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Document 62009CJ0084

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 18. November 2010.
X gegen Skatteverket.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Regeringsrätten - Schweden.
Mehrwertsteuer - Richtlinie 2006/112/EG - Art. 2, 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 - Innergemeinschaftlicher Erwerb eines neuen Segelboots - Unmittelbare Nutzung des erworbenen Gegenstands im Erwerbsmitgliedstaat oder einem anderen Mitgliedstaat vor der Verbringung an den endgültigen Bestimmungsort - Frist für den Beginn des Transports des Gegenstands an den Bestimmungsort - Höchstdauer des Transports - Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung der Eigenschaft als neues Fahrzeug hinsichtlich seiner Besteuerung.
Rechtssache C-84/09.

European Court Reports 2010 I-11645

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2010:693

Rechtssache C‑84/09

X

gegen

Skatteverket

(Vorabentscheidungsersuchen des Regeringsrätt)

„Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 2, 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 – Innergemeinschaftlicher Erwerb eines neuen Segelboots – Unmittelbare Nutzung des erworbenen Gegenstands im Erwerbsmitgliedstaat oder einem anderen Mitgliedstaat vor der Verbringung an den endgültigen Bestimmungsort – Frist für den Beginn des Transports des Gegenstands an den Bestimmungsort – Höchstdauer des Transports – Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung der Eigenschaft als neues Fahrzeug hinsichtlich seiner Besteuerung“

Leitsätze des Urteils

1.        Steuerliche Vorschriften – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Übergangsregelung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

(Richtlinie 2006/112 des Rates, Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii, 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1)

2.        Steuerliche Vorschriften – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Übergangsregelung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

(Richtlinie 2006/112 des Rates, Art. 2 Abs. 2 Buchst. b)

1.        Die Art. 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb nicht von der Einhaltung einer Frist abhängen kann, innerhalb deren die Beförderung des Gegenstands vom Liefermitgliedstaat in den Bestimmungsmitgliedstaat beginnen oder abgeschlossen sein muss. Damit allerdings eine solche Einstufung vorgenommen und der Ort des Erwerbs bestimmt werden kann, ist festzustellen, ob ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Lieferung des Gegenstands und seiner Beförderung sowie ein kontinuierlicher Ablauf des Vorgangs gegeben sind.

Im speziellen Fall des Erwerbs eines neuen Fahrzeugs im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii dieser Richtlinie hat die Bestimmung des innergemeinschaftlichen Charakters des Umsatzes im Wege einer umfassenden Beurteilung aller objektiven Umstände sowie der Absicht des Erwerbers zu erfolgen, sofern diese durch objektive Anhaltspunkte untermauert wird, anhand deren ermittelt werden kann, in welchem Mitgliedstaat die Endverwendung des betreffenden Gegenstands beabsichtigt ist. Zu den Umständen, denen eine gewisse Bedeutung zukommen kann, gehören insoweit neben dem zeitlichen Ablauf der Beförderung des Gegenstands u. a. der Ort seiner Registrierung und gewöhnlichen Verwendung, der Wohnort des Erwerbers sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen, die der Erwerber zum Liefermitgliedstaat oder einem anderen Mitgliedstaat unterhält. Im speziellen Fall des Erwerbs eines Segelboots können sich auch der Flaggenmitgliedstaat und der Ort als maßgebend erweisen, an dem das Segelboot seinen gewöhnlichen Liege- oder Ankerplatz hat sowie der Ort, an dem es über Winter untergebracht ist.

Es kann jedoch nicht verlangt werden, dass bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb die Beförderung eines Fahrzeugs unmittelbar nach seiner Lieferung durchgeführt wird, dass sie nicht unterbrochen wird und dass der in Rede stehende Gegenstand vor oder während dieser Beförderung nicht in irgendeiner Weise verwendet wird. Ausschlaggebend ist, in welchem Mitgliedstaat die endgültige und dauerhafte Verwendung des in Rede stehenden Fahrzeugs stattfinden wird. Seine Verwendung während des Transports, selbst zu Freizeitzwecken, stellt im Verhältnis zur allgemeinen Lebensdauer eines Fahrzeugs insoweit nur eine völlig untergeordnete Zeitspanne dar.

