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Ein Sicherstellungsauftrag muss eine schlüssige Sachverhaltsdarstellung beinhalten
RechtssätzeAlle auf-/zuklappen
Stammrechtssätze
Danach ist eine im Abgabenbescheid kumulativ vorgenommene Beurteilung als Scheingeschäft und Gestaltungsmissbrauch methodisch verfehlt, weil ein und derselbe Sachverhalt tatsächlich nicht der Bestimmung des § 22 BAO und jener des § 23 Abs. 1 BAO gleichzeitig unterstellt werden kann.
Zusatzinformationen
- betroffene Normen:
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Adr.Bf***, vertreten durch ***Steuerl.V***, ***Adr.Steuerl.V***, über die Beschwerde vom 20. November 2019 gegen den Bescheidgemäß § 232 BAO (Sicherstellungsauftrag) des ***FA*** (vormals ***FAalt***) vom 22. Oktober 2019 betreffend Körperschaftsteuer 2016 und 2017 sowie Kapitalertragsteuer 2016 bis 2018 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO vom 22.10.2019 wurde in das Vermögen der Beschwerde führenden GmbH (=GmbH) die Sicherstellung
nachstehender Abgabenansprüche angeordnet:
Abgabenart |
Zeitraum |
(voraussichtliche) |
Körperschaftsteuer |
2016 |
37.188,25 |
Körperschaftsteuer |
2017 |
57.584,44 |
Kapitalertragsteuer |
2016 |
40.907,08 |
Kapitalertragsteuer |
2017 |
63.342,88 |
Kapitalertragsteuer |
2018 |
87.505,00 |
Summe |
|
286.527,65 |
In der Begründung führte das Finanzamt aus die sicherzustellenden Abgabenansprüche seien auf Grund folgenden
Sachverhaltes entstanden:
Es bestehe der Verdacht, dass der Geschäftsführer. der Bf. als der für die abgabenrechtlichen
Belange zuständiger Geschäftsführer im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit
***Machthaber*** (Machthaber) im Amtsbereich des Finanzamtes mehrfache Tathandlungen
gesetzt habe.
In den Jahren 2016 bis 2017 seien Zahlungen an die maltesische Empfängerin ***MaltaLtd***
(=Malta Ltd.) geleistet worden.
Das Finanzamt gehe davon aus, dass die den Zahlungen zu Grunde liegenden Rechnungen
Scheinrechnungen seien.
Da diese Zahlungen mit der Absicht geleistet worden seien, durch die wiederkehrende
Begehung sich einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil
zu verschaffen, seien dadurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehungen
nach § 33 Abs. 1 FinStrG und § 33 Abs. 2 lit. a und lit. b FinStrG in Verbindung mit § 38 FinStrG begangen worden.
Die Malta Ltd. habe ihren Sitz auf Malta an einer Adresse, an der noch weitere Gesellschaften
ansässig seien. Alle diese Gesellschaften hätten denselben Managing Director.
Die Malta Ltd. habe ihr Bankkonto bei einer steirischen Bank.
Bis zur Hausdurchsuchung (=HD) bei der Bf. sei der Machthaber allein Zeichnungsberechtigter
dieses Kontos gewesen, danach der Geschäftsführer laut Firmenbuch.
Der Machthaber sei Eigentümer der Betriebsliegenschaft (Grund und Boden sowie Gebäude)
der Bf.
Die Liegenschaft sei an die Bf. vermietet. Die Mieteinnahmen seien auf den mj. Sohn
des Machthabers durch einen Genussrechtsvertrag übertragen worden.
Der Machthaber habe bis zur Hausdurchsuchung sämtliche Überweisungen der Bf. getätigt.
Ein Großteil der Eingangsrechnungen sei zu Handen des Machthabers adressiert worden.
In den Geschäftsunterlagen der Bf. gebe es jedoch keine Hinweise, dass der handelsrechtliche
Geschäftsführer laut Firmenbuch als Geschäftsführer tätig war.
Tatsächlich werde er als "Arbeiter" von einem anderen Unternehmen an die Bf. verliehen.
Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand sei von einer massiven Hinterziehung der Kapitalertragsteuer
und der Körperschaftsteuer auszugehen.
Die Höhe der hinterzogenen Abgaben von 286.527,65 Euro errechne sich auf der Basis
der Scheinrechnungen.
Nach Ansicht des Finanzamtes stelle die bei der Bf. durchgeführte Hausdursuchung (=HD)
eine Verfolgungshandlung dar. Am 09.10.2018 sei durch Organe der Steuerfahndung in
den Räumlichkeiten der Bf. sowie des Machthabers eine HD durchgeführt worden.
Damit seien nach außen erkennbare Verfolgungshandlungen gesetzt worden, die als Grundlage
für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nach § 232 Abs. 3 BAO zu werten seien.
