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Document 62013CJ0021

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 4. September 2014.
Simon, Evers & Co. GmbH gegen Hauptzollamt Hamburg-Hafen.
Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Hamburg.
Vorabentscheidungsersuchen – Handelspolitik – Antidumpingzölle – Verordnung (EG) Nr. 499/2009 – Gültigkeit – Einfuhrerzeugnisse mit Ursprung in China – Einfuhr aus Thailand versandter gleicher Erzeugnisse – Umgehung – Beweis – Mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit.
Rechtssache C‑21/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:2154

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

4. September 2014 ( *1 )

„Vorabentscheidungsersuchen — Handelspolitik — Antidumpingzölle — Verordnung (EG) Nr. 499/2009 — Gültigkeit — Einfuhrerzeugnisse mit Ursprung in China — Einfuhr aus Thailand versandter gleicher Erzeugnisse — Umgehung — Beweis — Mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit“

In der Rechtssache C‑21/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Januar 2013, in dem Verfahren

Simon, Evers & Co. GmbH

gegen

Hauptzollamt Hamburg-Hafen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), G. Arestis, J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Simon, Evers & Co. GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt H. Henninger,

der griechischen Regierung, vertreten durch M. Tassopoulou und K. Boskovits als Bevollmächtigte,

der portugiesischen Regierung, vertreten durch A. Coutinho da Silva und L. Inez Fernandes als Bevollmächtigte,

des Rates der Europäischen Union, vertreten durch S. Boelaert als Bevollmächtigte im Beistand von A. Polcyn, avocate,

der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Maxian Rusche als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. April 2014

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 499/2009 des Rates vom 11. Juni 2009 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 des Rates eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon mit Ursprung in der Volksrepublik China auf die aus Thailand versandten Einfuhren der gleichen Ware, ob als Ursprungserzeugnis Thailands angemeldet oder nicht (ABl. L 151, S. 1, im Folgenden: streitige Verordnung).

2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Simon, Evers & Co. GmbH (im Folgenden: Simon, Evers & Co.) und dem Hauptzollamt Hamburg-Hafen (im Folgenden: Hauptzollamt) über einen Bescheid des Letzteren, mit dem Antidumpingzölle gegenüber Simon, Evers & Co. festgesetzt wurden.

Rechtlicher Rahmen

3

Die Bestimmungen über die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen durch die Europäische Union, die zu der für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Zeit in Kraft waren, fanden sich in der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 461/2004 des Rates vom 8. März 2004 (ABl. L 77, S. 12) geänderten Fassung (im Folgenden: Grundverordnung).

4

In Art. 13 („Umgehung“) der Grundverordnung hieß es:

„(1)   Die gemäß dieser Verordnung eingeführten Antidumpingzölle können auf die Einfuhren der gleichartigen Ware aus Drittländern … ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. … Die Umgehung wird als eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft oder zwischen einzelnen Unternehmen in dem von Maßnahmen betroffenen Land und der Gemeinschaft definiert, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird, und wenn erforderlichenfalls im Einklang mit Artikel 2 ermittelte Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten, die für die gleichartige Ware vorher festgestellt wurden, vorliegen.

(2)   Ein Montagevorgang in der Gemeinschaft oder in einem Drittland wird als Umgehung der geltenden Maßnahmen angesehen, wenn

a)

die Montage seit oder kurz vor der Einleitung der Antidumpinguntersuchung begonnen oder erheblich ausgeweitet wurde und die verwendeten Teile ihren Ursprung in dem Land haben, für das Maßnahmen gelten, und

c)

die Abhilfewirkung des Zolls durch die Preise und/oder Mengen der montierten gleichartigen Ware untergraben wird und Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten vorliegen, die für gleichartige oder ähnliche Waren früher festgestellt wurden.