(vgl. Randnrn. 33, 45-46, 48, 50-51, Tenor 1)

2.        Für die Beurteilung, ob ein Fahrzeug, das Gegenstand eines innergemeinschaftlichen Erwerbs ist, neu im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist, ist auf den Zeitpunkt der Lieferung des betreffenden Gegenstands vom Verkäufer an den Käufer, also den Zeitpunkt abzustellen, zu dem das Recht, über diesen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, vom Verkäufer auf den Erwerber übertragen wird.

(vgl. Randnrn. 55, 57, Tenor 2)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

18. November 2010(*)

„Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 2, 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 – Innergemeinschaftlicher Erwerb eines neuen Segelboots – Unmittelbare Nutzung des erworbenen Gegenstands im Erwerbsmitgliedstaat oder einem anderen Mitgliedstaat vor der Verbringung an den endgültigen Bestimmungsort – Frist für den Beginn des Transports des Gegenstands an den Bestimmungsort – Höchstdauer des Transports – Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung der Eigenschaft als neues Fahrzeug hinsichtlich seiner Besteuerung“

In der Rechtssache C‑84/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Regeringsrätt (Schweden) mit Entscheidung vom 16. Februar 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Februar 2009, in dem Verfahren

X

gegen

Skatteverket

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von X, vertreten durch U. Käll, D. Kleist und M. Johansson, advokater,

–        des Skatteverk, vertreten durch C. Olsson, advokat,

–        der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und S. Johannesson als Bevollmächtigte,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und B. Klein als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und P. Dejmek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. Mai 2010

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2, 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen X und dem Skatteverk (schwedische Steuerverwaltung) über einen Vorbescheid des Skatterättsnämnd (Ausschuss für Steuerrecht) betreffend die Erhebung von Mehrwertsteuer in Schweden auf den Erwerb eines neuen Segelboots in einem anderen Mitgliedstaat.

 Rechtlicher Rahmen

 Die Richtlinie 2006/112

3        Mit der Richtlinie 2006/112 wurden mit Wirkung vom 1. Januar 2007 die bestehenden Unionsrechtsvorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, insbesondere die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1), aufgehoben und ersetzt.

4        Der elfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/112 lautet:

„Ferner sollten in dieser Übergangszeit in den Bestimmungsmitgliedstaaten … bestimmte innergemeinschaftliche … Lieferungen neuer Fahrzeuge, die an Privatpersonen oder an steuerbefreite oder nichtsteuerpflichtige Einrichtungen bewirkt werden, zu den Sätzen und Bedingungen dieser Mitgliedstaaten insofern besteuert werden, als die Behandlung dieser Umsätze ohne besondere Bestimmungen zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten führen könnten.“

5        Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

a)      Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;

b)      der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt

ii)      wenn der betreffende Gegenstand ein neues Fahrzeug ist, durch einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, deren übrige Erwerbe gemäß Artikel 3 Absatz 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, oder durch jede andere nichtsteuerpflichtige Person;

(2) a) Für Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe b Ziffer ii gelten als ‚Fahrzeug‘ folgende Fahrzeuge zur Personen- oder Güterbeförderung:

ii)      Wasserfahrzeuge mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern, ausgenommen Wasserfahrzeuge, die auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr, zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt werden, Bergungs- und Rettungsschiffe auf See sowie Küstenfischereifahrzeuge;

b)      Diese Fahrzeuge gelten in folgenden Fällen als ‚neu‘:

ii)      Wasserfahrzeuge: wenn die Lieferung innerhalb von drei Monaten nach der ersten Inbetriebnahme erfolgt oder wenn das Fahrzeug höchstens 100 Stunden zu Wasser zurückgelegt hat;

c)      Die Mitgliedstaaten legen fest, unter welchen Voraussetzungen die in Buchstabe b genannten Angaben als gegeben gelten.“

6        Nach Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie gilt als „Lieferung von Gegenständen“ die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

7        Art. 20 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Als ‚innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen‘ gilt die Erlangung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen beweglichen körperlichen Gegenstand zu verfügen, der durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Beförderung befand, an den Erwerber versandt oder befördert wird.“

8        Nach Art. 40 der Richtlinie 2006/112 gilt als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen der Ort, an dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung der Versendung oder Beförderung an den Erwerber befinden.

9        Art. 68 dieser Richtlinie bestimmt:

„Der Steuertatbestand tritt zu dem Zeitpunkt ein, zu dem der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen bewirkt wird.

Der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen gilt als zu dem Zeitpunkt bewirkt, zu dem die Lieferung gleichartiger Gegenstände innerhalb des Mitgliedstaats als bewirkt gilt.“

10      Art. 138 dieser Richtlinie lautet:

„(1)      Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden von der Steuer, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt.

