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- 22 Sonstige Einkünfte (§ 29 EStG 1988)
- 22.4 Spekulationsgeschäfte (§ 30 EStG 1988)
22.4.4 Tausch
Der Tausch von Wirtschaftsgütern gilt gleichzeitig als Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang. Gemäß § 30 Abs. 5 EStG 1988 ist der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes sowohl als Veräußerungserlös des hingegebenen als auch als Anschaffungspreis des erhaltenen Wirtschaftsgutes anzusetzen. Durch Ausgleichszahlungen vorgenommene Wertauf- oder -abstockungen sind nur für die Ermittlung des Anschaffungspreises (zB für ein späteres Spekulationsgeschäft), nicht jedoch für die Ermittlung des Veräußerungserlöses zu berücksichtigen (siehe Beispiel im nächsten Absatz).
Ein Spekulationsgeschäft liegt auch dann vor, wenn Miteigentumsanteile an Grundstücken, welche bewertungsrechtlich keine wirtschaftliche Einheit bilden, zur Begründung von Alleineigentum innerhalb der Spekulationsfrist getauscht werden.
Beispiel:
Die Grundstücke X und Y stehen jeweils im Hälfteeigentum von A und B. Das Grundstück X wurde 1988 um 500.000 S angeschafft, das Grundstück Y wurde 1996 um 800.000 S erworben. Im Jahr 2000 werden die Miteigentumsanteile getauscht, sodass an Grundstück X (gemeiner Wert 1.200.000 S) Alleineigentum von A und an Grundstück Y (gemeiner Wert 1.600.000 S) Alleineigentum von B entsteht. B zahlt außerdem an A einen Wertausgleich von 200.000 S.
Hinsichtlich des von B an A hingegebenen Miteigentumsanteils an Grundstück X liegt kein Spekulationsgeschäft vor, da die Zehnjahresfrist überschritten ist. Der von A an B hinsichtlich des Grundstücks Y hingegebene Miteigentumsanteil erfüllt hingegen den Spekulationstatbestand. Die Einkünfte für A ermitteln sich wie folgt:
Gemeiner Wert des hingegebenen Miteigentumsanteils |
|
= Veräußerungserlös |
800.000 S |
- anteilige Anschaffungskosten |
- 400.000 S |
Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 |
400.000 S |
Die Anschaffungspreise für die erworbenen Grundstückshälften betragen nunmehr
a) für A 600.000 S (800.000 S abzüglich 200.000 S, die B als zusätzliches Entgelt für den Hälfteanteil am Grundstück Y zahlt und die insoweit die Anschaffungskosten des A für den Hälfteanteil am Grundstück X mindern) und
b) für B 800.000 S (600.000 S zuzüglich 200.000 S, die B als zusätzliches Entgelt für den Hälfteanteil am Grundstück Y zahlt).
Auch auf die Zusammenlegung von Teilflächen zu einer Miteigentümergemeinschaft (bspw. zur Besserung Gestaltung von Bauland) und die nachfolgende Realteilung kommen die Tauschregeln zur Anwendung. Ob zunächst Miteigentum begründet und dieses in der Folge geteilt wird, oder ob zwischen den Eigentümern benachbarter Grundstücke mehrere Tauschverträge geschlossen werden, darf zu keiner unterschiedlichen steuerlichen Beurteilung führen. Nur hinsichtlich jener Flächen, die in Erfüllung der Vereinbarung wiederum an die früheren (Mit-)Eigentümer zurückfallen, ist von einer Anschaffung nicht auszugehen (VwGH 28.11.2002, 2000/13/0155).
Kein Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang liegt vor, wenn ein im Miteigentum stehendes Grundstück, welches bewertungsrechtlich eine Einheit bildet, zur Begründung von Alleineigentum der bisherigen Miteigentümer hinsichtlich bestimmter Grundstücksteile geteilt wird (Realteilung).
Ein Grundstückstausch im Zuge eines behördlichen Umlegungsverfahrens (zB nach §§ 36 ff Steiermärkisches Raumordnungsgesetz) oder im Zuge einer Flurbereinigung (iSd Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103/1951 und der ausführenden Landesgesetze) stellt keine Veräußerung und Anschaffung im Sinne des § 30 EStG 1988 dar. An die Stelle der hingegebenen Grundstücke tritt das "flurbereinigte" bzw. "umgelegte" Grundstück. Dieses Grundstück teilt das steuerliche Schicksal des (der) hingegebenen Grundstücke(s). Wird dieses Grundstück veräußert, liegt insoweit ein Spekulationsgeschäft vor, als das hingegebene Grundstück oder eines der hingegebenen Grundstücke innerhalb der Spekulationsfrist angeschafft wurde. In letzterem Fall ist entsprechend dem Wertverhältnis des hingegebenen spekulationsverhangenen Grundstücks zu den anderen hingegebenen Grundstücken der Veräußerungserlös des "flurbereinigten" bzw. "umgelegten" Grundstücks steuerhängig. Vom steuerhängigen Teil des Veräußerungserlöses sind zur Ermittlung des Spekulationsgewinnes die Anschaffungskosten des (der) spekulationsverhangenen hingegebenen Grundstück(e)s abzuziehen.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger ist Eigentümer von drei Grundstücken, die in ein Flurbereinigungsverfahren einbezogen werden. Zwei dieser Grundstücke (A und B) befinden sich seit Generationen im Familienbesitz, das dritte Grundstück (C) wurde am 1.4.2004 erworben (Anschaffungskosten 40.000 Euro). Im Zuge der Flurbereinigung erhält der Steuerpflichtige für die Grundstücke A, B und C das (wertmäßig entsprechende) Grundstück D.
Grundstück A wird in der Flurbereinigung mit 20.000 Euro bewertet;
Grundstück B wird in der Flurbereinigung mit 30.000 Euro bewertet;
Grundstück C wird in der Flurbereinigung mit 50.000 Euro bewertet.
Die Grundstücke stehen daher in einem Wertverhältnis von 2/10 (A) zu 3/10 (B) zu 5/10 (C). Das Grundstück D wird am 1.10.2007 um 150.000 Euro veräußert. Da die Veräußerung hinsichtlich des Grundstücks C innerhalb der Spekulationsfrist erfolgt, ist die Hälfte des Veräußerungserlöses steuerhängig. Zur Ermittlung des steuerpflichtigen Spekulationsgewinnes sind von diesem Betrag die Anschaffungskosten des Grundstücks C abzuziehen. Der Spekulationsgewinn beträgt 35.000 Euro (75.000 Euro - 40.000 Euro).
Die Ausübung eines handelbaren Optionsrechtes zum Erwerb von Aktien stellt keinen Tausch dar. Während bei Wandelanleihen die Wandlung einen Tauschvorgang darstellt (Tausch der Wandelanleihe gegen Aktien), wird das Optionsrecht (= Wirtschaftsgut) nicht gegen Aktien getauscht. Es wird lediglich das im Optionsrecht enthaltene Gestaltungsrecht ausgeübt. Optionseinräumung und Optionsausübung ist ein einheitlicher steuerlicher Vorgang. Die Aktien werden um den vereinbarten Ausübungspreis erworben, die mit der Optionseinräumung verbundenen Kosten oder steuerpflichtigen geldwerten Vorteile sind Anschaffungsnebenkosten.
22.4.5 Einbringung eines Betriebes
Ein Spekulationsgeschäft iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 liegt auch vor, wenn Gesellschaftsanteile, die als Gegenleistung für die Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft nach Art. III UmgrStG erworben wurden, innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr nach dem Erwerb, das ist der dem Umgründungsstichtag folgende Tag, veräußert werden (zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Strukturverbesserungsgesetz vgl. VwGH 21.12.1979, 0895/79).
