

Rechtssätze
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, ***2***, über die Beschwerde vom 24. April 2023 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 31. März 2023 betreffend Einkommensteuer 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom 31.03.2023 wurde die Einkommensteuer für 2021 mit -80 Euro festgesetzt.
Unter Verweis auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung für 2019 wurden Werbungskosten
betreffend Yogakurse, Reisekosten, Arbeitsmittel und Fachliteratur nicht anerkannt.
2. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 24.04.2023 Beschwerde erhoben und die Anerkennung von Werbungskosten iHv. 6.223,20 Euro begehrt.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF) eine 7
bis 8-semestrige Ausbildung zur Yogalehrerin gestartet habe. Sie beabsichtige als
Yogalehrerin ein zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften. Die Kosten belaufen sich
auf 6.441,45 Euro im Jahr 2019, auf 5.145,27 Euro im Jahr 2020 und auf 6.223,20 Euro
im Jahr 2021. Niemand, der Yoga hobbymäßig betreibt, würde so hohe Kosten auf sich
nehmen. Die Aufstellung der Reisekosten belege die zielgerichtete Verfolgung des Ausbildungsplans.
Allein 2019 seien 11 Ausbildungsmodule an einer renommierten Yogaschule in München
besucht worden. Yoga liege im Trend und die Aussichten auf nachhaltige Einkünfte seien
ausgezeichnet. Der Begründer der Yogatradition auf den sich die Yogaschule beruft
sei im Alter von 95 gestorben, es sei also davon auszugehen, dass die BF die Tätigkeit
noch viele Jahre gewinnbringend ausüben kann.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.07.2023 wurde das Beschwerdebegehren bezüglich
der Werbungskosten für die Yogaausbildung abgewiesen, weil diese Aufwendungen der
privaten Lebensführung betreffen würden.
4. Am 31.07.2023 beantragte der steuerliche Vertreter über FinanzOnline die Vorlage der
Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht in mündlicher Verhandlung
vor dem Senat.
5. Am 21.08.2023 teilte der steuerliche Vertreter telefonisch dem Bundesfinanzgericht
in Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren betreffend die Einkommensteuer 2019 mit,
dass die BF die Ausbildung im Jahr 2022 erfolgreich abgeschlossen und im selben Jahr
bereits Einnahmen erzielt habe.
6. Am 24.08.2023 teilte der steuerliche Vertreter dem Bundesfinanzgericht mit, dass die
BF im Jahr 2022 Einnahmen iHv. 1.321 Euro erzielt habe, die im Rahmen der Einkünfte
aus selbständiger Arbeit erklärt wurden. Aufgrund er hohen Kosten resultiert im Jahr
2022 zwar ein Verlust, künftig würden allerdings keine hohen Kosten mehr anfallen.
Die Einnahmen im laufenden Jahr 2023 würden erkennen lassen, dass eine Steigerung
gegeben ist, was auf Mundpropaganda basiere. Nach Pensionsantritt werde die Tätigkeit
als Yogalehrerin deutlich ausgeweitet. Eine Prognoserechnung lasse erkennen, dass
aus der Einkunftsquelle ab 2023 laufend Gewinne erwirtschaftet würden.
7. Am 08.11.2023 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor, unter
Verweis auf das bereits beim Bundesfinanzgericht anhängige Beschwerdeverfahren betreffend
die Einkommensteuer für 2019.
8. Mit Schriftsatz vom 10.11.2023 wurde der Antrag auf eine mündliche Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die BF (Geburtsjahr 19**) war im Jahr 2021 nichtselbständig als Kindergartenleiterin tätig.
Sie begann am 2.1.2019 eine Ausbildung zur Yogalehrerin in München. Die dadurch verursachten Kosten betreffen vor allem Seminargebühren und Reisekosten und belaufen sich im Jahr 2019 auf 6.441,45 Euro und im Jahr 2021 auf 6.223,20 Euro (Seminargebühren: 4.942,50; Reisekosten: 1.049,10; Arbeitsmittel: 179; Fachliteratur: 52,60 Euro).
Im Dezember 2022 wurde eine Zulassungsprüfung beim österreichischen ***Z***-Yoga-Verband erfolgreich absolviert.
Ab Jänner 2022 erzielte die BF Einnahmen als Yogalehrerin. Für das Jahr 2022 erklärte sie im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit Einnahmen iHv. 1.321 Euro. Wegen der hohen Ausbildungskosten resultiert im Jahr 2022 ein Verlust iHv. 5.843,80 Euro. Eine vom steuerlichen Vertreter erstellte Prognoserechnung lässt erkennen, dass aus der Einkunftsquelle ab 2023 laufend Gewinne erwirtschaftet werden.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt basiert auf den vom Finanzamt mit dem Vorlagebericht vorgelegten Akten,
dem Vorbringen der BF beim Bundesfinanzgericht und den Abfragen im Abgabeninformationssystem.
