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Richtlinie des BMF vom 21.07.2011, BMF-010313/0459-IV/6/2011 gültig von 21.07.2011 bis 30.04.2016

ZK-1450, Arbeitsrichtlinie "Passive Veredelung"

Beachte
  • Im Abschnitt 1.1.3.3. wurde der gesamte Absatz 1 ersatzlos gestrichen. Alle übrigen Änderungen betreffen Anpassungen und Berichtigungen.

1. Bewilligung

1.1. Allgemeine Voraussetzungen

1.1.1. Bewilligungserfordernis

Die Inanspruchnahme der Passiven Veredelung bedarf einer Bewilligung durch die Zollbehörden (Art. 85 ZK). Wer die Passive Veredelung in Anspruch nimmt, wird zum Inhaber des Zollverfahrens. Dies kann nur der Bewilligungsinhaber werden, für dessen Rechnung die Zollanmeldung zur Überführung in die Passive Veredelung abgegeben werden muss, oder die Person, der die Rechte und Pflichten des Bewilligungsinhabers übertragen wurden.

1.1.2. Ansässigkeit

Die Bewilligung kann ausnahmslos nur in der Gemeinschaft ansässigen Personen erteilt werden.

1.1.3. Antragsberechtigung

1.1.3.1. Grundsatz

Die Bewilligung wird auf Antrag der Person erteilt, die die Veredelungsvorgänge durchführen lässt. Die Bewilligung kann nur jener Person erteilt werden, die den Auftrag zur Veredelung der Waren im Drittland vergibt und die wirtschaftliche Herrschaft über das Verfahren innehat. Der Veredelungsvorgang oder das Veredelungserzeugnis muss dem Bewilligungsinhaber in der Regel vom Veredeler auch in Rechnung gestellt werden. Der Nachweis über die "wirtschaftliche Herrschaft" ist im Rahmen des Antragsverfahrens durch die Vorlage entsprechender Geschäftsunterlagen (Bestellungen, Lohnveredelungsvertrag, usw.) zu erbringen.

1.1.3.2. Sonderfall des Art. 147 Abs. 2 ZK

Abweichend vom Grundsatz des Art. 147 Abs. 1 ZK kann die Passive Veredelung auch anderen in der Gemeinschaft ansässigen Personen bewilligt werden, sofern die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Waren der vorübergehenden Ausfuhr müssen Ursprungswaren der Gemeinschaft iSd Art. 22 bis 26 ZK sein (nichtpräferenzieller Ursprung);
  • der Veredelungsvorgang besteht in der Verarbeitung dieser Waren zusammen mit außerhalb der Gemeinschaft gewonnenen oder hergestellten Waren, die als Veredelungserzeugnisse in die Gemeinschaft eingeführt werden;
  • die Inanspruchnahme trägt dazu bei, den Absatz der Ausfuhrwaren zu fördern;
  • und wesentliche Interessen von in der Gemeinschaft ansässigen Herstellern den VeredelungserzeugnissenGemeinschaftshersteller gleicher oder gleichartiger Waren werden von den eingeführten Veredelungserzeugnissen nicht beeinträchtigt.

Die Ausnahmeregelung des Art. 147 Abs. 2 ZK ermöglicht es, die Bewilligung einer Person zu erteilen, die Gemeinschaftswaren für Zwecke einer Passiven Veredelung ausführt ohne die Veredelungsvorgänge jedoch selbst in Auftrag zu geben. Wird diese Bestimmung in Anspruch genommen, ist im Bewilligungsantrag ein entsprechender Hinweis aufzunehmen.

Beispiel:

Die in Österreich ansässige Firma A liefert in der Gemeinschaft hergestellte, nichtpräferenziellen Ursprung begründende Autoreifen an den im Drittland ansässigen Autohersteller B. Dieser liefert von ihm hergestellte, mit den Reifen von A bestückte Kraftfahrzeuge im Auftrag des in Deutschland ansässigen Generalimporteurs C in die Gemeinschaft. C profitiert von der Abgabenermäßigung im Rahmen der Passiven Veredelung; A profitiert vom Exportgeschäft.

Sonderfälle nach Artikel 147 Abs. 2 ZK können nur nach vorheriger Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen bewilligt werden (ArtArt. 585 Abs. 2 ZK-DVO. 585 Abs. 2 ZK). Erteilte Bewilligungen sind der Kommission mitzuteilen (ArtArt. 522 Buchstabe b ZK-DVO. 522 lit iVm Anhang 70 ZK-DVO. b) ZK-DVO in Verbindung mit Anhang 70).

Das Verfahren des Standardaustausches ist auf dieses Sonderverfahren nicht anwendbar, da es sich um keine Ausbesserung handelt.

1.1.3.3. Vertretung

Vertretung ist im Antragsverfahren nur im Rahmen eines direkten Vertretungsverhältnisses (im Namen und für Rechnung des Antragsberechtigten) möglich. Indirekte Vertretung ist ausgeschlossen, da Vertreter selbst Bewilligungsinhaber werden würde.

