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Document 62009CJ0056

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 20. Mai 2010.
Emiliano Zanotti gegen Agenzia delle Entrate - Ufficio Roma 2.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Commissione tributaria provinciale di Roma - Italien.
Freier Dienstleistungsverkehr - Unionsbürgerschaft - Art. 18 EG und 49 EG - Nationale Regelung auf dem Gebiet der Einkommensteuer - Recht zur Vornahme eines Abzugs von der Bruttosteuer in Höhe eines festen prozentualen Anteils an den gesamten Ausbildungskosten - In einem anderen Mitgliedstaat besuchter Hochschullehrgang - Festsetzung einer quantitativen Beschränkung - Abzug nur bis zu dem Höchstbetrag, der für die Gebühren und Beiträge festgesetzt ist, die für entsprechende Leistungen der innerstaatlichen öffentlichen Hochschulen anfallen - Festsetzung einer gebietsbezogenen Beschränkung - Abzug nur bis zu dem Höchstbetrag, der für die Gebühren und Beiträge festgesetzt ist, die für entsprechende Leistungen der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule anfallen.
Rechtssache C-56/09.

European Court Reports 2010 I-04517

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2010:288

Rechtssache C‑56/09

Emiliano Zanotti

gegen

Agenzia delle Entrate – Ufficio Roma 2

(Vorabentscheidungsersuchen der Commissione tributaria provinciale di Roma)

„Freier Dienstleistungsverkehr – Unionsbürgerschaft – Art. 18 EG und 49 EG – Nationale Regelung auf dem Gebiet der Einkommensteuer – Recht zur Vornahme eines Abzugs von der Bruttosteuer in Höhe eines festen prozentualen Anteils an den gesamten Ausbildungskosten – In einem anderen Mitgliedstaat besuchter Hochschullehrgang – Festsetzung einer quantitativen Beschränkung – Abzug nur bis zu dem Höchstbetrag, der für die Gebühren und Beiträge festgesetzt ist, die für entsprechende Leistungen der innerstaatlichen öffentlichen Hochschulen anfallen – Festsetzung einer gebietsbezogenen Beschränkung – Abzug nur bis zu dem Höchstbetrag, der für die Gebühren und Beiträge festgesetzt ist, die für entsprechende Leistungen der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule anfallen“

Leitsätze des Urteils

1.        Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Steuerrecht – Einkommensteuer – Nationale Regelung, wonach für die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen, die von privaten universitären Einrichtungen mit Sitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats veranstaltet werden, der Ausgabenabzug ausgeschlossen ist – Unzulässigkeit – Möglichkeit des Abzugs dieser Ausgaben bis zu dem Höchstbetrag, der für die Teilnahmekosten entsprechender Lehrgänge festgesetzt ist, die von der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule veranstaltet werden – Zulässigkeit

(Art. 49 EG)

2.        Unionsbürgerschaft – Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten – Steuerrecht – Einkommensteuer – Nationale Regelung, wonach für die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen, die von universitären Einrichtungen mit Sitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats veranstaltet werden, der Ausgabenabzug ausgeschlossen ist – Unzulässigkeit – Möglichkeit des Abzugs dieser Ausgaben bis zu dem Höchstbetrag, der für die Teilnahmekosten entsprechender Lehrgänge festgesetzt ist, die von der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule veranstaltet werden – Zulässigkeit

(Art. 18 EG)

1.        Art. 49 EG ist dahin auszulegen,

– dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an universitären Einrichtungen mit Sitz im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats abzuziehen, diese Möglichkeit aber allgemein ausgeschlossen ist, wenn es sich um Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer privaten universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat handelt;

– dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer privaten universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat bis zu dem Höchstbetrag abzuziehen, der für die Teilnahmekosten ähnlicher Lehrgänge an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule vorgesehen ist.

(vgl. Randnr. 66, Tenor 1)

2.        Art. 18 EG ist dahin auszulegen,

– dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an Einrichtungen mit Sitz im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats abzuziehen, diese Möglichkeit aber allgemein ausgeschlossen ist, wenn es sich um Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat handelt;

– dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat bis zu dem Höchstbetrag abzuziehen, der für die Teilnahmekosten ähnlicher Lehrgänge an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule vorgesehen ist.

(vgl. Randnr. 78, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

20. Mai 2010(*)

„Freier Dienstleistungsverkehr – Unionsbürgerschaft – Art. 18 EG und 49 EG – Nationale Regelung auf dem Gebiet der Einkommensteuer – Recht zur Vornahme eines Abzugs von der Bruttosteuer in Höhe eines festen prozentualen Anteils an den gesamten Ausbildungskosten – In einem anderen Mitgliedstaat besuchter Hochschullehrgang – Festsetzung einer quantitativen Beschränkung – Abzug nur bis zu dem Höchstbetrag, der für die Gebühren und Beiträge festgesetzt ist, die für entsprechende Leistungen der innerstaatlichen öffentlichen Hochschulen anfallen – Festsetzung einer gebietsbezogenen Beschränkung – Abzug nur bis zu dem Höchstbetrag, der für die Gebühren und Beiträge festgesetzt ist, die für entsprechende Leistungen der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule anfallen“

