Richtlinie des BMF vom 22.03.2005, 06 0104/9-IV/6/00 gültig von 22.03.2005 bis 01.01.2006

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000

11 Gewinn- bzw. Überschussermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988)

11.1 Basispauschalierung (§ 17 Abs. 1 bis 3 EStG 1988)

11.1.1 Pauschalierungsvoraussetzungen

4100

Sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Pauschalierung erfüllt, steht es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, diese Form der Einkünfteermittlung in Anspruch zu nehmen. Bei einer Teilpauschalierung (Ausgabenpauschalierung) reicht dabei die Möglichkeit des Vorliegens von als Betriebsausgaben pauschal abzugsfähigen Aufwendungen oder Ausgaben für die Inanspruchnahme der Pauschalierung aus.

4101

Die Basispauschalierung ist nur bei bestimmten Einkunftsarten zulässig, und zwar bei

  • Einkünften aus selbstständiger Arbeit (Freiberufler, sonstig selbstständig Tätige) oder bei
  • Einkünften aus Gewerbebetrieb.
4102

Die Basispauschalierung darf nur innerhalb der gesetzlichen Umsatzgrenze vorgenommen werden. Die Umsatzgrenze bezieht sich auf den Vorjahresumsatz des betreffenden Betriebes. Dieser Vorjahresumsatz darf nicht mehr als 220.000 Euro betragen. Maßgeblich ist der in § 125 BAO umschriebene Umsatz, also

Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen

+ Umsätze aus nicht steuerbaren Auslandsumsätzen

+ Umsätze aus Eigenverbrauch

- Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 und 9 UStG 1994 (zB Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und Wertpapieren, Umsätze aus dem Verkauf von Grundstücken und Gebäuden), außer wenn sie unmittelbar dem Betriebszweck oder dem Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dienen

- Umsätze gemäß § 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994 (Umsätze aus der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken und Gebäuden), außer wenn sie unmittelbar dem Betriebszweck oder dem Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dienen

- Umsätze aus Geschäftsveräußerungen iSd § 4 Abs. 7 UStG 1994 (Veräußerung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes im Ganzen)

- Umsätze aus Entschädigungen (§ 32 Z 1 EStG 1988) und aus besonderen Waldnutzungen

4103

Auf Grund der in § 17 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 vorgesehenen ausdrücklichen Einbeziehung von Umsätzen aus Tätigkeiten im Sinne des § 22 EStG 1988 ist die Grenze von 220.000 Euro auch für freiberufliche Betriebe und Betriebe von Steuerpflichtigen mit sonstigen selbstständigen Einkünften maßgebend. Sind Gesellschafter-Geschäftsführer keine Unternehmer im Sinne des UStG 1994, sind die Einnahmen aus der Geschäftsführertätigkeit maßgebend. Dazu zählen auch allfällige Ersätze für Kraftfahrzeugkosten (Kilometergelder) und Reisekosten (Tages- und Nächtigungsgelder). Der Vorjahresumsatz ist auch dann maßgeblich, wenn die betreffende Tätigkeit im Vorjahr nicht das ganze Jahr hindurch ausgeübt worden ist; eine Umrechnung auf ein volles Jahr ist nicht vorzunehmen.

Zur Vorgangweise bei Betriebseröffnung bzw. Betriebsübernahme siehe Rz 4262 hinsichtlich der Verordnung betreffend Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe.

4104

Die Umsatzgrenze ist für den einzelnen Betrieb zu ermitteln. Ob mehrere Tätigkeiten zur Annahme mehrerer Betriebe führen oder ob ein einheitlicher Betrieb anzunehmen ist, entscheidet sich nach den dazu bisher entwickelten Grundsätzen. Die Umsätze einer Mitunternehmerschaft sind auch dann als Einheit anzusehen, wenn sie zwei oder mehrere betriebliche Tätigkeiten ausübt.

4105

Grundsätzlich ist die Basispauschalierung für alle Rechtsformen zulässig. Sie kann daher nicht nur von Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften, sondern auch von (nicht buchführungspflichtigen) Körperschaften in Anspruch genommen werden.

4106

Dem Wesen der Gewinnermittlungsart entsprechend ist Voraussetzung für die Basispauschalierung, dass weder Buchführungspflicht besteht noch freiwillig Bücher geführt werden. Das Erstellen einer vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung hindert hingegen die Inanspruchnahme der Pauschalierung nicht.

11.1.2 Wesen und Funktionsweise der Basispauschalierung

4107

Die Basispauschalierung ist eine Form der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Nimmt daher ein bisher buchführender Steuerpflichtiger erstmals die Pauschalierung in Anspruch, ist ein Übergangsgewinn (Übergangsverlust) zu ermitteln. Gleiches gilt, wenn der Steuerpflichtige von der Gewinnermittlung durch Basispauschalierung zur Buchführung übergeht. Der Wechsel von der vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zur Basispauschalierung oder umgekehrt löst hingegen keinen Übergangsgewinn aus.