(2)      Außer den in Absatz 1 genannten Lieferungen befreien die Mitgliedstaaten auch folgende Umsätze von der Steuer:

a)      die Lieferungen neuer Fahrzeuge, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung an den Erwerber nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn die Lieferungen an Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige juristische Personen, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen gemäß Artikel 3 Absatz 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, oder an eine andere nichtsteuerpflichtige Person bewirkt werden;

…“

 Nationales Recht

11      Nach Kapitel 1 § 1 Mervärdesskattelag (Mehrwertsteuergesetz) (SFS 1994, Nr. 200, im Folgenden: ML) ist Mehrwertsteuer zu entrichten auf u. a. den inländischen Umsatz von Gegenständen oder Dienstleistungen, der im Rahmen einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit bewirkt wird, sowie auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von beweglichen Gegenständen.

12      Nach Kapitel 2a § 2 ML liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor, wenn ein Gegenstand gegen Entgelt erworben wird und zum Erwerber von diesem selbst, vom Verkäufer oder von einem Dritten für deren Rechnung aus einem anderen Mitgliedstaat nach Schweden befördert wird.

13      Nach Kapitel 2a § 3 ML liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb eines Gegenstands vor, wenn dieser ein sogenanntes neues Fahrzeug im Sinne von Kapitel 1 § 13a ML betrifft.

14      Gemäß Kapitel 1 § 13a ML gelten als neue Fahrzeuge u. a. Wasserfahrzeuge – von bestimmten in der vorliegenden Rechtssache nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen – mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern, sofern sie innerhalb von drei Monaten nach der ersten Inbetriebnahme gegen Entgelt überlassen werden oder vor der Überlassung höchstens 100 Stunden zu Wasser zurückgelegt haben.

15      Gemäß Kapitel 3 § 30a ML ist der Umsatz von neuen Fahrzeugen, die vom Verkäufer, vom Käufer oder für ihre Rechnung von Schweden in einen anderen Mitgliedstaat befördert werden, von der Steuer befreit, und zwar auch dann, wenn der Käufer nicht für die Zwecke der Mehrwertsteuer registriert ist.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16      X, eine in Schweden ansässige Privatperson, beabsichtigt, im Vereinigten Königreich ein neues Segelboot mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern für privaten Gebrauch zu erwerben. Nach der Auslieferung will X das Segelboot im Liefermitgliedstaat für einen Zeitraum von drei bis fünf Monaten für Freizeitzwecke verwenden und dabei mit ihm mehr als 100 Stunden segeln. Alternativ hierzu könnte das Boot unmittelbar nach der Auslieferung aus dem Vereinigten Königreich ausgeführt und in anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich Schweden in gleicher Weise eingesetzt werden. In beiden Fällen soll das Boot im Anschluss an die geplante Verwendung auf dem Seeweg an seinen endgültigen Bestimmungsort in Schweden gebracht werden.

17      Um sich Klarheit über die steuerlichen Konsequenzen des geplanten Umsatzes zu verschaffen, beantragte X beim Skatterättsnämnd einen Vorbescheid zu der Frage, ob der Erwerb in einem der beiden Fälle in Schweden besteuert werde.

18      Das Skatterättsnämnd entschied, dass in beiden Fällen ein innergemeinschaftlicher Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch X anzunehmen sei, auf den er in Schweden Mehrwertsteuer zu entrichten habe. Dieser Ausschuss vertrat die Ansicht, dass das durch die Werft ausgelieferte Segelboot als neues Fahrzeug zu betrachten sei, da es zu dem Zeitpunkt, zu dem X die Befähigung erlange, als Eigentümer über dieses Segelboot zu verfügen, noch nicht mehr als drei Monate nach der ersten Inbetriebnahme benutzt worden sein oder mehr als 100 Stunden zu Wasser zurückgelegt haben werde. Für diese Beurteilung sei ohne Bedeutung, dass diese Voraussetzungen bei der Ankunft des Bootes in Schweden nicht mehr erfüllt seien. Die Beförderung des in Rede stehenden Bootes beginne mit seinem Erwerb oder mit seiner Auslieferung durch den Verkäufer, und der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs liege in dem Mitgliedstaat, in dem sich das Boot zu dem Zeitpunkt befinde, zu dem die Beförderung abgeschlossen sei, hier also in Schweden.

