Richtlinie des BMF vom 13.07.2005, 09 4501/58-IV/9/00 gültig von 13.07.2005 bis 02.11.2006

UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000

Beachte
  • Es ist zu beachten, dass die in § 11 Abs. 1a vorgesehenen Rechnungslegungsvorschriften erst ab 1.10.2002 gelten (eingeführt durch das BGBl I Nr. 2002/132).
Die Umsatzsteuerrichtlinien 2000 stellen einen Auslegungsbehelf zum Umsatzsteuergesetz 1994 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Umsatzsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Umsatzsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen.

19. Steuerschuldner, Entstehung der Steuerschuld (§ 19 UStG 1994)

19.1. Steuerschuldner

19.1.1. Allgemeines

19.1.1.1. Übergang der Steuerschuld

2601

Erbringt ein ausländischer Unternehmer (das ist ein solcher, der weder Wohnsitz, Sitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Betriebsstätte im Inland hat)

  • sonstige Leistungen oder
  • Werklieferungen

an einen Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts, wird die Steuer vom Leistungsempfänger geschuldet.

Der leistende Unternehmer haftet für diese Steuer.

Im Falle des Übergangs der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger ist § 27 Abs. 4 UStG 1994 gegenstandslos.

Umsätze, für die die Steuerschuld übergeht

Unter die Werklieferungen fallen zB Umsätze ausländischer Bauunternehmer, die keine Bauleistungen darstellen, weil die weiteren Voraussetzungen des § 19 Abs. 1a UStG 1994 fehlen (weil der Leistungsempfänger seinerseits nicht mit der Erbringung dieser Bauleistung beauftragt ist und auch nicht üblicherweise Bauleistungen erbringt).

Beispiel:

Der in Deutschland ansässige Bauunternehmer erbringt für eine Sparkasse in Salzburg eine Werklieferung in deren Geschäftsgebäude.

 

Der Übergang betrifft sowohl Umsätze für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers, der ein Unternehmer oder eine juristische Person ist (hinsichtlich Ausnahmen siehe Rz 2602f letzter Absatz).

Ausländische Unternehmer

Maßgeblich, ob es sich um einen ausländischen Unternehmer handelt, ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, sind insoweit als inländische Unternehmer zu behandeln. Sie haben diese Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären. Der Leistungsempfänger schuldet nicht die Steuer für diese Umsätze.

Die Tatsache, dass ein Unternehmer bei einem Finanzamt im Inland umsatzsteuerlich geführt wird, ist kein Merkmal dafür, dass er im Inland ansässig ist. Das Gleiche gilt, wenn dem Unternehmer eine österreichische UID erteilt wurde.

Hinsichtlich der Möglichkeit einer Betriebsstättenbescheinigung siehe Rz 3494

Vorsteuerabzug des ausländischen Leistungsempfängers

Hat der ausländische Unternehmer nur Umsätze ausgeführt, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, hat er seine Vorsteuern im Erstattungsverfahren geltend zu machen, ausgenommen, wenn er selbst als Leistungsempfänger eine Steuer schuldet.

Das gilt ab 1. Jänner 2004 auch dann, wenn der ausländische Unternehmer Bauleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1a UStG 1994 ausgeführt hat.

Soweit an ausländische Unternehmer Umsätze ausgeführt werden, für die diese die Steuer schulden, haben sie die für ihre Vorleistungen in Rechnung gestellte Steuer im Veranlagungsverfahren geltend zu machen.

Beispiel 1:

Der in Frankreich ansässige Unternehmer F nimmt mit anderen französischen Unternehmern an einer Ausstellung in Wien teil. Mit der Organisation und Durchführung der Gemeinschaftsausstellung ist die ebenfalls in Frankreich ansässige Durchführungsgesellschaft D beauftragt.

Der Veranstalter der Messe erbringt sonstige Leistungen an D. D erbringt die sonstigen Leistungen an die an der Gemeinschaftsausstellung beteiligten Aussteller. D erbringt im Inland ua. steuerpflichtige Leistungen an den Aussteller F. Die Umsatzsteuer für diese Leistungen schuldet F. Bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 kann F im Veranlagungsverfahren die gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 geschuldete Steuer und allenfalls weitere für Vorleistungen an ihn in Rechnung gestellte Steuern als Vorsteuer abziehen.

Beispiel 2:

Ein amerikanischer Unternehmer veranstaltet in Wien einen Kongress. An dem Kongress nehmen auch ausländische Unternehmer teil (die Leistung des Kongressveranstalters dient deren unternehmerischen Zwecken und wird daher für deren Unternehmen ausgeführt).

Die Steuerschuld für die Leistungen des Kongressveranstalters geht auf die ausländischen Unternehmer, die am Kongress teilnehmen, über.

Die auf die Kongressteilnehmer übergegangene Steuerschuld ist im Veranlagungsverfahren zu erklären. Will der Unternehmer weitere Vorsteuern gelten machen - zB für die Beherbergung - kann dies nur im Veranlagungsverfahren erfolgen. Siehe dazu den nächsten Abschnitt.

Abgabe von Umsatzsteuererklärungen

Eine Steuererklärung haben auch juristische Personen im Nichtunternehmerbereich abzugeben, soweit sie als Leistungsempfänger eine nach § 19 Abs. 1 UStG 1994 auf sie übergegangene Steuer schulden.

