Richtlinie des BMF vom 14.12.2016, BMF-010219/0440-VI/4/2016 gültig von 14.12.2016 bis 27.11.2019

UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000

Die Umsatzsteuerrichtlinien 2000 stellen einen Auslegungsbehelf zum Umsatzsteuergesetz 1994 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Umsatzsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Umsatzsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen.
  • 6. Steuerbefreiungen (§ 6 UStG 1994)
  • 6.1. Steuerbefreiungen
  • 6.1.6. Andere echte Steuerbefreiungen

6.1.6.3. Leistungen an diplomatische und konsularische Einrichtungen, an internationale Organisationen im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates sowie an NATO-Streitkräfte

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§ 6 Abs. 1 Z 6 lit. c UStG 1994 befreit unter bestimmten Voraussetzungen Lieferungen und sonstige Leistungen (ausgenommen die Lieferung neuer Fahrzeuge) an begünstigte Empfänger in einem anderen Mitgliedstaat. Diese Bestimmung entspricht Art. 151 MwSt-RL 2006/112/EG.

6.1.6.3.1. Begünstige Empfänger
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Begünstigte Empfänger sind die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates errichteten

  • ständigen diplomatischen Missionen,
  • berufskonsularischen Vertretungen,
  • zwischenstaatlichen Einrichtungen wie zB die Europäische Kommission, sowie
  • die Mitglieder der genannten Einrichtungen; weiters
  • die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten NATO-Streitkräfte. Dabei darf es sich jedoch nicht um die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates handeln (zB bei Lieferungen an in Deutschland stationierte NATO-Streitkräfte darf es sich nicht um deutsche NATO-Streitkräfte handeln).
6.1.6.3.2. Voraussetzungen für die Steuerbefreiung
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Der Umfang der Befreiung richtet sich nach dem Recht des anderen Mitgliedstaates (Aufnahmemitgliedstaates). Zu diesem Zweck hat der Abnehmer dem leistenden Unternehmer eine Bescheinigung auf amtlichem Vordruck vorzulegen. Diese Bescheinigung wird von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates ausgestellt und dient dem Unternehmer als Nachweis für die Qualifikation des Abnehmers und den Umfang der Befreiung. Zur Vereinfachung des Bestätigungsverfahrens können die Aufnahmestaaten bestimmte Einrichtungen von der Verpflichtung befreien, einen Sichtvermerk der zuständigen Behörde einzuholen. In diesem Fall tritt an die Stelle des Sichtvermerkes eine Eigenbestätigung der Einrichtung, in der auf die entsprechende Genehmigung (Datum und Aktenzeichen) hinzuweisen ist.

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Die Mitgliedstaaten verwenden ein einheitliches Formular als amtlichen Vordruck. Im Anhang 3 findet sich ein Muster dieses Formulares samt Erläuterungen in deutscher Sprache.

Die gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 lit. c UStG 1994 steuerfreien Umsätze sind nicht in die ZM aufzunehmen.

Beispiel:

Die amerikanische Botschaft in Madrid bestellt bei einem österreichischen Händler Büromöbel. Die zuständige Behörde in Spanien bescheinigt auf amtlichem Vordruck, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach spanischem Recht vorliegen. Die Botschaft übermittelt diese Bestätigung dem österreichischen Unternehmer, der die Möbel nach Spanien versendet.

Unter der Voraussetzung, dass der österreichische Unternehmer weder die spanische Lieferschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet, ist die Lieferung in Österreich steuerbar. Sie kann gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 lit. c UStG 1994 steuerfrei belassen werden.

Bei Überschreiten der Lieferschwelle oder Verzicht auf deren Anwendung ist der Umsatz in Österreich nicht steuerbar.

Im Abholfall kann die Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z 6 lit. c UStG 1994 ebenfalls angewendet werden.

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Die Staatsbürgerschaft des begünstigten Empfängers ist für die Anwendung der Befreiungsbestimmung ohne Bedeutung. Es kann demnach auch ein österreichischer Botschafter, der in einem anderen Mitgliedstaat akkreditiert ist, Leistungen steuerfrei aus Österreich beziehen, wenn eine entsprechende Bescheinigung vorliegt.

Beispiel:

Der österreichische Botschafter in Paris kauft anlässlich eines Winterurlaubes in Österreich eine Schiausrüstung im Wert von 700 Euro und legt dem Unternehmer eine Bescheinigung vor, dass er zum steuerfreien Bezug dieser Gegenstände berechtigt ist. Die Lieferung kann gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 lit. c UStG 1994 steuerfrei belassen werden.