19      Da X der Ansicht ist, dass der geplante Erwerb als inländische Lieferung im Vereinigten Königreich zu versteuern sei, erhob er gegen diesen Vorbescheid Klage beim Regeringsrätt. Das Skatteverk beantragte seinerseits, den Vorbescheid zu bestätigen.

20      Unter diesen Umständen hat das Regeringsrätt beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind die Art. 138 und 20 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass mit der Verbringung aus dem Gebiet des Ursprungsmitgliedstaats innerhalb einer bestimmten Frist begonnen werden muss, damit der Umsatz von der Steuer befreit ist und ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegt?

2.      Sind die genannten Artikel dementsprechend dahin auszulegen, dass die Beförderung in das Bestimmungsland innerhalb einer bestimmten Frist abgeschlossen sein muss, damit der Umsatz von der Steuer befreit ist und ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegt?

3.      Ist es für die Beantwortung der Fragen 1 und 2 von Bedeutung, ob der erworbene Gegenstand ein neues Fahrzeug ist und es sich beim Erwerber um eine Privatperson handelt, die beabsichtigt, das Fahrzeug schließlich in einem bestimmten Mitgliedstaat zu verwenden?

4.      Auf welchen Zeitpunkt ist im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs bei der Beurteilung abzustellen, ob ein Fahrzeug neu im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 ist?

 Zu den Vorlagefragen

 Zu den Fragen 1 bis 3

21      Mit seinen Fragen 1 bis 3, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen sind, dass die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb von der Einhaltung einer bestimmten Frist abhängt, innerhalb deren die Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands vom Liefermitgliedstaat nach dem Bestimmungsmitgliedstaat beginnen oder abgeschlossen sein muss. Dieses Gericht fragt insbesondere danach, ob es insoweit von Bedeutung ist, dass es sich um ein neues Fahrzeug handelt, das der Erwerber, eine Privatperson, in einem bestimmten Mitgliedstaat verwenden möchte.

22      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Mehrwertsteuerübergangsregelung für den innergemeinschaftlichen Handel, die durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1) eingeführt worden ist, auf der Einführung eines neuen Steuertatbestands, des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen, beruht, der es ermöglicht, die Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt, zu verlagern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2007, Teleos u. a., C‑409/04, Slg. 2007, I‑7797, Randnrn. 21, 22 und 36).

23      Auf diese Weise sollte dieser Mechanismus, bestehend aus zum einen einer Befreiung der Lieferung, die zu einer innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung führt, durch den Mitgliedstaat des Beginns der Versendung oder Beförderung, ergänzt durch das Recht zum Abzug oder zur Erstattung der in diesem Mitgliedstaat entrichteten Vorsteuer, und zum anderen einer Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch den Ankunftsmitgliedstaat, eine klare Abgrenzung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. April 2006, EMAG Handel Eder, C‑245/04, Slg. 2006, I‑3227, Randnr. 40).

24      Was insbesondere die Regeln für die Besteuerung des Erwerbs von neuen Fahrzeugen betrifft, geht aus dem elften Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/112, der den Inhalt des elften Erwägungsgrundes der Richtlinie 91/680 übernimmt, hervor, dass diese Regeln neben der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse außerdem noch das Ziel verfolgen, Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten, die sich aus der Anwendung unterschiedlicher Steuersätze ergeben können, vorzubeugen. In Ermangelung einer Übergangsregelung würde sich der Vertrieb neuer Fahrzeuge nämlich zulasten anderer Mitgliedstaaten und ihrer Steuereinnahmen auf Mitgliedstaaten mit niedrigem Mehrwertsteuersatz beschränken. Wie die Generalanwältin in Nr. 34 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hat der Unionsgesetzgeber nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii der Richtlinie 2006/112 den Erwerb neuer Fahrzeuge nicht nur durch Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige juristische Personen, sondern aufgrund u. a. des hohen Wertes und der leichten Transportierbarkeit dieser Güter auch durch Privatpersonen besteuert.

25      Vor diesem Hintergrund und im Licht dieser Zielsetzungen sind die Bestimmungen auszulegen, die in den dem Gerichtshof vorgelegten Fragen genannt sind.

26      Was erstens die Frage betrifft, ob die Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands zum Erwerber im Sinne der Art. 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen muss, ist zunächst festzustellen, dass diese Bestimmungen die Voraussetzungen vorsehen, die erfüllt sein müssen, damit ein Umsatz als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb eingestuft wird.

