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IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** über die Beschwerde des ***Bf***, vertreten durch ***1***, vom 9. November 2020 gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Land (nunmehr Finanzamt Österreich), vertreten durch ***2***, je vom 22. Oktober 2020, betreffend die Abweisung von Anträgen um Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird bezüglich des Antrages um Aussetzung der Einhebung vom 5. Mai 2020 Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Aussetzung der Einhebung für den beantragten Betrag von € 172.971,58 bewilligt wird.
Diese Beschwerde wird weiters, betreffend den weiteren Bescheid vom 22. Oktober 2020, bezüglich des Antrages vom 6. Oktober 2020, für gegenstandslos erklärt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheiden des Finanzamtes Salzburg-Land je vom 22. Oktober 2020 wurden die durch
den ausgewiesenen Vertreter gestellten Anträge um Aussetzung der Einhebung des Berufungswerbers
(Bf) ***Bf*** vom 5. Mai 2020 und vom 6. Oktober 2020 betreffend einen Betrag von
€ 172.971,58 (betreffend Einkommensteuern 2008 bis 2012 und Umsatzsteuern 2009 bis
2012) bzw. einen Betrag von € 308.575,58 (betreffend gleich bezeichneter Abgaben,
samt Anspruchs- und Aussetzungszinsen) abgewiesen.
In der Begründung wurde (gleichlautend) im Wesentlichen ausgeführt, dass die Stellung
eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lediglich der Beginn eines
eigenen Verfahrens zur Prüfung der Frage ist, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt
seien, dass der Antragsteller in den Verfahrensstand, in welchem er sich vor Fristversäumnis
befand, zurückversetzt wird.
Erst die Bewilligung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewirke,
dass dem Antragsteller eine Rechtsstellung zuerkannt wird, wie sie vor Versäumung
der Frist bestand. Bis dahin bleibe die Rechtswirkung der wegen Fristversäumnis ergangenen
Zurückweisungsbescheide bestehen.
Der gegenständliche Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a habe mangels offener Beschwerde daher nicht die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe zumindest mittelbar von der Erledigung einer Berufung (gemeint wohl Beschwerde) abhängig ist, zum Gegenstand, wodurch die Voraussetzungen für eine Bewilligung der beantragten Aussetzung der Einhebung nicht vorlägen (vgl. VwGH vom 9.4.1997, 96/13/0208).
Gegen diese abweisenden Bescheide brachte der Bf durch seinen ausgewiesenen Vertreter
mit Schriftsatz vom 9. November 2020 das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
In der Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Begründung des FA nicht
nur objektiv unrichtig, sondern auch vollkommen unlogisch sei.
Zunächst wurde auf die Bestimmung des § 212a BAO verwiesen. Hingewiesen wurde auch
darauf, dass gegenständlich eine Beschwerde vom 17.2.2020 betreffen die Abweisung
des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugrunde liegt.
Im § 212a BAO werde zwischen mittelbarer und unmittelbarer Wirkung bei der Einhebung
von Abgaben deren Höhe von Beschwerde abhängt, unterschieden.
Bei Beschwerden gegen Wiederaufnahmeverfahren hänge die Abgabenhöhe mittelbar von
der Erledigung einer Beschwerde ab. Dabei sei es gleichgültig, ob es um die Wiederaufnahme
das Abgabenverfahrens selbst, oder um ein Feststellungsverfahren handelt aus dem neue
abgeleitete Abgabenbescheide resultieren.
Demnach falle auch bei einer Formalerledigung wie bei Fristversäumnis und einem darauf
gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der Sachverhalt und
den Begriff "mittelbar" im Sinne des § 212a BAO. Daraus ergebe sich, dass die Erledigung
des Wiedereinsetzungsantrages in die Rechtskraft des zugrunde liegenden Abgabenbescheides
eingreifen könne, die Beschwerde gegen den Abgabenbescheid somit aufrecht und damit
Mittelbarkeit im Sinne des § 212a BAO gegeben sei.
Es werde daher beantragt diesen Aussetzungsanträgen Folge zu geben.
Diese Beschwerde wurde seitens des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. Jänner 2021 als unbegründet abgewiesen.
