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Document 31976L0308

Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen

OJ L 73, 19.3.1976, p. 18–23 (DA, DE, EN, FR, IT, NL)
Greek special edition: Chapter 02 Volume 002 P. 126 - 131
Spanish special edition: Chapter 02 Volume 003 P. 46 - 51
Portuguese special edition: Chapter 02 Volume 003 P. 46 - 51
Special edition in Finnish: Chapter 02 Volume 002 P. 66 - 70
Special edition in Swedish: Chapter 02 Volume 002 P. 66 - 70
Special edition in Czech: Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Estonian: Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Latvian: Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Lithuanian: Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Hungarian Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Maltese: Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Polish: Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Slovak: Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Slovene: Chapter 02 Volume 001 P. 44 - 49
Special edition in Bulgarian: Chapter 02 Volume 001 P. 35 - 40
Special edition in Romanian: Chapter 02 Volume 001 P. 35 - 40

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 29/06/2008; Aufgehoben durch 32008L0055

ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/1976/308/oj

31976L0308

Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen

Amtsblatt Nr. L 073 vom 19/03/1976 S. 0018 - 0023
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 2 Band 2 S. 0066
Griechische Sonderausgabe: Kapitel 02 Band 2 S. 0126
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 2 Band 2 S. 0066
Spanische Sonderausgabe: Kapitel 02 Band 3 S. 0046
Portugiesische Sonderausgabe: Kapitel 02 Band 3 S. 0046


RICHTLINIE DES RATES vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen (76/308/EWG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100,

gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 2788/72 (2), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 3,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (3),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Gegenwärtig kann eine Forderung, für die von den Behörden eines Mitgliedstaats ein Titel ausgestellt worden ist, in einem anderen Mitgliedstaat nicht beigetrieben werden.

Die einzelstaatlichen Bestimmungen auf dem Gebiet der Beitreibung stellen schon wegen ihres auf das jeweilige Hoheitsgebiet begrenzten Anwendungsbereich ein Hindernis für die Errichtung sowie eine Beeinträchtigung des Funktionierens des Gemeinsamen Marktes dar. Dies bedeutet, daß die Gemeinschaftsvorschriften insbesondere für den Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik nicht vollständig und gleichmässig angewandt werden können, wodurch betrügerischen Praktiken Vorschub geleistet wird.

Es erscheint infolgedessen erforderlich, gemeinschaftliche Regeln zur gegenseitigen Unterstützung bei der Beitreibung zu erlassen.

Diese Regeln müssen sich auf die Beitreibung sowohl von Forderungen aus den verschiedenen Maßnahmen im Rahmen des Systems der vollständigen oder teilweisen Finanzierung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft als auch von Abschöpfungen und Zöllen im Sinne von Artikel 2 des Beschlusses 70/243/EGKS, EWG, Euratom vom 21. April 1970 über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften (5) und von Artikel 128 der Beitrittsakte erstrecken. Ebenso müssen sie für die Beitreibung der mit diesen Forderungen verbundenen Zinsen und Kosten gelten.

Die gegenseitige Unterstützung muß für die ersuchte Behörde darin bestehen, daß sie der ersuchenden Behörde die Auskünfte erteilt, die diese für die Beitreibung der in dem Mitgliedstaat, in welchem sie ihren Sitz hat, entstandenen Forderungen von Nutzen sind, und daß sie einem Schuldner alle mit solchen Forderungen zusammenhängenden Rechtsakte dieses Mitgliedstaats zustellt sowie auf Antrag der ersuchenden Behörde die Beitreibung der in dem Mitgliedstaat, in welchem letztere ihren Sitz hat, entstandenen Forderungen vornimmt. (1)ABl. Nr. L 94 vom 28.4.1970, S. 13. (2)ABl. Nr. L 295 vom 30.12.1972, S. 1. (3)ABl. Nr. C 19 vom 12.4.1973, S. 38. (4)ABl. Nr. C 69 vom 28.8.1973, S. 3. (5)ABl. Nr. L 94 vom 28.4.1970, S. 19.

Diese verschiedenen Formen der Unterstützung sind von der ersuchten Behörde unter Wahrung der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, anzuwenden.

Es sind die Bedingungen festzulegen, unter denen die Unterstützungsersuchen von den ersuchenden Behörden gestellt werden müssen, und es ist abschließend zu definieren, unter welchen besonderen Umständen die ersuchte Behörde in einem bestimmten Fall einem Unterstützungsersuchen nicht stattzugeben braucht.