(3)   Untersuchungen werden nach Maßgabe dieses Artikels auf Initiative der Kommission oder auf Antrag eines Mitgliedstaats oder jeder anderen interessierten Partei eingeleitet, wenn der Antrag ausreichende Beweise für die in Absatz 1 genannten Faktoren enthält. Die Einleitung erfolgt nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss durch eine Verordnung der Kommission, in der gleichzeitig den Zollbehörden Anweisung gegeben werden kann, die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich zu erfassen oder Sicherheitsleistungen zu verlangen. Die Untersuchungen werden von der Kommission durchgeführt, die von den Zollbehörden unterstützt werden kann, und innerhalb von neun Monaten abgeschlossen. Rechtfertigen die endgültig ermittelten Tatsachen die Ausweitung der Maßnahmen, wird diese Ausweitung vom Rat auf Vorschlag der Kommission nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss eingeführt …

…“

5

Art. 14 Abs. 6 der Grundverordnung lautete:

„Die Mitgliedstaaten berichten der Kommission monatlich über den Einfuhrhandel bei Waren, die Gegenstand von Untersuchungen und von Maßnahmen sind, und über die gemäß dieser Verordnung vereinnahmten Zollbeträge.“

6

Art. 18 Abs. 1 und 6 der Grundverordnung sah vor:

„(1)   Verweigert eine interessierte Partei den Zugang zu den erforderlichen Informationen oder erteilt sie nicht innerhalb der durch diese Verordnung gesetzten Fristen die erforderlichen Auskünfte oder behindert sie erheblich die Untersuchung, so können vorläufige oder endgültige positive oder negative Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Fakten getroffen werden … Die interessierten Parteien sollten über die Folgen der mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit unterrichtet werden.

(6)   Ist eine interessierte Partei nicht oder nur zum Teil zur Mitarbeit bereit und werden maßgebliche Informationen vorenthalten, so kann dies zu einem Ergebnis führen, das für diese Partei weniger günstig ist, als wenn sie mitgearbeitet hätte.“

7

Im Anschluss an eine Untersuchung, die die Kommission vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 geführt hatte (im Folgenden: Ausgangsuntersuchung), erließ die Union die Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 des Rates vom 18. Juli 2005 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 189, S. 1), die u. a. durch die Verordnung (EG) Nr. 684/2008 des Rates vom 17. Juli 2008 (ABl. L 192, S. 1) geändert wurde (im Folgenden: Verordnung Nr. 1174/2005).

8

In Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1174/2005 heißt es:

„Auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon, d. h. Chassis und Hydrauliken, der KN-Codes ex 8427 90 00 und ex 8431 20 00 (TARIC‑Codes 8427 90 00 10 und 8431 20 00 10) mit Ursprung in der Volksrepublik China wird ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt …“

9

Wie sich aus dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 923/2008 der Kommission vom 12. September 2008 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Verordnung Nr. 1174/2005, geändert durch die Verordnung Nr. 684/2008, eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon mit Ursprung in der Volksrepublik China durch Einfuhren aus Thailand versandter manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon, ob als Ursprungserzeugnis Thailands angemeldet oder nicht, und zur zollamtlichen Erfassung der letztgenannten Einfuhren (ABl. L 252, S. 3) ergibt, beschloss die Kommission auf der Grundlage ihrer Ansicht nach hinreichender Anscheinsbeweise dafür, dass die für Einfuhren manueller Palettenhubwagen mit Ursprung in China geltenden Antidumpingmaßnahmen durch Montage der fraglichen Ware in Thailand umgangen wurden, eine Untersuchung einzuleiten (im Folgenden: Umgehungsuntersuchung). Zu diesem Zweck erließ sie die Verordnung Nr. 923/2008.

10

Aus dem zehnten Erwägungsgrund der streitigen Verordnung ergibt sich, dass die Umgehungsuntersuchung den Zeitraum vom 1. September 2007 bis zum 31. August 2008 betraf (im Folgenden: Untersuchungszeitraum).

11

Laut dem sechsten Erwägungsgrund der streitigen Verordnung „[unterrichtete d]ie Kommission … die Behörden der VR China und Thailands, die Hersteller/Ausführer in der VR China und in Thailand, die bekanntermaßen betroffenen Einführer in der Gemeinschaft und den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft offiziell über die Einleitung der [Umgehungsu]ntersuchung. Fragebogen wurden an die bekannten Hersteller/Ausführer in der VR China und in Thailand gesandt, an die Einführer in der Gemeinschaft, die der Kommission aus der Ausgangsuntersuchung bekannt waren, sowie an Parteien, die sich innerhalb der in Artikel 3 der [Verordnung Nr. 923/2008] gesetzten Fristen selbst gemeldet hatten. Interessierte Parteien erhielten Gelegenheit, innerhalb der in [dieser Verordnung] gesetzten Frist schriftlich Stellung zu nehmen und eine Anhörung zu beantragen. Allen Parteien wurde mitgeteilt, dass eine etwaige Nichtmitarbeit dazu führen könnte, dass Artikel 18 der Grundverordnung zur Anwendung komme und die Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Informationen getroffen würden.“