27      So ist der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands erst dann bewirkt und wird die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung erst dann anwendbar, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist, wenn der Lieferant nachweist, dass dieser Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist, und wenn der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat (vgl. Urteile Teleos u. a., Randnr. 42, und vom 27. September 2007, Twoh International, C‑184/05, Slg. 2007, I‑7897, Randnr. 23).

28      Die innergemeinschaftliche Lieferung eines Gegenstands und sein innergemeinschaftlicher Erwerb sind in Wirklichkeit ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang, so dass die beiden in Randnr. 26 des vorliegenden Urteils genannten Bestimmungen so auszulegen sind, dass sie dieselbe Bedeutung und dieselbe Reichweite haben (vgl. in Bezug auf die Art. 28a Abs. 3 Unterabs. 1 und 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie, deren Inhalt den Art. 20 Abs. 1 bzw. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 entspricht, Urteil Teleos u. a., Randnrn. 23 und 34).

29      Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass weder Art. 20 Abs. 1 noch Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 ihrem Wortlaut nach die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen davon abhängig machen, dass die Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands zum Erwerber binnen einer beliebigen Frist beginnen oder abgeschlossen sein muss.

30      Für diesen Transport eine konkrete Frist vorzuschreiben, widerspräche außerdem der Systematik dieser Bestimmungen wie auch dem Hintergrund und den Zielsetzungen der Mehrwertsteuerübergangsregelung für den innergemeinschaftlichen Handel, die in den Randnrn. 22 bis 24 dieses Urteils wiedergegeben sind.

31      Die Anwendung einer Frist, innerhalb deren die Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands zum Erwerber beginnen oder abgeschlossen sein muss, würde den Erwerbern nämlich die Möglichkeit geben, den Mitgliedstaat, in dem der Erwerb eines neuen Fahrzeugs besteuert wird, danach auszuwählen, wo die Steuersätze und Bedingungen für sie am günstigsten sind. Eine solche Möglichkeit würde jedoch die Verwirklichung des mit der Mehrwertsteuerübergangsregelung für den innergemeinschaftlichen Handel verfolgten Ziels dadurch gefährden, dass den Mitgliedstaaten, in denen der Endverbrauch tatsächlich stattfindet, die ihnen zustehenden Steuereinnahmen genommen würden. Den Erwerbern eine solche Wahl zu lassen, liefe auch dem Ziel zuwider, im Rahmen des Handels mit Neufahrzeugen Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten vorzubeugen.

32      Das Ausgangsverfahren veranschaulicht, dass gegen den Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat verstoßen würde, fände eine konkrete Frist Anwendung, innerhalb deren die Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands zum Erwerber beginnen oder abgeschlossen sein muss. Folgte man der von X vertretenen Auslegung, dass es eine strikte Frist für den Beginn der Beförderung des betreffenden Gegenstands gebe, brauchte X die Beförderung des betreffenden Gegenstands in den Bestimmungsmitgliedstaat nämlich nur zu verzögern, um den innergemeinschaftlichen Charakter des Umsatzes zu verschleiern oder um die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zugunsten eines anderen Mitgliedstaats als des Bestimmungsmitgliedstaats des innergemeinschaftlichen Umsatzes zu verändern. In beiden Fällen würden dem Königreich Schweden seine Steuereinnahmen genommen.

33      Folglich kann die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb nicht von der Einhaltung einer konkreten Frist abhängen, innerhalb deren die Beförderung des gelieferten Gegenstands beginnen oder abgeschlossen sein muss. Damit allerdings eine solche Einstufung vorgenommen und der Ort des Erwerbs bestimmt werden kann, ist festzustellen, ob ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Lieferung des in Rede stehenden Gegenstands und seiner Beförderung sowie ein kontinuierlicher Ablauf des Vorgangs gegeben sind.

34      Diese Auslegung kann schließlich nicht durch das Vorbringen von X in Frage gestellt werden, wonach die im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsvorschriften eine konkrete Frist, nämlich zwei Monate, vorsähen, innerhalb deren der betreffende Gegenstand aus dem Inland verbracht werden müsse, damit die Behörden dieses Mitgliedstaats davon absähen, die Mehrwertsteuer zu erheben. Er vertritt die Ansicht, dass, erfolgte die Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands nicht binnen dieser Frist, die Mehrwertsteuer im Vereinigten Königreich geschuldet würde und es zu einer Doppelbesteuerung käme, würde das Königreich Schweden die Steuer aufgrund des innergemeinschaftlichen Erwerbs gleichfalls erheben.