4108

Die "abpauschalierten" Betriebsausgaben sind als abgeflossene Betriebsausgaben zu werten, dh. insbesondere, dass während der Pauschalierung weder Nachzahlungen für Zeiträume davor noch Vorauszahlungen für Zeiträume danach abgesetzt werden können. Eine andere Besteuerungsperiode betreffende "pauschalierungsfähige" Ausgaben sind daher nach der jeweiligen Gewinnermittlungsart im Zeitpunkt des Abflusses zu behandeln. Ungeachtet des Umstandes, dass (mangels Ansatzes von Anlagevermögen) Rücklagen (steuerfreie Beträge) nach § 12 Abs. 5 EStG 1988 nicht mehr widmungsgemäß verwendet werden können, ist beim Übergang auf die Basispauschalierung hiefür kein Übergangsgewinn zu ermitteln. Die spätere Auflösung der Rücklagen (steuerfreien Beträge) ist als Betriebseinnahme anzusetzen. Zur Abfertigungsrückstellung (steuerfreier Betrag) siehe Rz 4121.

4109

Die Basispauschalierung bezieht sich nur auf Betriebsausgaben. Die Betriebseinnahmen sind daher in jedem Fall in der tatsächlichen Höhe anzusetzen. Kraftfahrzeugkosten (Kilometergelder) und Reisekosten (Tages- und Nächtigungsgelder) sind keine durchlaufenden Posten.

Als Betriebseinnahmen sind sämtliche Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 lit. a BAO (vgl. Rz 4102 f) zuzüglich sonstiger Betriebseinnahmen anzusetzen. Durchlaufende Posten stellen keine Umsätze im Sinne des § 125 BAO dar.

Sonstige Betriebseinnahmen sind insb.

  • Auflösungsbeträge von Rücklagen einschließlich Zuschlägen und von steuerfreien Beträgen,
  • Zuschlag nach § 14 Abs. 5 EStG 1988 wegen des Fehlens von Wertpapieren,
  • erhaltene Versicherungsentschädigungen und andere echte Schadenersätze,
  • echte Subventionen (soweit nicht ohnehin nach § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 befreit),
  • Entnahmen von Gegenständen des Unternehmens mit dem Teilwert der entnommenen Gegenstände.
4110

Nicht als Betriebseinnahmen, sondern als Betriebsausgabenkürzungen sind Preismindernungen (Skonti, Gewährleistung) und Nutzungsentnahmen (Eigenverbrauch) wie zB der Privatanteil von Kraftfahrzeugen oder Aufwendungen für privat genutzte Gebäudeteile anzusehen. Gutschriften für Verpackungsgebinde (Kisten, Paletten) stellen aufgrund des Durchlaufcharakters ebenfalls keine Betriebseinnahmen dar.

4111

Kapitalerträge, die der Steuerabgeltung gemäß § 97 EStG 1988 unterliegen, können nach Wahl des Steuerpflichtigen folgendermaßen behandelt werden:

  • Die Kapitalerträge werden als endbesteuert bei Ermittlung des pauschalierten Gewinnes ausgeschieden; in einem derartigen Fall ist die anfallende Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer nicht anzurechnen.
  • Wird zur Veranlagung der Kapitalerträge optiert, sind diese als Betriebseinnahmen anzusetzen. In diesem Fall ist die Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer anzurechnen und gegebenenfalls zu erstatten.
4112

Von den Betriebseinnahmen sind einerseits das Betriebsausgabenpauschale und andererseits (abgeflossene) tatsächliche Ausgaben für die im Gesetz angeführten Gruppen von Betriebsausgaben abzusetzen (siehe Rz 4113 f).

4112a

Die unter Rz 4285 und 4286 getroffenen Ausführungen zur Vorgangsweise bei Anwendung von pauschalen Gewinnermittlungen bei Mitunternehmerschaften gelten entsprechend auch für die gesetzliche Basispauschalierung. Sofern eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung überhaupt zulässig ist (zB bei Erwerbsgesellschaften), kommt eine Basispauschalierung nur auf der (ersten) Ebene der Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft, nicht jedoch auf der (zweiten) Ebene der Gewinnermittlung der einzelnen Mitunternehmer in Betracht. Es ist damit insb. nicht zulässig, einen gesetzlichen Pauschalsatz (6% oder 12%) lediglich für Sonderbetriebsausgaben in Anspruch zu nehmen, wenn der Gewinn auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung nicht nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt wird.

Wird auf der ersten Ebene der Gewinnermittlung der Gewinn gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 pauschal ermittelt, sind nicht abpauschalierte Sonderbetriebsausgaben dem gemeinsamen Ergebnis hinzuzurechnen und allfällige Sonderbetriebseinnahmen abzuziehen. Vom sodann nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilenden Ergebnis wären die den jeweiligen Mitunternehmer betreffenden Sonderbetriebseinnahmen hinzuzurechnen bzw. die den jeweiligen Mitunternehmer betreffenden Sonderbetriebsausgaben abzuziehen (vgl. das Beispiel in Rz 4286).