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. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .ZK-1450, Arbeitsrichtlinie "Passive Veredelung"
6. Zollunion EG-Türkei
Dieser Abschnitt behandelt die Durchführung des zollrechtlichen Passiven Veredelungsverkehrs (Abschnitt 6.2.) und des wirtschaftlichen Passiven Veredelungsverkehrs für bestimmte Textil- und Bekleidungserzeugnisse (Abschnitt 6.3.), soweit diese im Rahmen der Zollunion EG-Türkei in Anspruch genommen werden. Hinsichtlich des präferenziellen Warenverkehrs zwischen der EG und der Türkei wird auf die einschlägigen Arbeitsrichtlinien UP-4100, UP-4110 und UP-4120 verwiesen. Zu den außenhandelsrechtlichen Bestimmungen wird ergänzend auf die Arbeitsrichtlinien AH-4120 verwiesen.
6.1. Wichtigste Rechtsgrundlagen
- Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei ("Abkommen von Ankara");
- Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei vom 22. Dezember 1995 über die Durchführung der Endphase der Zollunion;
- Beschluss Nr. 1/96 des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei vom 20. Mai 1996 zur Festlegung der Durchführungsvorschriften zu dem Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei
- Beschluss Nr. 1/99 des Assoziationsrates EG-Türkei vom 5. Jänner 1999 über die Schaffung eines gemeinsamen Verfahrens der Passiven Veredelung für Textilwaren und Bekleidung;
- Beschluss Nr. 2/99 des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei vom 2. November 1999 zur Festlegung der Durchführungsvorschriften zum Beschluss 1/99 des Assoziationsrates EG-Türkei über die Einführung einer gemeinsamen Regelung des Passiven Veredelungsverkehrs für Textilerzeugnisse und Bekleidung;
- Beschluss Nr. 1/2001 des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei vom 28. März 2001 zur Änderung des Beschlusses 1/96 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zum Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei
- Beschluss Nr. 1/2003 des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei vom 30. Jänner 2003 zur Änderung des Beschlusses Nr. 1/2001 zur Änderung des Beschlusses Nr. 1/96 zur Festlegung der Durchführungsvorschriften zu dem Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei
6.2. Passive Veredelung
6.2.1. Anwendungsbereich
Der Beschluss Nr. 1/96 des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG/Türkei, der am 1. Juli 1996 in Kraft getreten ist, enthält Durchführungsbestimmungen zum Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei über die Anwendung des Passiven Veredelungsverkehrs im Rahmen der Zollunion EG-Türkei. Diese "Brückengesetzgebung" stellt ein rechtliches Bindeglied zu den für die Vertragsparteien jeweils geltenden Zollvorschriften dar. Wird die zollrechtliche Passive Veredelung im Rahmen der Zollunion EG-Türkei in Anspruch genommen, erfolgt dieser ausnahmslos im Rahmen des Dreieckverkehrs. Die Zollvorschriften der Vertragsparteien gelten im Falle des Dreieckverkehrs nach den im diesem Beschluss festgelegten Voraussetzungen. Die im Beschluss Nr. 1/96 festgelegten Durchführungsbestimmungen wurden zwischenzeitlich durch die Beschlüsse Nr. 1/2001 und Nr. 1/2003 geändert.
6.2.2. Begriffsbestimmungen
6.2.2.1. Drittland
Ein Land oder Gebiet, das nicht zum Zollgebiet der Zollunion EG-Türkei gehört.
6.2.2.2. Teil der Zollunion
Das Zollgebiet der Gemeinschaft einerseits und das Zollgebiet der Türkei andererseits.
6.2.2.3. Dreieckverkehr
Für die Zwecke der Passiven Veredelung im Rahmen der Zollunion bedeutet dieser Begriff das Verfahren, bei der die Überführung der Veredelungserzeugnisse in den zollrechtlich freien Verkehr unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben in einem anderen Teil der Zollunion durchgeführt wird als demjenigen, aus dem die Waren (der vorübergehenden Ausfuhr) zur Passiven Veredelung (in ein Drittland) ausgeführt worden sind.