12

Aus dem siebten Erwägungsgrund der streitigen Verordnung ist ersichtlich, dass die Hersteller/Ausführer in Thailand die Fragebogen unbeantwortet ließen und auch von den thailändischen Behörden keine Stellungnahmen bei der Kommission eingingen.

13

Im achten Erwägungsgrund der streitigen Verordnung wird ausgeführt, dass „[e]in chinesischer ausführender Hersteller … den Fragebogen [beantwortete], indem er seine Ausfuhrverkäufe in die Gemeinschaft sowie einige geringfügige Ausfuhren der betroffenen Ware nach Thailand meldete. Von den chinesischen Behörden gingen keine Stellungnahmen ein“.

14

Ferner geht aus dem neunten Erwägungsgrund dieser Verordnung hervor, dass „[n]eun Gemeinschaftseinführer … den Fragebogen [beantworteten] und … ihre Einfuhren aus … China und Thailand [meldeten]. Ihre Antworten lassen allgemein den Schluss zu, dass im Jahr 2006, dem Jahr nach dem Inkrafttreten endgültiger Antidumpingzölle, die Einfuhren aus Thailand anstiegen und die Einfuhren aus … China plötzlich zurückgingen. In den Folgejahren stiegen die Einfuhren aus … China wieder an, während die Einfuhren aus Thailand zur gleichen Zeit leicht zurückgingen, aber immer noch deutlich über dem Niveau von 2005 blieben“.

15

Zur Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Union heißt es in den Erwägungsgründen 16 bis 21 der streitigen Verordnung:

„(16)

Da kein thailändisches Unternehmen an der Untersuchung mitarbeitete, wurden Menge und Wert der thailändischen Ausfuhren der betroffenen Ware in die Gemeinschaft anhand der verfügbaren Informationen ermittelt, bei denen es sich in diesem Fall um gemäß Artikel 14 Absatz 6 der Grundverordnung von Mitgliedstaaten erhobene und von der Kommission zusammengestellte statistische Daten sowie um Eurostat-Daten handelte …

(17)

Nach Einführung der Antidumpingmaßnahmen nahmen die Einfuhren aus Thailand von 7458 [manuellen Palettenhubwagen und wesentlichen Teilen davon] im Jahr 2005 auf 64706 im Jahr 2007 zu und gingen im [Untersuchungszeitraum] auf 42056 [manuelle Palettenhubwagen und wesentliche Teile davon] zurück.

(18)

Die Einfuhren aus … China stiegen von 240639 [manuellen Palettenhubwagen und wesentlichen Teilen davon] im Jahr 2005 auf 538271 im Jahr 2007 und auf 584786 im [Untersuchungszeitraum] an. Den verfügbaren Informationen zufolge ist dieser Anstieg hauptsächlich auf vermehrte Ausfuhren des einzigen chinesischen ausführenden Herstellers, für den der niedrigste Antidumpingzollsatz gilt, zurückzuführen. Auf diesen Hersteller entfällt nämlich der bei Weitem größte prozentuale Anteil am Anstieg der Einfuhren von [manuellen Palettenhubwagen und wesentlichen Teilen davon] aus … China in die Gemeinschaft von 2005 bis zum Ende des [Untersuchungszeitraums].

(19)

Angesichts der oben dargestellten Situation wird der Schluss gezogen, dass sich das Handelsgefüge zwischen der [Gemeinschaft], … China und Thailand geändert hatte. Die Einfuhren aus … China stiegen zwar weiter an, was jedoch unmittelbar auf die Ausfuhrleistung eines der chinesischen ausführenden Hersteller zurückzuführen war, der bei der Ausgangsuntersuchung mitarbeitete und für den der niedrigste Antidumpingzoll festgesetzt wurde. Andererseits nahmen die Einfuhren aus Thailand von 2005 bis 2007 um 868 % zu und pendelten sich im [Untersuchungszeitraum] auf einen Zuwachs von 564 % gegenüber 2005 ein.