In der Rechtssache C‑56/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Commissione tributaria provinciale di Roma (Italien) mit Entscheidung vom 14. Januar 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Februar 2009, in dem Verfahren

Emiliano Zanotti

gegen

Agenzia delle Entrate – Ufficio Roma 2

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter A. Rosas, U. Lõhmus, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von E. Zanotti, vertreten durch C. Romano und E. Zanotti, avvocati,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von D. Del Gaizo, avvocato dello Stato,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Aresu und R. Lyal als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49 EG und 18 EG über die Dienstleistungsfreiheit und die Unionsbürgerschaft.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Zanotti und der Agenzia delle Entrate – Ufficio Roma 2 (Finanzamt Rom 2, im Folgenden: Agenzia) über den Abzug der Teilnahmekosten eines Hochschullehrgangs in einem anderen Mitgliedstaat von der Bruttosteuer.

 Nationales Recht

3        Art. 15 Abs. 1 Buchst. e des Dekrets Nr. 917 des Präsidenten der Republik vom 22. Dezember 1986 zur Verabschiedung des Einheitstextes über die Einkommensteuer (Testo unico delle imposte sui redditi, im Folgenden: TUIR) bestimmt:

„Von der Bruttosteuer wird ein Betrag in Höhe von 19 % der folgenden, vom Steuerpflichtigen bestrittenen Ausgaben vorgenommen, wenn diese nicht schon bei der Ermittlung der einzelnen Einkünfte, die zusammen das Gesamteinkommen bilden, abzugsfähig waren:

e)      die Kosten der Teilnahme an Sekundar- oder Hochschullehrgängen, soweit sie die für staatliche Einrichtungen festgelegten Gebühren und Beiträge nicht übersteigen“.

4        Aus den Erklärungen vor dem Gerichtshof geht hervor, dass das Finanzministerium Rundschreiben darüber erlassen hat, wie die Bestimmungen des TUIR auszulegen und anzuwenden sind.

5        Punkt 1.5.1 des Rundschreibens Nr. 95 des Finanzministeriums vom 12. Mai 2000 (im Folgenden: Rundschreiben Nr. 95/2000) sieht vor, dass die Kosten des Besuchs privater oder ausländischer Einrichtungen oder Hochschulen nur bis zu dem Höchstbetrag abzugsfähig sind, der für die Gebühren und Beiträge festgesetzt ist, die für entsprechende Leistungen von italienischen öffentlichen Einrichtungen anfallen. Für den Abzug der Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen im Ausland ist auf die entsprechenden Kosten abzustellen, die für die Teilnahme an ähnlichen Lehrgängen vorgesehen sind, welche von der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen italienischen öffentlichen Hochschule veranstaltet werden.

6        Das Rundschreiben Nr. 11 des Finanzministeriums vom 23. Mai 1987 (im Folgenden: Rundschreiben Nr. 11/1987) sieht hinsichtlich des Abzugs der von Studenten an privaten Hochschulen in Italien gezahlten Beiträge die Gleichstellung der von diesen Hochschulen veranstalteten Postgraduiertenlehrgänge mit gleichen oder ähnlichen Lehrgängen an einer italienischen öffentlichen Hochschule in derselben Stadt oder mit Sitz in einer Stadt derselben Region wie die private Hochschule vor.

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

7        Im akademischen Jahr 2003/2004 besuchte der Kläger des Ausgangsverfahrens, ein auf Steuerrecht spezialisierter Rechtsanwalt mit Wohnsitz in Rom, einen Master-Lehrgang im internationalen Steuerrecht am International Tax Center (im Folgenden: ITC) in Leiden (Niederlande).

8        In seiner Steuererklärung für das Veranlagungsjahr 2003 zog der Kläger des Ausgangsverfahrens gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. e des TUIR einen Betrag in Höhe von 19 % der Teilnahmekosten dieses Master-Lehrgangs als abzugsfähige Ausgaben für Hochschulausbildungskosten von der Bruttosteuer ab. Diese Kosten wurden mit 12 000 Euro beziffert.

9        In dem Vorlagebeschluss wird dargelegt, dass die Agenzia die Berücksichtigung der Teilnahmegebühren für den von Herrn Zanotti in den Niederlanden besuchten Spezialisierungslehrgang als abzugsfähige Kosten abgelehnt habe und den Ausgabenabzug geradewegs zur Gänze verweigert habe, ohne dies in irgendeiner geeigneten Weise zu rechtfertigen, insbesondere ohne Gründe dafür anzuführen, warum der abzugsfähige Betrag nicht, wie nach der nationalen Regelung vorgesehen, anhand jenes Betrags bestimmt werden könne, der von einer entsprechenden staatlichen Ausbildungseinrichtung möglicherweise verlangt worden wäre.

10      Aus dem Vorlagebeschluss geht ferner hervor, dass dem Kläger des Ausgangsverfahrens in Abwicklung der Steuererklärung für das Veranlagungsjahr 2003 am 8. August 2007 ein Zahlungsbescheid über einen Betrag von 2 621,84 Euro zugestellt wurde.

11      Am 14. Dezember 2007 focht er diesen Bescheid vor der Commissione tributaria provinciale di Roma an und wandte sich unter Berufung darauf, dass die in der italienischen Regelung vorgesehenen Abzugsbeschränkungen mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar seien, gegen die Nichtanerkennung des fraglichen Abzugs.