Folgende Varianten des Dreieckverkehrs sind daher möglich:
- Vorübergehende Ausfuhr von Vormaterialien aus der Gemeinschaft in ein Drittland
- Überführung der Veredelungserzeugnisse in den zollrechtlich freien Verkehr (Wiedereinfuhr) in der Türkei;
- Vorübergehende Ausfuhr von Vormaterialien aus der Türkei in ein Drittland
- Überführung der Veredelungserzeugnisse in den zollrechtlich freien Verkehr (Wiedereinfuhr) in der Gemeinschaft.
Erfolgen vorübergehende Ausfuhr und Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr nach passiver Veredelung in einem Drittland im selben Teil der Zollunion, liegt kein Dreieckverkehr im Sinne des Beschlusses 1/96 vor. Die Brückengesetzgebung findet in diesen Fällen folglich keine Anwendung.
Das Verfahren des Dreieckverkehrs im Rahmen der Zollunion ist dem Verfahren des gemeinschaftlichen, für die Passive Veredelung geltenden Dreieckverkehrs weitgehend nachgebildet.
6.2.3. Voraussetzungen
Werden Veredelungserzeugnisse oder Ersatzerzeugnisse im Dreieckverkehr in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt, so ist zur Erlangung der vollständigen oder teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben das Informationsblatt INF 2 für die Mitteilung der Angaben über die Waren der vorübergehenden Ausfuhr zu verwenden.
6.2.4. Abfertigung
6.2.4.1. Vorübergehende Ausfuhr
Das INF 2 ist nach Maßgabe des Anhangs 71 zur ZK-DVO zu verwenden. Es besteht aus einem Original und einer Kopie, ist vom Beteiligten für die Menge der in das Verfahren übergeführten Waren auszufüllen und der Zollstelle für die Überführung in das Verfahren vorzulegen. Die Zollstelle für die Überführung in das Verfahren versieht das Original und die Kopie des INF 2 mit ihrem Sichtvermerk, gibt in Feld 16 an, welche Mittel zur Sicherung der Nämlichkeit der Waren der vorübergehenden Ausfuhr angewandt wurden, behält die Kopie und händigt dem Beteiligten das Original aus. Erachtet die Zollstelle für die Überführung in das Verfahren zusätzliche Angaben im INF 2 für notwendig, trägt sie diese entsprechend ein. Bei Platzmangel ist ein zusätzliches Blatt beizufügen; dies ist auf dem Original zu vermerken.
6.2.4.1.1. Teilsendungen
Ist mit der Wiedereinfuhr von Teilsendungen zu rechnen, kann die für die Menge der in das Verfahren übergeführten Waren oder Erzeugnisse erforderliche Zahl an INF 2 ausgefertigt werden.
6.2.4.1.2. Globale Ausstellung von INF 2
Für Handelsströme im Dreieckverkehr mit einer großen Zahl von Vorgängen können die Zollbehörden die Verwendung zusammenfassender INF 2 für die Gesamtmenge der Einfuhren und Ausfuhren in einem bestimmten Zeitraum gestatten (globale Ausstellung).
6.2.4.1.3. Nachträgliche Ausstellung von INF 2
Bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände kann das INF 2 nachträglich ausgestellt werden, jedoch nur bis zum Ablauf der Frist für die Aufbewahrung der Unterlagen.
6.2.4.1.4. Duplikate
Bei Diebstahl, Verlust oder Vernichtung des INF 2 kann der Beteiligte bei der Zollstelle, die das INF 2 ausgestellt hat, ein Duplikat beantragen, sofern die Wiedereinfuhr noch nicht erfolgt ist. Das Original und die Kopien des INF 2 sind mit dem Vermerk DUPLIKAT zu versehen.