Die Einbringung der Abgaben sei außerdem gefährdet, weil der Verdacht der Vermögensverschleuderung
und Verschiebung ins Ausland bestehe.
Der Bescheid wurde mit Beschwerde vom 20.11.2019 in vollem Umfang angefochten und
dessen ersatzlose Aufhebung beantragt.
Die Bf. führte darin aus:
Unschlüssigkeit des Anfechtungsobjekts
Der angefochtene Bescheid lasse (zumindest nicht mit der nötigen Eindeutigkeit) erkennen,
ob er auf den Grundtatbestand oder den strafrechtlichen Spezialtatbestand gestützt
sei (§ 232 Abs. 1 oder Abs. 3 BAO).
Der Spruch verweise nur auf § 232 BAO, was beide Varianten gleichermaßen zulasse bzw. keine von ihnen von vornherein ausschließe.
In der Begründung des Finanzamtes spiele die steuerstrafrechtliche Seite eine nicht
unwesentliche Rolle (siehe die beiden Absätze auf Seite 2 unten)
Aus den Hinweisen auf die HD bei der Bf. und beim Machthaber sowie die nach außen
hin erkennbaren Verfolgungshandlungen könne man auf die Anwendung des § 232 Abs. 3 BAO schließen.
Angesichts der unklaren Rechtsgrundlage müsse man im Folgenden auf beide Varianten
näher eingehen.
Der Absatz 3 des § 232 BAO sei durch Art 1 Z 65 AbgVRefG (BGBl I 2009/20) mit Wirkung ab dem 26.3.2009 nachträglich
in das Gesetz eingefügt worden.
Die wenig aufschlussreichen Materialien dazu treffen folgende Aussage (38 BlgNR 24.
GP, 12, zu Z 65);
"In Abs. 3 wird dem Umstand Rechnung getragen, dass insbesondere die Spruchsenats-
bzw. Gerichtsverfahren länger dauern und entsprechende Mittel, die zur Abdeckung der
Abgabe dienen, bis zur Verurteilung nicht mehr vorhanden sind. Mit der Sicherstellung
ist gewährleistet, dass im Fall eines Schuldspruches ein entsprechender Haftungsbescheid
vollstreckt werden kann. Wird der Verdächtige nicht verurteilt, so sind die Sicherstellungsmaßnahmen
von Amts wegen aufzuheben."
Kapitalertragsteuer 2016 bis 2018
Alleingesellschafterin der Bf. sei die Mutter, weshalb wegen der "Schachtel-Befreiung"
gemäß § 94 Z 2 EStG 1988 keine Kapitalertragsteuer anfalle.
In diesem Punkt sei der Beschwerde aus Rechtsgründen stattzugeben, und zwar unabhängig
davon, ob die Sicherstellung auf Abs. 1 oder auf Abs. 3 des § 232 BAO gestützt wird.
Körperschaftsteuer 2016 und 2017
Hier sei der Grundtatbestand des § 232 Abs. 1 BAO nicht erfüllt.
Die Begründung des Bescheides lasse nicht erkennen, welcher Sachverhalt den voraussichtlichen
Abgaben zu Grunde liege.
Die Ausführungen des Finanzamtes im angefochtenen Bescheid seien ohne Begründungswert.
Zum Vergleich dazu sei an das zu einem Sicherstellungsauftrag ergangene Erkenntnis
des VwGH vom 28.2.2014, 2013/16/0053 erinnert.
Die Kernaussage dieses Erkenntnisses laute:
"Die oben wiedergegebene Begründung des im vorliegenden Fall angefochtenen Bescheides
lässt nicht eindeutig erkennen, von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen
ist, und entspricht daher den beschriebenen Anforderungen an eine Bescheidbegründung
nicht. Wiederkehrende Hinweise auf die vom Zollamt (gemäß § 100 Abs. 2 StPO) erstatteten
Berichte an die Staatsanwaltschaft können die erforderliche Sachverhaltsfeststellung
nicht ersetzen. Erst wenn die Behörde ein genaues Bild über die tatsächliche Abwicklung
und den Weg der in Rede stehenden Waren, insbesondere [... ] und über die konkrete
Tätigkeit der Bf. geschildert hat, kann ein Urteil über die Abgabenpflicht, insbesondere
zur Frage der Person des Steuerschuldners gebildet werden. So ist dem angefochtenen
Bescheid nicht zu entnehmen, welche Verbindung zwischen der Bf. und [... ] bestünde."
Der vorliegende Bescheid beinhalte nichts dergleichen.
Zudem werde das behauptete Gefährdungsmoment schon deshalb bestritten, weil der behauptete
Anspruch auf Kapitalertragsteuer nicht bestehe.