Hat der ausländische Unternehmer keine Umsätze im Inland ausgeführt oder nur Umsätze ausgeführt, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, hat er eine Umsatzsteuererklärung nur abzugeben, wenn

  • er selbst als Leistungsempfänger eine Steuer schuldet,
  • wenn er eine Steuer auf Grund einer Inrechnungstellung gemäß § 11 Abs. 12 und 14 UStG 1994 schuldet oder
  • wenn er vom Finanzamt zur Abgabe aufgefordert wird.

Veranlagung

Hat der ausländische Unternehmer keine Umsätze im Inland ausgeführt oder nur Umsätze ausgeführt, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, und schuldet er selbst als Leistungsempfänger eine Umsatzsteuer, dann kommt es zu keiner Veranlagung, wenn er hinsichtlich der auf ihn übergegangenen Steuer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist und er nicht auf Grund einer Inrechnungstellung gemäß § 11 Abs. 12 und 14 UStG 1994 Umsatzsteuer schuldet. Das gilt nicht, wenn der ausländische Unternehmer ausdrücklich eine Veranlagung beantragt. Das gilt weiters nicht für ausländische Unternehmer, die neben der Vorsteuer für die übergegangene Steuerschuld weitere Vorsteuern geltend machen. In diesem Fall sind die Vorsteuern im Veranlagungsverfahren geltend zu machen (siehe oben Beispiel 2).

Haftung

Der leistende Unternehmer haftet für die auf den Leistungsempfänger übergegangenen Steuer. Diese Haftung wird nur dann von Bedeutung sein, wenn der Leistungsempfänger hinsichtlich der übergegangenen Steuerschuld nicht oder nicht zur Gänze zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Geht bei Leistungen ausländischer Unternehmer die Steuerschuld auf einen anderen ausländischen Unternehmer über, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (zB ausländischer Arzt), entfällt die Haftung des leistenden Unternehmers unter folgenden Voraussetzungen:

  • Der leistende Unternehmer teilt dem Finanzamt Graz-Stadt vor einer Veranstaltung, bei der er zahlreichen ausländischen Unternehmern Leistungen erbringt (zB Kongress) mit, dass er von dieser Vereinfachungsmaßnahme Gebrauch macht.
  • Der leistende Unternehmer führt den vom Leistungsempfänger geschuldeten Betrag in dessen Namen an das vom Finanzamt Graz-Stadt bekannt gegebene Konto ab.
  • Der leistende Unternehmer übermittelt dem Finanzamt Graz-Stadt eine Auflistung der Leistungsempfänger (Name des Unternehmers sowie der für das Unternehmen an der Veranstaltung teilnehmenden Personen, Anschrift des Unternehmers).
  • Der leistende Unternehmer darf in diesem Fall keine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis ausstellen.
  • Der leistenden Unternehmer hat auf der Rechnung anzumerken, dass er den vom Leistungsempfänger geschuldeten Betrag in dessen Namen und für dessen Rechnung an das Finanzamt abführt.

In diesen Fällen ist eine Abgabe einer Umsatzsteuererklärung durch den Leistungsempfänger für diese übergegangene Steuerschuld nicht erforderlich.

Die Ausführungen unter den Rz 2602h bis Rz 2602l (Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers, Aufzeichnungspflichten, Entstehung der Steuerschuld, In-Kraft-Treten) gelten sinngemäß auch für § 19 Abs. 1 UStG 1994.

2601a

Bei Anwendung der Vereinfachungsregelung der Rz 422a betr. den Ort der Lieferung bei der der Lieferung von elektrischer Energie an Elektrizitätsunternehmen im Sinne des § 7 Z 8 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) und an Stromhändler im Sinne des § 7 Z 37 ElWOG kann die Regelung des § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 sinngemäß angewendet werden. Im Falle der Lieferung von elektrischer Energie an Elektrizitätsunternehmen im Sinne des § 7 Z 8 ElWOG und an Stromhändler im Sinne des § 7 Z 37 ElWOG kann damit von einer Besteuerung beim Lieferanten abgesehen werden, wenn der Abnehmer (Elektrizitätsunternehmen im Sinne des § 7 Z 8 ElWOG oder Stromhändler im Sinne des § 7 Z 37 ElWOG) die Versteuerung vornimmt.

Diese Regelung (Übergang der Steuerschuld) kann auch für die Lieferung von elektrischer Energie an die Bilanzgruppenkoordinatoren (Rz 422a fünfter Absatz) oder bei der Lieferung an bzw. von der inländischen Strombörse zur Anwendung gelangen, immer unter der Voraussetzung, dass sich die Beteiligten über die Anwendbarkeit der Regelung einigen.

2601b

Rz 2601a gilt sinngemäß auch für Gaslieferungen.

19.1.1.2. Rechnungslegung

2602

Rechtslage auf Grund des 2. AbgÄG 2002, anzuwenden auf Umsätze und sonstige Sachverhalte, die nach dem 30. September 2002 ausgeführt werden bzw. sich ereignen:

Der leistende Unternehmer ist verpflichtet eine Rechnung auszustellen. Er hat in der Rechnung die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers anzugeben und auf die Steuerschuld des Leistungsempfängers hinzuweisen.

In den Fällen des Überganges der Steuerschuld darf der leistende Unternehmer in der Rechnung keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen. Eine trotzdem gesondert ausgewiesene Steuer wird vom Unternehmer gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldet und berechtigt den Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug.

Ob eine Rechnung ausgestellt wird und ob in dieser auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hingewiesen wird, hat auf den Übergang der Steuerschuld keinen Einfluss.