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Mitglieder internationaler Organisationen, die von den Behörden des Aufnahmelandes als solche anerkannt sind, können Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen steuerfrei erhalten. Die Grenzen und Bedingungen dafür sind in den internationalen Übereinkommen über die Gründung dieser Einrichtung oder in den Sitzabkommen festgelegt. Der Leistungsempfänger weist mit Aushändigung einer vom Sitzmitgliedstaat ausgestellten Bescheinigung dem leistenden Unternehmer nach, dass er zum steuerfreien Bezug der dort genannten Waren bzw. Dienstleistungen berechtigt ist.

6.1.6.3.3. Leistungen aus anderen Mitgliedstaaten an diplomatische und konsularische Einrichtungen sowie internationale Organisationen in Österreich
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Grundlage für die Steuerbefreiung ist Art. 151 MwSt-RL 2006/112/EG (Art. 15 Abs. 10 6. MWSt-RL), der Umfang richtet sich nach österreichischem Recht. Die für den Nachweis der Steuerbefreiung im anderen Mitgliedstaat erforderliche Bescheinigung (Formular U 100) stellt das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aus.

6.1.6.3.4. Leistungen an diplomatische und konsularische Einrichtungen sowie internationale Organisationen und deren Mitglieder im Drittland
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Diese fallen nicht unter § 6 Abs. 1 Z 6 lit. c UStG 1994, sondern können nach § 7 UStG 1994 steuerfrei sein.

6.1.6.3.5. Leistungen an diplomatische und konsularische Einrichtungen sowie internationale Organisationen und deren Mitglieder in Österreich
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Diese Leistungen können ebenfalls nicht nach § 6 Abs. 1 Z 6 lit. c UStG 1994 steuerfrei belassen werden, sondern sind in Österreich steuerbar und steuerpflichtig. Bei der Lieferung von Kraftfahrzeugen und der Vermietung von Grundstücken siehe jedoch Rz 747a. Die begünstigten Empfänger haben jedoch die Möglichkeit, die Vergütung der Umsatzsteuer nach dem BGBl. Nr. I 71/2003 idgF (BG über die Vergütung von Steuern an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen Rang stehende Mitglieder- Internationales Steuervergütungsgesetz) zu beantragen.

Ausländische Vertretungsbehörden im Sinne dieses Gesetzes sind diplomatische und berufskonsularische Vertretungen sowie ständige Vertretungen bei internationalen Organisationen, die ihren Amtssitz in Österreich haben.

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Vergütet wird USt für Lieferungen und sonstige Leistungen an

  • ausländische Vertretungsbehörden, die sie ausschließlich für ihren amtlichen Gebrauch erhalten haben,
  • die im diplomatischen oder berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder dieser Behörden, die für ihren persönlichen Gebrauch bestimmt sind.
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Für das einzelne Mitglied ist die Vergütung im Kalenderjahr mit 2.900 Euro begrenzt. Keinen Anspruch haben Personen, die Angehörige der Republik Österreich oder in ihr ständig ansässig sind. Das Entgelt zuzüglich der USt muss mindestens 73 Euro betragen. Werden mehrere Leistungen in einer Rechnung abgerechnet, so ist das Gesamtentgelt maßgeblich.

In den Fällen des Zutreffens des § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994 (siehe Rz 747a) besteht kein Anspruch auf Vergütung nach dem IStVG.

Der Antrag auf Vergütung ist durch die ausländische Vertretungsbehörde bzw. durch die internationale Organisation auf dem amtlichen Vordruck (Formular U 41 bzw. U 43) beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten einzureichen.

Für Diplomaten besteht die Möglichkeit einer pauschalen Vergütung.

6.1.6.3.6. Lieferungen neuer KFZ an begünstigte Einrichtungen und deren Mitglieder in anderen Mitgliedstaaten
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Lieferungen neuer KFZ an begünstigte Empfänger in anderen Mitgliedstaaten fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 6 lit. c UStG 1994. Hier sind die allgemeinen Bestimmungen über die innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge anzuwenden. Die innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei und der Erwerb im Bestimmungsland steuerbar.

6.1.6.4. Leistungen an ausländische Vertretungsbehörden und ihre im diplomatischen und berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder in Österreich

747a

§ 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994 befreit unter bestimmten Voraussetzungen die Lieferung von Kraftfahrzeugen und die Vermietung von Grundstücken an begünstigte Empfänger sowie die Vermittlung dieser Umsätze (§ 6 Abs. 1 Z 5 lit. a UStG 1994).

