Richtlinie des BMF vom 18.11.2010, BMF-010219/0288-VI/4/2010 gültig von 18.11.2010 bis 22.11.2011

UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000

Die Umsatzsteuerrichtlinien 2000 stellen einen Auslegungsbehelf zum Umsatzsteuergesetz 1994 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Umsatzsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Umsatzsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen.

10. Steuersätze (§ 10 UStG 1994)

10.1. Normalsteuersatz

1161

Der Normalsteuersatz beträgt 20% und gilt für Lieferungen, sonstige Leistungen, Einfuhr, Eigenverbrauch und innergemeinschaftliche Erwerbe. Der Normalsteuersatz ist immer dann anzuwenden, wenn nicht Sondervorschriften wie Steuerbefreiung (zB § 6 UStG 1994), Steuerermäßigung (zB § 10 Abs. 2 UStG 1994) oder sonstige Ausnahmeregelungen (zB § 22 UStG 1994) in Betracht kommen.

Randzahlen 1162 bis 1165: derzeit frei.

10.2. Ermäßigter Steuersatz von 10%

10.2.1. Gegenstände der Anlage und Münzen

10.2.1.1. Gegenstände der Anlage Z 1 - 43Z 43a

1166

Die Gegenstände, deren Lieferung (einschließlich Werklieferung), Eigenverbrauch gemäß § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 1a UStG 1994, Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb dem ermäßigten Steuersatz von 10% unterliegen, sind in der Anlage Z 1 bis Z 43a erschöpfend aufgezählt.

1167

Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist nicht von einem buchmäßigen Nachweis abhängig und hat auch im Falle einer Schätzung des Umsatzes zu erfolgen.

1168

Die Zugehörigkeit der Gegenstände zu der Anlage richtet sich nach der Kombinierten Nomenklatur (KN, das ist der gemeinsame Zolltarif der EU). Maßgebend für die Einreihung von Waren in den Zolltarif sind der Wortlaut der Positionen bzw. Unterpositionen und die Anmerkungen zu den Abschnitten, nicht die Überschriften. Die für die Tarifierung maßgeblichen EU-Vorschriften sind im Österreichischen Gebrauchszolltarif und in den Erläuterungen zum Österreichischen Zolltarif enthalten.

1169

Bei Lieferungen von Gegenständen der Anlage ist der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung anzuwenden, daher gilt der ermäßigte Steuersatz auch für unselbständige Nebenleistungen (zB Beförderung eines Gegenstandes, Verpackungen, Behältnisse, Warenumschließungen), auch wenn das Entgelt für die Nebenleistung gesondert in Rechnung gestellt wird.

1170

Eine unselbständige Nebenleistung zur Lieferung von Wasser ist zB die Vermietung von Zählern, für die neben der laufenden Gebühr auch noch eine Grundgebühr eingehoben wird; ebenso eine Leistung, für die eine so genannte Anschlussgebühr verrechnet wird. Wird Obst oder Gemüse in Mehrweggebinden geliefert, so ist davon auszugehen, dass es sich um eine einheitliche Leistung handelt und das vom Käufer aufgewendete Pfandgeld Teil des Entgelts für die einheitliche Warenlieferung ist. Bei Rückerstattung des Pfandgeldes liegt eine Entgeltsminderung nach § 16 UStG 1994 vor. Daher ist für die Lieferung von Obst und Gemüse in Mehrweggebinden der ermäßigte Steuersatz anzuwenden.

Werden Sachgesamtheiten geliefert (zB Geschenkkorb), die aus Waren bestehen, die verschiedenen Positionen der KN zuzuordnen sind, so ist das Entgelt - ggf. im Schätzungsweg - aufzuteilen, wenn verschiedene Steuersätze zur Anwendung kommen.

1171

Wird für ein Frühstück ein einheitlicher Preis verlangt, so können die mit 20% zu versteuernden Entgeltsteile (insbesondere für Kaffe, Tee) mit 20% des einheitlichen Preises angesetzt werden. Die übrigen Entgeltsteile sind dem 10-prozentigen Steuersatz zu unterwerfen. Diese Pauschalregelung kann nur einheitlich für alle Frühstücksabgaben eines Betriebes während eines Voranmeldungszeitraumes angewendet werden.

1172

Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit Gegenständen der Anlage Z 1 bis Z 43 (zB im Zusammenhang mit Büchern oder anderen Druckerzeugnissen) fallen nicht unter den ermäßigten Steuersatz (zB die Herstellung von Fotokopien). Beim Binden von Zeitschriften nach Jahrgängen, Berichten, Patentschriften und dgl. liegt eine Werkleistung vor, für die der Normalsteuersatz zur Anwendung kommt (VwGH 29.11.1984, 83/15/0083; VwGH 14.11.1988, 86/15/0086). Werden hingegen Zeitschriften, Bundesgesetzblätter und dgl. mit festen Einbanddecken gebunden und zusätzlich mit einem Index (zB Inhaltsverzeichnis, Stichwortverzeichnis) versehen, liegt eine Werklieferung vor, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Der letzte Satz ist auf Umsätze ab 1. März 2007 anzuwenden.

1173

Das Binden von Büchern und Dissertationen ist als Werklieferung anzusehen und dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen (VwGH 29.10.1979, 2259/77; VwGH 14.11.1988, 86/15/0086).

1173a

Fotobücher sind in die Position 4901 9900 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen und daher von § 10 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 iVm Z 43 der Anlage erfasst.

1173b

Die gesonderte Verrechnung eines Gedecks in einem Speiselokal hat gegenüber der Hauptleistung Restaurationsumsatz eine dienende Funktion und wird als unselbstständige Nebenleistung zur Abgabe von Speisen gesehen.