Tritt im vereinfachten Bewilligungsverfahren ein indirekter Vertreter (der die Zollanmeldung im eigenen Namen abgibt) als Anmelder auf, muss aus der Zollanmeldung bzw. aus dem verwendeten Beiblatt (Art. 499 ZK-DVO) auch der Antragsteller ersichtlich sein. Auf die für die geschäftsmäßige, direkte Vertretung geltenden Einschränkungen des § 38 ZollR-DG wird verwiesen.

1.1.4. Persönliche Gewähr

Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die erforderliche Gewähr für die Einhaltung der Zollvorschriften bietet. Orientierungspunkte, nicht jedoch zwingende Voraussetzung für die persönliche Zuverlässigkeit sind die allgemeine Vertrauenswürdigkeit des Antragstellers sowie die ordnungsgemäße kaufmännische Buchführung und regelmäßige Abschlüsse. Auf die Erfahrungen aus anderen Zollverfahren kann zurückgegriffen werden. Bei juristischen Personen und Personenvereinigungen ist hinsichtlich der Erfahrungen auf die Organe, Vertreter und die konkret Handelnden abzustellen.

1.1.5. Verhältnismäßigkeit

Bewilligungsanträge sind abzuweisen, wenn die Zollbehörden nicht gewährleisten können, dass der erforderliche Verwaltungsaufwand für die Überwachung und die zollamtliche Prüfung im Rahmen der Passiven Veredelung nicht außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Bedürfnis des Beteiligten stehen würde. Das Zollrecht liefert keine näheren Anhaltspunkte dazu, wann eine solche Unverhältnismäßigkeit gegeben sein könnte. Die Beurteilung obliegt dem örtlich zuständigen Zollamt.

1.1.6. Ausschlussgründe

Die Passive Veredelung ist nicht zulässig für Gemeinschaftswaren, deren Ausfuhr zur Erstattung oder zum Erlass der Einfuhrabgaben führt;

  • die vor ihrer Ausfuhr auf Grund ihrer Verwendung zu besonderen Zwecken unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden waren, solange die für die Gewährung dieser Befreiung festgelegten Bedingungen anwendbar sind, dh. solange die Verwendungsverpflichtung noch nicht erfüllt wurde

oder

  • deren Ausfuhr zur Gewährung von Ausfuhrerstattungen führt oder für die auf Grund ihrer Ausfuhr im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik ein anderer finanzieller Vorteil als diese Erstattungen gewährt wird. Gemeinschaftswaren, für die Ausfuhrstattungen oder sonstige Preis stützende Maßnahmen möglich sind, sind vom Verfahren der Passiven Veredelung zwar nicht kategorisch ausgeschlossen, allerdings muss der Beteiligte in diesen Fällen zwischen dem Verfahren der Passiven Veredelung und der Inanspruchnahme dieser Maßnahmen wählen. In die Bewilligung für die Passive Veredelung ist daher, sollte der bewilligte Warenkreis derartige Waren enthalten, ein entsprechender Vorbehalt aufzunehmen.

1.1.7. Zolltechnische Voraussetzungen

1.1.7.1. Nämlichkeitsprinzip

Die Passive Veredelung ist grundsätzlich nach dem Nämlichkeitsprinzip abzuwickeln. Zolltechnische Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung ist es, dass festgestellt werden kann, dass die Waren der vorübergehenden Ausfuhr in den Veredelungserzeugnissen enthalten sind. In der Bewilligung sind die Nämlichkeitsmittel und sonstigen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung, oder dass die Bedingungen für die Verwendung des Verfahrens des Standardaustauschs eingehalten werden, anzugeben.

Zur Überwachung des Nämlichkeitsprinzips werden beispielhaft folgende Maßnahmen angeführt:

  • Angabe oder Beschreibung der besonderen Kennzeichen oder Fertigungsnummern
  • Anlegen von Plomben, Siegeln, Stempelabdrücken oder anderen Einzelkennzeichen
  • Entnahme von Mustern oder Proben oder die Vorlage von Abbildungen oder technischen Beschreibungen
  • Analysen
  • Verwendung des Informationsblattes INF 2
  • Verwendung des Auskunftsblattes nach AnhangAnhang 104 ZK-DVO 104
  • Prüfung der Aufzeichnungen (buchmäßige Überwachung).

Die für den beantragten Veredelungsvorgang zweckmäßigsten Maßnahmen zur Nämlichkeitssicherung sind in der Bewilligung festzulegen.

1.1.7.2. Äquivalenz

Ausnahmen vom Nämlichkeitsprinzip können in der Bewilligung festgelegt werden. Erlaubt es die Art der Veredelungsvorgänge nicht, festzustellen, dass die Veredelungserzeugnisse aus den Waren der vorübergehenden Ausfuhr hergestellt wurden, kann in besonders begründeten Fällen an Stelle des Nämlichkeitsprinzips ein dem Äquivalenzprinzip des Aktiven Veredelungsverkehrs entsprechendes Verfahren bewilligt werden.