(20)

Insgesamt wies das Handelsgefüge zwar konstante Ausfuhren aus … China, jedoch auch einen deutlichen Anstieg der Ausfuhren aus Thailand auf. Die Tatsache, dass die Ausfuhren aus … China konstant blieben bzw. kontinuierlich anstiegen, wenn von 2007 bis zum [Untersuchungszeitraum] auch in weit geringerem Maße als in der Ausgangsuntersuchung festgestellt, war dadurch zu erklären, dass der überwiegende Teil der Ausfuhren von dem chinesischen Unternehmen mit dem niedrigsten Antidumpingzollsatz stammte. Die Ausfuhrsituation in Thailand hingegen ließ sich nur durch Maßnahmen erklären, die auf eine Umgehung der Antidumpingmaßnahmen abzielten.

(21)

Der Anstieg der Einfuhren aus Thailand begann in dem Zeitraum, in dem die Gemeinschaft ihre Ausgangsuntersuchung durchführte. Bekanntlich wurden die thailändischen Behörden sowie potenzielle Hersteller/Ausführer in Thailand von der laufenden Untersuchung in Kenntnis gesetzt. Allerdings wurden keine Beweise vorgelegt, die diesen deutlichen Anstieg erklären konnten, und kein thailändisches Unternehmen arbeitete an der Untersuchung mit, indem es den entsprechenden Fragebogen beantwortete. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Informationen zufolge, die der Kommission zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung vorlagen, in Thailand in erheblichem Umfang [manuelle Palettenhubwagen und wesentliche Teile davon] montiert wurden (siehe Randnummer 7). Hingegen wurde kein Beweis dafür vorgelegt, dass es eine echte Produktion von [manuellen Palettenhubwagen und wesentlichen Teilen davon] in Thailand gab. Ausgehend von den verfügbaren Informationen wird daher der Schluss gezogen, dass in Ermangelung einer anderen hinreichenden Begründung oder wirtschaftlichen Rechtfertigung im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 der Grundverordnung die Veränderung im Handelsgefüge auf die Einführung des Antidumpingzolls auf [manuelle Palettenhubwagen und wesentliche Teile davon] mit Ursprung in … China zurückzuführen war.“

16

Infolge der Umgehungsuntersuchung wurde die streitige Verordnung erlassen.

17

Art. 1 dieser Verordnung sieht vor:

„(1)   Der mit der Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 für ‚alle übrigen Unternehmen‘ eingeführte endgültige Antidumpingzoll auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon (Chassis und Hydrauliken) im Sinne des Artikels 1 der Verordnung … Nr. 1174/2005 …, mit Ursprung in … China, wird ausgeweitet auf aus Thailand versandte manuelle Palettenhubwagen und wesentliche Teile davon (Chassis und Hydrauliken) im Sinne des Artikels 1 der Verordnung … Nr. 1174/2005 …, die unter den KN-Codes ex 8427 90 00 und ex 8431 20 00 (TARIC‑Codes 8427 90 00 11 und 8431 20 00 11) eingereiht werden, ob als Ursprungserzeugnis Thailands angemeldet oder nicht.

(2)   Die durch Absatz 1 ausgeweiteten Zölle werden auf die gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 923/2008 sowie gemäß Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 5 der [Grundverordnung] zollamtlich erfassten Einfuhren erhoben.

…“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

18

Im Oktober 2008 führte Simon, Evers & Co. manuelle Palettenhubwagen aus Thailand ein.

19

Am 12. August 2009 richtete das Hauptzollamt auf der Grundlage der streitigen Verordnung einen Einfuhrabgabenbescheid zur Erhebung eines Antidumpingzolls in Höhe von 9666,90 Euro an Simon, Evers & Co.

20

Nachdem das Hauptzollamt mit Entscheidung vom 21. Februar 2011 den gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch als unbegründet zurückgewiesen hatte, erhob Simon, Evers & Co. Klage beim Finanzgericht Hamburg.