35      Es trifft zwar zu, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 131 der Richtlinie 2006/112 die Voraussetzungen festlegen, unter denen sie innergemeinschaftliche Lieferungen befreien, um eine korrekte und einfache Anwendung dieser Befreiungen zu gewährleisten und Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaige Missbräuche zu verhüten, jedoch müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Befugnisse die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die Teil der Unionsrechtsordnung sind und zu denen u. a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören, beachten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Mai 2006, Federation of Technological Industries u. a., C‑384/04, Slg. 2006, I‑4191, Randnrn. 29 und 30, und vom 21. Februar 2008, Netto Supermarkt, C‑271/06, Slg. 2008, I‑771, Randnr. 18).

36      Insbesondere in Bezug auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat der Gerichtshof entschieden, dass die Mitgliedstaaten gemäß diesem Grundsatz Mittel einsetzen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen, die jedoch die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Unionsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (vgl. Urteile vom 18. Dezember 1997, Molenheide u. a., C‑286/94, C‑340/95, C‑401/95 und C‑47/96, Slg. 1997, I‑7281, Randnr. 46, Teleos u. a., Randnr. 52, und Netto Supermarkt, Randnr. 19).

37      Außerdem dürfen die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten zu diesem Zweck erlassen, nicht so eingesetzt werden, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen (vgl. Urteile vom 19. September 2000, Schmeink & Cofreth und Strobel, C‑454/98, Slg. 2000, I‑6973, Randnr. 59, vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, Slg. 2006, I‑1609, Randnr. 92, und vom 27. September 2007, Collée, C‑146/05, Slg. 2007, I‑7861, Randnr. 26).

38      Unterwirft demnach ein Mitgliedstaat einen Umsatz, der die objektiven Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfüllt, deshalb der Mehrwertsteuer, weil die in seinen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehene Frist für die Beförderung nicht eingehalten wurde, muss er zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung, die sich daraus ergeben kann, dass der Bestimmungsmitgliedstaat seine Befugnisse wahrnimmt, die so erhobene Steuer rückerstatten. Nach Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 288, S. 1) nimmt der Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung der Gegenstände, in dem ein innergemeinschaftlicher Erwerb erfolgt, seine Besteuerungskompetenz nämlich unabhängig von der mehrwertsteuerlichen Behandlung des Umsatzes im Mitgliedstaat des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände wahr.

39      Was zweitens den innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge durch Personen angeht, die nicht mehrwertsteuerpflichtig sind, ist festzustellen, dass hinsichtlich der Frist, innerhalb deren die Beförderung des Gegenstands zum Erwerber stattfinden muss, die gleichen Erwägungen gelten. Die das Fehlen einer bestimmten Beförderungsfrist bestätigende Auslegung ist unter diesen Voraussetzungen erst recht geboten, da, wie in den Randnrn. 31 und 32 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, das Bestehen einer strikten Frist es den Erwerbern ermöglichen würde, nicht nur das Ziel, dem Mitgliedstaat, in dem die Endverwendung des betreffenden Gegenstands stattfindet, die Steuereinnahmen zuzuweisen, sondern auch das von den Unionsrechtsvorschriften über die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge gesondert verfolgte Ziel zu umgehen, Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten vorzubeugen.

40      Um dem vorlegenden Gericht gleichwohl eine für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zweckdienliche Antwort zu geben, ist zu präzisieren, unter welchen Voraussetzungen der Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch eine Privatperson, die beabsichtigt, den betreffenden Gegenstand in einem bestimmten Mitgliedstaat zu verwenden, als innergemeinschaftlicher Erwerb einzustufen ist.

41      Nach ständiger Rechtsprechung haben die Begriffe, die die im Rahmen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems steuerbaren Umsätze definieren, objektiven Charakter und sind unabhängig von Zweck und Ergebnis der betreffenden Umsätze anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Januar 2006, Optigen u. a., C‑354/03, C‑355/03 und C‑484/03, Slg. 2006, I‑483, Randnr. 44, und vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling, C‑439/04 und C‑440/04, Slg. 2006, I‑6161, Randnr. 41). Die Einstufung einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs hat somit gleichfalls anhand objektiver Kriterien wie des Vorliegens einer physischen Bewegung der betreffenden Gegenstände zwischen Mitgliedstaaten zu erfolgen (Urteil Teleos u. a., Randnr. 40).

