abs. 2 und 5 sowie Art. 217 Abs. 1 des Zollkodex und Art. 11 der Durchführungsverordnung in Verbindung mit Art. 243 des Zollkodex, dahin auszulegen, dass ein Beteiligter in einem Verfahren über erhobene Zölle die Erhebung unter Vorlage einer in einem anderen Mitgliedstaat für die gleichen Waren erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft, die zu diesem Zeitpunkt noch gerichtlich angefochten war, letztlich aber berichtigt worden ist, anfechten kann?

2.      Wenn die erste Frage bejaht wird: Kann sich der Anmelder, der bei Zollanmeldungen zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelt, in einem Fall wie dem vorliegenden erfolgreich auf eine verbindliche Zolltarifauskunft berufen, deren Berechtigter nicht dieser Anmelder, sondern eine verbundene Gesellschaft ist, in deren Auftrag dieser Anmelder die Zollanmeldungen abgab?

3.      Wenn die zweite Frage verneint wird: Steht das Gemeinschaftsrecht dem entgegen, dass sich ein Beteiligter in einem Fall wie dem vorliegenden erfolgreich auf einen nationalen Leitfaden berufen kann, mit dem die nationalen Behörden ein Vertrauen darauf begründen, dass für die Tarifeinreihung angemeldeter Waren eine einem Dritten für die gleiche Ware erteilte Zolltarifauskunft geltend gemacht werden kann?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur zweiten Frage

23      Mit seiner zweiten Frage, die zuerst zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob der Zollkodex und die Durchführungsverordnung dahin auszulegen sind, dass der Anmelder, der die Zollanmeldung in eigenem Namen und für eigene Rechnung abgibt, sich auf eine verbindliche Zolltarifauskunft berufen kann, deren Berechtigter nicht er selbst, sondern eine mit ihm verbundene Gesellschaft ist, in deren Auftrag er die Anmeldungen abgab.

24      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine verbindliche Zolltarifauskunft dem Wirtschaftsteilnehmer Rechtssicherheit geben soll, wenn Zweifel hinsichtlich der Einreihung einer Ware in die geltende Kombinierte Nomenklatur bestehen (vgl. Urteil vom 2. Dezember 2010, Schenker, C‑199/09, Slg. 2010, I‑0000, Randnr. 16), und ihn dadurch davor schützt, dass die Zollbehörden ihre Auffassung über die Einreihung einer Ware nachträglich ändern (vgl. Urteil vom 29. Januar 1998, Lopex Export, C‑315/96, Slg. 1998, I‑317, Randnr. 28).

25      Aus Art. 12 Abs. 2 des Zollkodex in Verbindung mit den Art. 10 und 11 der Durchführungsverordnung geht hervor, dass eine verbindliche Zolltarifauskunft nur vom Berechtigten gegenüber den Zollbehörden, die sie erteilt haben, und gegenüber den Zollbehörden der anderen Mitgliedstaaten verwendet werden darf.

26      Der Gerichtshof hat hierzu entschieden, dass eine verbindliche Zolltarifauskunft Rechte nur zugunsten des aus ihr Berechtigten begründet (Urteil vom 15. September 2005, Intermodal Transports, C‑495/03, Slg. 2005, I‑8151, Randnr. 27).

27      Art. 10 der Durchführungsverordnung präzisiert jedoch, dass unbeschadet der Art. 5 und 64 des Zollkodex die verbindliche Auskunft nur vom Berechtigten verwendet werden darf. Die beiden letztgenannten Bestimmungen regeln den Fall, dass die Zollanmeldung von einer anderen Person als dem Einführer abgegeben wird. Die Regelung, dass nur der Berechtigte die verbindliche Zolltarifauskunft verwenden darf, verbietet es diesem folglich nicht, die Zollanmeldung durch einen Dritten abgeben zu lassen.

28      Art. 64 des Zollkodex beschränkt sich auf den Hinweis, dass die schriftliche Zollanmeldung vorbehaltlich seines Art. 5 von jeder Person abgegeben werden kann, die in der Lage ist, den Zollbehörden die Ware und die entsprechenden Unterlagen zu gestellen oder gestellen zu lassen.

