Richtlinie des BMF vom 22.03.2005, 06 0104/9-IV/6/00 gültig von 22.03.2005 bis 01.01.2006

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000

  • 5 Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben
  • 5.5 Einzelne Betriebsausgaben
  • 5.5.13 Zinsen als Betriebsausgaben

5.5.13.5 Zinsen als vorweggenommene und nachträgliche Betriebsausgaben

1435

Zinsen für Verbindlichkeiten, die vor der Betriebseröffnung aufgenommen wurden, sind Ausgaben, wenn damit betrieblich veranlasste Leistungen oder betrieblich genutzte Wirtschaftsgüter finanziert werden.

1436

Werden im Zuge der Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen übernommen, so gelangen auch die Verbindlichkeiten, die der Finanzierung dieser Wirtschaftsgüter gedient haben, in das Privatvermögen. Scheidet zB ein fremdfinanziertes Gebäude aus dem Betriebsvermögen aus, teilt die Finanzierungsverbindlichkeit sein Schicksal. Wird dieses Gebäude vermietet, so sind die auf die Finanzierungsverbindlichkeit entfallenden Zinsen Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VwGH 30.11.1999, 94/14/0166). Hingegen sind nicht Werbungskosten Zinsen für Bankverbindlichkeiten, deren Valuta nicht zur Finanzierung des aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenen und vermieteten Gebäudes, sondern für allgemeine betriebliche Zwecke verwendet worden ist; eine Verbindlichkeit kann mit steuerlicher Wirkung nicht umgewidmet werden (VwGH 30.9.1999, 99/15/0106, 99/15/0107).

1437

Vom Erwerber des Betriebes nicht übernommene bzw. nach Betriebsveräußerung oder -aufgabe noch vorhandener Verbindlichkeiten sind, soweit sie nicht mit einem in die private Sphäre überführten Wirtschaftsgut zusammenhängen, weiterhin dem Betriebsvermögen zuzurechnen (§ 32 Z 2 EStG 1988). Die darauf entfallenden Aufwendungen (insbesondere Zinsen) sind daher nachträgliche Betriebsausgaben, andererseits führt ein Erlass dieser Schulden zu nachträglichen Betriebseinnahmen. Es sind aber alle zumutbaren Schritte zur Tilgung der Verbindlichkeiten zu setzen; bei Unterbleiben derartiger Maßnahmen sind die Zinsen nicht mehr Aufwendungen iSd § 32 Z 2 EStG 1988 (VwGH 22.10.1996, 95/14/0018; VwGH 20.9.2001, 98/15/0126). Zur Überprüfung, ob alle zumutbaren Schritte zur Tilgung der Verbindlichkeiten gesetzt wurden, sind für jedes Veranlagungsjahr nach der Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe die Einnahmen und die "notwendigen Ausgaben" des Steuerpflichtigen gegenüberzustellen; auf diese Weise ist ein rechnerischer Einnahmenüberschuss zu ermitteln, wobei auch auf das Vermögen des Steuerpflichtigen Bedacht zu nehmen und insb. zu prüfen ist, ob der Rückkauf von Lebensversicherungen zumutbar ist. Wird der Betrag des rechnerischen Einnahmenüberschusses nicht zur Kredittilgung verwendet, wird die vormalige Betriebsschuld mit diesem Betrag (rechnerischer Einnahmenüberschuss) zur Privatschuld. Es kommt daher zu einer Aufteilung der vormaligen Betriebsschuld. Nur jener Teil der Schuld, dessen Tilgung dem ehemaligen Betriebsinhaber (noch) nicht zumutbar war, führt zu nachträglichen Betriebsausgaben (VwGH 20.9.2001, 98/15/0126).

1438

Schulden sind aber insoweit notwendiges Privatvermögen und die darauf entfallenden Zinsen nicht mehr abzugsfähig, als der Erlös und die zurückbehaltenen Aktivwerte nicht zur Tilgung der Verbindlichkeiten verwendet werden; für solche Zinsen kommt mangels Zwangsläufigkeit auch keine außergewöhnliche Belastung in Betracht.

Beispiel:

Verbindlichkeiten 5 Mio. S. Ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 3 Mio. S und sonstiges Vermögen von 1 Mio. S werden in die private Sphäre überführt.

Verbindlichkeiten sind nur insoweit dem Betriebsvermögen zuzurechnen, als sie die Aktivwerte übersteigen, das sind 1 Mio. S; nur die darauf entfallenden Zinsen sind als nachträgliche Ausgaben abzugsfähig.

1439

Nach der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit aufgenommene Kredite bilden keine Betriebsschuld mehr (VwGH 6.3.1984, 83/14/0107), es sei denn, sie finanzieren nachträgliche Betriebsausgaben.