Richtlinie des BMF vom 10.12.2008, BMF-010222/0248-VI/7/2008 gültig von 10.12.2008 bis 28.05.2013

LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002

Die Lohnsteuerrichtlinien 2002 stellen einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Lohnsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Lohnsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen. Sie basieren auf den Lohnsteuerrichtlinien 1999.
  • 20 Besteuerung bestimmter Zulagen und Zuschläge (§ 68 EStG 1988)
  • 20.5 Überstundenzuschläge (§ 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988)

20.5.2 Überstundenzuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (§ 68 Abs. 1 und 6 EStG 1988)

1152

Der Freibetrag gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 bzw. der erhöhte Freibetrag von 540 Euro (§ 68 Abs. 6 EStG 1988) ist jeweils ein gemeinsamer Freibetrag für alle Arbeitsverrichtungen, die Zulagen und Zuschläge im Sinne des § 68 Abs. 1 EStG 1988 auslösen. Der erhöhte Freibetrag gemäß § 68 Abs. 6 EStG 1988 steht zu, wenn die Normalarbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum auf Grund der besonderen Beschaffenheit der Arbeit überwiegend in die Nachtzeit fällt.

1153

Nachtarbeit auf Grund der besonderen Beschaffenheit der Arbeit ist gegeben, wenn das Berufsbild des typischen "Nachtarbeiters" vorliegt, wie zB Bäcker, Drucker und technisches Personal bei Tageszeitungen, Personal in bestimmten Bereichen des Gaststättengewerbes (zB Abendrestaurants, Nachtbars, Nachtklubs, Diskotheken), Personal in Spielbanken, Verkehrsdienste, Bewachungsdienste, Nachtportiere, Nachtschwestern.

1154

Überwiegend bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Normalarbeitszeit im maßgeblichen Lohnzahlungszeitraum in die begünstigte Nachtzeit fällt. Ist die Begünstigung für zehn Werktagsüberstunden zur Tagzeit (§ 68 Abs. 2 EStG 1988) nicht ausgeschöpft, so sind Zuschläge (maximal 50%) für (restliche) zehn Überstunden zusätzlich zum (erhöhten) Freibetrag steuerfrei.

1155

Als überwiegende Nachtarbeit gilt eine Arbeitsleistung von mehr als der Hälfte der Normalarbeitszeit zwischen 19 Uhr und 7 Uhr, wobei die Blockzeit von drei Stunden nicht zu prüfen ist.

Beispiel:

Normalarbeitszeit eines Druckers im Lohnzahlungszeitraum (Kalendermonat) 173 Stunden, davon fünf Stunden zwar in der Nacht, aber außerhalb einer Blockzeit, und 84 Stunden in der Nacht und innerhalb der Blockzeit; maßgeblich für Überwiegen sind 89 Nachtstunden; da somit die Normalarbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum überwiegend in die Nachtzeit fällt, beträgt der Freibetrag 540 Euro; Zuschläge für zehn Nachtstunden außerhalb der Blockzeit sind innerhalb des Freibetrages steuerfrei. Während der Nachtzeit erbrachte Überstunden auf Grund von Arbeits- bzw. Zeiteinteilungen rechtfertigen nicht die Anwendung des § 68 Abs. 6 EStG 1988.

1156

Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung von Nachtarbeit ist ein betriebliches Erfordernis ihrer Ableistung. Dieses ist nur dann gegeben, wenn die Arbeitszeiten nicht willkürlich in die Nacht verlagert werden (zB durch "Zusammenkommenlassen von Arbeit").

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind nur jene Arbeitnehmer steuerlich zu begünstigen, die gezwungen sind, zu den dort angeführten Zeiten (Sonntag, Feiertag, Nacht) Leistungen zu erbringen. Hierbei muss auch der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen und Zeiten die Tätigkeiten zu erbringen, nachgewiesen werden. Ansonsten hätten es Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehend in der Hand, eine begünstigte Besteuerung des Arbeitslohnes durch Verlagerung der (Überstunden)Tätigkeit in begünstigte Zeiten herbeizuführen (vgl. VwGH 31.3.2004, 2000/13/0073).

Die betrieblichen Gründe müssen derart gestaltet sein, dass sie die Nachtarbeit notwendig erscheinen lassen. Eine derartige Nachtarbeit kann demnach nur am Dienstort bzw. anlässlich einer Dienstreise anfallen. Wenn die Nachtarbeit nicht am Dienstort verrichtet wird bzw. nicht unmittelbar an die Tagesarbeitszeit anschließt, wird in der Regel von Nachtarbeit nicht gesprochen werden können. Ausnahmen sind bei EDV-Technikern, Reparaturdiensten usw. denkbar.

1157

Bei Wechselschichten ist die auf die Nachtzeit entfallende Schichtzulage dann als begünstigter Nachtarbeitszuschlag zu behandeln, wenn die Blockzeit erfüllt ist.