21

Dieses Gericht äußert Zweifel daran, dass die in Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung vorgesehenen Voraussetzungen für die Feststellung einer Umgehung der Antidumpingzölle im Ausgangsverfahren erfüllt sind. Genauer wirft es die Frage auf, ob allein eine Veränderung des Ausfuhrvolumens der betreffenden Drittländer die Annahme eines Zusammenhangs zwischen den Einfuhren aus dem mit dem Antidumpingzoll belegten Land und den Einfuhren aus dem Land, auf das der Antidumpingzoll ausgeweitet werden soll, zulassen kann. Zu der Entwicklung der Einfuhren aus Thailand weist das Finanzgericht Hamburg darauf hin, dass diese nach einem deutlichen Anstieg im Jahr 2007 während des Untersuchungszeitraums merklich zurückgegangen seien.

22

Das vorlegende Gericht äußert auch Zweifel daran, dass die Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Union der Einführung der Antidumpingzölle auf Palettenhubwagen mit Ursprung in China zugerechnet werden kann, wenn doch im Untersuchungszeitraum die Einfuhren aus China selbst erheblich zugenommen hätten. Ohne Beweise, anhand deren sich zum einen der deutliche Anstieg der Ausfuhren aus Thailand erklären und zum anderen das Fehlen einer echten Produktion von manuellen Palettenhubwagen in Thailand feststellen lasse, erscheine es zumindest zweifelhaft, dass man die Schlussfolgerung ziehen könne, dass in Ermangelung einer anderen hinreichenden Begründung oder wirtschaftlichen Rechtfertigung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung die Veränderung im Handelsgefüge auf die Einführung des Antidumpingzolls auf manuelle Palettenhubwagen mit Ursprung in China zurückzuführen gewesen sei.

23

Das Finanzgericht Hamburg hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist die streitige Verordnung ungültig, weil die Kommission unter Verkennung der sich aus Art. 13 der Grundverordnung ergebenden Anforderungen an die Feststellung einer Umgehung von Antidumpingzollmaßnahmen eine Umgehung schon deswegen angenommen hat, weil sich der Umfang entsprechender Ausfuhren aus Thailand nach Einführung der Maßnahmen signifikant erhöht hat, obwohl die Kommission unter Hinweis auf fehlende Kooperation thailändischer Ausführer weitere konkrete Feststellungen nicht getroffen hat?

Zur Vorlagefrage

Vorbemerkungen

24

Vorab ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht mit seiner Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob die streitige Verordnung deshalb ungültig ist, weil die Unionsorgane das Vorliegen einer „Umgehung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen haben, da sie zum einen die Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Union und zum anderen das Vorliegen einer Praxis, eines Fertigungsprozesses oder einer Arbeit, für die es außer der Einführung des Antidumpingzolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, mangels Mitarbeit der thailändischen Ausführer nicht dargelegt haben.

25

Simon, Evers & Co. hat in ihren beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen einen weiteren Grund für die Ungültigkeit der streitigen Verordnung angeführt, der darauf gestützt wird, dass die Unionsorgane nicht festgestellt hätten, dass die Abhilfewirkung des Antidumpingzolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen gleichartiger Ware untergraben worden sei.

26

Nach ständiger Rechtsprechung beruht das Verfahren nach Art. 267 AEUV auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof, so dass nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen, die es dem Gerichtshof stellt, zu beurteilen hat (vgl. u. a. Urteil Hoesch Metals and Alloys, C‑373/08, EU:C:2010:68, Rn. 59).

27

Nach gefestigter Rechtsprechung eröffnet ferner Art. 267 AEUV den Parteien eines bei einem innerstaatlichen Gericht anhängigen Rechtsstreits nicht den Rechtsweg, so dass der Gerichtshof nicht gehalten sein kann, die Frage der Gültigkeit von Unionsrecht zu prüfen, nur weil eine solche Partei diese Frage in ihren schriftlichen Erklärungen vor ihm aufgeworfen hat (vgl. Urteil MSD Sharp & Dohme, C‑316/09, EU:C:2011:275, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28

Unter diesen Umständen ist die Prüfung der Gültigkeit der streitigen Verordnung nicht im Hinblick auf die vom vorlegenden Gericht nicht angeführten Gründe auszuweiten (vgl. Urteil Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 44).

Zur Gültigkeit der streitigen Verordnung

29

Nach ständiger Rechtsprechung verfügen die Unionsorgane im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, besonders im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen. Die gerichtliche Kontrolle einer entsprechenden Beurteilung ist daher auf die Prüfung der Fragen zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. Urteil Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30

Was genauer die Umgehung von Antidumpingmaßnahmen betrifft, besteht eine solche nach Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung in einer Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Union, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird.