Die ersuchte Behörde, die eine Forderung für Rechnung der ersuchenden Behörde beitreibt, muß, sofern die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in welchem sie ihren Sitz hat, dies gestatten, dem Schuldner im Einvernehmen mit der ersuchenden Behörde eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Ratenzahlung gewähren können ; etwaige Zinsen für diese Zahlungserleichterungen müssen dem Mitgliedstaat, in welchem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, überwiesen werden.

Ferner muß die ersuchte Behörde auf begründeten Antrag der ersuchenden Behörde, soweit die eigenen Rechtsvorschriften dies zulassen, Sicherungsmaßnahmen treffen können, um die Beitreibung der in dem ersuchenden Mitgliedstaat entstandenen Forderungen sicherzustellen. Diese Forderungen sollen jedoch in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, keinerlei Vorrechte genießen.

Für den Fall, daß im Verlauf des Beitreibungsverfahrens in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, die Forderung oder der in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellte Vollstreckungstitel von dem Betroffenen angefochten wird, ist vorzusehen, daß der betreffende Rechtsbehelf von diesem bei der zuständigen Instanz des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, eingelegt wird und die ersuchte Behörde das von ihr eingeleitete Beitreibungsverfahren aussetzt, bis die zuständige Instanz eine Entscheidung getroffen hat.

Es ist vorzusehen, daß Schriftstücke und Auskünfte, die im Rahmen der gegenseitigen Unterstützung bei der Beitreibung übermittelt werden, nicht zu anderen Zwecken verwendet werden dürfen.

Diese Richtlinie darf nicht dazu führen, daß die gegenseitige Unterstützung, die sich einige Mitgliedstaaten auf Grund bilateraler oder multilateraler Abkommen oder Vereinbarungen gewähren, eingeschränkt wird.

Es muß sichergestellt werden, daß die gegenseitige Unterstützung harmonisch funktioniert, und es muß hierfür ein Gemeinschaftsverfahren vorgesehen werden, das es ermöglicht, die entsprechenden Durchführungsbestimmungen innerhalb angemessener Fristen festzulegen. Es muß ein Ausschuß eingesetzt werden, um auf diesem Gebiet eine enge und wirksame Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission herbeizuführen -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Diese Richtlinie legt die Regeln fest, welche die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten enthalten müssen, damit in jedem Mitgliedstaat die Beitreibung der in Artikel 2 bezeichneten Forderungen, die in einem anderen Mitgliedstaat entstanden sind, gewährleistet ist.

Artikel 2

Diese Richtlinie findet Anwendung auf alle Forderungen im Zusammenhang mit: a) Erstattungen, Interventionen und anderen Maßnahmen, die Bestandteil des Systems vollständiger oder teilweiser Finanzierung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, einschließlich der im Rahmen dieser Aktionen zu erhebenden Beiträge, sind;

b) Abschöpfungen im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a) des Beschlusses 70/243/EGKS, EWG, Euratom und von Artikel 128 Buchstabe a) der Beitrittsakte;

c) Zöllen im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b) des vorgenannten Beschlusses und von Artikel 128 Buchstabe b) der Beitrittsakte;

d) Kosten und Zinsen, die im Zusammenhang mit der Beitreibung der vorgezeichneten Forderungen stehen.

Artikel 3

Im Sinne dieser Richtlinie gelten als

- "ersuchende Behörde" die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, die ein Ersuchen um Unterstützung in bezug auf eine in Artikel 2 bezeichnete Forderung stellt;

- "ersuchte Behörde" die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, an die ein Ersuchen um Unterstützung gerichtet wird.

Artikel 4

(1) Auf Antrag der ersuchenden Behörde erteilt die ersuchte Behörde dieser alle Auskünfte, die ihr bei der Beitreibung einer Forderung von Nutzen sind.

Zur Beschaffung dieser Auskünfte übt die ersuchte Behörde die Befugnisse aus, die ihr nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Beitreibung derartiger, in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, entstandener Forderungen zustehen.

(2) Das Auskunftsersuchen enthält den Namen und die Anschrift der Person, auf die sich die zu erteilenden Auskünfte beziehen, sowie Angaben über Art und Höhe der dem Ersuchen zugrunde liegenden Forderung.

