Richtlinie des BMF vom 04.07.2008, BMF-010222/0157-VI/7/2008 gültig von 04.07.2008 bis 19.07.2011

LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002

Die Lohnsteuerrichtlinien 2002 stellen einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Lohnsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Lohnsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen. Sie basieren auf den Lohnsteuerrichtlinien 1999.

5 WERBUNGSKOSTEN (§ 16 EStG 1988)

5.1 Werbungskosten allgemein (§ 16 Abs. 1 EStG 1988)

5.1.1 Begriff der Werbungskosten

5.1.1.1 Allgemeines

223

Werbungskosten eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben

  • objektiv im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und
  • subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und
  • nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot fallen.
  • Siehe auch Beispiel Rz 10223.
224

Für den Werbungskostencharakter sind grundsätzlich weder ein unbedingtes berufliches Erfordernis zur Tätigung der Aufwendungen oder Ausgaben noch deren Zweckmäßigkeit erforderlich. Die Notwendigkeit einer Aufwendung ist grundsätzlich keine Voraussetzung für die Anerkennung von Werbungskosten, sondern ein Indiz für die berufliche Veranlassung bzw. für das Fehlen einer privaten Veranlassung (VwGH 29.5.1996, 93/13/0013). Auf die Notwendigkeit kommt es daher bei solchen Aufwendungen oder Ausgaben an, die ihrer Art nach die Möglichkeit einer privaten Veranlassung vermuten lassen (VwGH 29.11.1994, 90/14/0231), wobei diesfalls die Notwendigkeit dahingehend zu prüfen ist, ob das Tätigen der Aufwendungen objektiv sinnvoll ist (VwGH 12.4.1994, 91/14/0024).

225

Eine Bestätigung des Arbeitgebers über die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Aufwendungen oder Ausgaben ist daher keine Voraussetzung für deren Abzugsfähigkeit. Sie kann allenfalls ein Indiz für die berufliche Veranlassung darstellen. Umgekehrt erhalten Aufwendungen oder Ausgaben nicht notwendigerweise dadurch Werbungskostencharakter, dass sie im Interesse oder auf Weisung des Arbeitgebers getätigt werden (zB im Zusammenhang mit der Bekleidung).

225a

Für die Beurteilung von Aufwendungen eines Abgabenpflichtigen als Werbungskosten ist zwischen seiner Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses und seiner Tätigkeit im Rahmen einer Vereinigung, die den wirtschaftlichen und beruflichen Interessen von Arbeitnehmern einer bestimmten Fachrichtung (Berufsgruppe) förderlich ist, zu unterscheiden. Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Funktion bei einer solchen Vereinigung führen nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus dem Dienstverhältnis, sind aber, wenn die Funktionsausübung für sich zu Einkünften führt, bei diesen zu berücksichtigen. Erfolgt die Ausübung der Funktion unentgeltlich, stellt diese Betätigung keine Einkunftsquelle dar, sodass die durch die Funktionsausübung bedingten Aufwendungen keine einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden können (VwGH 23.5.2000, 99/14/0301, VwGH 26.7.2000, 2000/14/0084).

Eine berufliche Veranlassung durch das Dienstverhältnis ist bei Reisekosten oder sonstigen Aufwendungen (Ausgaben), die im Zusammenhang mit einer Funktion als Personalvertreter, als Gewerkschafter (VwGH 21.11.1995, 95/14/0070) oder als Betriebsrat (VwGH 20.6.1995, 92/13/0298) stehen, nicht gegeben. Aufwendungen (Ausgaben) eines Richters im Zusammenhang mit seiner Eigenschaft als Funktionär der Richtervereinigung sind ebenfalls nicht beruflich veranlasst (VwGH 17.9.1996, 92/14/0145).

Erhält der Steuerpflichtige vom Arbeitgeber für seine Tätigkeit als Personalvertreter, Betriebsrat, Gewerkschafter oder Funktionär der Richtervereinigung und dgl. lohnsteuerpflichtige Ersätze, so sind Reisekosten oder andere durch diese Funktion veranlasste Ausgaben (Aufwendungen) bis zur Höhe dieser Ersätze als Werbungskosten zu berücksichtigen (siehe hiezu auch EStR 2000 Rz 4034).

Aufwendungen für Sportgeräte und Sportbekleidung sind, sofern sie dem Grunde nach Werbungskosten darstellen (Rz 386), nur im Zusammenhang mit Einnahmen als Berufssportler oder Trainer abzugsfähig, nicht jedoch im Rahmen des Dienstverhältnisses, für das der Sportler ganz oder teilweise freigestellt wird (zB als Polizist).

Erzielt ein Abgabepflichtiger für seine Vorlesungstätigkeit als Dozent keine Einnahmen, stellt diese Betätigung keine Einkunftsquelle dar. Die mit der Vorlesungstätigkeit zusammenhängenden Ausgaben sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die er als Angestellter bezieht, abzugsfähig (VwGH 26.5.2004, 2001/14/0040).

Siehe auch Beispiel Rz 10225a.

225b

Werden einem Arbeitnehmer Kosten vom Arbeitgeber ersetzt, diese Ersätze jedoch, weil kein Anwendungsfall des § 26 EStG 1988 vorliegt, der Lohnsteuer unterworfen, sind - soweit beruflich veranlasste, grundsätzlich absetzbare Aufwendungen vorliegen - diese als Werbungskosten zu berücksichtigen (VwGH 20.12.2000, 97/13/0111).