Darin wurden zunächst die Begründungen der abweisenden Bescheide vollinhaltlich aufrechterhalten und auf diese verwiesen.
Zum Verhältnis zu Wiederaufnahmebescheiden wurde ausgeführt, dass dort eine mittelbare
Abhängigkeit deshalb gegeben sei, da bei deren Abänderung oder Aufhebung der die Nachforderung
auslösende Bescheid ohne ein weiteres Verfahren ebenfalls eine Abänderung oder Aufhebung
erfahren kann. Stellen Wiederaufnahmeverfahren völlig eigenständige Verfahren dar,
bedürfen nachgelagerte Bescheide dennoch keines eigenen Verfahrens um von den Auswirkungen
der vorgenannten betroffen zu sein.
Dies sei begrifflich mit "mittelbarer Abhängigkeit" gemeint.
Im Falle einer Wiedereinsetzung liege eine solche mittelbare Abhängigkeit nicht vor. Dieses Verfahren habe auf bestehende Bescheide keine (mittelbare) Auswirkung. Vielmehr werde darin zu klären sein, ob das Beschwerdeverfahren vor dem BFG durchgeführt werden kann. Erst ein dem Antrag gem. § 308 BAO stattgebender Einstieg in dieses eigene Verfahren über die Abgabenbescheide, würde in weiterer Folge auch eine Berechtigung zu einem Antrag gem. § 212a BAO mit sich bringen.
Daraufhin stellte der Bf durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Anbringen vom 26.
Jänner 2021 einen Vorlageantrag, in dem eine mündliche Verhandlung vor dem Senat beantragt
wurde.
Eine weitere Begründung enthielt dieser Antrag nicht.
Hinzuweisen ist auf das in diesem Verfahren seitens des BFG durchgeführte Mängelbehebungsverfahren
(Beschluss vom 8.3.2021) betreffend die Aufgliederung der zur Aussetzung beantragten
Beträge, dem der Bf nur für die Beträge in Höhe von € 172.971,58 nachkam. Mit Beschluss
des BFG vom 22. Juni 2021, RV/6100139/2021, wurde darauf hin für den übersteigenden
Betrag von
€ 135.605 (bezogen auf den Antrag vom 6.10.2020) die Zurücknahme der Beschwerde ausgesprochen.
Mit Anbringen vom 24. Juni 2021 wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung vor einem
Senat zurückgezogen.
Weiters wurde der Antrag um Aussetzung der Einhebung vom 6. Oktober 2020 zurückgezogen.
Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:
Aus dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 25.11.2019 samt dem weiteren Beschwerdevorbringen kann im Sinne der ständigen Rechtsprechung nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dieses Beschwerdeverfahren wenig Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 212a Abs. 2 lit. a BAO hätte.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
§ 212a Abs. 1 BAO lautet:
Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
Im gegenständlichen Fall ist demnach strittig, ob durch das zwischengeschaltete Verfahren durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (hier Aussetzungsanträge im Zuge der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. wiederholt nach einem Vorlageantrag nach abweisender BVE im Wiedereinsetzungsverfahren) mittelbare Abhängigkeit im Sinne des § 212a BAO gegeben ist oder nicht.
Nach Ansicht des BFG ist im gegenständlichen Fall von mittelbarer Abhängigkeit auszugehen.
Wie dem vom Finanzamt zitierten Erkenntnis des VwGH vom 9.4.1997, 96/13/0208, zu entnehmen ist, verneint dieser eine Aussetzungsmöglichkeit für den Fall, dass
der Antrag gem.
§ 212a BAO im Zuge eines Antrages auf Wiedereinsetzung gestellt wird, da noch kein
Beschwerdeverfahren in Gang gesetzt wurde.
Dieses vom Finanzamt zitierte Erkenntnis trifft auf den gegenständlichen Fall daher
nicht zu, da hier Aussetzungsanträge im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren betreffen
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt wurden. Demnach geht auch das bezughabende
Vorbringen in den angefochtenen Bescheiden ins Leere.
Im vorletzten Satz des zitierten VwGH Erkenntnisses hält dieser ausdrücklich fest,
dass über den Fall eines in einem Berufungsverfahren gestellten Aussetzungsantrages
nicht abgesprochen wurde.