(3) Die ersuchte Behörde ist nicht gehalten, Auskünfte zu übermitteln, a) die sie sich für die Beitreibung derartiger, in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, entstandener Forderungen nicht beschaffen könnte;

b) mit denen ein Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis preisgegeben würde;

c) deren Mitteilung die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des betreffenden Staates verletzen würde.

(4) Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde mit, aus welchen Gründen dem Auskunftsersuchen nicht stattgegeben werden kann.

Artikel 5

(1) Auf Antrag der ersuchenden Behörde nimmt die ersuchte Behörde nach Maßgabe der Rechtsvorschriften für die Zustellung entsprechender Rechtsakte in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, die Zustellung aller, mit einer Forderung oder mit deren Beitreibung zusammenhängenden und von dem Staat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgehenden Verfügungen und Entscheidungen, einschließlich der gerichtlichen, an den Empfänger vor.

(2) Das Ersuchen um Zustellung enthält den Namen und die Anschrift des Empfängers, Angaben über die Art und den Gegenstand der zuzustellenden Verfügung oder Entscheidung und gegebenenfalls den Namen und die Anschrift des Schuldners und die in der Verfügung oder Entscheidung genannte Forderung sowie alle sonstigen sachdienlichen Angaben.

(3) Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde unverzueglich mit, was auf Grund dieses Zustellungsersuchens veranlasst worden ist und insbesondere, an welchem Tag dem Empfänger die Verfügung oder Entscheidung übermittelt worden ist.

Artikel 6

(1) Auf Antrag der ersuchenden Behörde nimmt die ersuchte Behörde nach Maßgabe der für die Beitreibung derartiger, in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, entstandener Forderungen geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften die Beitreibung von Forderungen vor, für die ein Vollstreckungstitel besteht.

(2) Zu diesem Zweck wird jede Forderung, für die ein Beitreibungsersuchen vorliegt, als Forderung des Mitgliedstaats, in dem sich die ersuchte Behörde befindet, behandelt, es sei denn, Artikel 12 findet Anwendung.

Artikel 7

(1) Dem Ersuchen um Beitreibung einer Forderung, das die ersuchende Behörde an die ersuchte Behörde richtet, sind eine amtliche Ausfertigung oder eine beglaubigte Kopie des in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellten Vollstreckungstitels und gegebenenfalls das Original oder eine beglaubigte Kopie etwaiger für die Beitreibung sonst erforderlicher Dokumente beizufügen.

(2) Die ersuchende Behörde kann ein Beitreibungsersuchen nur dann stellen, a) wenn die Forderung oder der Vollstreckungstitel in dem Staat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, nicht angefochten ist;

b) wenn sie in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, bereits ein Beitreibungsverfahren durchgeführt hat, wie es auf Grund des in Absatz 1 genannten Titels ausgeführt werden soll, und die getroffenen Maßnahmen nicht zur vollständigen Tilgung der Forderung geführt haben.

(3) Das Beitreibungsersuchen enthält den Namen und die Anschrift der Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, Angaben über die Art der Forderung, den Betrag der geschuldeten Hauptforderung, Zinsen und Kosten sowie alle sonstigen sachdienlichen Angaben.

(4) Das Beitreibungsersuchen enthält ferner eine Erklärung der ersuchenden Behörde mit der Angabe des Tages, von dem an die Vollstreckung nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, erfolgen kann, und in der bestätigt wird, daß die in Absatz 2 genannten Bedingungen erfuellt sind.

(5) Die ersuchende Behörde übersendet der ersuchten Behörde unverzueglich nach Kenntniserlangung alle zweckdienlichen Informationen, die sich auf die Sache beziehen, auf Grund derer das Beitreibungsersuchen gestellt wurde.

Artikel 8

Der Vollstreckungstitel wird gegebenenfalls nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, durch einen Titel bestätigt, anerkannt oder ergänzt oder durch einen Titel ersetzt, der die Vollstreckung im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ermöglicht.

Die Bestätigung, Anerkennung oder Ergänzung des Vollstreckungstitels oder seine Ersetzung finden unverzueglich nach Eingang des Beitreibungsersuchens statt. Sie sind vorzunehmen, sofern der Vollstreckungstitel im Mitgliedstaat der ersuchenden Behörde ordnungsgemäß ausgestellt ist.

Hat die Durchführung einer dieser Formalitäten eine Prüfung oder eine Anfechtung der Forderung oder des im Mitgliedstaat der ersuchenden Behörde ausgestellten Vollstreckungstitels zur Folge, so findet Artikel 12 Anwendung.