I Spezialtatbestand (§ 232 Abs. 3 BAO)
Es sei weder gegen die Bf. noch gegen den Geschäftsführer ein Strafverfahren wegen
Hinterziehung anhängig. Deshalb sei der Tatbestand des § 232 Ab. 3 BAO, speziell die
Wortfolge "ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen einen der Begehung eines
vorsätzlichen Finanzvergehens [...] Verdächtigen"nicht erfüllt.
Dieser Umstand sei der Bf. sowohl vom Finanzamt als auch von der Staatsanwaltschaft
telefonisch bestätigt worden.
Der Sicherstellungsbetrag in den Fällen des § 232 Abs. 3 BAO sei außerdem der Höhe nach mit jenen Beträgen gedeckelt, um die die Abgaben "voraussichtlich
verkürzt wurden". Das ergebe sich daraus, dass ein auf § 232 Abs. 3 BAO gestützter Sicherstellungsauftrag Vorbote einer Haftung nach § 11 BAO sei, für die der rechtskräftig festgestellte Verkürzungsbetrag Tatbestandsmerkmal
sei.
Es bedürfe daher einer merklichen Korrektur der Steuerbeträge nach unten, sofern der
angefochtene Bescheid sich überhaupt auf diesen Tatbestand stütze.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 03.02.2020 wies das Finanzamt die Beschwerde ab.
Begründung der Beschwerdevorentscheidung
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, liege eine Gefährdung
oder Erschwerung i.S.d. § 232 Abs. 1 BAO vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen
Umständen des Einzelfalles geschlossen werden könne, dass nur bei raschem Zugriff
der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (vgl.
VwGH 19.12.2013, 2012/15/0036).
Für eine Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung sprechen etwa drohende Insolvenzverfahren,
Exekutionsführung von dritter Seite, Auswanderungsabsicht, Vermögensverschiebungen
ins Ausland oder an Verwandte (vgl. VwGH 25.03.1999, 97/15/0030, VwSlg 7377/F, mwN).
Der Annahme der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung einer Abgabenschuld
müssten entsprechende Tatsachen-Feststellungen zugrunde liegen (VwGH 20.02.1997, 95/15/0057 und vom 30.10.2001, 96/14/0170).
Im Beschwerdefall liege der Tatbestand der Vermögensverschiebungen ins Ausland vor,
was wie folgt begründet werde.
Der Machthaber war vom 23.08.2002 (Gesellschaftsvertrag vom 13.08.2002) bis 06.07.2013
im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer der Bf.
Der Machthaber hielt vorerst 25 % der Anteile, seine Mutter 75% der Anteile an der
Bf.
Der Bf. sei auch Eigentümer der Betriebsliegenschaften, die er an die Bf. vermiete.
Die Mieteinnahmen würden seinem minderjährigen Sohn durch einen Genussvertrag überlassen.
Ab 25.09.2007 habe die nunmehrige Mutter (eine österreichische GmbH) 100% der Anteile
an der Bf. übernommen. Geschäftsführer der Mutter sei der Machthaber gewesen.
Die Anteile an der Mutter seien am 24.01.2015 an die Ehefrau des Machthabers zu 100
% übertragen worden.
Der derzeitige Geschäftsführer der Bf. sei zwar im Firmenbuch eingetragen, laut den
Feststellungen der Außenprüfung weise jedoch nichts auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer
hin. Er werde als Leiharbeitskraft von einem anderen Unternehmen an die Bf. verliehen.
Der Machthaber habe bis zur HD am 09.10.2018 sämtliche Überweisungen getätigt und
der Großteil der Eingangsrechnungen sei zu seinen Handen adressiert gewesen.
Die Malta Ltd. sei seit 17.12.2015 im maltesischen Handelsregister eingetragen.
Der Sitz der Gesellschaft befinde sich unter der Anschrift eines maltesischen Firmendienstleistungsunternehmens.
Laut Internetauftritt stelle sich dieser Dienstleister wie folgt dar:
"Die Gründung einer maltesischen Gesellschaft (LTD.) basiert auf einem sicheren Konzept.
Der Finanzplatz Malta ist für kleinere und mittelständische Unternehmen steuerlich
sehr interessant. So bestehen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Ländern der
Europäischen Union und Malta.
Auf diese Weise können Unternehmer im Hinblick auf das maltesische Steuerrecht etwa
ihre Kapitalertragssteuern bestens strukturieren und optimieren.
Steuerliche Vorteile: 5 % effektiver Satz der Körperschaftsteuer.
Lt. den vorliegenden Daten des KSV1870 bzw. Orbis (Bureau van Dijk 2020) vom 27.01.2020
wurde der letzte Jahresabschluss (financial statement) der Malta Ltd. für 2016 eingereicht.
Für beide Institute werde ein Umsatz von 196.963 Euro ausgewiesen.
