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. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .VB-0800, Arbeitsrichtlinie Abfälle
10. Strafbestimmungen
10.1. Gerichtliche Strafverfahren
(1) § 181b StGB stellt ua. vorsätzliches umweltgefährdendes Verbringen von Abfällen und § 181c StGB stellt ua. fahrlässiges umweltgefährdendes Verbringen von Abfällen unter gerichtliche Strafe, wobei in beiden Fällen zwei Tatbestände unterschieden werden:
a)Gemäß § 181b Abs. 1 StGB begeht eine gerichtlich strafbare Handlung, wer Abfälle entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag vorsätzlich, und gemäß § 181c Abs. 1 StGB begeht eine gerichtlich strafbare Handlung, wer Abfälle entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag fahrlässig so befördert, dass dadurch
1.eine Gefahr für das Leben oder einer schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) eines anderen oder sonst für die Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen,
2.eine Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß,
3.eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft oder
4.ein Beseitigungsaufwand, der 50.000 Euro übersteigt,
entstehen kann.
b)Gemäß § 181b Abs. 3 StGB begeht eine gerichtlich strafbare Handlung, wer Abfälle entgegen Artikel 2 Nummer 35 der EG-VerbringungsV vorsätzlich in nicht unerheblicher Menge, und gemäß § 181c Abs. 3 StGB begeht eine gerichtlich strafbare Handlung, wer Abfälle entgegen Artikel 2 Nummer 35 der EG-VerbringungsV grob fahrlässig in nicht unerheblicher Menge verbringt.
Bei vorsätzlichem Handeln ist auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung strafbar.
(2) Der Begriff "Befördern" im Sinne des § 181b Abs. 1 StGB bzw. des § 181c Abs. 1 StGB entspricht dem Begriff "Transport" in Artikel 2 Nummer 33 der EG-VerbringungsV. Danach ist unter "Befördern" bzw. "Transport" die Beförderung von Abfällen auf der Straße, der Schiene, dem Luftweg, dem Seeweg oder Binnengewässern zu verstehen. Diese Begriffe schließen eine "Verbringung" im Sinne des § 181b Abs. 3 StGB bzw. des § 181c Abs. 3 StGB ein, wobei bei der Verbringung im Wesentlichen zusätzlich ein grenzüberschreitendes Element verlangt wird (siehe Abs. 3).
(3) Der Begriff "Verbringung" im Sinne des § 181b Abs. 3 StGB bzw. des § 181c Abs. 3 StGB wird in Artikel 2 Nummer 34 der EG-VerbringungsV definiert. Danach meint "Verbringung" den Transport von zur Verwertung oder Beseitigung bestimmten Abfällen, der erfolgt oder erfolgen soll
a)zwischen zwei Staaten oder
b)zwischen einem Staat und überseeischen Ländern und Gebieten oder anderen Gebieten, die unter dem Schutz dieses Staates stehen, oder
c)zwischen einem Staat und einem Landgebiet, das völkerrechtlich keinem Staat angehört, oder
d)zwischen einem Staat und der Antarktis oder
e)aus einem Staat durch eines der oben genannten Gebiete oder
f)innerhalb eines Staates durch eines der oben genannten Gebiete und der in demselben Staat beginnt und endet, oder
g)aus einem geografischen Gebiet, das nicht der Gerichtsbarkeit eines Staates unterliegt, in einen Staat.
(4) Eine "Illegale Verbringung" im Sinne von Artikel 2 Nummer 35 der EG-VerbringungsV ist jede Verbringung von Abfällen, die
a)ohne Notifizierung an alle betroffenen zuständigen Behörden gemäß der EG-VerbringungsV erfolgt oder
b)ohne die Zustimmung der betroffenen zuständigen Behörden gemäß der EG-VerbringungsV erfolgt oder
c)mit einer durch Fälschung, falsche Angaben oder Betrug erlangten Zustimmung der betroffenen zuständigen Behörden erfolgt oder
d)in einer Weise erfolgt, die den Notifizierungs- oder Begleitformularen sachlich nicht entspricht, oder
e)in einer Weise erfolgt, die eine Verwertung oder Beseitigung unter Verletzung von Bestimmungen der Union oder von internationalen Bestimmungen bewirkt, oder
f)den Ausfuhrverboten der Artikel 34, 36, 39 und 40 der EG-VerbringungsV oder den Einfuhrverboten der Artikel 41 und 43 der EG-VerbringungsV widerspricht oder
g)in Bezug auf eine Verbringung von Abfällen im Sinne von
-Artikel 3 Abs. 2 der EG-VerbringungsV (Abfälle der Grünen Abfallliste, siehe Abschnitt 8.2.), die dadurch gekennzeichnet ist, dass
i)die Abfälle offensichtlich nicht in Anhang III, Anhang IIIA oder Anhang IIIB der EG-VerbringungsV aufgeführt sind - es sich also um andere Abfälle als Abfälle der Grünen Abfallliste (siehe Anlage 1) handelt - oder
ii)die Verbringung der Abfälle auf eine Weise geschieht, die dem in Anhang VII der EG-VerbringungsV aufgeführten Dokument (Nachweis für den Transport von Abfällen der Grünen Abfallliste zur Verwertung, siehe Abschnitt 8.2.5.) sachlich nicht entspricht,
oder in Bezug auf eine Verbringung von Abfällen im Sinne von
-Artikel 3 Abs. 4 der EG-VerbringungsV (Abfälle zur Untersuchung in Laboratorien, siehe Abschnitt 8.4.), die dadurch gekennzeichnet ist, dass
i)Artikel 3 Abs. 4 der EG-VerbringungsV verletzt wurde - die Abfälle also nicht zur Untersuchung in Laboratorien bestimmt sind, um ihre physikalischen oder chemischen Eigenschaften zu prüfen oder ihre Eignung für Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren zu ermitteln (siehe Abschnitt 8.4.) - oder
ii)die Verbringung der Abfälle auf eine Weise geschieht, die dem in Anhang VII der EG-VerbringungsV aufgeführten Dokument (Nachweis für den Transport von Abfällen zur Untersuchung in Laboratorien, siehe Abschnitt 8.2.5.) sachlich nicht entspricht.