Artikel 9

(1) Die Beitreibung erfolgt in der Währung des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat.

(2) Sofern die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, dies zulassen, kann diese, nachdem sie die ersuchende Behörde konsultiert hat, der Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, eine Zahlungsfrist einräumen oder Ratenzahlung gewähren. Die von der ersuchten Behörde angesichts dieser Zahlungsfrist erhobenen Zinsen sind an den Mitgliedstaat zu überweisen, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat.

An den Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, sind ferner alle sonstigen Zinsen zu überweisen, die gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, für Zahlungsverzug erhoben werden.

Artikel 10

Die beizutreibenden Forderungen genießen in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, keinerlei Vorrechte.

Artikel 11

Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde unverzueglich die Maßnahmen mit, die sie im Hinblick auf das Beitreibungsersuchen veranlasst hat.

Artikel 12

(1) Wird im Verlauf des Beitreibungsverfahrens die Forderung oder der in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellte Titel von einem Betroffenen angefochten, so wird der Rechtsbehelf von diesem bei der zuständigen Instanz des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, nach dessen Recht eingelegt. Über die Einleitung dieses Verfahrens hat die ersuchende Behörde der ersuchten Behörde Mitteilung zu machen. Ferner kann der Betroffene der ersuchten Behörde über die Einleitung dieses Verfahrens Mitteilung machen.

(2) Sobald die ersuchte Behörde die in Absatz 1 genannte Mitteilung, die entweder durch die ersuchende Behörde oder durch den Betroffenen erfolgt ist, erhalten hat, setzt sie in Erwartung einer Entscheidung der zuständigen Instanz das Beitreibungsverfahren aus. In diesem Fall kann die ersuchte Behörde, sofern sie dies für notwendig erachtet, unbeschadet des Artikels 13 Sicherungsmaßnahmen treffen, um die Beitreibung sicherzustellen, soweit die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, dies für derartige Forderungen zulassen.

(3) Richtet sich der Rechtsbehelf gegen Vollstrekkungsmaßnahmen in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, so ist er bei der zuständigen Instanz dieses Mitgliedstaats nach Maßgabe seiner Rechts- und Verwaltungsvorschriften einzulegen.

(4) Wenn die zuständige Instanz, bei der der Rechtsbehelf nach Absatz 1 eingelegt wurde, ein ordentliches Gericht oder ein Verwaltungsgericht ist, so gilt die Entscheidung dieses Gerichtes, sofern sie zugunsten der ersuchenden Behörde ausfällt und die Beitreibung der Forderung in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ermöglicht, als "Vollstreckungstitel" im Sinne der Artikel 6, 7 und 8, und die Beitreibung der Forderung wird auf Grund dieser Entscheidung vorgenommen.

Artikel 13

Auf begründeten Antrag der ersuchenden Behörde trifft die ersuchte Behörde Sicherungsmaßnahmen, - um die Beitreibung einer Forderung sicherzustellen, soweit die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, dies zulassen.

Die Bestimmungen des Artikels 6, des Artikels 7 Absätze 1, 3 und 5 sowie der Artikel 8, 11, 12 und 14 finden hierbei entsprechende Anwendung.

Artikel 14

Die ersuchte Behörde ist nicht verpflichtet, a) die in den Artikeln 6 bis 13 vorgesehene Unterstützung zu gewähren, sofern die Beitreibung der Forderung geeignet wäre, aus Gründen, die auf die Verhältnisse des Vollstreckungschuldners zurückzuführen sind, erhebliche Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, hervorzurufen;

b) die Beitreibung der Forderung vorzunehmen, sofern die ersuchende Behörde nicht in dem Gebiet des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, alle Möglichkeiten einer Einziehung dieser Forderung ausgeschöpft hat.

Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde die Gründe mit, die einer Gewährung der beantragten Unterstützung entgegenstehen. Diese begründete Ablehnung wird ebenfalls der Kommission mitgeteilt.

Artikel 15

(1) Verjährungsfragen werden ausschließlich nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, geregelt.

(2) Die von der ersuchten Behörde auf Grund des Unterstützungsersuchens durchgeführten Beitreibungsmaßnahmen, die im Falle der Durchführung durch die ersuchende Behörde eine Hemmung oder eine Unterbrechung der Verjährung nach dem geltenden Recht des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, bewirkt hätten, gelten insoweit als von diesem letztgenannten Staat vorgenommen.