Der Antragsteller muss die erforderliche Gewähr bieten, dass die für die Veredelungsvorgänge verwendeten Waren

  • zum selben achtstelligen KN-Code gehören,
  • die gleiche Handelsqualität
  • und technische Beschaffenheit

wie die Waren der vorübergehenden Ausfuhr besitzen. Die Abweichung vom Nämlichkeitsprinzip ist im Rahmen der Passiven Veredelung nur zulässig, wenn die Abwicklung über das Nämlichkeitsprinzip nicht, oder nur mit unverhältnismäßigem Überwachungsaufwand möglich ist.

Beispiel:

Schüttgut, Meterware

In der Bewilligung sind die Bedingungen und Voraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens festzulegen.

1.1.7.3. Standardaustausch

Beim Standardaustausch wird durch die Verwendung von Ersatzerzeugnissen vom Nämlichkeitsprinzip abgewichen. Zum Standardaustausch siehe Abschnitt 1.1.9.1.

1.1.8. Wirtschaftliche Voraussetzungen

Die Bewilligung wird nur erteilt, sofern nicht durch die Bewilligung des Verfahrens wesentliche Interessen von Verarbeitern in der Gemeinschaft erheblich beeinträchtigt werden (wirtschaftliche Voraussetzungen). Die wirtschaftlichen Voraussetzungen sind vor Bewilligungserteilung zu prüfen, es sei denn, diese gelten als erfüllt. Im Verfahren der Passiven Veredelung gelten diese, sofern keine Ggegenteiligen Hinweise vorliegen, als erfüllt.

Davon abweichend sind Fälle gemäß Art. 147 Abs. 2 ZK stets vor der Bewilligungserteilung im Hinblick auf die mögliche Schädigung von Gemeinschaftsherstellern zu prüfen.

Im Rahmen der Passiven Veredelung reduziert sich das Erfordernis einer vorherigen wirtschaftlichen Prüfung demnach auf

  • Bewilligungsanträge gemäß Art. 147 Abs. 2 ZK
  • Bewilligungsanträge, hinsichtlich derer Hinweise jedweder Art vorliegen, die auf eine wesentliche Beeinträchtigung von Gemeinschaftsverarbeitern hindeuten. In diesen Fällen kommt es jedoch zu einer Beweislastumkehr, dh. die wirtschaftliche Prüfung ist nur dann erforderlich, wenn zumindest konkrete Indizien für eine Beeinträchtigung von Gemeinschaftsherstellern dargelegt werden können.

1.1.8.1. Beteiligung der Kommission

Unter Beteiligung der Kommission können die wirtschaftlichen Voraussetzungen geprüft werden, wenn die betroffenen Zollbehörden vor oder nach Erteilung der Bewilligung eine breitere Konsultation wünschen. Hat das zuständige Zollamt begründete Zweifel, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen im Hinblick auf einen beantragten oder bereits bewilligten Veredelungsvorgang erfüllt sind, ist das BMF zu befassen. Unter Beteiligung der Kommission können die wirtschaftlichen Voraussetzungen weiters geprüft werden

  • wenn eine andere Zollverwaltung Einwände gegen eine erteilte Bewilligung erhebt;
  • oder auf Initiative der Kommission selbst.

Die Schlussfolgerungen des Ausschusses für den Zollkodex sind von den betreffenden Zollbehörden sowie allen Zollbehörden, die ihrerseits ähnliche Bewilligungen oder Anträge bearbeiten, zu berücksichtigen.

1.1.9. Ausbesserung

Wird eine Ausbesserung beantragt, so müssen die Waren der vorübergehenden Ausfuhr zur Ausbesserung geeignet sein, und das Verfahren darf nicht zum Zweck der Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Waren verwendet werden.

1.1.9.1. Standardaustausch

Im Rahmen des Standardaustausches können Ersatzerzeugnisse an die Stelle des Veredelungserzeugnisses treten. Das Verfahren kann nur bewilligt werden, wenn der Veredelungsvorgang in einer Ausbesserung von Gemeinschaftswaren besteht, die nicht unter die gemeinsame Agrarpolitik oder die für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse bestehenden Sonderregelungen fallen.

Die Ersatzerzeugnisse müssen zolltariflich ebenso eingereiht werden und die gleiche Handelsqualität und technische Beschaffenheit besitzen, wie die Waren der vorübergehenden Ausfuhr, wenn diese Gegenstand der vorgesehenen Ausbesserung gewesen wären. Sind die Waren der vorübergehenden Ausfuhr vor der Ausfuhr gebraucht worden, so müssen auch die Ersatzerzeugnisse gebraucht worden sein. Ausnahmen können jedoch, wenn die Ersatzerzeugnisse auf Grund einer gesetzlichen Gewährleistungspflicht oder wegen eines Fabrikationsfehlers kostenlos geliefert worden sind, zugelassen werden.

Die technische Leistungsfähigkeit des Ersatzerzeugnisses darf nicht höher sein als die der Ware der auszuführenden Gemeinschaftsware.

1.1.9.2. Vorzeitige Einfuhr

Auf Antrag wird bewilligt, dass Ersatzerzeugnisse vor der Ausfuhr der Waren der vorübergehenden Ausfuhr eingeführt werden. Wird dieses Verfahren in Anspruch genommen, ist zwingend eine Sicherheit in Höhe des Betrages der Einfuhrabgaben zu leisten.