22.4.6 Werbungskosten
Als Werbungskosten iSd § 30 Abs. 4 EStG 1988 können jedenfalls solche Aufwendungen geltend gemacht werden, die unmittelbar durch das Veräußerungsgeschäft selbst verursacht sind, wie bspw. die Kosten für Zeitungsanzeigen, Vermittlungsprovisionen, Vertragserrichtungskosten, vom Verkäufer übernommene, auf dem Veräußerungsvorgang und dessen Verwirklichung (zB Eintragung im Grundbuch) beruhende Steuern und Gebühren, weiters die durch die Veräußerung bedingte Rückzahlung von Vorsteuerbeträgen gemäß § 12 UStG 1994.
Schuldzinsen und sonstige Kreditkosten aus der Schuldaufnahme zur Finanzierung von Anschaffungskosten sind ebenso wie bspw. Betriebskosten bei Ermittlung der Spekulationseinkünfte zu berücksichtigen, wenn das Spekulationsobjekt keiner anderen Einkunftsquelle und keinen abzugsschädlichen Zwecken gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 gedient hat (VwGH 16.11.1993, 93/14/0124, 93/14/0125; VwGH 20.4.1995, 92/13/0262; VfGH 11.3.1994, B 1297/93). Wurden zB Zinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Abzug gebracht, können sie bei Ermittlung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften nicht nochmals abgezogen werden (VwGH 28.1.1997, 96/14/0165). Zu den abzugsschädlichen Zwecken ist die private Nutzung und die Liebhaberei-Vermietung zu rechnen. Die auf den Zeitraum der privaten Nutzung entfallenden Zinsen sind nicht abzugsfähig. Bei Ermittlung der Spekulationseinkünfte wirken sich die Zinsen nur insofern aus, als sie zusammen mit den anderen Ausgaben die Mieteinnahmen aus der Liebhaberei-Tätigkeit übersteigen.
Zur Behandlung von Schuldzinsen bei Veräußerung von endbesteuerten oder unter § 37 Abs. 8 EStG 1988 fallenden Kapitalanlagen siehe Rz 4863.
22.4.7 Zufluss, Abfluss
Die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften sind nach Maßgabe des Zufließens des Veräußerungserlöses gemäß § 19 EStG 1988 steuerlich zu erfassen. Abzugsposten (Anschaffungskosten, Herstellungskosten, Instandsetzungskosten, bis zur Veräußerung angefallene Werbungskosten) sind - abweichend vom tatsächlichen Abfluss - nach Maßgabe des Zufließens der Einnahmen steuerlich zu berücksichtigen. Zu nachträglichen Werbungskosten siehe Rz 6665.
Auch im Falle einer Fremdfinanzierung des Wirtschaftsgutes liegt der Zufluss des Veräußerungspreises im Veräußerungszeitpunkt vor. Im Falle einer befreienden Schuldübernahme (§ 1405 ABGB) als Teil des Veräußerungspreises liegt der Zufluss des vom Erwerber durch Schuldübernahme entrichteten Veräußerungspreises im Zeitpunkt der Zustimmung zur Schuldübernahme durch den Gläubiger vor (siehe Rz 4627a).
Beispiel:
Ein Grundstück wird um 100.000 Euro angeschafft, ein Betrag von 50.000 Euro wird fremdfinanziert und dafür eine Hypothek auf diesem Grundstück eingeräumt. Drei Jahre später wird das Grundstück um 200.000 Euro veräußert, die noch ausstehende Hypothek von 40.000 Euro wird in Anrechnung auf den Kaufpreis vom Käufer übernommen, wobei die Zustimmung des Gläubigers erst im folgenden Jahr erfolgt. Der sich sonach ergebende Barpreis von 160.000 Euro wird in zwei Jahresraten vereinnahmt, Werbungskosten sind nicht angefallen.
Ermittlung der Spekulationseinkünfte:
Im ersten Jahr ist als Veräußerungspreis der halbe Barpreis (80.000 Euro) zu erfassen. Dem ist von den Anschaffungskosten ein Teilbetrag in Höhe von 80.000 Euro gegenüberzustellen, so dass noch kein Überschuss entstanden ist. Im zweiten Jahr sind die restlichen Einkünfte von 80.000 Euro und die übernommene Verbindlichkeit von 40.000 Euro zu erfassen. Nach Abzug des noch verbleibenden Teiles der Anschaffungskosten (20.000 Euro) ergeben sich Einkünfte von 100.000 Euro.
In Veräußerungsraten enthaltene Zinsen oder Wertsicherungsbeträge sind nicht bei Ermittlung der Spekulationseinkünfte zu berücksichtigen, sondern den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988) zuzurechnen. Gleiches gilt für Stundungszinsen eines später gezahlten Kaufpreises.
22.4.8 Freigrenze, Verlustausgleichsverbot
Für Einkünfte aus Spekulationsgeschäften besteht eine Freigrenze von 440 Euro pro Kalenderjahr und ein relatives Verlustausgleichsverbot; führen die Spekulationsgeschäfte in einem Kalenderjahr insgesamt zu einem Verlust, so ist dieser nicht ausgleichsfähig (§ 30 Abs. 4 letzter und vorletzter Satz EStG 1988). Ist aus einem Spekulationsgeschäft im Veräußerungsjahr ein Überschuss erzielt und der Besteuerung unterworfen worden, sind nachträgliche Werbungskosten oder Erlösminderungen im Rahmen § 295a BAO rückwirkend im Jahr der Veräußerung bis zum Betrag dieses Überschusses zu berücksichtigen.
22.5 Veräußerung von Beteiligungen (§ 31 EStG 1988)
22.5.1 Allgemeines
Veräußerung iSd § 31 EStG 1988 ist jede entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen. Eine Veräußerung iSd § 31 EStG 1988 liegt nicht vor, wenn eine Beteiligung unentgeltlich übertragen wird oder wenn lediglich die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geändert wird (zB formwechselnde Umwandlung einer AG in eine GmbH oder umgekehrt ohne Erhöhung des Grund(Stamm-)Kapitals und ohne Änderung der Beteiligung). Zur Wegzugsbesteuerung siehe Rz 6677 f. Für Beteiligungen, die im Rahmen der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse übertragen werden, gilt Rz 6621 entsprechend.
22.5.2 Von der Steuerpflicht umfasste Anteile
Anteile an einer Körperschaft sind sämtliche Gesellschaftsrechte und anteilsartigen Substanzrechte. Neben Aktien und GmbH-Anteilen gehören dazu Geschäftsanteile an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Substanzgenussrechte iSd § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988, Berechtigungen aus Partizipationskapital iSd Bankwesengesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes, nicht jedoch echte stille Beteiligungen iSd Beteiligungsfondsgesetzes.
Zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gehören auch Bezugsrechte auf Aktien oder GmbH-Anteile. Das mit einem Gesellschaftsanteil verbundene Bezugsrecht ist mit der Anschaffung des Anteiles als mitangeschafft anzusehen. Das Bezugsrecht verselbständigt sich erst mit dem Beschluss auf Kapitalerhöhung. Die Verwertung (Veräußerung) von im Privatvermögen gehaltenen Bezugsrechten durch einen Gesellschafter außerhalb der Anwendung des § 30 EStG 1988 fällt unter § 31 EStG 1988, wenn der Veräußerer im Zeitpunkt der Veräußerung oder er oder sein Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre an der Kapitalgesellschaft zu mindestens einem Prozent unmittelbar oder mittelbar beteiligt war.
