Richtlinie des BMF vom 04.07.2008, BMF-010222/0157-VI/7/2008 gültig von 04.07.2008 bis 16.12.2014

LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002

Die Lohnsteuerrichtlinien 2002 stellen einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Lohnsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Lohnsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen. Sie basieren auf den Lohnsteuerrichtlinien 1999.
  • 19 SONSTIGE BEZÜGE (§ 67 EStG 1988)

19.8 Besteuerung von Vergleichssummen, Kündigungsentschädigungen und Nachzahlungen

19.8.1 Allgemeines

1100
  • Vergleichssummen (§ 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988),
  • Kündigungsentschädigungen und andere Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume (§ 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988),
  • Nachzahlungen für abgelaufene Kalenderjahre, die nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen (§ 67 Abs. 8 lit. c EStG 1988) und
  • Nachzahlungen in einem Insolvenzverfahren (§ 67 Abs. 8 lit. g EStG 1988),
  • sind nach Abzug
  • der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge und weiters
  • des steuerfreien Teiles von einem Fünftel des Differenzbetrages

gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988, bei Nachzahlungen in einem Insolvenzverfahren mit 15%, zu versteuern.

Die Steuerfreiheit von einem Fünftel als pauschale Berücksichtigung für allfällige steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder sonstige Bezüge sowie als Abschlag für einen Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen bleibt auch bei einer allfälligen Veranlagung erhalten.

1101

Bei der Lohnsteuerberechnung gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 ist ein monatlicher Lohnzahlungszeitraum zu unterstellen. Werden im Kalendermonat der Auszahlung Vergleichssummen, Kündigungsentschädigungen und Nachzahlungen für abgelaufene Kalenderjahre, die nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, gleichzeitig mit laufenden Bezügen, die zum Tarif zu versteuern sind, ausgezahlt, sind sie den laufenden Bezügen des Kalendermonats zuzurechnen und gemeinsam nach dem Monatstarif (unter Berücksichtigung eines monatlichen Lohnzahlungszeitraumes) zu versteuern. Erfolgt die Zahlung zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses, ist trotz der Unterstellung des monatlichen Lohnzahlungszeitraumes am Lohnzettel als Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses der Tag der tatsächlichen Beendigung des Dienstverhältnisses (arbeitsrechtliches Ende) anzuführen. Erfolgt die Zahlung nicht im Kalendermonat der Beendigung des Dienstverhältnisses, sondern zu einem späteren Zeitpunkt (siehe Beispiel Rz 1102a), ist ein gesonderter Lohnzettel für diesen Kalendermonat auszustellen (Beginn erster Tag des Kalendermonats der Auszahlung, Ende letzter Tag des Kalendermonats).

1101a

In den genannten Vergütungen enthaltene Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 behalten ihre Steuerfreiheit. Steuerfreie Bezüge gemäß § 3 Abs. 1 EStG 1988 bleiben dann steuerfrei, wenn sie ohne Rücksicht auf die Höhe anderer Bezugsteile und ohne Rücksicht auf die Modalitäten der Auszahlung bzw. Gewährung steuerfrei sind . Gelangen hingegen steuerfreie Bezugsteile (Zulagen und Zuschläge) gemäß § 68 EStG 1988 zur Nachzahlung, sind diese zusammen mit der (übrigen) Nachzahlung zu erfassen und gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988, im Falle der Nachzahlung in einem Insolvenzverfahren mit 15% zu versteuern (vgl. VwGH 30.1.1991, 90/13/0121).

1102

Nicht unter die Besteuerung gemäß § 67 Abs. 8 lit. a, c und g EStG 1988 fallen infolge gesetzlicher Regelung Abfertigungen gemäß § 67 Abs. 3 oder 6 EStG 1988. Pensionsabfindungen und Zahlungen auf Grund eines Sozialplanes können nicht Gegenstand einer Vergleichszahlung, oder Nachzahlung sein. Sie sind entsprechend den Rz 1109 bis 1114e zu versteuern.