31

Nach Art. 13 Abs. 3 der Grundverordnung obliegt es der Kommission, auf der Grundlage von Anscheinsbeweisen für Umgehungspraktiken eine Untersuchung einzuleiten. Lassen die im Laufe dieser Untersuchung ermittelten Tatsachen die Schlussfolgerung zu, dass eine solche Umgehung vorliegt, schlägt die Kommission dem Rat die Ausweitung der Antidumpingmaßnahmen vor.

32

Allerdings verleiht keine Bestimmung der Grundverordnung der Kommission im Rahmen einer Untersuchung über das Vorliegen einer Umgehung die Befugnis, die von einem Antidumpingantrag betroffenen Hersteller oder Ausführer zur Mitwirkung an der Untersuchung oder zur Erteilung von Auskünften zu zwingen. Die Kommission ist somit von der freiweilligen Mitarbeit der Betroffenen abhängig, um an die erforderlichen Informationen zu gelangen.

33

Deshalb hat der Unionsgesetzgeber in Art. 18 Abs. 1 der Grundverordnung vorgesehen, dass für den Fall, dass eine interessierte Partei den Zugang zu den erforderlichen Informationen verweigert, die erforderlichen Auskünfte nicht erteilt oder die Untersuchung erheblich behindert, vorläufige oder endgültige positive oder negative Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Fakten getroffen werden können.

34

Außerdem stellt Art. 18 Abs. 6 der Grundverordnung klar, dass, wenn eine interessierte Partei nicht oder nur zum Teil zur Mitarbeit bereit ist und maßgebliche Informationen vorenthalten werden, dies zu einem Ergebnis führen kann, das für diese Partei weniger günstig ist, als wenn sie mitgearbeitet hätte.

35

Die Grundverordnung, insbesondere ihr Art. 13 Abs. 3, stellt zwar den Grundsatz auf, dass die Beweislast für eine Umgehung den Unionsorganen obliegt, doch zielen die Abs. 1 und 6 des Art. 18 dieser Verordnung deutlich auf eine Beweislasterleichterung ab, indem sie für den Fall mangelnder Bereitschaft der Betroffenen zur Mitarbeit vorsehen, dass die Unionsorgane die Feststellungen einer Untersuchung über das Vorliegen einer Umgehung auf der Grundlage der verfügbaren Fakten treffen können und dass die Parteien, die nicht zur Mitarbeit an der Untersuchung bereit waren, Gefahr laufen, sich in einer weniger günstigen Lage wiederzufinden.

36

Sicherlich ergibt sich, wie vom Generalanwalt in den Nrn. 68 und 69 seiner Schlussanträge ausgeführt, aus Art. 18 der Grundverordnung, dass der Unionsgesetzgeber keine gesetzliche Vermutung aufstellen wollte, die es erlaubt, aus einer mangelnden Bereitschaft der interessierten Parteien zur Mitarbeit unmittelbar auf das Vorliegen einer Umgehung zu schließen, und die damit die Unionsorgane von jedem Beweiserfordernis befreit. Gleichwohl liegt es in Anbetracht der Möglichkeit, selbst endgültige Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Fakten zu treffen und eine Partei, die nicht oder nur teilweise zur Mitarbeit bereit ist, weniger günstig zu behandeln, als wenn sie mitgearbeitet hätte, ebenso klar auf der Hand, dass es den Unionsorganen gestattet ist, sich auf ein Bündel übereinstimmender Indizien zu stützen, die auf das Vorliegen einer Umgehung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung schließen lassen.

37

Jede andere Lösung würde die Gefahr bergen, die Wirksamkeit der handelspolitischen Schutzmaßnahmen der Union immer dann zu untergraben, wenn die Unionsorgane im Rahmen einer Untersuchung zur Feststellung einer Umgehung mit mangelnder Bereitschaft zur Mitarbeit konfrontiert sind.

38

Die Frage der Gültigkeit der streitigen Verordnung ist im Licht dieser Erwägungen zu beurteilen.