Die Anschaffungskosten (AK) des Bezugsrechtes sind durch Herauslösen aus den seinerzeitigen Anschaffungskosten des Anteiles nach folgender Formel festzustellen:
AK des Bezugsrechtes:
Seinerzeitige AK des Anteiles x Rechnerischer Wert des Bezugsrechtes |
Gemeiner Wert des Anteiles vor Kapitalerhöhung |
22.5.3 Beteiligungsausmaß
Steuerpflicht gemäß § 31 EStG 1988 besteht nur, wenn in den letzten fünf Jahren vor dem Zeitpunkt der Veräußerung das Beteiligungsausmaß unter Einschluss der in Rz 6667 genannten Anteile mindestens 1% war. Auch eine Beteiligungsdauer innerhalb der letzten fünf Jahre von nur einer "logischen" bzw. "juristischen" Sekunde genügt, um die Steuerpflicht auszulösen (VwGH 21.10.2004, 2000/13/0136). Besitzt eine Körperschaft eigene Anteile, errechnet sich das Beteiligungsausmaß aus dem um den Nennwert der eigenen Anteile gekürzten Grund-(Stamm-)Kapital. Einlagen stiller Gesellschafter sind nicht dem Stammkapital hinzuzurechnen, um den Beteiligungsprozentsatz der Gesellschafter am Stammkapital zu vermindern.
§ 31 Abs. 1 EStG 1988 umfasst auch die Veräußerung von durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erworbenen Anteilen. Wurden Anteile unentgeltlich erworben, tritt die Steuerpflicht auch dann ein, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1% beteiligt war. Dadurch kommt es zur Steuerpflicht auch dann, wenn vom unentgeltlichen Erwerber eine Beteiligung von weniger als 1% erworben wurde. Betreffend der unentgeltlich erworbenen Anteile ist bei Ermittlung der Einkünfte von den Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers auszugehen.
Maßgebend für eine Besteuerung nach § 31 EStG 1988 ist die nominelle Beteiligungshöhe, die mindestens 1% betragen muss. Steuerpflicht nach § 31 EStG 1988 besteht daher auch dann, wenn die nominelle Beteiligung innerhalb von fünf Jahren vor der Veräußerung mindestens 1% betragen hat, aber im Zeitpunkt der Veräußerung als Folge einer Kapitalerhöhung, an der sich der Steuerpflichtige nicht beteiligt hat, nicht mehr mindestens 1% beträgt.
§ 5 Abs. 3, § 20 Abs. 5 und § 38d Abs. 5 UmgrStG normieren eine zehnjährige Steuerhängigkeit ab dem Verschmelzungs- oder Einbringungsstichtag, wenn durch eine Verschmelzung, Einbringung oder Steuerspaltung die Eigenschaft als Beteiligung nach § 31 EStG 1988 verloren geht.
Bei einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die vor dem Stichtag der Schillingeröffnungsbilanz erworben wurde, ist § 41 Schillingeröffnungsbilanzgesetz zu beachten.
Zu den steuerpflichtigen Einkünften gehört auch der Überschuss, den ein Gesellschafter unabhängig vom Beteiligungsausmaß bei Auflösung oder Umwandlung einer Körperschaft außerhalb des UmgrStG erhält.
Kommt dem Anteilsinhaber auf Grund der Liquidation der Kapitalgesellschaft tatsächlich nichts zu, liegt insofern ein Ergebnis im Rahmen der Einkunftsart des § 31 EStG 1988 vor, als jedenfalls die positiven Anschaffungskosten der untergehenden Anteile (im Rahmen des § 31 Abs. 5 EStG 1988 beschränkt) als Verlust abgezogen werden können. Dementsprechend muss ein Ergebnis im Rahmen der Einkunftsart des § 31 EStG 1988 vorliegen, wenn die Anschaffungskosten durch vorangegangene Umgründungsvorgänge im Sinne des UmgrStG negativ sind. In diesem Fall ergeben sich in Höhe der negativen Anschaffungskosten positive Einkünfte. Der Überschuss oder Verlust gilt dabei mit dem Tag der Löschung der Firma im Firmenbuch als realisiert.
Zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören insbesondere Gesellschafterzuschüsse und kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen.
22.5.4 Fremdvergleich
Im Falle der Veräußerung von Anteilen an eine Kapitalgesellschaft, an der der Veräußerer und Angehörige des Veräußerers beteiligt sind, ist der Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang dann anzuerkennen, wenn der Veräußerungspreis dem Fremdvergleich standhält. Wird zu einem unangemessen niedrigen Preis veräußert, liegt insoweit eine verdeckte Einlage (siehe Rz 2600 ff) vor, die zum Ansatz des Fremdvergleichswertes und damit zu einer höheren Veräußerungsüberschussbesteuerung führt. Wird zu einem unangemessen hohen Preis veräußert, liegt insoweit eine verdeckte Ausschüttung vor, die zu einer Empfängerbesteuerung und einer Berichtigung der Anschaffungskosten führt.
22.5.5 Werbungskosten, Zufluss, Hälftesteuersatz, Anrechnung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer bzw. der Stiftungseingangssteuer
Rz 6661 f und Rz 6663 f gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 2 EStG 1988 fallende Ausgaben (Rz 4863) nicht zu berücksichtigen sind. Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen iSd § 31 EStG 1988 unterliegen immer dem ermäßigten Steuersatz, auch wenn der Veräußerungserlös in Teilbeträgen vereinnahmt wird, die über das Kalenderjahr hinausgehen.
Hat der Steuerpflichtige den veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft innerhalb der letzten drei Jahre vor der Veräußerung erworben und infolge des Erwerbes Erbschafts- oder Schenkungssteuer bzw. bei Erwerbsvorgängen nach dem 31. Juli 2008 Stiftungseingangssteuer entrichtet, wird die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer), die auf die Veräußerung der Beteiligung entfällt, im Ausmaß der sonst entstehenden Doppelbelastung dieser Einkünfte auf Antrag ermäßigt oder erlassen (§ 31 Abs. 4 EStG). Zur Berechnung siehe Rz 6629 bzw. Rz 5696 f.
22.5.6 Verlustausgleich, Vorrang von Spekulationsgeschäften, sukzessive Anschaffung und Veräußerung von Beteiligungen
Liegen mehrere Veräußerungsgeschäfte iSd § 31 EStG 1988 vor, so kann gemäß § 31 Abs. 5 EStG 1988 ein Verlust aus einem Veräußerungsgeschäft nur mit Überschüssen aus anderen Beteiligungsveräußerungen ausgeglichen werden (§ 2 Abs. 2 EStG 1988). Ein Ausgleich mit positiven Einkünften aus anderen sonstigen Einkünften gemäß § 29 EStG 1988 oder aus anderen Einkunftsarten ist nicht zulässig (VwGH 29.1.2003, 97/13/0007).
Ist aus einer Beteiligungsveräußerung im Veräußerungsjahr ein Überschuss erzielt und der Besteuerung unterworfen worden, sind nachträgliche Werbungskosten oder Erlösminderungen im Rahmen des § 295a BAO rückwirkend im Jahr der Veräußerung bis zum Betrag dieses Überschusses zu berücksichtigen.
Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft dazu erworben, ist im Falle der Veräußerung (eines Teiles) der Beteiligung ggf. eine Aufteilung des Erlöses und der Anschaffungskosten auf die innerhalb und außerhalb der Spekulationsfrist erworbenen Anteile vorzunehmen und dem § 30 bzw. § 31 EStG 1988 zuzuordnen (vgl. auch UmgrStR 2002 Rz 1092). Entsprechendes gilt bei Untergang der Beteiligung im Rahmen einer Liquidation (VwGH 29.1.2003, 97/13/0007, GmbH-Beteiligung). Zum Verlustausgleich siehe Rz 6676.
Werden einzelne Aktien einer sukzessive erworbenen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft veräußert, kann der Steuerpflichtige eine Zuordnung der Anschaffungskosten und des Anschaffungszeitpunktes vornehmen, wenn der Bestand der Wertpapiere hinsichtlich dieser Daten lückenlos dokumentiert ist (siehe dazu Rz 6627a).
Sukzessiv erworbene GmbH-Anteile stellen ein einheitliches Wirtschaftsgut dar. Ein Steuerpflichtiger kann daher nicht selbst bestimmen, welcher zu verschiedenen Zeitpunkten und Preisen erworbene Anteil veräußert wird (siehe dazu Rz 6627b).
22.5.7 Wegzugsbesteuerung (§ 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988)
22.5.7.1 Allgemeines
Als Veräußerung gelten auch alle Umstände des Steuerpflichtigen, die zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten hinsichtlich eines § 31 EStG 1988-Anteiles führen (§ 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988). Von der Steuerpflicht betroffen ist ua. die Wohnsitzverlegung in das Ausland, aber auch eine unentgeltliche Übertragung von Anteilen an einen Steuerausländer oder die Übertragung auf eine ausländische Stiftung, wenn in allen diesen Fällen das Besteuerungsrecht Österreichs auf Grund des EStG 1988 oder durch ein DBA an den nach solchen Maßnahmen erzielten Veräußerungsüberschüssen verloren geht.
Eine aktive Handlung des Steuerpflichtigen ist nicht erforderlich. Auch der Tod des Steuerpflichtigen stellt einen Umstand iSd § 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 dar.
Die Steuerpflicht tritt auch dann ein, wenn zwar der inländischen Wohnsitz und demzufolge auch die unbeschränkte Steuerpflicht beibehalten wird, aber wegen der Verlegung des Mittelpunktes der Lebensinteressen in den anderen Staat der ausschließliche Besteuerungsanspruch an späteren Veräußerungs- oder Liquidationsgewinnen durch das Abkommen dem anderen Staat übertragen wird.
Mit dem AbgÄG 2004 wurde bei Wegzug in einen Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, vorgesehen, dass die anlässlich des Wegzuges entstandene Steuerschuld auf Antrag nicht festzusetzen ist. Die geänderte Rechtslage ist auf Fälle anzuwenden, in denen der Wegzug ab dem 31.12. 2004 erfolgt. Siehe dazu Rz 6683a ff.
Art. 13 Abs. 4 des DBA-Schweiz sieht in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 21. März 2006 rückwirkend ab 1. Jänner 2004 hinsichtlich in- und ausländischer Gesellschaftsbeteiligungen im Fall des Wegzuges in den anderen Vertragsstaat zeitlich unbeschränkt die Beibehaltung des Besteuerungsrechtes des bisherigen Ansässigkeitsstaates vor, wobei sichergestellt wird, dass die bis zum Wegzug angewachsenen stillen Reserven im Wegzugsstaat steuerhängig bleiben. Art. 13 Abs. 4 des revidierten Abkommens enthält das abkommensrechtliche Verbot einer Besteuerung lediglich aus Anlass des Wegzuges; dieses Verbot steht einer bloßen Ermittlung der Steuerschuld aus Anlass des Wegzuges nicht entgegen. Das bedeutet für die Anwendbarkeit von § 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988:
- Bei einer Beteiligung an einer österreichischen Körperschaft kommt § 31 Abs. 2 Z 2 nicht zur Anwendung, da gemäß § 98 Abs. 1 Z 8 nach dem Wegzug beschränkte Steuerpflicht besteht und diese durch das DBA-Schweiz nicht eingeschränkt wird.
- Bei einer Beteiligung an einer ausländischen Körperschaft kommt § 31 Abs. 2 Z 2 zur Anwendung, da bereits nach innerstaatlichem Recht nach dem Wegzug keine Steuerpflicht mehr besteht. Das im DBA-Schweiz enthaltene Verbot einer Besteuerung lediglich aus Anlass des Wegzuges hindert Österreich aber daran, die Steuerschuld im Jahr des Wegzuges festzusetzen; es kommt damit faktisch zu einem Besteuerungsaufschub, der § 31 Abs. 2 Z 2 2. Satz entspricht. Es bestehen daher keine Bedenken, die Rz 6683a bis 6683i auf diesen Fall entsprechend anzuwenden.
22.5.7.2 Inländische und ausländische Beteiligungen
Bei einer Wohnsitzverlegung werden Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften dann erfasst, wenn das Besteuerungsrecht Österreichs (§ 98 Z 8 EStG 1988) auf Grund eines DBA verloren geht.
Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften werden stets erfasst. In den letztgenannten Fällen führen alle Wegzugsmaßnahmen zum Entstehen einer Steuerschuld nach § 31 EStG 1988, und nicht nur solche in DBA-Länder. Denn in diesen Fällen geht mit dem Eintritt der beschränkten Steuerpflicht bereits nach inländischem Recht das Besteuerungsrecht an künftigen Veräußerungsgewinnen verloren, da solche Beteiligungen nicht von § 98 Z 8 EStG 1988 erfasst sind.
Zum Antrag auf Nichtfestsetzung der Steuerschuld bei Wegzug in einen Staat der Europäischen Union oder in einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, siehe Rz 6683a ff.
22.5.7.3 Privatvermögen
Unter die in § 31 EStG 1988 normierte Wegzugsbesteuerung fallen nur im Privatvermögen gehaltene Beteiligungen. Beteiligungen, die bei Wohnsitzwegverlegung aus Österreich zB in italienischem Betriebstättenvermögen gehalten werden, lösen daher keine wegzugsbedingte Steuerpflicht nach § 31 EStG 1988 aus.
22.5.7.4 Wertzuwachs
Der Steuerpflicht unterliegt der Wertzuwachs der Beteiligung während der Dauer der inländischen Ansässigkeit. Es ist dies idR der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert zum Zeitpunkt des Wegzuges und den Anschaffungskosten. Im Fall eines vorhergehenden Zuzuges nach Österreich oder eines sonstigen vorhergehenden Eintrittes in die unbeschränkte Steuerpflicht hinsichtlich einer zumindest 1-prozentigen Beteiligung (zB Erwerb einer Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft im Erbweg) soll der vor dem Zuzug angefallene Wertzuwachs nicht in die Steuerpflicht einbezogen werden; dies wird durch Ansatz des gemeinen Wertes anlässlich des Zuzuges als Anschaffungskosten erreicht (siehe aber Rz 6683i bei vorhergehendem Wegzug mit Unterbleiben der Steuerfestsetzung).
Findet vor dem Eintritt in die inländische unbeschränkte Steuerpflicht im Ausland eine Wegzugsbesteuerung statt, besteht - sofern sich nicht aus einem Doppelbesteuerungsabkommen anderes ergibt - keine Bindung an den im Ausland als fiktiven Veräußerungserlös angesetzten Wert.
Bestand zum Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung nach Österreich lediglich eine Beteiligung von weniger als 1%, kommt ein Ansatz des gemeinen Wertes an Stelle der Anschaffungskosten im Fall einer im Rahmen des § 31 EStG 1988 erfolgenden späteren Veräußerung nicht in Betracht.