12      Vor diesem Hintergrund hat die Commissione tributaria provinciale di Roma beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Stehen die allgemeinen Grundsätze des EG-Vertrags und des Gemeinschaftsrechts betreffend den effektiven und umfassenden gerichtlichen Rechtsschutz, die Gleichbehandlung und die Freizügigkeit der Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. e des TUIR und von Punkt 1.5.1 des Rundschreibens Nr. 95/2000 entgegen, und widerspricht die daraus folgende Einschränkung der Anerkennung der in der angeführten Regelung genannten Ausgaben dem Gemeinschaftsrecht?

 Zur Zulässigkeit des Ersuchens

13      Die italienische Regierung ist der Ansicht, dass die Vorlagefrage für die Entscheidung des Rechtsstreits vor dem nationalen Richter unerheblich sei, erhebt aber dennoch keine förmliche Einrede der Unzulässigkeit. Entgegen der Behauptung des vorlegenden Gerichts habe die italienische Finanzverwaltung den Abzug der Ausgaben des Klägers des Ausgangsverfahrens für die im Ausland veranstalteten Lehrgänge nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern den abzugsfähigen Betrag unter Verweis auf die nach der italienischen Regelung geltenden quantitativen und gebietsbezogenen Beschränkungen nur gekürzt. Unter diesen Umständen sei es im Rahmen des Ausgangsverfahrens allein Sache des nationalen Richters, zu entscheiden, ob im Zusammenhang mit der Ermittlung des entsprechenden Lehrgangs, anhand dessen die Höhe der Erstattung zu berechnen sei, die von der Finanzverwaltung vorgenommene Würdigung sowie die Ermittlung dieses Lehrgangs selbst zutreffend und angemessen gewesen seien.

14      Dieser Einwand ist zurückzuweisen.

15      Nach ständiger Rechtsprechung spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts, die es zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Der Gerichtshof darf die Entscheidung über ein Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. Urteil vom 7. Juni 2007, van der Weerd u. a., C‑222/05 bis C‑225/05, Slg. 2007, I‑4233, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Im vorliegenden Fall ist die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts, obwohl der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Frage unklar ist, ob der beantragte Abzug von der Bruttosteuer verweigert oder nur gekürzt wurde, nicht offensichtlich ohne Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits.

17      Aus der Akte geht nämlich hervor, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens entweder die Verweigerung des Abzugs der Kosten einer Ausbildung an einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen privaten Einrichtung von der Bruttosteuer in Frage stellt, und zwar insbesondere wegen des Fehlens von Spezialisierungslehrgängen vergleichbarer Art in Italien, oder die Minderung des ihm nach seiner Auffassung zustehenden Steuerabzugs durch quantitative und gebietsbezogene Beschränkungen rügt, die je nachdem variieren, ob der fragliche Lehrgang von einer in Italien gelegenen privaten Einrichtung oder von einer Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat angeboten wird.

18      Durch die Vorlagefrage soll festgestellt werden, ob eine nationale Regelung wie der TUIR, so wie er von den zuständigen nationalen Behörden ausgelegt und angewandt wird, mit den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts im Einklang steht. Sie ist im Rahmen des Ausgangsverfahrens offensichtlich nicht unerheblich.

19      Die italienische Regierung ist ferner der Ansicht, der Vorlagebeschluss sei hinsichtlich der fraglichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts unklar. Es sei auf der Grundlage dieses Beschlusses und der nationalen Verfahrensakte nicht der geringste Zusammenhang zwischen der Lage des Klägers des Ausgangsverfahrens und der Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit erkennbar.

20      Diesem Einwand kann ebenfalls nicht gefolgt werden.

21      Wie der Kläger des Ausgangsverfahrens geltend gemacht hat, geht aus dem Vorlagebeschluss klar hervor, dass der nationale Richter wissen möchte, ob die in Art. 18 EG gewährleistete Freizügigkeit der Unionsbürger und die in Art. 49 EG niedergelegte Dienstleistungsfreiheit einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Abzug der Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen in einem anderen Mitgliedstaat ausgeschlossen ist oder diese Kosten jedenfalls auf die entsprechenden Teilnahmekosten ähnlicher Lehrgänge beschränkt werden, die an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen öffentlichen Hochschule veranstaltet werden.

22      Die Vorlagefrage ist daher zulässig.

 Zur Vorlagefrage

23      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 18 EG und 49 EG dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung, wie sie von den zuständigen nationalen Behörden ausgelegt und angewandt wird, entgegenstehen, wonach der Abzug der Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen in einem anderen Mitgliedstaat von der Bruttosteuer ausgeschlossen ist, während die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an Einrichtungen mit Sitz in dem Mitgliedstaat selbst abzugsfähig sind, oder wonach der Abzug der Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen in einem anderen Mitgliedstaat zwar zulässig ist, aber nur bis höchstens zu dem Betrag, der für entsprechende Teilnahmekosten ähnlicher Lehrgänge an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule vorgesehen ist.

