Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss des BFG vom 02.09.2019, RV/7104673/2019

Vorlageantrag gegen „zweite Beschwerdevorentscheidung“ ist als unzulässig zurückzuweisen

Rechtssätze

Stammrechtssätze

RV/7104673/2019-RS1 Permalink
Die Erlassung einer zweiten Beschwerdevorentscheidung ist nach § 262 BAO idF FVwGG 2012 nicht mehr vorgesehen. Aus § 300 Abs 1 BAO ergibt sich, dass die Abgabenbehörde ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit grundsätzlich weder abändern noch aufheben kann. Übermittelt die Abgabenbehörde dem Beschwerdeführer nach Vorlage an das Verwaltungsgericht ein weiteres Dokument, das Form und Inhalt einer („zweiten“) Beschwerdevorentscheidung aufweist, handelt es sich dabei um einen "Nichtbescheid".
Ein dagegen erhobener Vorlageantrag ist, zumal er sich gegen einen „Nichtbescheid“ richtet, vom Verwaltungsgericht als unzulässig zurückzuweisen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache Stadt-X, vertreten durch CONSULTATIO Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG, Karl-Waldbrunner-Platz 1, 1210 Wien, betreffend den Vorlageantrag vom 2.8.2019 (betreffend Körperschaftsteuer 2012) den Beschluss:

I. Der Vorlageantrag vom 2.8.2019 wird gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO iVm § 264 Abs 4 lit e BAO iVm § 264 Abs 5 BAO als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Gegen den zugrundeliegenden Körperschaftsteuerbescheid 2012, erlassen vom Finanzamt Wien 1/23 am 4.4.2018, wurde am 8.5.2018 Beschwerde erhoben. Am 13.6.2019 erließ das Finanzamt Wien 1/23 eine (erste) abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend Körperschaftsteuer 2012. Dagegen wurde am 1.7.2019 von der Stadt-X ein Vorlageantrag erhoben. Der Vorlageantrag wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom 1.8.2019 vorgelegt.

In der Folge wurde der Stadt-X vom Finanzamt Wien 1/23 am 2.8.2019 (offensichtlich unabsichtlich) ein weiteres Dokument postalisch übermittelt, das Form und Inhalt einer Beschwerdevorentscheidung aufweist ("zweite Beschwerdevorentscheidung") und wortwörtlich der ("ersten") Beschwerdevorentscheidung vom 13.6.2019 (mit Ausnahme des Datums 8.7.2019) entspricht.

 

In rechtlicher Beurteilung verweist das Bundesfinanzgericht zunächst darauf, dass die Erlassung einer zweiten Beschwerdevorentscheidung nach § 262 BAO idF FVwGG 2012 (BGBl I 2013/14) nicht (mehr) vorgesehen ist.

Aus der Bestimmung des § 300 Abs 1 BAO ergibt sich, dass die Abgabenbehörde ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevor­entscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit grundsätzlich weder abändern noch aufheben kann.

Die entspricht verfassungs­rechtlichen Überlegungen (vgl zB Tanzer , Rechtsschutz im Steuer­recht, 16. ÖJT, Wien 2006, Band IV/1, 40), wonach keine   gleichzeitige Zuständigkeit einer Abga benbehörde und eines Verwaltungs­gerichtes zur Abänderung (Änderung, Berichtigung) oder Aufhebung eines Bescheides bestehen darf.

Ein derartiger Eingriff in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist demnach mit absoluter Nichtigkeit verpönt. Bei dem vom Finanzamt Wien 1/23 der Stadt-X am 2.8.2019 postalisch übermittelten Dokument, das Form und Inhalt einer Beschwerdevorentscheidung aufweist und mit 8.7.2019 datiert ist, handelt es sich somit um einen "Nichtbescheid".

 

Gemäß § 264 Abs 1 BAO kann (nur) gegen eine Beschwerdevorentscheidung ein Vorlageantrag gestellt werden. Da der gegenständliche Vorlageantrag vom 2.8.2019 jedoch gegen einen "Nichtbescheid" erhoben wurde, ist der Vorlageantrag als unzulässig zu qualifizieren.

Gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO ist die Bestimmung des § 260 Abs 1 BAO über die Zurückweisung wegen Unzulässigkeit sinngemäß auch für Vorlageanträge anzuwenden. Gemäß  § 264 Abs 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht. Dieses hatte daher mit Beschluss nach § 278 BAO die Zurückweisung auszusprechen.

 

Gegen eine Erledigung des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschluss ergab sich die rechtliche Beurteilung aus dem klaren Gesetzeswortlaut, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor.

 

 

Wien, am 2. September 2019