Richtlinie des BMF vom 04.07.2008, BMF-010222/0157-VI/7/2008 gültig von 04.07.2008 bis 10.12.2015

LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002

Die Lohnsteuerrichtlinien 2002 stellen einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Lohnsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Lohnsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen. Sie basieren auf den Lohnsteuerrichtlinien 1999.
  • 15 ARBEITGEBER, ARBEITNEHMER (§ 47 EStG 1988)
  • 15.4 Dienstverhältnis (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)
  • 15.4.4 Haupttätigkeit - Nebentätigkeit
  • 15.4.4.2 Nichtselbständige Haupttätigkeit
15.4.4.2.2 Provisionen
963

Bei Arbeitnehmern, die unter Weisungsgebundenheit im Rahmen ihrer nichtselbständigen Tätigkeit (zB Autoverkäufer, Bankangestellte) Geschäftsabschlüsse für andere Unternehmen (zB Versicherungen, Banken, Leasingunternehmen, Bausparkassen) vermitteln, sind die diesbezüglichen Provisionen bei funktioneller und zeitlicher Überschneidung mit der nichtselbständigen Haupttätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. VwGH 25.10.1994, 90/14/0184). Siehe auch Rz 665.

964

Die Haftung des Arbeitgebers für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer von diesen Bezügen ist dann gegeben, wenn sich die Leistung des Dritten als Verkürzung des Zahlungsweges darstellt, wenn also die Zahlung des Dritten eine Schuld des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer tilgt (VwGH 28.5.1998, 96/15/0215).

965

Von einer Schuld des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer (und damit von Lohnsteuerpflicht) ist auszugehen, wenn

  • die Tätigkeit im Auftrag oder im unmittelbaren Interesse (zB zur Erweiterung der Angebotspalette des Arbeitgebers) des Arbeitgebers erfolgt,
  • die Tätigkeit (teilweise) in der Dienstzeit und im Zusammenhang mit der Haupttätigkeit ausgeübt wird,
  • der Arbeitgeber auf Grund der Tätigkeit seines Arbeitnehmers für das andere Unternehmen Zahlungen von diesem anderen Unternehmen zu erhalten hat (zB Anteil an der Provision oder pauschale Provision oder Ersatz der vom Arbeitnehmer verursachten Aufwendungen) und
  • dem Arbeitgeber die Höhe der Zahlungen des anderen Unternehmens an den Arbeitnehmer bekannt ist.

Beispiel:

Ein Schalterbediensteter einer Bank vermittelt im Rahmen seiner Tätigkeit am Schalter Bausparverträge. Es besteht eine Vereinbarung mit der Bausparkasse, wonach 50% der Vermittlungsprovision direkt von der Bausparkasse an den Schalterbediensteten überwiesen werden, 50% erhält die Bank. Die Zahlung der Bausparkasse tilgt eine Schuld der Bank als Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat daher von den Provisionen Lohnsteuer einzubehalten.

Siehe auch Beispiel Rz 10965.

966

Ist der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit verhalten, Geschäftsabschlüsse für ein anderes Unternehmen zu vermitteln bzw. vorzubereiten, nimmt aber der Arbeitgeber auf die daraus resultierende Entlohnung, die direkt vom anderen Unternehmen an den Arbeitnehmer erfolgt, keinen Einfluss und sind ihm die daraus erhaltenen Provisionen auch nicht bekannt, dann sind diese nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers geleisteten Provisionen - je nach Art der Tätigkeit für das andere Unternehmen als Arbeitslohn von dritter Seite oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb - im Wege der Veranlagung zu erfassen (VwGH 28.5.1998, 96/15/0215). Dabei ist der Freibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 zu berücksichtigen.

967

Steht die Vermittlungstätigkeit für das andere Unternehmen in keinem inhaltlichen Zusammenhang zur Haupttätigkeit und wird sie selbständig mit Unternehmerrisiko außerhalb der Dienstzeit ausgeübt, liegen in der Regel gewerbliche Einkünfte vor. Bei organisatorischer Eingliederung und Weisungsgebundenheit gegenüber dem anderen Unternehmen kann auch ein Dienstverhältnis zum anderen Unternehmen vorliegen.

Beispiel:

Der Buchhalter einer Bank ist in seiner Freizeit als Bausparkassenvertreter tätig. Die Tätigkeit erfolgt ausschließlich auf Provisionsbasis, ohne Weisungsgebundenheit und mit eigenen Arbeitsmitteln. Die Provisonen sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Veranlagungsweg zu erfassen.