 Einleitende Bemerkungen zu den anwendbaren Bestimmungen des Unionsrechts

24      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 18 EG, in dem das Recht eines jeden Unionsbürgers, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, in allgemeiner Form niedergelegt ist, in den Bestimmungen, die die Dienstleistungsfreiheit gewährleisten, eine besondere Ausprägung findet. Fällt das Ausgangsverfahren unter Art. 49 EG, braucht der Gerichtshof über die Auslegung von Art. 18 EG somit nicht zu entscheiden (vgl. insbesondere Urteile vom 6. Februar 2003, Stylianakis, C‑92/01, Slg. 2003, I‑1291, Randnr. 18, sowie vom 11. September 2007, Schwarz und Gootjes-Schwarz, C‑76/05, Slg. 2007, I‑6849, Randnr. 34).

25      Art. 18 Abs. 1 EG ist folglich nur insoweit zu behandeln, als das Ausgangsverfahren nicht in den Anwendungsbereich von Art. 49 EG fällt.

26      In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass zwar Art. 50 Abs. 3 EG nur die aktive Dienstleistungsfreiheit erwähnt, in deren Rahmen sich der Leistende zum Empfänger der Dienstleistungen begibt, dass aber nach ständiger Rechtsprechung der freie Dienstleistungsverkehr die Freiheit der Leistungsempfänger einschließt, sich zur Inanspruchnahme der Dienstleistungen in einen anderen Mitgliedstaat, in dem sich der Leistende aufhält, zu begeben (vgl. Urteil vom 31. Januar 1984, Luisi und Carbone, 286/82 und 26/83, Slg. 1984, 377, Randnrn. 10 und 16).

27      Das Ausgangsverfahren betrifft die steuerliche Behandlung von Ausbildungskosten, die an einer universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat entstanden sind, im Wohnmitgliedstaat des Dienstleistungsempfängers.

28      Es ist daher zu untersuchen, ob die von einer universitären Einrichtung wie dem ITC veranstalteten Lehrgänge „Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden“, im Sinne von Art. 50 Abs. 1 EG sind.

29      Nach den Erklärungen der Europäischen Kommission, denen sich der Kläger des Ausgangsverfahrens insoweit anschließt, ist das ITC eine private Einrichtung, die mit der öffentlichen Universität Leiden zusammenarbeitet. Die italienische Regierung macht hingegen geltend, der private oder öffentliche Charakter dieser Einrichtung gehe aus der Akte nicht eindeutig hervor.

30      Nach der Rechtsprechung besteht das Wesensmerkmal des Entgelts im Sinne von Art. 50 Abs. 1 EG darin, dass es die wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung darstellt (vgl. insbesondere Urteile vom 27. September 1988, Humbel und Edel, 263/86, Slg. 1988, 5365, Randnr. 17, vom 12. Juli 2001, Smits und Peerbooms, C‑157/99, Slg. 2001, I‑5473, Randnr. 58, sowie Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 38).

31      Dementsprechend hat der Gerichtshof Unterricht in bestimmten Einrichtungen, die zu einem staatlichen Bildungssystem gehörten und ganz oder hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden, vom Begriff der Dienstleistung im Sinne von Art. 50 EG ausgeschlossen. Der Gerichtshof hat betont, dass der Staat durch die Errichtung und Erhaltung eines solchen staatlichen Bildungssystems, das in der Regel aus dem Staatshaushalt und nicht von den Schülern oder ihren Eltern finanziert wird, keine gewinnbringende Tätigkeit aufnehmen wollte, sondern vielmehr auf sozialem, kulturellem und bildungspolitischem Gebiet seine Aufgaben gegenüber seinen Bürgern erfüllte (vgl. in diesem Sinne Urteile Humbel und Edel, Randnrn. 17 und 18, sowie vom 7. Dezember 1993, Wirth, C‑109/92, Slg. 1993, I‑6447, Randnrn. 15 und 16).

32      Unterricht an Bildungseinrichtungen, die im Wesentlichen aus privaten Mitteln, insbesondere durch die Studenten oder deren Eltern, finanziert werden, hat der Gerichtshof dagegen als Dienstleistung im Sinne von Art. 50 EG eingestuft, da das von diesen Einrichtungen verfolgte Ziel darin besteht, eine Leistung gegen Entgelt anzubieten (Urteile Wirth, Randnr. 17, sowie Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 40).

33      Lehrgänge, die im Wesentlichen durch Personen finanziert werden, die eine Ausbildung oder berufliche Spezialisierung anstreben, sind daher als Dienstleistung im Sinne von Art. 50 EG anzusehen.

34      Es ist Sache des nationalen Richters, den Sachverhalt und insbesondere die Bedingungen und Voraussetzungen zu würdigen, die für den vom Kläger des Ausgangsverfahrens besuchten Spezialisierungslehrgang galten.

35      Art. 49 EG ist demnach auf einen Sachverhalt wie den des Ausgangsverfahrens anwendbar, wenn der Steuerpflichtige eines Mitgliedstaats eine universitäre Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat besucht, die als Erbringer entgeltlicher Dienstleistungen angesehen werden kann, d. h. im Wesentlichen aus privaten Mitteln finanziert wird. Ob dies der Fall ist, hat das nationale Gericht zu prüfen.