22.5.7.5 Hälftesteuersatz
Soweit die Wegzugsbesteuerung den Wertzuwachs von Anteilen an inländischen oder ausländischen Kapitalgesellschaften erfasst, steht der ermäßigte Steuersatz gemäß § 37 Abs. 4 Z 2 lit. b EStG 1988 zu.
22.5.7.6 Stundung
Soweit die durch das AbgÄG 2004 geänderte Rechtslage (noch) nicht anwendbar ist (siehe dazu Rz 6677 und Rz 6683a ff), gilt: Bei Wegzug in Staaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes kann nach Maßgabe des § 212 BAO eine Stundung der durch die Wegzugsbesteuerung verursachten Einkommensteuerschuld bis zur tatsächliche Veräußerung der Beteiligung gewährt werden. Bei Nachweis der Gegenseitigkeit kann zur Vermeidung von unbilligen Härten gemäß § 48 BAO eine Entlastung von den Stundungszinsen erfolgen.
22.5.7.7 Nichtfestsetzung der entstandenden Steuerschuld (§ 31 EStG 1988 idF des AbgÄG 2004)
Der EuGH hat mit Urteil vom 11.3.2004, C-9/02 ("Hughes de Lasteyrie du Saillant") die französischen Wegzugsbesteuerungsregeln für in Frankreich steuerhängige Beteiligungen im Privatvermögen auf Grund eines Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit (Art 43 EGV) für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt. Mit dem AbgÄG 2004 wurde im Hinblick auf dieses Urteil die Wegzugsbesteuerung gemeinschaftsrechtskonform neu geregelt. Danach ist bei Wegzug ab dem 31.12.2004 in einen Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, auf Grund eines in der Steuererklärung gestellten Antrages über die durch den Wegzug entstandene Steuerschuld im Abgabenbescheid nur abzusprechen, die Steuerschuld jedoch bis zur tatsächlichen Veräußerung der Beteiligung nicht festzusetzen.
Hält der Steuerpflichtige bei Wegzug mehrere Beteiligungen gemäß § 31 EStG 1988, kann er sein Antragsrecht für jede einzelne Beteiligung unabhängig ausüben.
Als Wegzug gelten alle Umstände, die zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich führen (siehe Rz 6677, zB auch Übertragung auf ausländische Stiftung, Schenkung an einen Steuerausländer, Einlage in einen Betrieb [Betriebsstätte], hinsichtlich derer Österreich kein Besteuerungsrecht hat, oder Tod des Steuerpflichtigen mit Übergang der Beteiligung auf einen Steuerausländer unter Entfall des österreichischen Besteuerungsrechtes). Die Nichtfestsetzung der Steuerschuld gilt im Verhältnis zu einem Staat
- der Europäischen Union oder
- des Europäischen Wirtschaftsraumes, sofern eine mit dem EU-Bereich vergleichbare umfassende Amtshilfe und Vollstreckungshilfe besteht. Dies ist gegenüber Norwegen der Fall, nicht jedoch gegenüber Liechtenstein und Island. Zur Schweiz siehe Rz 6678.
Da mit Wegzug die Steuerschuld entsteht, aber nur nicht festgesetzt wird, steht der späteren Erhebung der Steuer kein DBA entgegen.
Der Antrag auf Nichtfestetzung der Steuerschuld kann nur in der das Wegzugsjahr betreffenden Steuererklärung gestellt werden, die vor Ergehen des Einkommensteuerbescheides eingebracht wurde. Wurde in dieser Steuererklärung kein Antrag gestellt, kann ein solcher in einer nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides (zB in einem Berufungsverfahren oder einem wieder aufgenommenen Verfahren) eingereichten Steuererklärung nicht nachgeholt werden. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Einkommensteuerbescheid nicht auf Grundlage einer vom Steuerpflichtigen eingereichten Steuererklärung erging; denn wird im Zuge einer Berufung gegen einen derartigen Einkommensteuerbescheid erstmalig eine Steuererklärung mit Antrag auf Nichtfestetzung der Steuerschuld eingebracht, wurde der Antrag im Berufungsverfahren und nicht in der Steuererklärung gestellt.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Nichtfestsetzung der Steuerschuld (Wegzug in einen Staat der Europäischen Union oder des EWR, sofern eine mit dem EU-Bereich vergleichbare umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht) ist durch eine Ansässigkeitsbescheinigung nachzuweisen.
Eine nach dem Wegzug erfolgte tatsächliche Veräußerung oder ein Wegzug in einen Drittstaat (Rz 6683e) gilt als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO, das die Festsetzung der Steuer im Wege der Abänderung des Bescheides des Wegzugsjahres nach sich zieht. Der Eintritt des rückwirkenden Ereignisses ist dem zuständigen Finanzamt vom Steuerpflichtigen anzuzeigen, wenn das rückwirkende Ereignis in der Begründung des Bescheides angeführt ist (§ 120 Abs. 3 BAO).
Die Neufestsetzung der Steuer im Bescheid des Wegzugsjahres wird ausgelöst durch:
- Eine tatsächliche Veräußerung der Beteiligung durch den Steuerpflichtigen selbst oder seinen unentgeltlich erwerbenden Rechtsnachfolger.
Beispiele:
1. A schenkt 2005 seine Anteile (5%) an der XY-AG seinem Sohn B mit Wohnsitz in München. Dieser Vorgang unterliegt der Wegzugsbesteuerung; A macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Steuerschuld hinsichtlich der in der Beteiligung enthaltenen stillen Reserven nicht festsetzen zu lassen. 2007 verkauft B die Beteiligung. Der Verkauf durch B gilt als rückwirkendes Ereignis, das die Abänderung des an A gerichteten Bescheides des Wegzugsjahres nach sich zieht.
2. B überträgt 2005 seine Anteile (5%) an der XY-AG an die D-Stiftung in München. Dieser Vorgang unterliegt der Wegzugsbesteuerung; B macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Steuerschuld hinsichtlich der in der Beteiligung enthaltenen stillen Reserven nicht festsetzen zu lassen. 2007 verkauft die D-Stiftung die Beteiligung. Der Verkauf durch die D-Stiftung gilt als rückwirkendes Ereignis, das die Abänderung des an B gerichteten Bescheides des Wegzugsjahres nach sich zieht.
- Einen Wegzug in einen Staat, der nicht der Europäischen Union angehört oder einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem keine mit dem EU-Bereich vergleichbare umfassende Amtshilfe und Vollstreckungshilfe besteht (fiktive Veräußerung, siehe Rz 6683e).
Um zu verhindern, dass durch einen Wegzug in einen EU-Staat/EWR-Staat mit anschließendem Weiterzug in einen Drittstaat die Wegzugsbesteuerung umgangen wird, gilt ein weiterer Wegzug in einen Drittstaat (Staat, der nicht der Europäischen Union angehört oder Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem keine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe mit der Republik Österreich besteht), als Veräußerung, die die Festsetzung der Steuer im Wege der Abänderung des Bescheides des Wegzugsjahres nach sich zieht (siehe Rz 6683d).
Beispiel:
A mit Wohnsitz in Wien ist an der deutschen X-AG zu 5% beteiligt. Am 1.7.2005 übersiedelt A nach München unter Aufgabe seines Wohnsitzes in Wien. Die durch den Wegzug entstehende Steuerschuld gemäß § 31 EStG 1988 wird bei der Veranlagung 2005 antragsgemäß nicht festgesetzt. Am 1.12.2008 übersiedelt A unter Aufgabe seines Wohnsitzes in München nach
a) Oslo,
b) Istanbul.