39

Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall die thailändischen Hersteller/Ausführer und die thailändischen Behörden an der Umgehungsuntersuchung nicht mitarbeiteten. Außerdem meldete ein einziger chinesischer ausführender Hersteller seine Ausfuhrverkäufe in die Union sowie einige geringfügige Ausfuhren nach Thailand, und von den chinesischen Behörden gingen keine Stellungnahmen ein.

40

Wie sich aber aus dem sechsten Erwägungsgrund der streitigen Verordnung ergibt, unterrichtete die Kommission die chinesischen und thailändischen Behörden, die Hersteller/Ausführer, die betroffenen Einführer in der Gemeinschaft und den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft über die Einleitung der Umgehungsuntersuchung. Darüber hinaus wurden Fragebogen an die besagten Hersteller/Ausführer und Einführer in der Gemeinschaft gesandt, so dass sie Gelegenheit hatten, Stellung zu nehmen und von der Kommission angehört zu werden.

41

Aufgrund der mangelnden Bereitschaft dieser Betroffenen zur Mitarbeit ermittelte der Rat die Menge und den Wert der thailändischen und chinesischen Ausfuhren manueller Palettenhubwagen in die Union allein anhand der verfügbaren Informationen in Gestalt von gemäß Art. 14 Abs. 6 der Grundverordnung von den Mitgliedstaaten erhobenen und von der Kommission zusammengestellten statistischen Daten sowie von Eurostat-Daten.

42

Aus diesen Informationen konnten die Unionsorgane schließen, dass, nachdem die Einfuhren manueller Palettenhubwagen mit Ursprung in China mit Antidumpingmaßnahmen belegt worden waren, die Einfuhren manueller Palettenhubwagen aus Thailand von 7458 im Jahr 2005 auf 64706 im Jahr 2007 anstiegen und dann im Untersuchungszeitraum auf 42056 zurückgingen. Dies machte einen Zuwachs von 868 % in der Zeit von 2005 bis 2007 und im Untersuchungszeitraum einen Zuwachs von 564 % gegenüber dem Jahr 2005 aus.

43

Zu den Einfuhren manueller Palettenhubwagen aus China in die Union stellten die Unionsorgane fest, dass sie von 240639 im Jahr 2005 auf 538271 im Jahr 2007 und 584 786 im Untersuchungszeitraum angestiegen seien. Auf der Grundlage der den Unionsorganen zugänglichen Informationen erklärte sich dieser Anstieg vor allem durch vermehrte Ausfuhren des chinesischen ausführenden Herstellers, für den der niedrigste Antidumpingzollsatz von 7,6 % galt, während die übrigen chinesischen Hersteller/Ausführer mit Antidumpingzöllen belegt wurden, die von 28,5 % bis 46,7 % reichten.

44

Aus diesen Einzelheiten ergibt sich erstens, dass die Einfuhren aus Thailand ab dem Jahr 2005, also ab der Geltung des Antidumpingzolls für Einfuhren aus China, sehr stark anstiegen, zweitens, dass es einen plausiblen wirtschaftlichen Grund für die Zunahme dieser letztgenannten Einfuhren ab dem Jahr 2005 gab, und drittens, dass diese Zunahme verhältnismäßig deutlich niedriger war als der Anstieg der Einfuhren aus Thailand.

45

Simon, Evers & Co. macht jedoch geltend, es sei keine relevante Änderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Union eingetreten, da sich eine Veränderung des Handelsgefüges im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung darin äußere, dass die Einfuhren aus dem mit dem Antidumpingzoll belegten Land nach Inkrafttreten der Antidumpingmaßnahmen zurückgehen müssten, während die Einfuhren gleichartiger Waren aus dem vermeintlichen Umgehungsland zunehmen müssten.

46

Im Ausgangsverfahren sei diese Voraussetzung aber nicht erfüllt.

47

Hierzu ist der Hinweis geboten, dass Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung keine Substitution der Einfuhren aus dem mit dem Antidumpingzoll belegten Land durch die Einfuhren aus dem Umgehungsland als notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer Umgehung verlangt.

48

Außerdem ist, wie vom Generalanwalt in Nr. 87 seiner Schlussanträge ausgeführt, die Definition der „Umgehung“ in Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung in sehr allgemeinen Worten, die den Unionsorganen einen weiten Spielraum lassen, formuliert, wobei nichts Näheres zur Art und zu den Modalitäten der „Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft“ ausgeführt wird.