 Zum Vorliegen einer Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit

36      Laut dem Vorlagebeschluss lehnte es die Agenzia ab, die Teilnahmekosten des vom Kläger des Ausgangsverfahrens in den Niederlanden besuchten Spezialisierungslehrgangs zu berücksichtigen, ohne dies in irgendeiner geeigneten Weise zu rechtfertigen.

37      Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat seinerseits geltend gemacht, dass zu dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt der von ihm am ITC besuchte Master-Lehrgang von keiner öffentlichen oder privaten Einrichtung in Italien angeboten worden sei. Da von den italienischen Hochschulen keine hinsichtlich des Inhalts und des Aufbaus der Ausbildung im Wesentlichen gleichwertigen Fortbildungslehrgänge angeboten würden, seien nach der geltenden italienischen Regelung die Teilnahmekosten von Hochschul- oder Postgraduiertenlehrgängen im Ausland überhaupt nicht abzugsfähig.

38      Nach den Erklärungen der italienischen Regierung vor dem Gerichtshof hingegen wurde dem Kläger des Ausgangsverfahrens der vom TUIR vorgesehene Abzug nicht verweigert, sondern bloß dessen Höhe von 2 481 Euro auf 676 Euro berichtigt. Ebenso macht die Kommission geltend, dass die italienische Steuerregelung, wenn sie im Licht der Rundschreiben Nrn. 95/2000 und 11/1987 ausgelegt und angewandt werde, den Abzug der Teilnahmekosten nicht ausschließe, sondern nur quantitative und gebietsbezogene Beschränkungen für die Berechnung der Höhe der abzugsfähigen Kosten vorsehe.

39      Die Klärung der Frage, ob die italienische Steuerregelung, wie sie von den zuständigen Behörden ausgelegt und angewandt wird, zur Verweigerung des vom Kläger des Ausgangsverfahrens geforderten Abzugs der in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen Hochschulausbildungskosten von der Bruttosteuer oder zur Kürzung der abzugsfähigen Kosten gemäß den oben erwähnten Beschränkungen führt, ist Sache des nationalen Richters.

40      Für den Fall, dass einem Steuerpflichtigen, der eine private Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat besucht hat, ein Abzug verweigert werden sollte, ist darauf hinzuweisen, dass eine nationale Regelung, wonach das Recht zum Abzug der Teilnahmekosten eines Hochschullehrgangs in einem anderen Mitgliedstaat von der Bruttosteuer allgemein ausgeschlossen ist, während diese Möglichkeit hinsichtlich der Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen in diesem Mitgliedstaat selbst besteht, zu einer höheren steuerlichen Belastung derjenigen Steuerpflichtigen führt, die universitäre Einrichtungen im Ausland besuchen.

41      Eine solche Regelung hielte in Italien wohnende Steuerpflichtige davon ab, Hochschullehrgänge an Einrichtungen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten zu besuchen. Darüber hinaus beeinträchtigte sie auch das Bildungsangebot privater Bildungseinrichtungen in anderen Mitgliedstaaten, das an in Italien wohnende Steuerpflichtige gerichtet ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 66, und vom 11. September 2007, Kommission/Deutschland, C‑318/05, Slg. 2007, I‑6957, Randnr. 40).

42      Eine solche Regelung beeinträchtigte die in Art. 49 EG gewährleistete Dienstleistungsfreiheit. Art. 49 EG schließt die Anwendung einer nationalen Regelung aus, die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen innerhalb nur eines Mitgliedstaats erschwert (vgl. u. a. Urteile Smits und Peerbooms, Randnr. 61, sowie Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Eine solche Beeinträchtigung lässt sich nach dem Gemeinschaftsrecht nur rechtfertigen, wenn sie auf objektiven Erwägungen beruht, die von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängig sind, und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck steht.

44      Dazu ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall keine Rechtfertigung vorgetragen worden ist.

45      Für den Fall, dass ein Abzug der Teilnahmekosten von in einem anderen Mitgliedstaat angebotenen Hochschullehrgängen von der Bruttosteuer zugelassen, jedoch quantitativen und gebietsbezogenen Beschränkungen unterworfen worden sein sollte, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. e des TUIR ein Abzug von 19 % der Teilnahmekosten von Sekundar- oder Hochschullehrgängen vorgesehen ist, soweit sie die für nationale Einrichtungen festgelegten Gebühren und Beiträge nicht übersteigen.

46      Während die Teilnahmekosten von Lehrgängen in einem anderen Mitgliedstaat nur bis zu dem Betrag abzugsfähig sind, der für die Gebühren und Beiträge für die Teilnahme an ähnlichen Lehrgängen an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen öffentlichen italienischen Hochschule festgesetzt ist, sind die an einer privaten Einrichtung in Italien entstandenen Kosten bis zur Höhe der Gebühren und Beiträge abzugsfähig, die für den Besuch der öffentlichen italienischen Hochschule in derselben Stadt oder, wenn es keine solche Hochschule gibt, in derselben Region wie die genannte private Einrichtung festgesetzt sind.

47      Nach den schriftlichen Erklärungen der Kommission ergeben sich diese quantitativen und gebietsbezogenen Beschränkungen aus Art. 15 Abs. 1 Buchst. e des TUIR, wie er von den zuständigen Steuerbehörden im Licht der Rundschreiben Nrn. 95/2000 und 11/1987 ausgelegt und angewandt wird.