Im Fall a) gilt der Wegzug nicht als Veräußerung, da mit dem EWR-Staat Norwegen gemäß Art. 27 und 28 des Doppelbesteuerungsabkommens eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht. Im Fall b) gilt der Wegzug als Veräußerung, da die Türkei ein Drittstaat iSd § 31 EStG 1988 ist (vgl. Rz 6683b).
Für rückwirkende Ereignisse iSd § 295a BAO richtet sich der Verjährungsbeginn nach § 208 Abs. 1 lit. e BAO. Nach § 208 Abs. 1 lit. e BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 295a BAO mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eingetreten ist. Abänderungen gemäß § 295a BAO sind daher auch dann zulässig, wenn die vom Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches abgeleitete (fünfjährige) Bemessungsverjährungsfrist (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO) bereits abgelaufen ist, sofern die "absolute Verjährung" nach § 209 Abs. 3 BAO (zehn Jahre ab Entstehen des Abgabenanspruches) noch nicht eingetreten ist.
Sollte es zwischen dem Wegzug und der tatsächlichen Veräußerung zu einer Wertminderung der Beteiligung gekommen sein, reduziert diese die Bemessungsgrundlage bis auf Null, soweit die Wertminderung nicht im Zuzugstaat berücksichtigt wird. Zwischen Wegzug und Veräußerung eingetretene Wertminderungen sind daher höchstens im Umfang des bei Wegzug nicht festgesetzten Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen. Damit wird sichergestellt, dass nur tatsächlich realisierte Wertsteigerungen der Besteuerung unterliegen.
Beispiel 1:
|
Fall 1 |
Fall 2 |
Fall 3 |
Anschaffungskosten im Jahr 2004 |
500 |
500 |
500 |
Gemeiner Wert bei Wegzug im Jahr 2008 |
800 |
800 |
800 |
Erlös aus Veräußerung nach Wegzug im Jahr 2012 |
700 |
900 |
400 |
Einkünfte (§ 31) des Jahres 2008 (§ 295a BAO) bei Inanspruchnahme der Steuernichtfestsetzung im Jahr 2008 |
200 |
300 |
0 |
Einkünfte (§ 31) des Jahres 2008 bei Versteuerung im Jahr 2008 (kein Antrag auf Steuernichtfestsetzung gestellt) |
300 |
300 |
300 |
Beispiel 2:
A besitzt Aktien im Ausmaß von 2% des Grundkapitals der finnischen X-AG (Anschaffungskosten 10.000 Euro). Im Jahr 2005 verlegt A seinen Wohnsitz von Österreich nach Deutschland. Der gemeine Wert der X-Aktien beträgt zum Wegzugszeitpunkt 24.000 Euro. A erzielt im Jahr 2005 folgende Einkünfte in Euro:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
- 1.000 |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
12.000 |
Einkünfte gemäß § 31 |
14.000 |
Gesamtbetrag der Einkünfte |
25.000 |
Es wird die Nichtfestsetzung der auf die Einkünfte gemäß § 31 entfallenden Einkommensteuer beantragt.
Ermittlung des Nichtfestsetzungsbetrages (Sonderausgaben werden vernachlässigt):
1. ESt bei Bemessungsgrundlage von 25.000 Euro.
Durchschnittsteuersatz bei 25.000 Euro = 23%, es werden versteuert:
11.000 Euro mit 23% |
2.530 Euro |
14.000 Euro mit 11,5% |
1.610 Euro |
ESt-Gesamt |
4.140 Euro |
2. ESt bei Bemessungsgrundlage von 11.000 Euro (ohne Einkünfte gemäß § 31 EStG 1988). ESt lt. Tarif: 383,33 Euro
3. Nichtfestsetzungsbetrag (Differenz zwischen Steuer nach Schritt 1 und 2):
ESt-Gesamt |
4.140,00 Euro |
ESt ohne § 31 |
383,33 Euro |
Nichtfestsetzungsbetrag |
3.756,67 Euro |
Im Jahr 2008 verkauft A seine Beteiligung um 21.000 Euro. Die Veräußerung löst die Neufestsetzung der Einkommensteuer 2005 aus:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
- 1.000 |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
12.000 |
Einkünfte gemäß § 31 |
11.000 |
Gesamtbetrag der Einkünfte |
22.000 |
Durchschnittsteuersatz bei 22.000 Euro = 20,91%, es werden versteuert:
11.000 Euro mit 20,91% |
2.300,10 Euro |
11.000 Euro mit 10,455% |
1.150,05 Euro |
ESt-Gesamt |
3.450,15 Euro |
ESt nach § 295a BAO |
3.450,15 Euro |
ESt vor § 295a BAO |
383,33 Euro |
Nachforderung |
3.066,82 Euro |
Eine Doppelberücksichtigung von Wertminderungen ist aber nicht zulässig. Wird die nach dem Wegzug eingetretene Wertminderung im Zuzugstaat berücksichtigt, kann ab der Veranlagung 2007 diese Wertminderung in Österreich nicht berücksichtigt werden. Die Steuer ist daher in Höhe des seinerzeitigen Nichtfestsetzungsbetrages festzusetzen.
Auf die mit Wegzug entstandene, aber zunächst nicht festgesetzte Steuerschuld sind im Fall der nachträglichen Festsetzung keine Anspruchszinsen (§ 205 BAO) zu entrichten.
Erfolgt in den Fällen nicht festgesetzter Steuerschuld im Sinne des § 31 Abs. 2 Z 2 oder auf Grund einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes ein Wiedereintritt in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich, sind die Anschaffungskosten vor Wegzug maßgeblich. Die spätere Veräußerung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung. Weist der Steuerpflichtige nach, dass Wertsteigerungen im EU/EWR-Raum außerhalb der Republik Österreich eingetreten sind, sind diese vom Veräußerungserlös abzuziehen.
Beispiele:
1. Nach (unter Verlust des Besteuerungsrechtes Österreichs) erfolgtem Wegzug in einen Staat der Europäischen Union oder in einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, erfolgt:
a) Ein Zuzug nach Österreich oder
b) ein Weiterzug in einen Staat, mit dem Österreich ein DBA mit Anrechungsmethode hinsichtlich von Einkünften aus der Veräußerung einer inländischen Beteiligung abgeschlossen hat, oder
c) ein Weiterzug in einen Staat, mit dem Österreich kein DBA abgeschlossen hat, hinsichtlich von Einkünften aus einer inländischen Beteiligung.
d) ein Weiterzug in einen Staat, mit dem Österreich ein DBA mit Befreiungsmethode geschlossen hat, das Österreich die Besteuerung der stillen Reserven in der betreffenden Beteiligung erlaubt.
In allen Fällen erfolgt ein Wiedereintritt in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich, sodass § 31 Abs. 3 vorletzter und letzter Satz EStG 1988 anzuwenden sind.
2. Eine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung (§ 31 EStG 1988) wird in eine in Deutschland gelegene Betriebsstätte eines Betriebes desselben Steuerpflichtigen eingelegt. Da dadurch das Besteuerungsrecht Österreichs nach § 31 EStG 1988 hinsichtlich der Beteiligung, die durch die Einlage zum ausländischen, dem Besteuerungszugriff Österreichs entzogenen Betriebsvermögen wird, verloren geht, unterbleibt auf Antrag die Steuerfestsetzung gemäß § 31. In der Folge wird
a) die Beteiligung in eine italienische Betriebsstätte desselben Betriebes übertragen,
b) die Betriebsstätte von Deutschland nach Italien verlegt.