Der Gewinn vor Steuern betrage jeweils 78.307 Euro.
Der Machthaber halte 99,91 % der Anteile an der ***HoldingMalta*** (=Holding Malta)
inne. Die Holding Malta sei zu 99,91 % an der Ltd. Malta beteiligt, die restlichen
Anteil werde von der Ehefrau des Machthabers gehalten.
Auch der Sitz der Holding Malta befinde sich an der Adresse der Malt Ltd. und des
oa. Dienstleisters. Die Holding Malta sei am 10.12.2015 ins Handelsregister eingetragen
worden.
Der Nettoumsatz der Holding Malta für 2016 werde laut KSV1870 und Orbis mit 99.201
Euro, der Gewinn vor Steuern mit 95.126 Euro ausgewiesen.
Das Stammkapital der beiden maltesischen Gesellschaften betrage jeweils 1.200 Euro.
In den Jahren 2016 bis 2018 sei bei der Bf. nachstehender Aufwand für Zahlungen an
die Malta Ltd. in Euro verbucht worden:
2016 |
2017 |
2018 |
148.753,00 |
230.337,75 |
318.200,00 |
Diesen Aufwendungen liegen Eingangsrechnungen der Malta Ltd. zu Grunde.
Die Zahlungen seien dem Machthaber zuzuordnen.
Die Rechnungen seien für "various cost-plus-services unskilled worker" gestellt worden.
Da das angemietete Personal der Bf. aus Österreich und Slowenien stamme und zum Teil
auch von einer anderen Personal Service GmbH angemietet worden sei, gehe das Finanzamt
davon aus, dass die den Zahlungen zu Grunde liegenden Rechnungen Scheinrechnungen
seien.
Der Machthaber sei wie dargestellt, in ein Geflecht von juristischen Personen und
dahinterstehenden natürlichen Personen (welche ein persönliches Naheverhältnis bzw.
Verwandtschaftsverhältnis zu ihm haben) eingebettet.
Die Gewinnverschiebung durch den Machthaber zu den maltesischen Gesellschaften stelle
eine ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung dar.
Außerbetriebliche, insbesondere betriebswirtschaftliche Motive für dieses über drei
Bilanzjahre durchgezogene Vorgehen könnten nicht erkannt werden.
Ein steuersparendes Motiv gehe aus dem Umstand hervor, dass die erwirtschafteten Gewinne
zu einem beträchtlichen Teil in das Niedrigsteuerland Malta (effektiver Satz der Körperschaftsteuer
5%) verlagert worden waren.
Dieses Vorgehen sei als verdeckte Ausschüttung (unmittelbare Durchschüttung) an den Machthaber der maltesischen Firmen zu werten, weshalb die Aufnahme der Kapitalertragsteuern
in den Sicherstellungsauftrag gerechtfertigt sei.
Ein Sicherstellungsauftrag sei aber kein abschließender Sachbescheid im Sinne des
§ 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, die
dazu diene, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen
setzen zu können, wenn Grund zur Annahme bestehe, dass die spätere Einbringung der
Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert werde.
Es liege in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher
Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden könne, sondern
dass es genüge, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach mit der Verwirklichung des
abgabenrechtlich relevanten Tatbestandes entstanden sei und gewichtige Anhaltspunkte
für ihre Höhe sowie für die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung
gegeben sind. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, sei in einem Sicherstellungsverfahren
nicht zu entscheiden (VwGH 02.09.2009, 2005/15/0063).
Mit Eingabe vom 27.02.2020 stellte die Bf. einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht.
Ausführungen im Vorlageantrag:
Maßgebliche Sachlage beim Sicherstellungsauftrag
"Das Berufungsverfahren betreffend einen Sicherstellungsauftrag habe sich auf die
Überprüfung der Frage zu beschränken, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen
Sicherstellungsauftrages die dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren oder
nicht (Hinweis Erkenntnis verstärkter Senat VwGH 09.12.1974, 746/73, VwSlg 8721 A/1973)."
(vgl weiters zB VwGH 25.03.1999,97/15/0031,0032; 28.11.2002,2002/13/0045, 0046; 25.2.2003,
2002/14/0112; 19.12.2013, 2012/15/0036).
Diese Grundsätze seien auch auf den Beschwerdefall anzuwenden, die Beschwerdevorentscheidung
weiche jedoch davon ab.
Der in der Beschwerdevorentscheidung dargestellte "Sachverhalt" sei nichtssagend und
für Besteuerungszwecke ungeeignet.
Es werde auf das Erkenntnis des VwGH 28.02.2014, 2013/16/0053, verwiesen, wonach die bloße Aneinanderreihung von Fakten und die bloßen Verweise
auf Berichte an die Staatsanwaltschaft nicht erkennen lasse, von welchem Sachverhalt
die belangte Behörde ausgehe. Dies entspreche nicht den Anforderungen an eine Bescheidbegründung.