48      In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger des Ausgangsverfahrens den rechtlichen Wert und die Anwendbarkeit dieser Rundschreiben in Frage gestellt und ihre fehlende Bindungswirkung geltend gemacht; das Rundschreiben Nr. 11/1987 betreffe jedenfalls eine andere Bestimmung des TUIR als Art. 15 Abs. 1 Buchst. e und sei auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar gewesen.

49      Unabhängig davon, welche Bindungswirkung diese Rundschreiben haben und ob sie im Ausgangsverfahren anwendbar sind – was vom vorlegenden Gericht und nicht vom Gerichtshof zu überprüfen ist –, haben jedoch alle Verfahrensbeteiligten vor dem Gerichtshof anerkannt, dass die zuständigen italienischen Behörden bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. e des TUIR und der Berechnung der abzugsfähigen Kosten die oben erwähnten quantitativen und gebietsbezogenen Beschränkungen berücksichtigen.

50      Nach dem Vorbringen des Klägers des Ausgangsverfahrens treffen diese Beschränkungen Personen, die sich für einen Lehrgang in einem anderen Mitgliedstaat entscheiden, härter als die, die einen Lehrgang in Italien wählen.

51      Unter Berücksichtigung des in Randnr. 49 Gesagten ist jedoch zum einen davon auszugehen, dass die fragliche quantitative Beschränkung sowohl auf private Einrichtungen in Italien als auch auf solche in anderen Mitgliedstaaten angewandt wird.

52      Was zum anderen die in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils erwähnte gebietsbezogene Beschränkung betrifft, sind die Kosten eines italienischen Steuerpflichtigen, wenn er an einem Hochschullehrgang in einem anderen Mitgliedstaat teilnimmt, bis zu dem Höchstbetrag abzugsfähig, der für Gebühren und Beiträge der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen in Italien am nächsten gelegenen und ähnliche Lehrgänge anbietenden italienischen öffentlichen Hochschule vorgesehen ist. Wenn derselbe Steuerpflichtige einen von einer privaten universitären Einrichtung in Italien veranstalteten ähnlichen Lehrgang besucht, wird der Höchstbetrag hingegen nach den Gebühren und Beiträgen der italienischen öffentlichen Hochschule der Stadt oder gegebenenfalls der Region bestimmt, in der sich diese private Einrichtung befindet.

53      Unter der Prämisse, dass diese Darstellung der Anwendungsvoraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 Buchst. e des TUIR zutrifft, ergibt sich, dass entgegen dem Vorbringen des Klägers des Ausgangsverfahrens einem Steuerpflichtigen, der sich für den Besuch einer privaten universitären Einrichtung in Italien entscheidet, als Bezugspunkt für die Festsetzung des Höchstbetrags abzugsfähiger Kosten nicht die große Bandbreite öffentlicher universitärer Einrichtungen im gesamten Staatsgebiet zur Verfügung steht, während für Steuerpflichtige, die einen Lehrgang im Ausland wählen, die Obergrenze durch die Kosten eines ähnlichen Lehrgangs gebildet wird, den die ihrem steuerlichen Wohnsitz am nächsten gelegene öffentliche Einrichtung veranstaltet.

54      Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass es einem Mitgliedstaat zur Vermeidung einer übermäßigen finanziellen Belastung möglich ist, die Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten auf einen bestimmten Betrag zu beschränken, der der steuerlichen Vergünstigung entspricht, die dieser Mitgliedstaat gemäß bestimmten eigenen Wertvorstellungen für den Besuch von Bildungseinrichtungen im Inland gewährt (vgl. Urteil Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 80).

55      Im vorliegenden Fall haben der Kläger des Ausgangsverfahrens, die italienische Regierung und die Kommission in Beantwortung von Fragen des Gerichtshofs erläutert, dass die an italienischen öffentlichen Hochschulen gezahlten Gebühren und Beiträge je nach den jeweils geltenden regionalen Steuern und aufgrund der Tatsache, dass der Verwaltungsrat jeder öffentlichen Hochschule die Gebühren für die Teilnahme an den Lehrgängen autonom festsetzt, von einer Hochschule zur anderen variieren können.

56      Gleichwohl haben diese Unterschiede nicht nur Auswirkungen auf die Festsetzung des Kostenhöchstbetrags, den ein Steuerpflichtiger in Abzug bringen kann, der eine private Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat besucht, sondern auch auf die Festsetzung des Kostenhöchstbetrags, den ein Steuerpflichtiger in Abzug bringen kann, der an einem Lehrgang einer privaten Einrichtung in Italien teilnimmt.

57      Eine nationale Regelung, die zu solchen Unterschieden führt, die sowohl Steuerpflichtige, die Lehrgänge in Italien besuchen, als auch Steuerpflichtige, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen und Lehrgänge in anderen Mitgliedstaaten besuchen, betreffen und die auf die in Randnr. 55 des vorliegenden Urteils erwähnten Faktoren zurückzuführen sind, stellt keine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EG dar.