42      Was neue Fahrzeuge betrifft, ist jedoch festzustellen, dass die in der vorstehenden Randnummer erwähnte Regel auf innergemeinschaftliche Umsätze mit solchen Gegenständen in Anbetracht des besonderen Charakters dieser Umsätze nicht ohne Weiteres anwendbar ist.

43      Zum einen lässt sich insoweit die Beförderung neuer Fahrzeuge von deren Benutzung nur schwer unterscheiden. Zum anderen ist die Einstufung des Umsatzes deshalb schwierig, weil die auf diesen Umsatz entfallende Mehrwertsteuer auch von einer nichtsteuerpflichtigen Privatperson zu entrichten ist, für die die Erklärungs- und Rechnungslegungspflichten nicht gelten, so dass sich eine spätere Überprüfung dieser Person als unmöglich erweist. Im Übrigen kann die Privatperson als Endverbraucher selbst dann keinen Vorsteuerabzug geltend machen, wenn ein erworbenes Fahrzeug weiterverkauft wird, und hat deshalb ein größeres Interesse daran, sich der Besteuerung zu entziehen, als ein Wirtschaftsteilnehmer.

44      Um unter diesen Bedingungen einen Umsatz als innergemeinschaftlichen Erwerb einstufen zu können, ist es erforderlich, eine umfassende Beurteilung aller objektiven tatsächlichen Umstände vorzunehmen, die für die Feststellung maßgebend sind, ob der erworbene Gegenstand das Gebiet des Liefermitgliedstaats tatsächlich verlassen hat und, wenn ja, in welchem Mitgliedstaat sein Endverbrauch stattfinden wird.

45      Wie die Generalanwältin hierzu in Nr. 38 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, gehören zu den Umständen, denen eine gewisse Bedeutung zukommen kann, neben dem zeitlichen Ablauf der Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands u. a. der Ort seiner Registrierung und gewöhnlichen Verwendung, der Wohnort des Erwerbers sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen, die der Erwerber zum Liefermitgliedstaat oder einem anderen Mitgliedstaat unterhält.

46      Im speziellen Fall des Erwerbs eines Segelboots, wie er im Ausgangsverfahren beabsichtigt ist, können sich auch der Flaggenmitgliedstaat und der Ort als maßgebend erweisen, an dem das Segelboot seinen gewöhnlichen Liege- oder Ankerplatz hat sowie der Ort, an dem es über Winter untergebracht ist.

47      Darüber hinaus sind im besonderen Fall des Erwerbs eines neuen Fahrzeugs so weit wie möglich die Absichten zu berücksichtigen, die der Erwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs hatte, sofern sie durch objektive Gesichtspunkte gestützt sind (vgl. entsprechend in Bezug auf das Abzugsrecht Urteile vom 14. Februar 1985, Rompelman, 268/83, Slg. 1985, 655, Randnr. 24, vom 26. September 1996, Enkler, C‑230/94, Slg. 1996, I‑4517, Randnr. 24, und vom 21. März 2000, Gabalfrisa u. a., C‑110/98 bis C‑147/98, Slg. 2000, I‑1577, Randnr. 47). Dies ist erst recht in dem Fall erforderlich, in dem der Erwerber die Befugnis, über den in Rede stehenden Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Liefermitgliedstaat erlangt und sich verpflichtet, den Gegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat zu befördern.

48      Entgegen dem Vorbringen von X kann jedoch nicht verlangt werden, dass bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb die Beförderung eines Fahrzeugs unmittelbar nach seiner Lieferung durchgeführt wird, dass sie nicht unterbrochen wird und dass der in Rede stehende Gegenstand vor oder während dieser Beförderung nicht in irgendeiner Weise verwendet wird.

49      Zum einen beließe nämlich die Auferlegung solch strenger Bedingungen dem Erwerber die Möglichkeit der Wahl, in welchem Mitgliedstaat die Besteuerung des betreffenden Neufahrzeugs erfolgt, was dem Zweck der Richtlinie 2006/112 zuwiderliefe. Zum anderen gibt es – wie die schwedische Regierung in der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hat – keinen Grund, eine unterschiedliche steuerliche Behandlung danach anzuwenden, ob das Boot mit einem Schlepper nach Schweden befördert oder ob es dorthin gesegelt wird.

50      Ausschlaggebend ist nämlich, in welchem Mitgliedstaat die endgültige und dauerhafte Verwendung des in Rede stehenden Fahrzeugs stattfinden wird. Seine Verwendung während des Transports, selbst zu Freizeitzwecken, stellt im Verhältnis zur allgemeinen Lebensdauer eines Fahrzeugs insoweit nur eine völlig untergeordnete Zeitspanne dar.

