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Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über den Antrag des A B, Adresse, vom 14.5.2015 ihm im Beschwerdeverfahren betreffend seine zu RV/7102791/2015 protokollierte Beschwerde vom 18.12.2014, beim Finanzamt eingelangt am 22.12.2014, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom 26.11.2014, wonach der Antrag vom 11.9.2014 auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe für den im März 1994 geborenen A B ab November 2014 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer X, Verfahrenshilfe zu gewähren, beschlossen:
I. Der Antrag des Beschwerdeführer A B auf Verfahrenshilfe für das beim Bundesfinanzgericht anhängige Verfahren betreffend Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wird abgewiesen.
II. Das Bundesfinanzgericht ersucht das Bezirksgericht Schwechat als zuständiges Pflegschaftsgericht zu prüfen, ob für den Beschwerdeführer A B gemäß § 268 ABGB von Amts wegen ein Sachwalter zur Durchsetzung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruchs auf Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe infolge Behinderung beizugeben ist.
III. Die Entscheidung über das hier anhängige Beschwerdeverfahren zu RV/7102791/2015 wird bis zur Entscheidung des Bezirksgerichtes Schwechat gemäß § 271 BAO ausgesetzt.
IV. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 133 Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) in Verbindung mit § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Abweisungsbescheid
Mit Bescheid vom 26.11.2014 wies das Finanzamt einen Antrag des Beschwerdeführers (Bf) A B vom 11.9.2014 auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe ab November 2014 ab.
Aktenkundig ist unter anderem ein ärztliches Sachverständigengutachten des damaligen Bundessozialamtes und nunmehrigen Sozialministeriumservice vom 7./8.10.2012, wonach der Bf an einer Persönlichkeitsstörung (Richtsatzposition: 030402 Gdb: 050% ICD: F60.3) leide.
Beschwerde
Mit Schreiben vom 18.12.2014, beim Finanzamt eingelangt am 22.12.2014, unterfertigt vom Bf und dem Leiter der Wohngemeinschaft C, erhob der Bf Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid und gab unter anderem an, vom Leiter der Wohngemeinschaft C beim Verfassen der Beschwerde unterstützt worden zu sein, da er selbst dazu nicht in der Lage sei.
Mitteilung vom 25.3.2015
Auch in einem Schreiben vom 25.3.2015 an das Finanzamt, unterfertigt vom Bf und dem Leiter der Wohngemeinschaft C, gab der Bf neuerlich an, vom Leiter der Wohngemeinschaft C beim Verfassen unterstützt worden zu sein, da er selbst dazu nicht in der Lage sei.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 14.4.2015 wies das Finanzamt die Beschwerde "vom 22.12.2014" gegen den Abweisungsbescheid vom 26.11.2014 als unbegründet ab.
Vorlageantrag
Mit Fax vom 14.5.2015 stellte der Bf eigenhändig Vorlageantrag und gab an:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich nutze hiermit fristgerecht meine Rechtsmittel.
Ich bin mit ihrer Entscheidung in dieser Form nicht einverstanden.
Ich verstehe den Inhalt schlecht und benötige eine Verfahrenshilfe für das Bundesfinanzgericht.
Ich bin außerstande, wie sie meiner Vorgeschichte entnehmen können, für meinen Unterhalt dauerhaft selbst zu sorgen.
Bitte um Bekanntgabe der nächsten Schritte.
Hochachtungsvoll
A B
Vorlage
Mit Bericht vom 29.5.2015 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Rechtsgrundlagen
§ 313 BAO lautet:
§ 313. Die Parteien haben die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.
§ 268 ABGB lautet:
Sechstes Hauptstück
Von der Sachwalterschaft, der sonstigen gesetzlichen Vertretung und der Vorsorgevollmacht
Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters oder Kurators
a) für behinderte Personen;
§ 268. (1) Vermag eine volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet
oder geistig behindert ist (behinderte Person), alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten
nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren
Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen.
(2) Die Bestellung eines Sachwalters ist unzulässig, soweit Angelegenheiten der behinderten
Person durch einen anderen gesetzlichen Vertreter oder im Rahmen einer anderen Hilfe,
besonders in der Familie, in Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der Behindertenhilfe
oder im Rahmen sozialer oder psychosozialer Dienste, im erforderlichen Ausmaß besorgt
werden. Ein Sachwalter darf auch dann nicht bestellt werden, soweit durch eine Vollmacht,
besonders eine Vorsorgevollmacht, oder eine verbindliche Patientenverfügung für die
Besorgung der Angelegenheiten der behinderten Person im erforderlichen Ausmaß vorgesorgt
ist. Ein Sachwalter darf nicht nur deshalb bestellt werden, um einen Dritten vor der
Verfolgung eines, wenn auch bloß vermeintlichen, Anspruchs zu schützen.