Die Behörde habe ein genaues Bild über den Sachverhalt und die Person des Steuerschuldners
zu zeichnen.
Im vorliegenden Sicherstellungsauftrag werde der steuerliche relevante Sachverhalt
nicht festgestellt.
Die Behörde habe den Sicherstellungsauftrag in einem sehr frühen Ermittlungsstadium
erlassen. Die Sachverhaltsschilderung basiere größtenteils auf Vermutungen.
Der angefochtene Bescheid beinhalte keine konkreten Tatsachenfeststellungen.
Mit Wortfolgen, wie "nach derzeitigem Ermittlungsstand ist davon auszugehen, dass [.., ]" würden keine Tatsachen festgestellt, sondern Vermutungen aufgestellt.
Das Finanzamt führe im angefochtenen selbst aus, dass der "Verdacht bestehe, dass….."
Die Schilderung eines Verdachts anstatt eines Sachverhalts werde in der Beschwerdevorentscheidung
fortgesetzt. Das Finanzamt reihe Einzelaspekte aneinander, ohne dass erkennbar wäre,
ob sie sich überhaupt steuerlich auswirken bzw. inwieweit.
Das Finanzamt negiere die Tatsache, dass die Malta Ltd. in Österreich operativ tätig
(gewesen) sei und bei einem österreichischen Finanzamt steuerlich registriert ist.
Die Finanzpolizei habe die Baustellen, auf denen die Leiharbeiter der Malta Ltd. gearbeitet
haben, kontrolliert, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen sei.
Die Malta Ltd. beschäftigte in Österreich eigenes Personal, weshalb sie auch ein Signal
für Lohnabgabe erhalten habe, die pünktlich und vollständig deklariert sowie entrichtet
worden seien.
Für 2017 sei die Malta Ltd. in Österreich mit Inlandsumsätzen in Höhe von 253.975,75
Euro veranlagt worden.
Die Ltd. sei auch im Dienstleistungsregister eingetragen gewesen.
Die Beschwerdevorentscheidung stütze sich zunächst von "Scheinrechnungen" und somit
auf
§ 23 Abs. 1 BAO und wenig später auf eine "ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung" - also auf
§ 22 BAO.
Darin liege jedoch ein Widerspruch in sich. Laut Erkenntnis des VwGH vom 27.09.1995,
93/13/0095 könnte ein derselbe Sachverhalt nicht der Bestimmung des § 22 BAO und jener des § 23 Abs. 1 BAO gleichzeitig unterstellt werden.
Gefährdungsmoment:
Auf Seite 2 Mitte der Beschwerdevorentscheidung führe das Finanzamt zutreffend aus:
"Der Annahme der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung einer Abgabenschuld
müssen entsprechende Tatsachenfeststellungen zugrunde liegen (VwGH 20.02.1997, 95/15/0057 und vom 30.10.2001, 96/14/0170)."
Dem angefochtene Bescheid seien jedoch in weiterer Folge die entsprechenden Tatsachenfeststellungen
nicht zu entnehmen.
Das Finanzamt legte in der Folge die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am 17.03.2020
vor.
Das Bundesfinanzgericht forderte das Finanzamt mit Vorhalt vom 05.11.2020 auf, den
Sachverhalt der den voraussichtlichen Abgaben laut Sicherstellungsauftrag zu Grunde
liegt, nachvollziehbar darzustellen.
In der Vorhaltbeantwortung vom 30.11.2020 führte das Finanzamt zusammengefasst aus:
Das Finanzamt brachte wiederholend vor, dass die Malta Ltd. seines Erachtens eine
"Scheinfirma" sei, weshalb auch deren Rechnungen "Scheinrechnungen" seien.
Die Informationen dazu stammten aus der "Offshore Leaks Database".
Es werde jedoch nicht bestritten, dass Personal der Malta. Ltd. tatsächlich für die Bf. gearbeitet habe.
Diese Arbeitnehmer seien nach Ansicht des Finanzamtes zum Teil von der Malta Ltd.
bzw. von der Bf. entlohnt worden. Allerdings hätten die von der Malta Ltd. an die
Bf. verrechneten Arbeitsstunden nicht mit dem angemeldeten Personal der Malt Ltd.
erbracht werden können. Das Finanzamt belegte dies mit einem Beispiel für den Monat
Juli 2016 dar, wonach die gemeldeten Dienstnehmer der Malta Ltd. nur Kapazitäten für
378 Arbeitsstunden hatten, die von der Malta Ltd. an die Bf. gelegte Rechnung jedoch
629 Stunden aufweise. Der Rechnungsbetrag betrug insgesamt 19.499 Euro, nach Berechnung
des Finanzamt um 7.781 Euro zu viel.