Eine Internetrecherche bestätigt, dass die BF auf der Webseite "www.***Z***-yoga-austria.at/lehrer"
als ***Z***-Yoga-Lehrerin registriert und damit bei der SVS als Anbieterin im Bereich
"Bewegung" qualifiziert ist.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
4. Rechtslage
§ 4 Einkommensteuergesetz 1988 in der für das streitgegenständliche Jahr geltenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2019 (EStG) lautet auszugsweise:
§ 4 (4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb
veranlaßt sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:
…
7. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen
ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für
umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen
Berufes abzielen. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des
den Bundesbediensteten zustehenden Nächtigungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung
des § 13 Abs. 7 der Reisegebührenvorschrift zu berücksichtigen.
5. Rechtliche Beurteilung
Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen sind, obwohl sie nicht mit einer zur ausgeübten
Tätigkeit verwandten Tätigkeit zusammenhängen, dennoch nach
§ 4 Abs 4 Z 7 EStG 1988 abzugsfähig, wenn sie derart umfassend sind, dass sie auf eine neue berufliche Tätigkeit
ausgerichtet sind (zB Ausbildung einer Arbeitnehmerin aus dem Druckereibereich zur
selbständigen Altenbetreuerin). Die Umschulungskosten stellen idR vorweggenommene
(vorbereitende) Betriebsausgaben (bzw Werbungskosten) in Bezug auf eine andere (neue)
Einkunftsquelle dar. Es müssen grundsätzlich Umstände vorliegen, die über eine bloße
Absichtserklärung der künftigen Einkünfteerzielung hinausgehen (VwGH 15.9.2011, 2008/15/0321; VwGH 28.2.2012, 2009/15/0105).
Für eine erwerbsorientierte Umschulung spricht es, wenn der Steuerpflichtige seine
bisherige einkommensteuerlich relevante Tätigkeit aufgibt oder einschränkt. Notwendig
ist dies aber nicht, weil auch die Umschuldung zur nebenberuflich ausgeübten weiteren
Berufstätigkeit begünstigt ist (VwGH 15.9.2011, 2008/15/0321; VwGH 25.10.2011, 2011/15/0047). Ob der Zweck der Umschulung darin liegt, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich
auszuüben, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - gesondert für
jedes Veranlagungsjahr nach den Verhältnissen dieses Jahres - festzustellen (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, 23. Lfg 2023, § 4, Rz 314).
Im gegenständlichen Fall liegen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts Umschulungskosten
iSd. § 4 Abs 4 Z 7 EStG 1988 und damit vorweggenommene Betriebsausgaben vor.
Die Umschulungsmaßnahmen der BF erschöpften sich nicht in Einzelkursen, sondern erfolgten
in einer 8-semestrigen, zielstrebig verfolgten, Ausbildung, an deren Ende eine Zulassungsprüfung
als ***Z***-Yoga-Lehrerin stand. In Zusammenhang mit der Umschulung stehen auch die
Ausgaben für Fachliteratur und Arbeitsmittel (Yogablock).
Ab Jänner 2022 übt die BF die Tätigkeit als Yogalehrerin nebenberuflich aus, wodurch
für das Bundesfinanzgericht die im Streitjahr bekundete Absicht zur Einkünfteerzielung
erwiesen ist. Die Einnahmen betragen zwar im ersten Tätigkeitsjahr nur 1.321 Euro,
doch lassen die Einnahmen im laufenden Jahr 2023 erkennen, dass eine Steigerung erfolgen
wird. Das Vorbringen, dass die BF nach Pensionsantritt die Tätigkeit als Yogalehrerin
deutlich ausweiten wird, ist für das Bundesfinanzgericht naheliegend und glaubhaft.
Die Ausgaben für die Umschulung im Jahr 2021 und damit zusammenhängende Ausgaben für
Arbeitsmittel und Fachliteratur sind als vorweggenommene Betriebsausgaben in Höhe
von 6.223,20 Euro anzuerkennen.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben.
5.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie
von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere
weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht,
eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt der zitierten und einheitlichen Judikatur des VwGH zu
Umschulungsmaßnahmen. Fragen der Beweiswürdigung im Einzelfall sind einer ordentlichen
Revision nicht zugänglich.
Innsbruck, am 3. Jänner 2024
Zusatzinformationen
in Findok veröffentlicht am: | 09.02.2024 |
Materie: |
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betroffene Normen: | |
ECLI: |
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Systemdaten: | Findok-Nr: 143287.1 aufgenommen am: 09.02.2024 10:08:10 zuletzt geändert am: 12.02.2024 Dokument-ID: 1a2ee052-cf0c-4595-b1f5-dd08e108b4af Segment-ID: 5c5c1a1c-1e32-49da-94b4-5018e7a2e89b |