Zudem verweist der VwGH auf den Kommentar zur BAO Stoll, 2976, woraus sich ergibt,
wenn das Ziel des Weidereinsetzungsverfahrens auf eine Minderung von Abgabenforderungen
abzielt, kann im Zuge der Berufung gegen die Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages
ein Aussetzungsantrag gestellt. Dabei genügt, dass mittelbar von der Erledigung der
Berufung die Höhe einer Abgabe abhängt (§ 212a Abs. 1 BAO).
Allein daraus ergibt sich nach Ansicht des BFG, dass im gegenständlichen Fall von mittelbarer Abhängigkeit im Beschwerdeverfahren betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auszugehen ist. Dies ist auch als Ausfluss von grundsätzlichen Rechtsschutzinteressen die mit § 212a BAO verbunden sind iZhm. der faktischen Effizienz von Beschwerden zu sehen.
Wenn das Finanzamt vergleichsweise auf Beschwerdeverfahren betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO verweist (für die eine Aussetzung der Einhebung in Frage kommt), kann dem nicht ohne weiteres gefolgt werden.
Geht man jeweils von einer (späteren) Abweisung des jeweiligen Beschwerdeverfahrens
(Wiederaufnahme; Weidereinsetzung) aus, besteht kein Unterschied, da der Ausgang des
jeweiligen Verfahrens, außer bei klar absehbar wenig erfolgversprechenden Beschwerden,
nicht Vorhersehbar ist. Eine Nichtbewilligung der Aussetzung wäre daher in beiden
Fällen nicht möglich.
Kommt es zu einer späteren Stattgabe der Beschwerden, die Wiederaufnahme bzw. die
Weidereinsetzung wird bewilligt, lebt im zweiten Fall, wie schon vom Finanzamt ausgeführt
wurde, das Beschwerdeverfahren in der Abgabensache wiederum auf, sodass nunmehr unmittelbar
ein Anspruch auf Aussetzung der Einhebung, bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen,
gegeben ist. Damit ist aber klar, dass ein Beschwerdeverfahren betreffend Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand mittelbar die Höhe der von der Einhebung bedrohten Abgaben betrifft.
Vergleiche dazu auch Kommentar zur BAO Ritz, 6 Aufl., § 212a, Rz 7, wonach auch bei
einem Nebenverfahren gem. § 85 Abs. 2 (zB Zurücknahmebescheid) eine Aussetzung der
Einhebung des Streitgegenstandes des Hauptverfahrens, möglich ist (und die dazu vgl.
zitierte VwGH Rechtsprechung vom 17.12.98, 97/15/0085).
Dass die gegenständliche Beschwerde im Wiedereinsetzungsverfahren wenig erfolgversprechend sei, wurde vom Finanzamt selbst nicht behauptet, bzw. siehe dazu die Feststellung aus dem Akteninhalt.
Bezüglich des Beschwerdeverfahrens zum zweiten sachlich identen Aussetzungsantrag vom 6. Oktober 2020 ist darauf zu verweisen, dass dieser Antrag zurückgenommen wurde. Zudem wurde dem Beschwerdebegehren aufgrund des ersten Antrages vom 5. Mai 2020 Folge gegeben, sodass diese Beschwerde als gegenstandslos geworden (sinngemäß nach § 261 BAO) zu betrachten ist.
Der Beschwerde kommt daher Berechtigung zu, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Die Revision ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt
(die Entscheidung ist als Ausfluss des Gesetzes anzusehen ist, welche vergleichsweise
durch die Rechtsprechung des VwGH gedeckt wird), der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Salzburg, am 29. Juni 2021
Zusatzinformationen
in Findok veröffentlicht am: | 05.08.2021 |
Materie: |
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ECLI: |
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Systemdaten: | Findok-Nr: 133811.1 aufgenommen am: 05.08.2021 14:05:07 zuletzt geändert am: 24.05.2023 Dokument-ID: 5979c914-bd99-499c-ac61-d85a653fe38c Segment-ID: 17b03f5e-a26c-40ba-a58b-13f9bc9605a8 |