1102a

Im Folgenden wird die Lohnsteuerberechnung schematisch anhand eines Beispieles dargestellt:

Beispiel:

Am 3. Mai 2002 (das Dienstverhältnis wurde im Jänner 2002 beendet) wird eine Vergleichszahlung in Höhe von 22.000 Euro für die Kalenderjahre 2000, 2001 und 2002 geleistet. Davon entfallen 1.000 Euro auf Reisekostenersätze im Sinne des § 26 Z 4 EStG 1988 für den Monat Jänner 2002 und 4.000 Euro auf eine Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988. Die Sozialversicherungsbeiträge für die restlichen Bezüge betragen 2.000 Euro.

Bruttobetrag

22.000,00 Euro

- steuerfreie Ersätze nach § 26 EStG 1988

-1.000,00 Euro

- steuerfreie Bezüge nach § 3 EStG 1988, nicht hingegen solche nach §68 EStG 1988

-0,00 Euro

- gesetzliche Abfertigungen nach § 67 Abs. 3 EStG 1988

-4.000,00 Euro

- Bezüge nach § 67 Abs. 6 EStG 1988, soweit mit 6% versteuert

0,00 Euro

_____________

Zwischensumme

17.000,00 Euro

- einbehaltene Sozialversicherung von 17.000 Euro

-2.000,00 Euro

_____________

Zwischensumme

15.000,00 Euro

- 20% (1/5) Abschlag

-3.000,00 Euro

_____________

Wie ein laufender Bezug (bzw. im Insolvenzfall mit 15%) zu versteuern (keine Erhöhung des Jahressechstels)

12.000,00 Euro

Die Darstellung im Lohnzettel ist wie folgt vorzunehmen:

Kennzahl (210)

21.000,00 Euro

Insgesamt einbehaltene Sozialversicherungsbeiträge

2.000,00 Euro

Kennzahl (226) Sozialversicherungsbeiträge für Bezüge gemäß § 67 Abs. 3 bis 8 EStG 1988, soweit steuerfrei bzw. mit festem Steuersatz versteuert (1/5 von 2.000 Euro)

400,00 Euro

Kennzahl (230)

1.600,00 Euro

Steuerfreie bzw. mit festen Sätzen versteuerte Bezüge gemäß § 67 Abs. 3 bis 8 EStG 1988, vor Abzug der Sozialversicherungsbeiträge

7.400,00 Euro

Kennzahl (243)

7.400,00 Euro

Kennzahl (245)

12.000,00 Euro

Insgesamt einbehaltene Lohnsteuer

5.515,78 Euro

Abzüglich Lohnsteuer mit festen Sätzen gemäß § 67 Abs. 3 bis 8 EStG 1988 (6% von 4.000 Euro)

240,00 Euro

Kennzahl (260)

5.275,78 Euro

Steuerfreie Bezüge gemäß § 26 EStG 1988

1.000,00 Euro

Die auf die Vergleichssumme entfallenden Sozialversicherungsbeiträge sind für die Darstellung im Lohnzettel zu einem Fünftel dem gemäß § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 steuerfreien Teil der Vergleichssumme (siehe Kennzahl 226 400 Euro) und zu vier Fünftel dem steuerpflichtigen Teil der Vergleichssumme (siehe Kennzahl 230 1.600 Euro) zuzurechnen. Die auf den steuerfreien Teil entfallenden Sozialversicherungsbeiträge sind nicht abzugsfähig. In der Vorkolonne zu Kennzahl 243 sind die steuerfreien bzw. mit festen Steuersätzen versteuerte Bezüge gemäß § 67 Abs. 3 bis 8 EStG 1988, vor Abzug der Sozialversicherungsbeiträge (gesetzliche Abfertigung 4.000 Euro, steuerfreier Teil der Vergleichssumme 3.000 Euro zuzüglich der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 400 Euro, somit zusammen 7.400 Euro) anzuführen.

Der Lohnzettel ist für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Mai 2002 auszustellen.

1102b

Fallen Vergleichssummen gemäß § 67 Abs. 8 lit. a EStG 1988 bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses an und werden sie für Zeiträume ausbezahlt, für die eine Anwartschaft gegenüber einer MitarbeitervorsorgekasseBetrieblichen Vorsorgekasse besteht, sind sie bis zu einem Betrag von 7.500 Euro mit dem festen Steuersatz von 6% zu versteuern. Dieser Betrag berührt nicht die Sechstelregelung gemäß § 67 Abs. 2 EStG 1988.