(5) Gemäß § 6 Abs. 3 StGB handelt "grob fahrlässig", wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.
Bei "geringfügiger Fahrlässigkeit" liegt keine Strafbarkeit als gerichtlich strafbare Handlung gemäß § 181c Abs. 3 StGB vor.
(6) Die Straftatbestände des § 181b Abs. 3 StGB bzw. des § 181c Abs. 3 StGB kommen nur insoweit zum Tragen, als nicht ohnehin schon bereits Strafbarkeit nach § 181b Abs. 1 StGB bzw. § 181c Abs. 1 StGB gegeben ist, zumal der Begriff "Beförderung" eine "Verbringung" mit einschließt (siehe Abs. 2). Erfasst werden jene Fälle, in denen das Verbringen zwar im vorstehenden Sinn illegal erfolgt, dennoch aber keine abstrakte Gefährdung (geschweige denn eine tatsächliche Schädigung) im Sinne des § 181b Abs. 1 StGB bzw. des § 181c Abs. 1 StGB vorliegt - sei es, weil es sich um ungefährliche Abfälle handelt, sei es, weil der Transport sicher abgewickelt wird. Dafür verlangen die Straftatbestände des § 181b Abs. 3 StGB bzw. des § 181c Abs. 3 StGB das Verbringen einer "nicht unerheblichen Menge an Abfall". Diese Menge wird im Falle der (sicheren) Verbringung gefährlicher Abfälle jedenfalls bei einem Gefährdungspotential im Sinne des § 180 Abs. 1 Z 1 bis 4 StGB gegeben sein, also wenn
1.eine Gefahr für das Leben oder einer schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) eines anderen oder sonst für die Gesundheit oder körperliche Sicherheit einer größeren Zahl von Menschen,
2.eine Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in erheblichem Ausmaß,
3.eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft oder
4.ein Beseitigungsaufwand oder sonst ein Schaden an einer fremden Sache, an einem unter Denkmalschutz stehenden Gegenstand oder an einem Naturdenkmal, der 50.000 Euro übersteigt,
besteht.
(7) Wenn Zollorgane in Ausübung ihres Dienstes, sei es im Zuge einer Abfertigung oder auch in anderen Fällen, feststellen, dass eine nach § 181b StGB oder § 181c StGB strafbare umweltgefährdende Abfallverbringung vorliegt, so haben sie gemäß § 83 Abs. 3 AWG 2002 die Unterbrechung der Beförderung anzuordnen (faktische Amtshandlung). Die Zuwiderhandlung sowie die getroffenen Anordnungen sind durch Übermittlung einer Ausfertigung der Tatbeschreibung im Wege der Finanzstrafbehörde erster Instanz der Staatsanwaltschaft anzuzeigen.
(8) Solange die Anordnung der Unterbrechung der Beförderung aufrecht ist, darf das Beförderungsmittel nur nach Anordnung der Zollstelle oder deren Organen in Betrieb genommen werden. Bei drohender Zuwiderhandlung gegen die Anordnung der Unterbrechung sind die Zollstelle und deren Organe gemäß § 83 Abs. 4 AWG 2002 berechtigt, die Fortsetzung der Abfallbeförderung durch angemessene Zwangsmaßnahmen, wie Abnahme der Schlüssel des Beförderungsmittels, Absperren des Beförderungsmittels, Anlegen von technischen Sperren und Abstellen an einem geeigneten Ort, zu verhindern. Die Zwangsmaßnahmen sind aufzuheben, wenn der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist.
(9) Die Anordnung der Unterbrechung der Beförderung gilt gemäß § 83 Abs. 3 letzter Satz AWG 2002 als aufgehoben, wenn entweder die für die Fortführung der Verbringung erforderlichen Unterlagen oder ein Notifizierungs- und Begleitformular für die Rückführung gemäß Artikel 22 ff der EG-VerbringungsV vorgelegt werden.
(10) Ohne Rücksicht auf Maßnahmen anderer Behörden ist erforderlichenfalls ein Finanzstrafverfahren einzuleiten.