29      Art. 5 des Zollkodex enthält Vorschriften zur Vertretung gegenüber den Zollbehörden bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrenshandlungen. Die dem Vertreter erteilte verbindliche Zolltarifauskunft kann später von dem Wirtschaftsteilnehmer verwendet werden, für dessen Rechnung der Vertreter tätig wurde. Zudem kann der Vertreter, der für den Berechtigten der verbindlichen Zolltarifauskunft tätig wird, diese gegenüber den Zollbehörden anderer Mitgliedstaaten, in denen sie nicht erteilt wurde, geltend machen.

30      Der Zollkodex enthält eine abschließende Regelung des zollrechtlichen Vertretungsrechts. Art. 5 Abs. 2 des Zollkodex bestimmt, dass die Vertretung direkt oder indirekt sein kann. Bei einer direkten Vertretung handelt der Vertreter im Namen und für Rechnung eines anderen. Bei einer indirekten Vertretung handelt er in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen. Überdies können die Mitgliedstaaten beschließen, dass in ihrem Hoheitsgebiet der Vertreter ein Zollagent sein muss.

31      Außerdem sieht Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2 des Zollkodex vor, dass Personen, die nicht erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, aber keine Vertretungsmacht besitzen, als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd gelten. Die Vertretung muss demnach ausdrücklich sein und wird nicht vermutet.

32      Sowohl aus der Vorlageentscheidung als auch aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen von SLE geht hervor, dass diese die PS2 in eigenem Namen und für eigene Rechnung eingeführt hat, weil das Königreich der Niederlande zum Zeitpunkt der Einfuhr, also zwischen November 2000 und Mai 2001, eine zollrechtliche Vertretung nur zuließ, wenn diese durch Zollagenten erfolgte.

33      Da SLE also nicht als Vertreter von SCEE tätig wurde, konnte sie sich gegenüber den niederländischen Zollbehörden nicht auf eine verbindliche Zolltarifauskunft berufen, deren Berechtigte SCEE war.

34      SLE wurde auch nicht dadurch zum Vertreter im Sinne von Art. 5 des Zollkodex, dass SCEE und SLE zur selben Unternehmensgruppe gehörten oder dass SLE in den Niederlanden der Steuervertreter von SCEE war.

35      Aufgrund dieser Erwägungen ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 12 Abs. 2 des Zollkodex sowie die Art. 10 und 11 der Durchführungsverordnung dahin auszulegen sind, dass der Zollanmelder, der in seinem Namen und für eigene Rechnung Zollanmeldungen abgibt, sich nicht auf eine verbindliche Zolltarifauskunft berufen kann, deren Berechtigter nicht er selbst, sondern eine mit ihm verbundene Gesellschaft ist, in deren Auftrag er die Zollanmeldungen abgab.

 Zur ersten Frage

36      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob Art. 12 Abs. 2 und 5 sowie Art. 217 Abs. 1 des Zollkodex und Art. 11 der Durchführungsverordnung in Verbindung mit Art. 243 des Zollkodex dahin auszulegen sind, dass ein Beteiligter in einem Verfahren über erhobene Zölle die Erhebung anfechten kann, indem er eine in einem anderen Mitgliedstaat für die gleichen Waren erteilte verbindliche Zolltarifauskunft vorlegt. Außerdem möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die verbindliche Zolltarifauskunft zu berücksichtigen ist, obwohl ihre Gültigkeit zum Zeitpunkt der Einfuhr noch fraglich war und sie letztlich erst nach der Einfuhr geändert wurde.

37      Gemäß Art. 243 des Zollkodex kann jede Person gegen Entscheidungen der Zollbehörden auf dem Gebiet des Zollrechts, die sie unmittelbar und persönlich betreffen, einen Rechtsbehelf einlegen. Gemäß Art. 4 Nr. 5 des Zollkodex ist eine verbindliche Zolltarifauskunft eine Entscheidung im Sinne des Art. 243.

38      Das Ausgangsverfahren betrifft die zolltarifliche Einreihung einer Ware und die entsprechende Entrichtung von Zöllen. SLE stützt ihr Begehren auf eine verbindliche Zolltarifauskunft, die SCEE von den Zollbehörden eines anderen Mitgliedstaats erteilt wurde. Dieser Rechtsstreit ist folglich als Rechtsbehelf im Sinne des Art. 243 des Zollkodex anzusehen.