(3) Je nach Ausmaß der Behinderung sowie Art und Umfang der zu besorgenden Angelegenheiten
ist der Sachwalter zu betrauen
1. mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten, etwa der Durchsetzung oder der Abwehr
eines Anspruchs oder der Eingehung und der Abwicklung eines Rechtsgeschäfts,
2. mit der Besorgung eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten, etwa der Verwaltung
eines Teiles oder des gesamten Vermögens, oder,
3. soweit dies unvermeidlich ist, mit der Besorgung aller Angelegenheiten der behinderten
Person.
(4) Sofern dadurch nicht das Wohl der behinderten Person gefährdet wird, kann das
Gericht auch bestimmen, dass die Verfügung oder Verpflichtung hinsichtlich bestimmter
Sachen, des Einkommens oder eines bestimmten Teiles davon vom Wirkungsbereich des
Sachwalters ausgenommen ist.
§ 271 BAO lautet:
16. Aussetzung der Entscheidung
§ 271. (1) Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Beschwerde anhängig
oder schwebt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren,
dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Beschwerde
ist, so kann die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe
ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei (§ 78) entgegenstehen.
Dies hat vor Vorlage der Beschwerde durch Bescheid der Abgabenbehörde, nach Vorlage
der Beschwerde durch Beschluss des Verwaltungsgerichtes zu erfolgen.
(2) Nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, das Anlass zur Aussetzung gemäß
Abs. 1 gegeben hat, ist das ausgesetzte Beschwerdeverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
(3) Von der Abgabenbehörde erlassene Aussetzungsbescheide verlieren ihre Wirksamkeit,
sobald die Partei (§ 78) die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens beantragt.
Verfahrenshilfe
Gemäß § 313 BAO haben die Parteien die ihnen im Abgabenverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten.
Die Bewilligung von Verfahrenshilfe ist weder im AVG noch in der BAO vorgesehen (vgl. VwGH 29.8.2013, 2013/16/0050; VwGH 29.4.2013, 2011/16/0045).
Daher kann im Verfahren vor den Abgabenbehörden des Bundes und vor dem Bundesfinanzgericht in Abgaben- und in Familienbeihilfensachen Verfahrenshilfe nicht gewährt werden (vgl. etwa BFG 7.1.2015, RV/4200172/2012).
Eine § 40 VwGVG, § 35 VfGG, § 61 VwGG oder § 63 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung ist in der Bundesabgabenordnung nicht enthalten.
Unionsrecht ist in diesem Verfahren nicht anzuwenden, sodass auch Art. 47 Abs. 3 GRC nicht zum Tragen kommt.
Der Antrag des Bf vom 14.5.2015 auf Verfahrenshilfe ist daher abzuweisen.
Sachwalter
Nach der Aktenlage (ärztliches Sachverständigengutachten des damaligen Bundessozialamtes und nunmehrigen Sozialministeriumservice vom 7./8.10.2012) leidet der Bf an einer Persönlichkeitsstörung (Richtsatzposition: 030402 Gdb: 050% ICD: F60.3). Nach seinen Eingaben im Verwaltungsverfahren sieht sich der Bf selbst nicht in der Lage, sich vor Behörden und Gerichten zu vertreten.
Seitens des Bundesfinanzgerichts ist daher beim zuständigen Pflegschaftsgericht anzuregen, von Amts wegen gemäß § 268 ABGB die Beigebung eines Sachwalters zu prüfen.
Aussetzung der Entscheidung
Bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts ist die Entscheidung im hier anhängigen Beschwerdeverfahren RV/7102791/2015 gemäß § 271 BAO auszusetzen, um im Fall der Bestellung eines Sachwalters diesem die Erstattung eines ergänzenden Schriftsatzes zum Vorlageantrag zu ermöglichen.
Nichtzulassung der Revision
Für einen gesetzlich nicht vorgesehenen Antrag auf Verfahrenshilfe im Familienbeihilfeverfahren sieht das Gesetz, anders als etwa im Revisionsverfahren nach § 25a Abs. 2 Z 2 VwGG, keinen ausdrücklichen Ausschluss einer Revision vor. In Bezug auf die Verfahrenshilfe liegt auch kein verfahrensleitender Beschluss im Sinne des § 25a Abs. 3 VwGG vor. Das Verwaltungsgericht hat daher gemäß § 25a Abs. 1 VwGG auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG i. V. m. Abs. 9 B-VG zulässig, wenn ein Beschluss von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision nicht zulässig, da die Rechtsfrage, ob im Anwendungsbereich der BAO Verfahrenshilfe zu gewähren ist, von der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.
Wien, am 5. Juni 2015