Mit Eingabe vom29.01.2021 legte die Bf. dem Bundesfinanzgericht Lohnzettel der Dienstnehmer
der Malta. Ltd. für die Jahre 2016 bis 2018 vor.
Das Bundesfinanzgericht leitete diese dem Finanzamt mit Vorhalt vom 02.03.2021 zur
Stellungnahme weiter.
Das Finanzamt gab dazu mit Eingabe vom 23.03.2021 an, dass das Finanzamt nicht die
Ansicht vertrete, die Malta Ltd. hätte keine Arbeitnehmer gehabt bzw. diese seien
dem Finanzamt nicht gemeldet worden, sondern dass die gemeldeten Arbeitnehmer nicht
in der Lage gewesen seien konnten, die Menge an verrechneten Stunden zu arbeiten.
Das Finanzamt teilte Bundesfinanzgericht mit Eingabe vom 03.09.2021 mit, dass der gegenständlichen Beschwerde stattgegeben werden könne.
II Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes
Rechtslage
§ 22 Abs. 1 BAO
Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des privaten Rechts kann die Abgabepflicht
nicht umgangen oder gemindert werden.
§ 23 Abs. 1 BAO
Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Erhebung von Abgaben ohne
Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist
das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend.
§ 232 BAO
(1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften
die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht,
bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag
erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe
zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu
bestimmenden Betrages erwirken, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages
unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(2) Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten:
a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;
b)die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe
ergibt;
c) den Vermerk, daß die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden
kann; d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige
erwirken kann, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben
und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(3) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen
einen der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens oder einer vorsätzlichen Verletzung
von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden Verdächtigen hinsichtlich jenes Betrages,
um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden.
Sicherstellung der Kapitalertragsteuer 2016 bis 2018
Die Bf. führt in der Beschwerde aus, dass die österreichische ***Mutter*** (=Mutter)
Alleingesellschafterin der Bf. sei. Auf Grund der "Schachtel Befreiung" gemäß § 94 Z 2 EStG 1988 falle daher keine Kapitalertragsteuer an.
Das Finanzamt setzte dem in der Beschwerdevorentscheidung entgegen, die Gewinnverschiebung der Bf. in ein Niedrigsteuerland wie Malta sei auf
Grund der unangemessenen und ungewöhnlichen Gestaltung eine Durchschüttung an den
faktischen Machthaber, welche der Kapitalertragsteuer unterliege.
Bundesfinanzgericht:
Die von der belangten Behörde angenommene verdeckte Ausschüttung an den faktischen
Machthaber ist rechtlich nicht möglich, weil er nicht Gesellschafter der Bf. ist.
Unbestritten ist die Mutter Alleingesellschafterin der Bf. und kann deshalb nur diese
Vorteilsempfängerin iSd § 8 Abs 2 KStG sein (Raab/Renner in Renner/Quantschnigg/ Schellmann/Stöger/Vock,
KStG (24. Auflage), § Tz 143, 144/2 mit ausführlichen Judikaturnachweisen).
Ausschüttungen können somit nur an den unmittelbaren Gesellschafter ergehen. Für diese
hat die Bf. gemäß § 94 Z 2 Teilstrich 1 und 2 EStG 1988 keine Kapitalertragsteuer
einzubehalten (Schachtelbefreiung). Dass die Ehefrau des faktischen Machthabers über
die Mutter der Bf. indirekt an dieser beteiligt ist ändert daran nichts (vgl VwGH
14.12.2005, 2002/13/0022, VwGH 19.09.2007, 2004/13/0108; Bundesfinanzgericht 17.11.2014, RV/7101772/2012; 27.05.2014, RV/7101788/2013; 30.06.2016,
RV/2100375/2011; 27.12.2018, RV/7104555/2016).
Da rechtlich keine verdeckte Ausschüttung an den Machthaber vorliegen kann und die
Schachtelbefreiung zur Anwendung kommt, kann die im Sicherstellungsauftrag ausgewiesene
Kapitalertragsteuer 2016 bis 2018 nicht geschuldet werden.
Der Sicherstellungsauftrag ist daher hinsichtlich der Kapitalertragsteuer 2016 bis
2018 aufzuheben.
Sicherstellung der Körperschaftsteuer 2016 und 2017
Strittig ist, ob der Sicherstellungsauftrag hinsichtlich des Vorliegens einer voraussichtlichen
Körperschaftsteuerschuld schlüssig und nachvollziehbar begründet ist.
Die Beschwerde wird ua. damit begründet, dass dem angefochtenen Bescheid die Darlegung
des Sachverhaltes fehle, der den voraussichtlichen Abgaben laut Sicherstellungsauftrag
zu Grunde liegt.