Da in beiden Fällen abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich der in der italienischen Betriebsstätte befindlichen Beteiligung wieder auflebt, hat eine (wegzugsbedingte) Steuerfestsetzung zu unterbleiben. Es ist der Wertansatz vor Wegzug maßgeblich, wobei im Realisierungsfall in Deutschland eingetretene nachgewiesene Wertsteigerungen abzugsfähig sind.
3. Ein zunächst in Österreich ansässiger Steuerpflichtiger, der Anteile an einer italienischen AG im Privatvermögen hält, verlegt seinen Wohnsitz nach Italien. Da dadurch das Besteuerungsrecht Österreichs nach § 31 EStG 1988 hinsichtlich der Beteiligung verloren geht, unterbleibt auf Antrag die Steuerfestsetzung gemäß § 31. In der Folge wird die italienische AG auf eine Europäische Gesellschaft (SE) mit Sitz in Österreich verschmolzen. Durch die grenzüberschreitende Verschmelzung lebt der Besteuerungsanspruch Österreichs hinsichtlich der Beteiligung wieder auf; eine (wegzugsbedingte) Steuerfestsetzung hat zu unterbleiben und es ist der Wertansatz vor Wegzug maßgeblich, wobei im Realisierungsfall in Italien eingetretene nachgewiesene Wertsteigerungen abzugsfähig sind.
4. E mit Wohnsitz in Wien legt 2005 eine privat gehaltene Beteiligung (5%) in die in München gelegene Betriebsstätte seines Gewerbebetriebes ein. Dieser Vorgang unterliegt der Wegzugsbesteuerung; E macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Steuerschuld hinsichtlich der in der Beteiligung enthaltenen stillen Reserven nicht festsetzen zu lassen. 2007 entnimmt E die Beteiligung wieder aus dem Betriebsvermögen der Betriebsstätte in München in sein Privatvermögen. Da durch diesen Vorgang der Besteuerungsanspruch Österreichs hinsichtlich der Beteiligung wieder auflebt, hat eine (wegzugsbedingte) Steuerfestsetzung zu unterbleiben und es ist der Wertansatz vor Wegzug maßgeblich, wobei im Realisierungsfall in Deutschland eingetretene nachgewiesene Wertsteigerungen abzugsfähig sind.
5. F mit Wohnsitz in Graz legt 2005 eine privat gehaltene Beteiligung (5%) in die in Berlin gelegene Betriebsstätte seines Gewerbebetriebes ein. Dieser Vorgang unterliegt der Wegzugsbesteuerung; F macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Steuerschuld hinsichtlich der in der Beteiligung enthaltenen stillen Reserven nicht festsetzen zu lassen. 2008 schenkt F die Beteiligung seinem in Heidelberg wohnhaften Sohn. Der Schenkung ist gedanklich eine Entnahme ins Privatvermögen vorgelagert, durch die der Besteuerungsanspruch Österreichs hinsichtlich der Beteiligung wieder auflebt, sodass die (wegzugsbedingte) Steuerfestsetzung zu unterbleiben hat. Die Schenkung an den in Deutschland wohnhaften Sohn stellt einen neuerlichen Wegzugsfall dar.
6. G mit Wohnsitz in Linz legt 2005 eine privat gehaltene Beteiligung (5%) in die in Köln gelegenen Betriebsstätte seines Gewerbebetriebes ein. Dieser Vorgang unterliegt der Wegzugsbesteuerung; G macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Steuerschuld hinsichtlich der in der Beteiligung enthaltenen stillen Reserven nicht festsetzen zu lassen. 2006 verlegt G seinen Wohnsitz nach München. 2008 entnimmt G seine Beteiligung aus dem Betriebsvermögen. Die Entnahme aus dem Betriebsvermögen lässt die Steuer-Nichtfestsetzung unberührt. Erst wenn G (oder dessen Rechtsnachfolger, der die Beteiligung unentgeltlich erworben hat) die Beteiligung verkauft oder seinen Wohnsitz in einen Drittstaat verlegt, hat die Steuerfestsetzung zu erfolgen.
22.5.8 Übergangsregelung anlässlich des Absenkens des Beteiligungsausmaßes durch das Kapitalmarktoffensive-Gesetz (§ 124b Z 57 EStG 1988 in Verbindung mit § 31 EStG 1988)
§ 31 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des Kapitalmarktoffensive-Gesetzes, BGBl. Nr. I 2/2001, ist auf Veräußerungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 anzuwenden. Von der Neuregelung sind damit Veräußerungen erfasst, bei denen das Verfügungsgeschäft (der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen) nach dem 31. Dezember 2000 erfolgt. Auf Veräußerungen, bei denen das Verfügungsgeschäft vor dem 1. Jänner 2001 abgewickelt wurde, ist § 31 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung vor dem Kapitalmarktoffensive-Gesetz anzuwenden. Das Zufließen des Veräußerungserlöses ist für die Frage der Tatbestandsverwirklichung ohne Bedeutung.
Hat der Veräußerer oder bei unentgeltlichem Erwerb der Rechtsvorgänger die Anteile vor dem 1. Jänner 1998 angeschafft und war er nach dem 31. Dezember 1997 bis zum 31. Dezember 2000 zu nicht mehr als 10% beteiligt, kann an Stelle der Anschaffungskosten der gemeine Wert der Anteile zum 1. Jänner 2001 angesetzt werden (Aufwertungsoption). Der Ansatz des gemeinen Wertes ist bei Anteilen, die nur auf Grund des § 20 Abs. 5 UmgrStG als Anteile im Sinne des § 31 EStG 1988 gelten, nicht zulässig (§ 124b Z 57 EStG 1988).
Die Übergangsvorschrift des § 124b Z 57 EStG 1988 entsteuert die bis zum Inkrafttreten der Neuregelung (1%-Grenze) angewachsenen stillen Reserven der veräußerten Anteile durch eine Aufwertungsmöglichkeit (Ansatz des gemeinen Wertes zum 1. Jänner 2001). Die Aufwertungsoption ist an folgende Voraussetzungen gebunden, die gemeinsam vorliegen müssen:
- Anschaffung der Anteile durch den Steuerpflichtigen selbst oder bei unentgeltlichem Erwerb durch den Rechtsvorgänger bis längstens 31. Dezember 1997 sowie
- Nichtüberschreiten des Beteiligungsausmaßes von 10% in der Zeit vom 1. Jänner 1998 bis 31. Dezember 2000 (Beobachtungszeitraum).
Die Aufwertungsmöglichkeit haben somit jene Steuerpflichtige, die in einem Zeitraum von mindestens drei Jahren vor Inkrafttreten der Neuregelung zu nicht mehr als 10% beteiligt gewesen sind. Der bis zum 31. Dezember 2000 angewachsene Anteilswert wird durch Ansatz des gemeinen Wertes an Stelle der Anschaffungskosten bei der Einkünfteermittlung nach § 31 EStG 1988 entsteuert.
Zu den Anwendungsvoraussetzungen bei vom Steuerpflichtigen selbst angeschafften Anteilen siehe Rz 6686, zu den Anwendungsvoraussetzungen bei vom Rechtsvorgänger des Steuerpflichtigen angeschafften und vom Steuerpflichtigen unentgeltlich erworbenen Anteilen siehe Rz 6687.