6.2.4.1.5. Muster- oder Probenentnahme
Bei Entnahme von Mustern oder Proben oder bei Verwendung von Abbildungen oder technischen Beschreibungen sichert die Zollstelle der Überführung diese durch Anbringen eines Zollverschlusses entweder an den Waren selbst, sofern sich diese dazu eignen, oder an der Umschließung, die auf diese Weise verschlusssicher gemacht wird. Ein Aufkleber mit dem Stempelabdruck der Zollstelle und dem Verweis auf die Ausfuhranmeldung wird den Mustern oder Proben, Abbildung oder technischen Beschreibungen beigefügt. Die verschlusssicheren Muster, Proben, Abbildungen oder technischen Beschreibungen, werden dem Ausführer übergeben, der sie bei der Wiedereinfuhr der Veredelungserzeugnisse oder Ersatzerzeugnisse mit unverletztem Verschluss vorzulegen hat. Wird eine Analyse vorgenommen, deren Ergebnis erst vorliegt, nachdem die Zollstelle das INF 2 mit ihrem Sichtvermerk versehen hat, so wird dem Ausführer das Ergebnis der Analyse in einem die gebührende Gewähr bietenden Umschlag übergeben.
6.2.4.2. Ausgangszollstelle
Die Ausgangszollstelle bestätigt auf dem Original, dass die Waren aus dem Zollgebiet verbracht worden sind und gibt es der Person, die es vorgelegt hat, zurück.
6.2.4.3. Wiedereinfuhr
Der Einführer der Veredelungserzeugnisse bzw. der Ersatzerzeugnisse legt der Zollstelle der Beendigung des Verfahrens das Original des INF 2 sowie gegebenenfalls die Nämlichkeitsmittel vor. Das vollständig erledigte INF 2 ist von der Überwachungszollstelle einzuziehen. Die Vorlage eines Freiverkehrsnachweises (Warenverkehrsbescheinigung) ist im Dreieckverkehr der Zollunion EG-Türkei nicht erforderlich.
6.2.4.3.1. Teilsendungen
Erfolgt die Wiedereinfuhr in Teilsendungen und wurde bei der Ausfuhr nur ein INF 2 ausgestellt, hat die Zollstelle für die Beendigung des Verfahrens die Menge der wiedereingeführten Veredelungserzeugnisse bzw. Ersatzerzeugnisse auf dem Original abzuschreiben. Bei Platzmangel ist ein zusätzliches Blatt beizufügen; dies ist auf dem Original zu vermerken. Das vollständig erledigte INF 2 ist der (letzten) Zollanmeldung anzuschließen, auf die es sich bezieht.
6.2.4.3.2. Nachträgliche Prüfung des INF 2
Die Zollstelle, die das INF 2 ausgestellt hat, kann ersucht werden, die Echtheit des Informationsblattes und die Richtigkeit der Angaben nachträglich zu prüfen.
6.2.5. Mehrwertverzollung im Rahmen der Zollunion EG-Türkei
Für Veredelungserzeugnisse, die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden sollen, kann auf Antrag eine teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt werden, indem die Veredelungskosten als Grundlage des Wertes für die Abgaben herangezogen werden. Dies findet keine Anwendung, wenn Waren der vorübergehenden Ausfuhr, die nicht Ursprungserzeugnisse eines Teils der Zollunion im Sinne von Titel II Kapitel 2 Abschnitt 1 des Zollkodex der Gemeinschaften (nichtpräferentieller Ursprung) und im Sinne von Titel II Kapitel 2 Abschnitt 1 des Zollkodex der Türkei sind, in einem Teil der Zollunion abgabenfrei in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind. Dies gilt nicht für Waren ohne kommerziellen Charakter.
Die Artikel 29 bis 35 des Zollkodex (Vorschriften zur Ermittlung des Zollwertes) der Gemeinschaften und die Artikel 24 bis 30 des Zollkodex der Türkei gelten sinngemäß für die Veredelungskosten, bei denen die Waren der vorübergehenden Ausfuhr nicht zu berücksichtigen sind.