Außerdem fehle es laut Beschwerde an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen über
die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung.
Bundesfinanzgericht:
Der angefochtene Sicherstellungsauftrag wird laut Ansicht des Bundesfinanzgericht
mit der Aneinanderreihung von Sachverhaltselementen begründet, ohne einen zusammenhängenden
Sachverhalt, der die Entstehung der voraussichtlichen Abgabenschuld begründet, tatbestandsmäßig
festzustellen.
Auch die Vorhaltbeantwortungen des Finanzamtes haben zu keinen erkennbaren klaren
Sachverhaltsfeststellungen geführt.
Nach der Rechtsprechung ist ein Sicherstellungsauftrag zwar kein abschließender Sachbescheid
im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO, er muss dennoch in Ansehung der Verwirklichung des Tatbestandes, an den die Abgabepflicht geknüpft wird, eine schlüssige Begründung enthalten, warum die Abgabenbehörde den Tatbestand als verwirklicht ansieht (vgl.
z.B. VwGH 22.03.1991, 90/13/0074; 04.06.2009, 2006/13/0143, 0144, VwSlg 8451 F/2009).
Insbesondere muss die Begründung erkennen lassen, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde und welche Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung
dafür maßgebend waren (vgl. z.B. VwGH 30.10.2001, 96/14/0170; 04.06.2008, 2005/13/0041; 28.02.2014, 2013/16/0053, VwGH 08.10.2020, Ra 2020/13/0044).
Diese vom Gesetz und der Rechtsprechung geforderte schlüssige Begründung fehlt nach
Ansicht des Bundesfinanzgerichtes dem angefochtenen Bescheid aus folgenden Gründen:
Die vom Finanzamt vorgebrachte Sachverhaltsdarstellung ist schon deshalb nicht schlüssig, weil es vom Vorliegen einer Scheinfirma und Scheinrechnungen (§ 23 BAO) ausgeht,
sich gleichzeitig aber auch auf Missbrauch im Sinne des § 22 BAO stützt, indem es
auf die Steuervorteile von Malta und die ungewöhnliche Gestaltung verweist.
Auch die Bf. verweist auf diesen Widerspruch und zitiert dazu VwGH 27.09.1995, 93/13/0095.
Nach diesem Erkenntnis ist eine im Abgabenbescheid kumulativ vorgenommene Beurteilung als Scheingeschäft und Gestaltungsmissbrauch methodisch verfehlt, weil ein und derselbe Sachverhalt tatsächlich nicht der Bestimmung
des § 22 BAO und jener des § 23 Abs. 1 BAO gleichzeitig unterstellt werden kann. Während bei Scheingeschäften das nach außen
vorgegebene Geschäft nicht gewollt und daher nicht wirksam ist, ist bei Umgehungsgeschäften
die Absicht darauf gerichtet, die der Umgehung dienenden Geschäfte sehr wohl wirksam
werden zu lassen.
Die widersprüchliche Begründung des Finanzamtes, dass die Abgabennachforderungen einerseits
mit Scheinrechnungen, andererseits mit Missbrauch nachzuweisen versucht, sind daher
"rechtlich verfehlt". Der angefochtene Bescheid lässt danach die geforderte nachvollziehbare
Sachverhaltsdarstellung vermissen.
Der Sicherstellungsauftrag erfüllt daher schon aus diesem Grund nicht die gesetzlichen
Voraussetzungen und ist rechtswidrig.
Dennoch wird auf die übrigen Ausführungen des Finanzamtes eingegangen, um aufzuzeigen,
dass auch diese den Sicherstellungsauftrag nicht tragen können:
Wie oben dargelegt, qualifiziert das Finanzamt die Rechnungen der Malta Ltd. als "Scheinrechnungen",
mit der Begründung, dass die Malta Ltd. auf Malta keine Geschäftstätigkeit ausübe,
weshalb sie eine "Scheinfirma" sei.
Das Finanzamt übersieht dabei, dass die Malta Ltd. rechtlich existent ist und geschäftliche
Aktivitäten außerhalb Maltas durchführen kann und darf.
Die Bf. weist dazu nach, dass die Malta Ltd. bei einem österreichischen Finanzamt
steuerlich registriert ist, auf Baustellen von der Finanzpolizei unbeanstandet kontrolliert
wurde, Mitarbeiter in Österreich angemeldet und für diese Lohnabgaben entrichtet hatte
sowie in Österreich im Dienstleistungsregister eingetragen war.
Laut Umsatzsteuerveranlagung 2017 betrug der Inlandsumsatz 253.975,75 Euro. und Die
Bf. legte mit Vorhaltbeantwortung vom …
Mit Eingabe vom 29.01.2021 legte die Bf. die Lohnzettel der Dienstnehmer vor.