58      Der Abzug der dem Steuerpflichtigen entstandenen Ausbildungskosten unterliegt nämlich keiner steuerlichen Regelung, die danach differenzierte, ob der Lehrgang im betreffenden Mitgliedstaat oder in anderen Mitgliedstaaten stattfindet. Im vorliegenden Fall befand sich der Kläger, indem er einen von einer universitären Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Lehrgang besuchte, hinsichtlich des streitigen Steuerabzugs nicht notwendigerweise in einer ungünstigeren Lage als der, in der er sich befunden hätte, wenn er eine private Hochschule in Italien besucht hätte. Je nach der privaten Hochschule, für die er sich in Italien entschieden hätte, wären die abzugsfähigen Ausgaben höher oder niedriger als die gewesen, die sich unter Bezugnahme auf die für den Besuch der seinem steuerlichen Wohnsitz am nächsten gelegenen öffentlichen italienischen Hochschule vorgesehenen Gebühren errechnet hätten, welche als Bezugspunkt für in anderen Mitgliedstaaten veranstaltete Lehrgänge dienen.

59      Anhand dieser Bezugspunkte sollen die Beträge der bei einer privaten Einrichtung mit Sitz in Italien oder in einem anderen Mitgliedstaat entrichteten Ausbildungskosten bestimmt werden, die der Steuerpflichtige in Abzug bringen darf.

60      Wie die Kommission geltend gemacht hat, ist der für private Einrichtungen mit Sitz in Italien festgelegte Bezugspunkt im Zusammenhang mit einer privaten Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nicht zweckmäßig.

61      Selbst wenn für alle privaten Einrichtungen innerhalb oder außerhalb des betreffenden Mitgliedstaats als einziger Bezugspunkt für die Berechnung der abzugsfähigen Kosten die Gebühren herangezogen würden, die für den Besuch ähnlicher Lehrgänge an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen italienischen öffentlichen Hochschule vorgesehen sind, bliebe die Höhe der Kosten, die ein Steuerpflichtiger wie der Kläger des Ausgangsverfahrens, der eine universitäre Einrichtung im Ausland besucht hat, in Abzug bringen kann, dennoch unverändert.

62      Nach alledem ist nicht ersichtlich, wie durch die steuerliche Regelung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. e des TUIR in Italien wohnende Steuerpflichtige davon abgehalten werden könnten, Hochschullehrgänge an Einrichtungen in einem anderen Mitgliedstaat zu besuchen.

63      Dieses Ergebnis wird von der Kommission nicht in Frage gestellt, die am Ende der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts werde am besten dadurch entsprochen, dass als Bezugspunkt die Gebühren und Beiträge an der öffentlichen italienischen Hochschule herangezogen würden, die den Lehrgang mit dem höchsten Niveau anbiete, der dem vom Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat besuchten Lehrgang vergleichbar sei.

64      Solange keine Harmonisierungsmaßnahmen erlassen sind, ist es nämlich Sache der Mitgliedstaaten, in Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten die Kriterien für die Berechnung der abzugsfähigen Kosten einer Hochschulausbildung festzulegen, vorausgesetzt, die entsprechenden Regeln stehen mit den Bestimmungen des EG‑Vertrags im Einklang und halten insbesondere, in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in Italien wohnende Steuerpflichtige nicht davon ab, Hochschullehrgänge zu besuchen, die von Einrichtungen in anderen Mitgliedstaaten angeboten werden.

65      Soweit nach der italienischen Regelung, wie sie von den italienischen Behörden ausgelegt und angewandt wird, ein Höchstbetrag abzugsfähiger Kosten mit den oben erwähnten quantitativen und gebietsbezogenen Beschränkungen vorgesehen ist, stellt diese Regelung jedenfalls aus den in den Randnrn. 51 bis 62 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen keine Beeinträchtigung von Art. 49 EG dar, so dass sich Erwägungen zu dem von der Kommission als geeigneter angesehenen alternativen Kriterium erübrigen.

66      Nach alledem ist Art. 49 EG dahin auszulegen,

–        dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an universitären Einrichtungen mit Sitz im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats abzuziehen, diese Möglichkeit aber allgemein ausgeschlossen ist, wenn es sich um Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer privaten universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat handelt;

–        dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer privaten universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat bis zu dem Höchstbetrag abzuziehen, der für die Teilnahmekosten ähnlicher Lehrgänge an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule vorgesehen ist.

 Zum Vorliegen einer Beeinträchtigung der Rechte aus der Unionsbürgerschaft

67      Wie aus den Randnrn. 24 bis 35 des vorliegenden Urteils hervorgeht, ist eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche auch im Hinblick auf Art. 18 EG zu prüfen, da das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis gelangen könnte, dass Art. 49 EG auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar ist.

68      Der Unionsbürgerstatus ist dazu bestimmt, der grundlegende Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu sein, der es denjenigen unter ihnen, die sich in der gleichen Situation befinden, erlaubt, im sachlichen Geltungsbereich des Vertrags unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und unbeschadet der insoweit ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen die gleiche rechtliche Behandlung zu genießen (vgl. insbesondere Urteile vom 20. September 2001, Grzelczyk, C‑184/99, Slg. 2001, I‑6193, Randnr. 31, sowie Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 86).