5.1.1.2 Verhältnis zu § 20 EStG 1988

226

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht als Werbungskosten abzugsfähig, selbst wenn sie sich aus der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung des Steuerpflichtigen ergeben und sie zur Förderung des Berufes des Steuerpflichtigen erfolgen. Aufwendungen oder Ausgaben, die sowohl durch die Berufsausübung als auch durch die Lebensführung veranlasst sind, stellen grundsätzlich keine Werbungskosten dar (Aufteilungsverbot). Dies gilt insbesondere für Aufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die typischerweise der Befriedigung privater Bedürfnisse dienen. Eine Aufspaltung in einen beruflichen und einen privaten Teil ist auch im Schätzungsweg nicht zulässig. Im Interesse der Steuergerechtigkeit soll nämlich vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und somit Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann (VwGH 6.11.1990, 90/14/0176, VwGH 28.2.1995, 94/14/0195).

Aufwendungen oder Ausgaben im Zusammenhang mit der Anschaffung von Wirtschaftsgütern, die nicht typischerweise der Befriedigung privater Bedürfnisse dienen, sind bei gemischter beruflicher und privater Nutzung in einen abzugsfähigen und einen nicht abzugsfähigen Teil aufzuspalten (zB KFZ, Computer, Telefon, Faxgerät). Dies kann ggf. im Schätzungsweg erfolgen.

Siehe auch Beispiele Rz 10226.

227

Sofern nicht das Aufteilungsverbot greift, sind Aufwendungen im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 außerdem einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen (vgl. dazu EStR 2000 Rz 4761 bis Rz 4807).

228

Bei Aufwendungen für Reisekosten, Arbeitszimmer, Familienheimfahrten und Bewirtungen von Geschäftsfreunden ist der Werbungskostenabzug durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. c, d, e EStG 1988 und § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 eingeschränkt (siehe ABC der Werbungskosten Rz 322 ff).

229

Soweit Aufwendungen mit nicht steuerpflichtigen (steuerfreien, nicht steuerbaren oder auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens der inländischen Besteuerung entzogenen) Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, können diese nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 nicht abgezogen werden.

Auf eine begünstigte Auslandstätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 entfallende Werbungskosten sind bei den diesbezüglichen Einkünften zu berücksichtigen. Diese Ausgaben mindern daher die für die Berechnung des Durchschnittssteuersatzes gemäß § 3 Abs. 3 EStG 1988 heranzuziehenden Einkünfte (Progressionsvorbehalt).

5.1.1.3 Vorweggenommene Werbungskosten

230

Werbungskosten können bereits vor der Erzielung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit anfallen, wenn Umstände vorliegen, die über die bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (VwGH 15.1.1981, 1817/79; VwGH 28.5.1986, 85/13/0045) und klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten (VwGH 23.6.1992, 92/14/0037), beispielsweise Aufwendungen durch Vorstellungsreisen oder Aufwendungen zur Arbeitsplatzvermittlung.

Siehe auch Beispiel Rz 10230.

230a

Erfolgt ein allgemeines Karriereberatungsprogramm nicht in Zusammenhang mit einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsquelle und ist die angestrebte Art der zukünftigen Tätigkeit noch ungewiss, liegen nichtabzugsfähige Aufwendungen der Lebenshaltung vor (siehe dazu VwGH 16.12.1999, 97/15/0148, EStR 2000 Rz 4728).

5.1.1.4 Nachträgliche Werbungskosten

231

Werbungskosten können auch nach Beendigung der nichtselbständigen Tätigkeiten anfallen, wenn ein erkennbarer Zusammenhang mit den erzielten Einnahmen besteht, beispielsweise Schadenersatzleistungen an den ehemaligen Arbeitgeber (vgl. VwGH 10.9.1987, 86/13/0149).

Betreut ein pensionierter Versicherungsvertreter weiterhin seinen ehemaligen Kundenstock, weil die Betreuungstätigkeit durch keine andere Person übernommen wurde, und dient die Betreuungstätigkeit dem Zweck, die Folgeprovisionen durch Aufrechterhaltung der Versicherungsverträge zu sichern, sind die durch die Betreuungstätigkeit veranlassten Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen. Werden hingegen die Folgeprovisionen auch dann weiterbezahlt, wenn eine andere Person die Betreuungstätigkeit übernimmt, stellen die Aufwendungen des pensionierten Versicherungsvertreters für die Betreuungstätigkeit keine Werbungskosten dar.

Siehe auch Beispiel Rz 10231.

5.1.1.5 Vergebliche Werbungskosten

232

Dem Abzug von Ausgaben oder Aufwendungen steht es nicht entgegen, dass es letztlich nicht zum Zufluss von Einnahmen gekommen ist oder dass den getätigten Ausgaben (Aufwendungen) kein Gegenwert gegenübersteht (zB bei Unterliegen des Arbeitnehmers in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren). Voraussetzung ist, dass die vergeblichen Ausgaben (Aufwendungen) in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Die ernsthafte Absicht zur Einkünfteerzielung muss klar erwiesen sein, eine bloße Absichtserklärung des Steuerpflichtigen reicht nicht aus (VwGH 21.10.1993, 92/15/0060).

5.1.1.6 Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen

232a

Siehe EStR 2000 Rz 1127 bis Rz 1180.

5.1.1.7 Aufteilung bei mehreren Einkunftsquellen

232b

Siehe EStR 2000 Rz 4034.