Diese Umstände negiert das Finanzamt zur Gänze.
Allerdings geht auch das Finanzamt laut Stellungnahmen vom 27.11.2020 und 23.03.2021
davon aus, dass in Österreich beschäftigte Dienstnehmer der Malta Ltd. im Streitzeitraum
für die Bf. gearbeitet haben. Die Malta Ltd. habe aber nach Ansicht des Finanzamtes
laut oa. Beispiel für Juli 2016 überhöhte Rechnungen ausgestellt.
Dadurch ist aber eben nicht bewiesen, dass die Malta Ltd. keine Leistungen an die Bf. erbrachte und die in den strittigen
Rechnungen ausgewiesenen Leistungen zur Gänze nicht erbracht wurden.
Das Finanzamt konnte diese Unklarheiten während des gesamten Verfahrens nicht ausräumen.
Der Sicherstellungsauftrag ist daher mangels nachvollziehbarer Begründung des Sachverhaltes
rechtswidrig.
Gefährdung der oder wesentliche Erschwerung der Einbringung:
Das Finanzamt führt dazu aus, dass die Einbringung der Abgaben gefährdet sei, weil
der Verdacht der Vermögensverschleuderung und Vermögensverschiebung bestehe.
Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergebe sich der Verdacht einer gravierenden Abgabenhinterziehung,
wobei die Bf. eine erhebliche Verschuldung durch planmäßige Abgabenverkürzung treffe.
Der zu erwartenden Abgabennachforderung stehe kein ausreichendes Vermögen der Bf.
zur Abdeckung der Steuerschulden gegenüber. Grundvermögen und sonstige verwertbare
Vermögenswerte in entsprechender Höhe seien nicht aktenkundig, außerdem bestehe die
Gefahr der Vermögensverschleppung ins Ausland.
Bundesfinanzgericht:
Den Ausführungen des Finanzamtes lassen konkrete Tatsachenfeststellungen betreffend
die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bf. vermissen. Es hält lediglich fest, dass
die Bf. über kein nennenswertes Vermögen verfüge, ohne dies zu konkretisieren.
Diese nicht näher begründete Behauptung ist allerdings nicht als Tatsachenfeststellung
der wirtschaftlichen Verhältnisse der Bf. zu werten.
Das Aufzeigen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Machthabers der Bf. durch das
Finanzamt ist für die Begründung des Gefährdungstatbestandes bei der Bf. unbeachtlich.
Sofern das Finanzamt sich auf eine Vermögensverschleppung nach Malta beruft, ist entgegenzuhalten,
dass gerade der Leistungsaustausch mit Malta Grundlage der Nachforderungen laut Sicherstellungsauftrag
ist. Ein angenommener Auslandssachverhalt, der letztendlich maßgeblich für die voraussichtliche
Körperschaftsteuer sein soll, stellt für sich alleine noch keinen Gefährdungstatbestand
dar.
Auch der Verweis auf das strafrechtliche Verhalten der handelnden Person ist nicht
geeignet das Vorliegen der Gefährdung und Erschwerung im Sinne des § 232 Abs. 2 lit. b BAO zu begründen.
Die Frage einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe
ist nämlich - unabhängig vom Vorliegen eines Verdachtes einer Abgabenhinterziehung
- von den Einkommensverhältnissen und Vermögensverhältnissen des Abgabepflichtigen
nicht zu trennen (VwGH 03.03.1982, 81/13/0182, 15.02.1983, 82/14/0246, 0268, 0269). Der bloße Verdacht einer Abgabenhinterziehung
reicht daher für einen Sicherstellungsauftrag nicht aus (VwGH 11.05.1983, 82/13/0262).
Den dargelegten Ausführungen zufolge, erfüllt der angefochtene Bescheid auch nicht
die vom Gesetz und der Rechtsprechung geforderte Voraussetzungen über die Gefährdung
oder Erschwerung der Einbringung, weshalb er auch aus diesem Grunde rechtswidrig ist.
Ergänzend wird noch darauf verwiesen, dass das Finanzamt gegenüber dem Bundesfinanzgericht
mit Eingabe vom 03.09.2021 der Aufhebung des angefochtenen Bescheides zugestimmt hat.
In der Eingabe vom 23.03.2021 wird auch klargestellt, dass das Finanzamt bei der Bf.
trotz des aufrechten Sicherstellungsauftrages keine Sicherstellung durchgeführt hat.
Aus den oa. Gründen war daher der Beschwerde zu folgen und der angefochtene Bescheid
aufzuheben.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie
von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere
weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht,
eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dem Beschwerdefall liegt die Lösung eines Sachverhaltsproblems und zu Grunde. Mangels
einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist die Revision nicht zulässig.
Graz, am 8. Oktober 2021