51      Demnach ist auf die Fragen 1 bis 3 zu antworten, dass die Art. 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen sind, dass die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb nicht von der Einhaltung einer Frist abhängen kann, innerhalb deren die Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands vom Liefermitgliedstaat in den Bestimmungsmitgliedstaat beginnen oder abgeschlossen sein muss. Im speziellen Fall des Erwerbs eines neuen Fahrzeugs im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii dieser Richtlinie hat die Bestimmung des innergemeinschaftlichen Charakters des Umsatzes im Wege einer umfassenden Beurteilung aller objektiven Umstände sowie der Absicht des Erwerbers zu erfolgen, sofern diese durch objektive Anhaltspunkte untermauert wird, anhand deren ermittelt werden kann, in welchem Mitgliedstaat die Endverwendung des betreffenden Gegenstands beabsichtigt ist.

 Zur vierten Frage

52      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, auf welchen Zeitpunkt im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs für die Beurteilung abzustellen ist, ob ein Fahrzeug neu im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 ist.

53      Hierzu ist festzustellen, dass dem Wortlaut dieser Bestimmung zu entnehmen ist, dass diese Beurteilung zum Zeitpunkt der Lieferung des betreffenden Gegenstands und nicht zum Zeitpunkt seiner Ankunft im Bestimmungsmitgliedstaat vorzunehmen ist. Was Wasserfahrzeuge betrifft, bestimmt Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. ii der Richtlinie 2006/112 nämlich, dass diese Fahrzeuge als neu gelten, wenn die Lieferung innerhalb von drei Monaten nach der ersten Inbetriebnahme erfolgt oder wenn das Fahrzeug höchstens 100 Stunden zu Wasser zurückgelegt hat.

54      Nach Art. 68 Abs. 2 dieser Richtlinie wird aber der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen zu dem Zeitpunkt bewirkt, zu dem die Lieferung gleichartiger Gegenstände innerhalb des Mitgliedstaats als bewirkt gilt. Nach Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie gilt als „Lieferung von Gegenständen“ die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

55      Folglich wird die Eigenschaft des Fahrzeugs, das Gegenstand des innergemeinschaftlichen Erwerbs ist, als neu zu dem Zeitpunkt festgestellt, zu dem das Recht, über diesen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, vom Verkäufer auf den Erwerber übertragen wird.

56      Diese Auslegung wird nicht davon berührt, dass nach Art. 40 der Richtlinie 2006/112 als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen der Ort gilt, an dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung der Versendung oder Beförderung an den Erwerber befinden. Für die Bestimmung der Eigenschaft als neues Fahrzeug ist diese Vorschrift nämlich ohne Bedeutung, da ihr Zweck darin besteht, dem Bestimmungsmitgliedstaat die Besteuerungsbefugnis beim innergemeinschaftlichen Erwerb zuzuweisen.

57      Daher ist auf die vierte Frage zu antworten, dass für die Beurteilung, ob ein Fahrzeug, das Gegenstand eines innergemeinschaftlichen Erwerbs ist, neu im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 ist, auf den Zeitpunkt der Lieferung des betreffenden Gegenstands vom Verkäufer an den Käufer abzustellen ist.

 Kosten

58      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Art. 20 Abs. 1 und 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb nicht von der Einhaltung einer Frist abhängen kann, innerhalb deren die Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands vom Liefermitgliedstaat in den Bestimmungsmitgliedstaat beginnen oder abgeschlossen sein muss. Im speziellen Fall des Erwerbs eines neuen Fahrzeugs im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii dieser Richtlinie hat die Bestimmung des innergemeinschaftlichen Charakters des Umsatzes im Wege einer umfassenden Beurteilung aller objektiven Umstände sowie der Absicht des Erwerbers zu erfolgen, sofern diese durch objektive Anhaltspunkte untermauert wird, anhand deren ermittelt werden kann, in welchem Mitgliedstaat die Endverwendung des betreffenden Gegenstands beabsichtigt ist.

2.      Für die Beurteilung, ob ein Fahrzeug, das Gegenstand eines innergemeinschaftlichen Erwerbs ist, neu im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 ist, ist auf den Zeitpunkt der Lieferung des betreffenden Gegenstands vom Verkäufer an den Käufer abzustellen.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Schwedisch.

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