1158

Fälle von Unterbrechungen der Tagesarbeitszeit und anschließender Blockzeit im Zusammenhang mit dem betrieblichen Erfordernis:

  • Arbeitsunterbrechungen auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Vorschriften sind für sich gesehen kein Hindernis, von einem betrieblichen Erfordernis für das Ableisten von Nachtarbeit auszugehen.
  • Der Umstand, dass auf Grund der Länge der Arbeitsverrichtung auch bei unmittelbarem Anschluss an die Normalarbeitszeit die Voraussetzungen für die Blockzeit erfüllt wären, spricht nicht für ein betriebliches Erfordernis für die Nachtarbeit. Arbeitspausen vor Beginn der Blockzeit in einer Dauer bis zu 30 Minuten beeinträchtigen nicht das "betriebliche Erfordernis". Längere Arbeitsunterbrechungen hemmen die Blockzeit, dh. sie werden von der Nachtarbeitszeit abgezogen.
  • Unterbrechungen sind der Steuerbefreiung weiters dann nicht abträglich, wenn sich an die Unterbrechung ein betrieblich erforderlicher Schichtdienst anschließt.
  • In allen übrigen Fällen einer Unterbrechung der Arbeitszeit (vor Beginn der Nachtarbeit) sind die Nachtarbeitszuschläge hingegen in der Regel nicht steuerfrei, es sei denn, die Unterbrechung ergibt sich aus zwingenden betrieblichen Gründen (zB Maschinenausfall).
1159

Zuschläge für nicht im Rahmen einer Blockzeit geleistete Nachtarbeit können grundsätzlich nicht gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 steuerfrei behandelt werden, es sei denn, es handelt sich um ein Tätigwerden auf Grund der Rufbereitschaft. Da die bloße Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit zu werten ist, kann eine dafür gewährte Vergütung nicht als Mehrarbeitsvergütung im Sinne der Entlohnung zusätzlicher Arbeitsleistung qualifiziert werden (vgl. VwGH 21.10.1993, 92/15/0129). Eine steuerliche Begünstigung im Sinne des § 68 Abs. 2 EStG 1988 ist gegebenenfalls nur hinsichtlich der mit der Nachtarbeit im Zusammenhang stehenden Überstundenzuschläge, nicht hingegen hinsichtlich der Zuschläge für Nachtarbeit, möglich.

1160

Der am 1. Jänner 2005 in Kraft getretene § 68 Abs. 9 EStG 1988 regelt die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Arbeits- oder Überstundenleistungen am so genannten Ersatzruhetag. Sieht eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 vor, dass an Sonntagen regelmäßig Arbeitsleistungen zu erbringen sind und dafür ein Wochentag als Ersatzruhetag (Wochenruhe) zusteht, sind Zuschläge und Überstundenzuschläge am Ersatzruhetag wie Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu behandeln, wenn derartige Zuschläge für an Sonntagen geleistete Arbeits- oder Überstundenleistungen auf Grund arbeitsrechtlicher Vorschriften nicht zustehen.

Der Ersatzruhetag tritt in diesem Fall an die Stelle des Sonntags. Alle Zuschläge, die für diesen Ersatzruhetag gewährt werden, sind steuerlich wie Sonntagszuschläge zu behandeln und daher steuerfrei. Ebenso sind Zuschläge für Überstunden wie Sonntagsüberstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu behandeln.

Es gilt der Grundsatz, dass entweder für den Sonntag oder für den Ersatzruhetag die Steuerfreiheit der Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 zusteht. Für beide Tage kann die Steuerfreiheit gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 nicht gewährt werden. Stehen nach Maßgabe der lohngestaltenden Vorschrift für den Sonntag und für den Ersatzruhetag Zuschläge zu, dann sind die Zuschläge für den Sonntag steuerfrei gemäß § 68 Abs. 1 EStG zu behandeln, während jene für den Ersatzruhetag steuerpflichtig sind bzw. Überstundenzuschläge gegebenenfalls nur nach § 68 Abs. 2 EStG 1988 begünstigt behandelt werden können.

Für das Jahr 2004 sind mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung sowie des Erkenntnisses des VwGH 17.12.2002, 2000/14/0098, Zuschläge für Arbeits- oder Überstundenleistungen am so genannten Ersatzruhetag nicht gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu behandeln. Überstunden sind nach dem zitierten Erkenntnis daher nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 nur begünstigt, wenn sie an einem Sonntag und nicht wenn sie an einem Ersatzruhetag geleistet werden. Zuschläge für Überstundenleistungen am Ersatzruhetag können dann gegebenenfalls nur nach § 68 Abs. 2 EStG 1988 begünstigt behandelt werden. Steht einem Arbeitnehmer für den Ersatzruhetag ein Zuschlag (ähnlich dem Sonntagszuschlag) zu, kann dieser nicht nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 steuerfrei belassen werden.

Für Lohnzahlungszeiträume bis 31. Dezember 2003 bestehen keine Bedenken, wenn die bis zum Ergehen des Erkenntnisses des VwGH 17.12.2002, 2000/14/0098, angewandte Verwaltungspraxis, wonach Überstunden nur am Ersatzruhetag (und nicht am Sonntag) begünstigt waren, bis zum 31. Dezember 2003 weitergeführt wird. Eine zweifache Begünstigung für Sonntag und Ersatzruhetag ist nicht zulässig.

1160a

Infolge der Einführung der Fünftagewoche ist nach dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Gastgewerbe die am sechsten Tag geleistete Arbeitszeit in jedem Fall mit einem 50%igen Zuschlag auf den Grundlohn abzugelten. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um keine Überstunden handelt. Der Zuschlag für die am sechsten Tag erbrachten Arbeitsleistungen steht allerdings für an diesem Tag tatsächlich geleistete Überstunden nicht zu, weil insoweit vorrangig ein Überstundenzuschlag von 50 Prozent zu leisten ist. Beim Zuschlag für die am sechsten Tag geleistete Arbeitszeit handelt es sich daher weder um einen Überstundenzuschlag noch um einen Sonntagszuschlag, und zwar auch dann nicht, wenn als sechster Arbeitstag der Sonntag vereinbart wurde. Die Steuerbegünstigung gemäß § 68 EStG 1988 steht daher nur für Überstundenzuschläge für die am sechsten Tag geleisteten Überstunden zu.