6.1.6.4.1. Begünstigte Empfänger

Zu den begünstigten Empfängern zählen

  • diplomatischen Missionen,
  • berufskonsularischen Vertretungen,
  • ständige Vertretungen bei internationalen Organisationen, die ihren Amtssitz in Österreich haben, sowie
  • die im diplomatischen oder berufskonsularischen Rang stehenden Mitglieder der genannten Einrichtungen.
6.1.6.4.2. Voraussetzung für die Steuerbefreiung

Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer durch eine vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten nach amtlichem Vordruck ausgestellte, ihm vom Abnehmer (Käufer/Mieter) auszuhändigende Bescheinigung nachgewiesen werden (U 45 Antrag auf Steuerbefreiung für ein Kraftfahrzeug, U 46 Antrag auf Steuerbefreiung im Zusammenhang mit Grundstücksvermietung).

6.1.6.4.3. Lieferung eines Kraftfahrzeuges

Der Begriff Kraftfahrzeug richtet sich nach dem Kraftfahrgesetz. Darunter fallen insbesondere PKW, Kombis und Motorräder. Nicht darunter fallen insbesondere Anhänger, Flugzeuge und Boote. Die Befreiung erstreckt sich nicht auf die Miete (Leasing) von Kraftfahrzeugen.

Im Falle der Anwendung der Differenzbesteuerung ist eine Steuerbefreiung nicht möglich.

Für Kraftfahrzeuge, die gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994 steuerfrei geliefert wurden, gilt die jeweilige Sperrfrist nach § 93 Abs. 1 ZollR-DG, die mindestens zwei Jahre beträgt. Aus anderen diesbezüglichen Rechtsvorschriften oder aufgrund von Gegenseitigkeit können sich auch längere Sperrfristen ergeben.

Im Falle eines Verleihs, einer Verpfändung, Vermietung, Veräußerung oder Überlassung des steuerfrei gelieferten Kraftfahrzeuges innerhalb dieser Sperrfrist bleibt die Steuerbefreiung hinsichtlich des Lieferers zwar aufrecht, die Umsatzsteuer wird jedoch gemäß § 5 Abs. 2 IStVG beim begünstigten Empfänger (mittels Formular U47 Anmeldung der Entrichtung der Umsatzsteuer für ein Diplomaten-KFZ) nacherhoben.

6.1.6.4.4. Vermietung von Grundstücken

Der Begriff "Grundstücke" entspricht dem des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, der Begriff "Grundstücke für Wohnzwecke" dem des § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994 (bis 31.12.2015: § 10 Abs. 2 Z 4 lit. a UStG 1994). Die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994 hat Vorrang gegenüber der Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994.

Zum Grundstücksbegriff ab 1.1.2017 siehe Rz 639v.

6.1.6.4.4.1. Die Vermietung von Grundstücken ohne Wohnzwecke

Die Vermietung von Grundstücken (ohne Wohnzwecke) umfasst auch die Vermietung von Räumlichkeiten und Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen aller Art (gleichgültig, ob sie mit dem Gebäude vermietet werden oder ob es sich zB um die Anmietung eines Garagenplatzes in einer Tiefgarage handelt).

6.1.6.4.4.2. Die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke

Die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke umfasst auch die Lieferung von Wärme. Nicht unter die Vermietung für Wohnzwecke fällt die mit der Wohnung mitvermietete Garage (siehe Rz 1191 hinsichtlich § 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994). Im Rahmen des § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994 kann (zur Vermeidung eines Verwaltungsaufwandes, da die Umsatzsteuer sonst im Vergütungsverfahren geltend gemacht werden müsste) auch das Entgelt für die Garagenplätze, wenn diese mit der Wohnung mitvermietet werden, steuerfrei belassen werden. Das gilt jedoch nicht für Garagenplätze, die von Dritten angemietet werden.

6.1.6.4.4.3. Umfang der Befreiung

Befreit ist das Entgelt, das der Mieter für die Vermietung des Grundstückes an ihn aufzuwenden hat. Dazu gehören neben dem Hauptmietzins und den Betriebskosten auch Entgeltsteile, die auf unselbständige Nebenleistungen entfallen (zB Aufzugsbenützung und die vom Vermieter - nicht jedoch von einem Dritten - an ihn erbrachte Lieferung von Wärme).

Keine unselbständige Nebenleistung zur Vermietung von Grundstücken von Wohnzwecken sind vom Vermieter weiterverrechnete Kosten für Gas und Strom. Auch Entgeltsteile, die auf die mitvermieteten Einrichtungsgegenstände entfallen, sind grundsätzlich nicht von der Steuerbefreiung erfasst.

6.1.6.4.4.4. Dauer der Befreiung

Die Steuerbefreiung gilt nur für den in der Bescheinigung angegebenen Zeitraum, längstens jedoch für die Dauer des Mietverhältnisses mit der in der Bescheinigung genannten Einrichtung bzw. Person.