49

Folglich ist festzustellen, dass der Rat eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen China, Thailand und der Union rechtlich hinreichend nachgewiesen hat.

50

Als Zweites gründen die Zweifel des vorlegenden Gerichts an der Gültigkeit der streitigen Verordnung auch darauf, dass die Unionsorgane nicht bewiesen hätten, dass die Veränderung des Handelsgefüges zwischen den betroffenen Drittländern und der Union ihren Grund in der Umgehung des auf die Einfuhren mit Ursprung in China eingeführten Antidumpingzolls habe.

51

Wie Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung zu entnehmen ist, liegt eine Umgehung nur dann vor, wenn erwiesen ist, dass es außer der Einführung des Antidumpingzolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Praxis, den Fertigungsprozess oder die Arbeit gibt, auf die die Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Union zurückgeht.

52

Im vorliegenden Fall geht aus der streitigen Verordnung hervor, dass sich die Organe auf ein Bündel übereinstimmender Indizien stützten, um auf das Vorliegen einer solchen Umgehung zu schließen. Sie stellten fest, dass die Veränderung des Handelsgefüges zwischen Thailand und der Union just nach der Einführung des Antidumpingzolls auf die Einfuhren aus China begann. Dieses zeitliche Zusammenfallen stellt ein wichtiges Indiz dar, das es erlaubt, einen logischen und rationalen Zusammenhang zwischen dem beträchtlichen Anstieg der Einfuhren aus Thailand und der Erhebung des Antidumpingzolls herzustellen.

53

Außerdem ergibt sich aus dem 21. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung, dass zum Zeitpunkt der Einleitung der Umgehungsuntersuchung den der Kommission vorliegenden Informationen zufolge die betroffene Ware in Thailand in erheblichem Umfang montiert wurde.

54

Schließlich legten weder die thailändischen oder chinesischen Hersteller/Ausführer noch die thailändische Regierung den Unionsorganen Beweise vor, anhand deren sich die erhebliche Zunahme der Einfuhren manueller Palettenhubwagen aus Thailand hätte erklären lassen. Insbesondere wurde den Unionsorganen kein Beweis vorgelegt, aus dem hervorgegangen wäre, dass es eine echte Produktion von manuellen Palettenhubwagen in Thailand gab.

55

Die mangelnde Bereitschaft der betreffenden Unternehmen und nationalen Behörden zur Mitarbeit an der Umgehungsuntersuchung hinderte die Unionsorgane somit daran, die Gründe für die Veränderung des Handelsgefüges zwischen Thailand und der Union mit Sicherheit festzustellen.

56

Im Rahmen einer Situation, die durch das völlige Fehlen einer Bereitschaft zur Mitarbeit an der Umgehungsuntersuchung gekennzeichnet war, waren die Unionsorgane daher berechtigt, sich auf Indizien zu stützen, um auf eine Praxis, einen Fertigungsprozess oder eine Arbeit in Thailand mit dem alleinigen Zweck der Umgehung des Antidumpingzolls auf die Einfuhren mit Ursprung in China zu folgern. Unter diesen Umständen oblag den betroffenen Parteien der Nachweis, dass es einen sachgerechten Grund gab, der die betreffenden Tätigkeiten rechtfertigte, und es nicht darum ging, dem Antidumpingzoll zu entgehen (vgl. entsprechend Urteil Brother International, C‑26/88, EU:C:1989:637, Rn. 29).

57

Daraus folgt, dass der Rat den Sachverhalt nicht offensichtlich fehlerhaft beurteilte, als er in der streitigen Verordnung von einer Umgehung der Maßnahmen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Grundverordnung ausging.

58

Nach alledem ist auf die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage zu antworten, dass ihre Prüfung nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der streitigen Verordnung beeinträchtigen könnte.

Kosten

59

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Prüfung der vom vorlegenden Gericht gestellten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 499/2009 des Rates vom 11. Juni 2009 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1174/2005 des Rates eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren manueller Palettenhubwagen und wesentlicher Teile davon mit Ursprung in der Volksrepublik China auf die aus Thailand versandten Einfuhren der gleichen Ware, ob als Ursprungserzeugnis Thailands angemeldet oder nicht, beeinträchtigen könnte.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.

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