39      Wie aus den Randnrn. 33 und 35 des vorliegenden Urteils hervorgeht, kann eine Person, die nicht Berechtigter einer verbindlichen Zolltarifauskunft ist, diese nur verwenden, wenn sie als Vertreter handelt.

40      Gemäß Art. 12 Abs. 2 des Zollkodex und Art. 11 der Durchführungsverordnung sind die Zollbehörden nur an eine verbindliche Zolltarifauskunft gebunden, wenn sie vom Berechtigten oder dessen Vertreter verwendet wird. Andernfalls kann die gemäß Art. 243 Abs. 2 des Zollkodex angerufene Stelle, der gegenüber eine verbindliche Zolltarifauskunft verwendet wird, diese nicht die mit ihr verbundenen Rechtswirkungen entfalten lassen.

41      Eine verbindliche Zolltarifauskunft kann jedoch von einem anderen als dem Berechtigten als Beweis verwendet werden. Da der Begriff des Beweises unionsrechtlich nicht geregelt ist, sind grundsätzlich alle Beweismittel zulässig, die die Verfahrensrechte der Mitgliedstaaten in Verfahren, die dem des Art. 243 des Zollkodex vergleichbar sind, zulassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. März 2000, Met-Trans und Sagpol, C‑310/98 und C‑406/98, Slg. 2000, I‑1797, Randnr. 29).

42      Weiter muss nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Umstand, dass die Zollbehörden eines anderen Mitgliedstaats einem Beteiligten an einem Rechtsstreit, der bei einem nationalen Gericht anhängig ist, dessen Entscheidungen nicht mehr mit einem Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, für eine bestimmte Ware eine verbindliche Zolltarifauskunft erteilt haben, die eine andere Auslegung der Positionen der KN wiederzugeben scheint als die Auslegung, für die dieses Gericht sich in Bezug auf ein ähnliches, in diesem Rechtsstreit streitiges Erzeugnis meint entscheiden zu müssen, dieses Gericht sicherlich dazu veranlassen, bei seiner Beurteilung, ob es an einem vernünftigen Zweifel in Bezug auf die richtige Anwendung der KN fehlt, besonders sorgfältig zu sein (vgl. Urteil Intermodal Transports, Randnr. 34).

43      Gemäß dieser Rechtsprechung kann eine einem Dritten erteilte verbindliche Zolltarifauskunft von einem Gericht, das mit einem die zolltarifliche Einreihung einer Ware und die Entrichtung der entsprechenden Zölle betreffenden Rechtsstreit befasst ist, als Beweis berücksichtigt werden.

44      Aufgrund dieser Erwägungen ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 12 Abs. 2 und 5 sowie Art. 217 Abs. 1 des Zollkodex und Art. 11 der Durchführungsverordnung in Verbindung mit Art. 243 des Zollkodex dahin auszulegen sind, dass ein Beteiligter in einem Verfahren über erhobene Zölle die Erhebung anfechten kann, indem er als Beweis eine in einem anderen Mitgliedstaat für die gleichen Waren erteilte verbindliche Zolltarifauskunft vorlegt, ohne dass diese die mit ihr verbundenen Rechtswirkungen entfalten kann. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob nach dem einschlägigen Verfahrensrecht des betreffenden Mitgliedstaats die Vorlage eines solchen Beweismittels möglich ist.

 Zur dritten Frage

45      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Zollkodex und die Durchführungsverordnung dahin auszulegen sind, dass ein nationaler Leitfaden, dem zufolge sich die nationalen Behörden bei der Tarifeinreihung angemeldeter Waren auf eine einem Dritten für die gleiche Ware erteilte verbindliche Zolltarifauskunft stützen können, bei den Einführern ein berechtigtes Vertrauen darauf begründen kann, dass sie sich auf diesen Leitfaden berufen können.