Wurde die Beteiligung vom Steuerpflichtigen angeschafft, kann der gemeine Wert zum 1. Jänner 2001 - unabhängig vom Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile - angesetzt werden, wenn die Anschaffung vom dem 1. Jänner 1998 erfolgt ist und das Beteiligungsausmaß im Beobachtungszeitraum insgesamt 10% nicht überstiegen hat.
§ 124b Z 57 EStG 1988 schützt das Vertrauen auf die Steuerfreiheit von Veräußerungen bei Weitergeltung der nach dem EStG 1988 in der Fassung vor dem Kapitalmarktoffensive-Gesetz, BGBl. Nr. I 2/2001, geltenden Rechtslage. Durch die Übergangsregelung soll der Steuerpflichtige jedoch nicht besser gestellt werden, als bei gedachter Weitergeltung der "alten" Rechtslage. Im Fall des unentgeltlichen Erwerbes der Anteile ist daher die fünfjährige "Veräußerungssperrfrist" des § 31 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung vor dem Kapitalmarktoffensive-Gesetz, BGBl. Nr. I 2/2001, bei Anwendung des § 124b Z 57 EStG 1988 mit zu berücksichtigen.
Wurde die Beteiligung vom Steuerpflichtigen unentgeltlich erworben (siehe Rz 6688), kann der gemeine Wert zum 1. Jänner 2001 angesetzt werden, wenn
- die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger des Steuerpflichtigen vor dem 1. Jänner 1998 erfolgt ist und
- das Beteiligungsausmaß des Steuerpflichtigen im Beobachtungszeitraum insgesamt 10% nicht überstiegen hat und
- innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung der Steuerpflichtige oder sein Rechtsvorgänger zu nicht mehr als 10% beteiligt waren (§ 124b Z 57 EStG 1988 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 EStG 1988).
Beispiele:
1. Am 1. Mai 1994 schafft A 30% Kapitalanteile an. Am 30. Dezember 2000 schenkt A 10% der Anteile an B. B veräußert diese Anteile am 1. Februar 2001.
Da die fünfjährige Veräußerungssperrfrist noch nicht abgelaufen ist, ist der Ansatz des gemeinen Wertes nicht möglich.
2. Am 10. August 1996 schafft C 20% Kapitalanteile an. Am 1. Februar 1997 schenkt C 10% der Anteile an D. D veräußert diese Anteile am 17. April 2002.
Da die fünfjährige Veräußerungssperrfrist bereits abgelaufen ist, ist der Ansatz des gemeinen Wertes möglich.
3. Am 23. Dezember 1996 schafft E 10% Kapitalanteile an. Am 31. Dezember 2000 schenkt E 5% der Anteile an F. F veräußert diese Anteile am 13. Februar 2001.
Da die fünfjährige Veräußerungssperrfrist nicht zur Anwendung kommt, ist der Ansatz des gemeinen Wertes möglich.
Anschaffung im Sinne des § 124b Z 57 EStG 1988 ist jeder entgeltliche Erwerb (Kauf, Tausch). Maßgebend ist der Abschluss des Verfügungsgeschäftes (siehe Rz 6684). Keine Anschaffung liegt bei Schenkung, Erbschaft, Vermächtnis, Spiel oder Wette oder bei einer gemischten Schenkung vor, bei der der Schenkungscharakter überwiegt. Bei unentgeltlichem Erwerb ist auf die Anschaffung durch den (die) Rechtsvorgänger abzustellen (siehe auch Rz 6687).
Das Beteiligungsausmaß von höchstens 10% in der Zeit vom 1. Jänner 1998 bis 31. Dezember 2000 stellt auf die für Veräußerungen bis 31. Dezember 2000 maßgebende 10%-Grenze ab. Der Beteiligungsbegriff in § 124b Z 57 EStG 1988 entspricht daher dem Beteiligungsbegriff des EStG 1988 in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Neuregelung. Da sich durch die Neuregelung keine Änderung im Beteiligungsbegriff ergeben hat, sind somit Beteiligungen im Sinne der Rz 6667 erfasst. Die Beteiligung darf zwischen 1. Jänner 1998 und 31. Dezember 2000 entweder höchstens 10% des Nennkapitals der Kapitalgesellschaft oder bei Vorliegen von Substanzgenussrechten oder Partizipationskapital neben dem Nennkapital höchstens 10% des rechnerischen Wertes des Gesamtkapitals betragen. Das Ausmaß der Gewinnbeteiligung sowie der Stimmrechte ist unbeachtlich.
Die Beurteilung des gemeinen Wertes der Anteile zum 1. Jänner 2001 ist eine Sachverhaltsfrage. Auch wenn der Ansatz des gemeines Wertes zum 1. Jänner 2001 (erst) bei Ermittlung der Einkünfte nach § 31 EStG 1988 aus Anlass einer Veräußerung, Liquidation oder Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 zu erfolgen hat, wird eine sachgerechte Wertermittlung eine zeitnahe Bewertung bezogen auf den Bewertungsstichtag 1. Jänner 2001 zur Grundlage haben müssen.
Für Veräußerungen in Fällen, in denen neben Anteilen, die bei der Einkünfteermittlung mit den Anschaffungskosten anzusetzen sind, auch Anteile vorhanden sind, die nach § 124b Z 57 EStG 1988 mit dem gemeinen Wert angesetzt werden, gilt Folgendes: Wird ein GmbH-Anteil oder ein Teil davon veräußert, hat für die Ermittlung der Abzugsposten Anschaffungskosten bzw. gemeiner Wert eine Zuordnung nach dem Verhältnis der begünstigten Anteile (gemeiner Wert) zu den nicht begünstigten Anteilen (Anschaffungskosten) zu erfolgen. In allen anderen Fällen kann die Zuordnung nach Wahl des Steuerpflichtigen erfolgen.
Beispiel:
A hält seit 1996 6% der Anteile an einer GmbH (Anschaffungskosten 600.000 S). Der gemeine Wert dieser Anteile zum 1. Jänner 2001 beträgt 900.000 S. Am 1. April 2001 erwirbt er zusätzlich 4% der Anteile um 640.000 S. Am 1. Oktober 2002 werden 2% der Anteile um 400.000 S veräußert. Werbungskosten sind keine angefallen.
Von den veräußerten 2% sind 60%, das sind 1,2% mit dem gemeine Wert zum 1. Jänner 2001 (150.000 S pro 1%-Anteil) zu bewerten und 40%, das sind 0,8% mit den tatsächlichen Anschaffungskosten aus dem Erwerb vom 1. April 2001 (160.000 S pro 1%-Anteil).
Veräußerungserlös 2% |
400.000 S |
Gemeiner Wert (1,2 x 150.000 S) |
- 180.000 S |
Anschaffungskosten (0,8 x 160.000 S) |
- 128.000 S |
Einkünfte gemäß § 31 EStG 1988 |
92.000 S |
Die in § 31 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 vorgesehene Fiktion, wonach im Fall des Eintritts in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich der gemeine Wert als Anschaffungkosten gilt, geht als speziellere Norm der Bestimmung des § 124b Z 57 EStG 1988 vor. Sollte daher infolge Wohnsitzwechsels hinsichtlich einer ausländischen Beteiligung iSd § 31 EStG 1988 der Tatbestand des § 31 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 verwirklicht werden, ist der gemeine Wert im Zeitpunkt des Eintrittes in das inländische Besteuerungsrecht unabhängig davon als Anschaffungskosten zu Grunde zu legen, ob die Voraussetzungen des § 124b Z 57 EStG 1988 hinsichtlich der ausländischen Beteiligung erfüllt sind oder nicht.
Randzahlen 6693 bis 6800: derzeit frei