Vergleichszahlungen, die den Betrag von 7.500 Euro übersteigen, bleiben im Ausmaß eines Fünftels des 7.500 Euro übersteigenden Betrages steuerfrei. Die einbehaltenen Sozial-versicherungsbeiträge sind den jeweiligen Teilbeträgen anteilsmäßig zuzuordnen.

Verbleibt der Arbeitnehmer zur Gänze im "alten" Abfertigungssystem bzw. bezieht sich der Vergleichsbetrag bei einem Teilübertritt auf "eingefrorene" Zeiträume, kommt die begünstigte Besteuerung mit 6% nicht zur Anwendung. Die "Fünftelregelung" ist in diesem Fall für die gesamte Vergleichszahlung anzuwenden. Diese Begünstigung besteht unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer eine freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 erster und zweiter Satz EStG 1988 (EStR 2000 Rz 1087bRz 1087b) zusteht.

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer ist zum 1.1.2003 in das neue System übergetreten (Vollübertragung). Bei Beendigung des Dienstverhältnisses (Oktober 2006) wird eine Vergleichssumme von 16.000 Euro geleistet. Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2.000 Euro werden einbehalten.

Vom Vergleichsbetrag von 16.000 Euro sind 7.500 Euro (= 46,875 % der gesamten Vergleichssumme) mit dem festen Steuersatz zu versteuern. Der übersteigende Betrag von 8.500 Euro (= 53,125 %) ist unter Anwendung der "Fünftelregelung" nach dem Tarif zu versteuern. Die Sozialversicherungsbeiträge sind dem jeweiligen Teilbetrag quotenmäßig zuzuordnen.

a) Versteuerung mit dem festen Steuersatz:

7.500,00 Euro

Abzüglich darauf entfallende Sozialversicherung

Abzüglich darauf entfallende Sozialversicherung
(46,875% von 2.000)

 


- 937,50 Euro

Bemessungsgrundlage

6.562,50 Euro

Davon 6% Lohnsteuer

393,75 Euro

b) Versteuerung laut Tarif:

8.500,00 Euro

Abzüglich darauf entfallende Sozialversicherung

Abzüglich darauf entfallende Sozialversicherung
(53,125% von 2.000)

 


1.062,50 Euro

Zwischensumme

7.437,50 Euro

Abzüglich 1/5

1.487,50 Euro

Bemessungsgrundlage

5.950,00 Euro

Lohnsteuer laut Monatstarif

2.237,00 Euro

Gesamte Lohnsteuer

2.630,75 Euro

c) Darstellung im Lohnzettel:

Kennzahl (210)

16.000,00 Euro

Insgesamt einbehaltene SV-Beiträge

2.000,00 Euro

 

Kennzahl (226) SV-Beiträge für Bezüge gemäß § 67 Abs. 3 bis Abs. 8 EStG 1988, soweit steuerfrei bzw. mit festem Steuersatz versteuert: 937,50 Euro (SV von 7.500) + 212,50 Euro (= 1/5 von 1.062,50)

 

 

 




1.150,00 Euro

Kennzahl (230)

850,00 Euro

Steuerfreie bzw. mit festen Sätzen versteuerte Bezüge gemäß § 67 Abs. 3 bis Abs. 8 EStG 1988, vor Abzug der SV-Beiträge

7.500,00 Euro + 1.700,00 Euro (= 1/5 von 8.500,00)

 

 





9.200,00 Euro

Kennzahl (243)

9.200,00 Euro

 

Kennzahl (245)

 

5.950,00 Euro

Insgesamt einbehaltene Lohnsteuer

2.630,75 Euro

Abzüglich Lohnsteuer mit festen Sätzen gemäß
§ 67 Abs. 3 bis Abs. 8 EStG 1988

 


393,75 Euro

 

Kennzahl (260)

 

2.237,00 Euro

Nach dem Tarif versteuerte sonstige Bezüge (16.000 - 7.500)

 

8.500,00 Euro