46      Der Vorlageentscheidung zufolge sah das niederländische Zollhandbuch zum Zeitpunkt der im Ausgangsverfahren fraglichen Einfuhren vor, dass sich „[n]ur ein Berechtigter … auf eine verbindliche Zolltarifauskunft berufen [kann] [und dass i]n allen Fällen die gestellten Waren in jeder Hinsicht der Warenbeschreibung in der verbindlichen Zolltarifauskunft entsprechen [müssen]. Verweist ein Einführer auf eine gültige verbindliche Zolltarifauskunft, in Bezug auf die er nicht der Berechtigte ist, und meldet genau die gleichen Waren wie die in der verbindlichen Zolltarifauskunft beschriebenen an, muss die Einreihung dennoch der verbindlichen Zolltarifauskunft entsprechen“.

47      Hierzu ist festzustellen, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht gegen eine klare unionsrechtliche Bestimmung angeführt werden kann und dass das unionsrechtswidrige Verhalten einer für die Anwendung des Unionsrechts zuständigen nationalen Behörde kein berechtigtes Vertrauen eines Wirtschaftsteilnehmers darauf begründen kann, in den Genuss einer unionsrechtswidrigen Behandlung zu kommen (Urteile vom 26. April 1988, Krücken, 316/86, Slg. 1988, 2213, Randnr. 24, vom 1. April 1993, Lageder u. a., C‑31/91 bis C‑44/91, Slg. 1993, I‑1761, Randnr. 35, sowie vom 16. März 2006, Emsland-Stärke, C‑94/05, Slg. 2006, I‑2619, Randnr. 31).

48      In Art. 12 des Zollkodex sind die Voraussetzungen für die Erteilung, die rechtliche Bedeutung sowie die Geltungsdauer der verbindlichen Zolltarifauskünfte genau geregelt. Außerdem stellt Art. 10 Abs. 1 der Durchführungsverordnung klar, dass die verbindliche Zolltarifauskunft nur vom Berechtigten oder dem für Rechnung des Berechtigten tätig werdenden Vertreter verwendet werden kann.

49      Die für die Anwendung des Unionsrechts zuständigen niederländischen Zollbehörden haben einer verbindlichen Zolltarifauskunft offenbar unabhängig davon, ob sie von einem Dritten oder dem Berechtigten verwendet wird, dieselbe rechtliche Bedeutung zugemessen. Somit haben sich die Behörden durch die Anwendung des Zollhandbuchs unionsrechtswidrig verhalten, und dieses Verhalten konnte bei den Wirtschaftsteilnehmern kein berechtigtes Vertrauen begründen.

50      Aufgrund dieser Erwägungen ist auf die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 12 des Zollkodex und Art. 10 Abs. 1 der Durchführungsverordnung dahin auszulegen sind, dass ein nationaler Leitfaden, dem zufolge sich die nationalen Behörden bei der Tarifeinreihung angemeldeter Waren auf eine einem Dritten für die gleiche Ware erteilte verbindliche Zolltarifauskunft stützen können, bei den Einführern kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen kann, dass sie sich auf diesen Leitfaden berufen können.

 Kosten

51      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 geänderten Fassung sowie die Art. 10 und 11 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 12/97 der Kommission vom 18. Dezember 1996 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass der Zollanmelder, der in seinem Namen und für eigene Rechnung Zollanmeldungen abgibt, sich auf eine verbindliche Zolltarifauskunft, deren Berechtigter nicht er selbst, sondern eine mit ihm verbundene Gesellschaft ist, in deren Auftrag er die Zollanmeldungen abgab, nicht berufen kann.

2.      Art. 12 Abs. 2 und 5 sowie Art. 217 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung und Art. 11 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 243 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass ein Beteiligter in einem Verfahren über erhobene Zölle die Erhebung anfechten kann, indem er als Beweis eine in einem anderen Mitgliedstaat für die gleichen Waren erteilte verbindliche Zolltarifauskunft vorlegt, ohne dass diese die mit ihr verbundenen Rechtswirkungen entfalten kann. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob nach dem einschlägigen Verfahrensrecht des betreffenden Mitgliedstaats die Vorlage eines solchen Beweismittels möglich ist.

3.      Art. 12 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung und Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 12/97 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass ein nationaler Leitfaden, dem zufolge sich die nationalen Behörden bei der Tarifeinreihung angemeldeter Waren auf eine einem Dritten für die gleiche Ware erteilte verbindliche Zolltarifauskunft stützen können, bei den Einführern kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen kann, dass sie sich auf diesen Leitfaden berufen können.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Niederländisch.

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