Artikel 16

Sämtliche Schriftstücke und Auskünfte, die der ersuchten Behörde im Rahmen der Durchführung dieser Richtlinie übermittelt werden, dürfen von dieser nur folgenden Personen bzw. Stellen zugänglich gemacht werden: a) der im Unterstützungsersuchen genannten Person;

b) den mit der Beitreibung der Forderungen befassten Personen oder Behörden ausschließlich für die Zwecke der Beitreibung;

c) den mit den Rechtsstreitigkeiten über die Beitreibung der Forderungen befassten Justizbehörden.

Artikel 17

Den Unterstützungsersuchen sowie den zugehörigen Unterlagen wird eine Übersetzung in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde beigefügt. Diese Behörde kann jedoch auf die Übermittlung einer solchen Übersetzung verzichten.

Artikel 18

Die Mitgliedstaaten verzichten gegenseitig auf jede Erstattung der in Durchführung der gegenseitigen Unterstützung nach Maßgabe dieser Richtlinie entstehenden Kosten.

Der Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, bleibt dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, für die finanziellen Folgen von Maßnahmen haftbar, die hinsichtlich der Begründetheit der Forderung oder der Gültigkeit des in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellten Titels als nicht gerechtfertigt befunden werden.

Artikel 19

Die Mitgliedstaaten teilen sich die Liste der zur Stellung oder Entgegennahme eines Unterstützungsersuchens zuständigen Behörden mit.

Artikel 20

(1) Es wird ein "Ausschuß für Beitreibung" - im folgenden "Ausschuß" genannt - eingesetzt, der aus Vertretern der Mitgliedstaaten besteht und in dem ein Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.

(2) Der Ausschuß gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 21

Der Ausschuß kann alle die Anwendung dieser Richtlinie betreffenden Fragen prüfen, die ihm der Vorsitzende von sich aus oder auf Antrag des Vertreters eines Mitgliedstaats unterbreitet.

Artikel 22

(1) Die Durchführungsbestimmungen zu Artikel 4 Absätze 2 und 4, Artikel 5 Absätze 2 und 3, Artikel 7 Absätze 1, 3 und 5, den Artikeln 9 und 11 und zu Artikel 12 Absatz 1 sowie die Bestimmungen betreffend die Umrechnung und Überweisung der beigetriebenen Beträge und die Festsetzung eines Mindestbetrags für Forderungen, für die ein Unterstützungsersuchen gestellt werden kann, werden nach dem Verfahren der Absätze 2 und 3 festgelegt.

(2) Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem Ausschuß einen Entwurf der zu erlassenden Vorschriften. Der Ausschuß nimmt zu diesem Entwurf innerhalb einer Frist Stellung, die der Vorsitzende nach der Dringlichkeit der betreffenden Frage bestimmen kann. Die Stellungnahme kommt mit einer Mehrheit von einundvierzig Stimmen zustande, wobei die Stimmen der Mitgliedstaaten nach Artikel 148 Absatz 2 des Vertrages gewogen werden. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.

(3) a) Die Kommission erlässt die in Aussicht genommen Vorschriften, wenn sie der Stellungnahme des Ausschusses entsprechen.

b) Entsprechen die in Aussicht genommenen Vorschriften nicht der Stellungnahme des Ausschusses oder ist keine Stellungnahme ergangen, so schlägt die Kommission dem Rat unverzueglich die zu erlassenden Vorschriften vor. Der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

c) Hat der Rat nach Ablauf einer Frist von drei Monaten, nachdem ihm der Vorschlag übermittelt worden ist, keinen Beschluß gefasst, so werden die vorgeschlagenen Vorschriften von der Kommission erlassen.

Artikel 23

Die Vorschriften dieser Richtlinie lassen eine gegebenenfalls im Rahmen von Abkommen vereinbarte weitergehende gegenseitige Unterstützung zwischen Mitgliedstaaten unberührt ; das gilt auch für die Zustellung gerichtlicher oder sonstiger Rechtsakte.

Artikel 24

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um dieser Richtlinie spätestens am 1. Januar 1978 nachzukommen.

Artikel 25

Jeder Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die Bestimmungen, die er zur Anwendung dieser Richtlinie erlässt. Die Kommission teilt diese Informationen den anderen Mitgliedstaaten mit.

Artikel 26

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 15. März 1976.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. VOÜL

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