69      Zu den Situationen, die in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, gehören diejenigen, die sich auf die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten beziehen, und insbesondere auch die, in denen es um das durch Art. 18 EG verliehene Recht geht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (vgl. insbesondere Urteile Grzelczyk, Randnr. 33, sowie Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 87).

70      Da ein Unionsbürger in allen Mitgliedstaaten Anspruch auf die gleiche rechtliche Behandlung wie die eigenen Staatsangehörigen dieser Mitgliedstaaten hat, die sich in der gleichen Situation befinden, wäre es mit dem Recht auf Freizügigkeit unvereinbar, wenn der Mitgliedstaat, dem er angehört, ihn weniger günstig behandeln könnte, als wenn er nicht von den Erleichterungen Gebrauch gemacht hätte, die ihm der Vertrag in Bezug auf die Freizügigkeit gewährt (Urteile vom 11. Juli 2002, D’Hoop, C‑224/98, Slg. 2002, I‑6191, Randnr. 30, sowie Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 88).

71      Diese Erleichterungen könnten ihre volle Wirkung nicht entfalten, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats von ihrer Wahrnehmung durch Hindernisse abgehalten werden könnte, die seinem Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat infolge einer Regelung seines Herkunftsstaats entgegenstehen, die Nachteile daran knüpft, dass er von ihnen Gebrauch gemacht hat (Urteil Schwarz und Gootjes-Schwarz, Randnr. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht, indem er eine universitäre Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat besucht hat.

73      Eine nationale Regelung, die von den zuständigen Steuerbehörden dahin ausgelegt und angewandt würde, dass nach ihr der Steuerabzug von Kosten einer Hochschulausbildung deswegen ausgeschlossen wäre, weil diese bei einer universitären Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat entstanden sind, während diese Möglichkeit hinsichtlich der Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen in diesem Mitgliedstaat selbst bestünde, benachteiligte Steuerpflichtige allein deshalb, weil sie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, indem sie sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben haben, um dort an einem Hochschullehrgang teilzunehmen.

74      Ein solcher Ausschluss stellte eine Beeinträchtigung der den Unionsbürgern durch Art. 18 Abs. 1 EG verliehenen Freiheiten dar.

75      Der Ausschluss des Rechts auf Abzug der Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen, die von Einrichtungen in anderen Mitgliedstaaten angeboten werden, könnte nicht allein dadurch gerechtfertigt werden, dass von den italienischen öffentlichen Hochschulen keine entsprechenden Leistungen erbracht werden.

76      Im vorliegenden Fall wurde für den behaupteten Ausschluss des Abzugsrechts, auf den in dem Vorlagebeschluss Bezug genommen wird, keine Rechtfertigung vorgetragen. Auch wenn es den Mitgliedstaaten freisteht, nach ihren jeweils eigenen Grundsätzen objektive Kriterien festzulegen, nach denen sich bestimmen lässt, welche Arten von Ausbildungskosten zur Vornahme eines Steuerabzugs berechtigen, läuft ein derartiger allgemeiner Ausschluss des Abzugsrechts allein deshalb, weil der Lehrgang in einem anderen Mitgliedstaat angeboten wird und/oder es im Wohnmitgliedstaat des Steuerpflichtigen nichts ihm Entsprechendes gibt, Art. 18 EG zuwider.

77      Was die in den Randnrn. 46 und 47 des vorliegenden Urteils erwähnte Normierung quantitativer und gebietsbezogener Beschränkungen bei der Berechnung der Höhe der abzugsfähigen Ausbildungskosten anbelangt, ist festzustellen, dass diese Beschränkungen aus den bereits in den Randnrn. 51 bis 62 des vorliegenden Urteils im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit dargelegten Gründen keine Art. 18 EG zuwiderlaufenden Beeinträchtigungen der Freizügigkeit der Unionsbürger darstellen.

78      Nach alledem ist Art. 18 EG dahin auszulegen,

–        dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an Einrichtungen mit Sitz im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats abzuziehen, diese Möglichkeit aber allgemein ausgeschlossen ist, wenn es sich um Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat handelt;

–        dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat bis zu dem Höchstbetrag abzuziehen, der für die Teilnahmekosten ähnlicher Lehrgänge an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule vorgesehen ist.

 Kosten

79      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 49 EG ist dahin auszulegen,

–        dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an universitären Einrichtungen mit Sitz im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats abzuziehen, diese Möglichkeit aber allgemein ausgeschlossen ist, wenn es sich um Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer privaten universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat handelt;

–        dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer privaten universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat bis zu dem Höchstbetrag abzuziehen, der für die Teilnahmekosten ähnlicher Lehrgänge an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule vorgesehen ist.

2.      Art. 18 EG ist dahin auszulegen,

–        dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an Einrichtungen mit Sitz im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats abzuziehen, diese Möglichkeit aber allgemein ausgeschlossen ist, wenn es sich um Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat handelt;

–        dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, von der Bruttosteuer die Teilnahmekosten von Hochschullehrgängen an einer universitären Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat bis zu dem Höchstbetrag abzuziehen, der für die Teilnahmekosten ähnlicher Lehrgänge an der dem steuerlichen Wohnsitz des Steuerpflichtigen am nächsten gelegenen innerstaatlichen öffentlichen Hochschule vorgesehen ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Italienisch.

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