10.2.1.2. Münzen und Medaillen aus Edelmetall

1174

Soweit die Umsätze von grundsätzlich dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Münzen gemäß § 6 UStG 1994 unecht steuerbefreit sind (zB Goldmünzen, gesetzliche Zahlungsmittel), geht die Steuerbefreiung vor.

10.2.1.3. Umsätze von Arzneimitteln

1174a

Mit 1. Jänner 2009 kommt für die Umsätze (Lieferungen, innergemeinschaftliche Erwerbe und Einfuhren) von Arzneimitteln der ermäßigte Steuersatz von 10% zur Anwendung. Dies gilt für alle Arzneimittel, die unter das Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983 idgF, fallen, sowohl im Bereich der Humanmedizin als auch der Veterinärmedizin.

Entsprechend der im Arzneimittelgesetz vorgenommenen Abgrenzung unterliegen hingegen Umsätze von Medizinprodukten im Sinne des Medizinproduktegesetzes 1996 weiterhin dem Normalsteuersatz von 20%.

Zuständig für die Einstufung von Waren als Arzneimittel ist die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES).

Für jene Waren, die bereits bisher in der Anlage zu § 10 Abs. 2 UStG 1994 aufgrund der zolltariflichen Erfassung in den jeweiligen Positionen der Kombinierten Nomenklatur (KN) enthalten sind, tritt keine Änderung ein. So unterliegen etwa Kräutertees oder verschiedene Lebensmittelzubereitungen nach Z 20 und Z 28 der Anlage weiterhin dem ermäßigten Steuersatz von 10%.

Bei der Einfuhr von Arzneimitteln ist jedenfalls aus zollrechtlicher Sicht Kapitel 30 der KN (Pharmazeutische Erzeugnisse) zu beachten, das sowohl Arzneimittel als auch im geringen Umfang Medizinprodukte enthält. Der Anmelder muss daher bei Abgabe der Anmeldung entscheiden, um welche Art von Ware es sich jeweils handelt, damit auch im Rahmen der Einfuhrumsatzsteuer nur Arzneimittel dem ermäßigten Steuersatz von 10% unterliegen.

1174b

Während die tierärztliche Heilbehandlung dem Normalsteuersatz von 20% unterliegt, ist ab 1. Jänner 2009 gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 auf die Lieferung von Arzneimitteln - somit auch auf die Lieferung von Arzneimitteln für Tiere - der ermäßigte Steuersatz anzuwenden.

Bei der Lieferung von Arzneimitteln durch Tierärzte kann nur dann von einer unselbständigen Nebenleistung zu der in der tierärztlichen Leistung bestehenden Hauptleistung, die dem Normalsteuersatz von 20% unterliegt, gesprochen werden, wenn das Arzneimittel im Zuge einer Behandlung vom Tierarzt direkt am Tier oder unter Aufsicht des Tierarztes durch den Tierhalter selbst angewendet wird. In allen anderen Fällen ist von der Lieferung eines Arzneimittels auszugehen, die dem ermäßigten Steuersatz von 10% unterliegt.

10.2.1.4. Gegenstände der Anlage Z 44 bis Z 46

1175

Der ermäßigte Steuersatz ist auf die Einfuhr dieser Gegenstände beschränkt (Ausnahme siehe Rz 1176).

10.2.1.5. Gegenstände der Anlage Z 44 (Kunstgegenstände)

1176

Unter den im § 10 Abs. 2 Z 1 lit. c UStG 1994 genannten Voraussetzungen kann der ermäßigte Steuersatz auch für die Lieferungen und den Eigenverbrauch gemäß § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 1a UStG 1994 dieser Gegenstände zur Anwendung kommen.

Wenn ein Unternehmer die Differenzbesteuerung gemäß § 24 UStG 1994 nicht anwendet, ist er kein Wiederverkäufer im Sinn dieser Bestimmung und der ermäßigte Steuersatz kann zur Anwendung gelangen.

10.2.2. Vermietung von Druckerzeugnissen

1177

Bei den in der Z 43 der Anlage angeführten Gegenständen gilt der ermäßigte Steuersatz auch für die Vermietung. Darunter fällt die Vermietung von Büchern und Zeitschriften, Noten, kartographischen Erzeugnissen aller Art, wobei sich die Ermäßigung nicht nur auf die Benützungsgebühr beschränkt, sondern auch auf die Anmeldegebühren anzuwenden ist. Für die Vermietung von Gegenständen der Z 1 bis Z 42 der Anlage (zB Vermietung lebender Tiere) gilt der Normalsteuersatz.

10.2.3. Tierzucht, Anzucht von Pflanzen und unmittelbar der Tierzucht dienende Leistungen

10.2.3.1. Tierzucht (Aufzucht, Mästen und Halten von Tieren)

1178

Zu den Tieren der Z 1 der Anlage zählen insbesondere Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel, Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Hausgeflügel. Nicht dazu gehören Hasen, Kaninchen, Rehe, Hirsche, Pelztiere, Raubtiere, Fasane, Rebhühner, Schwäne, Tauben, Wildenten und Wildgänse, Katzen, Hunde, Singvögel, Fische, Schlangen, Mäuse, Ratten und Meerschweinchen.

1179

Begünstigt ist die Aufzucht, das Mästen und Halten dieser Tiere, wenn diese Leistungen als Hauptleistungen entgeltlich einem anderen gegenüber erbracht werden. Darunter fällt die entgeltliche Duldung der Mitbenützung von Wiesen durch fremdes Vieh oder die Inpflegenahme von Weidevieh sowie die Unterbringung, Fütterung und Pflege von Reit- oder Rennpferden (Pensionsviehhaltung) und die Aufzucht und das Mästen von Vieh für andere (Lohnmast).

10.2.3.2. Anzucht von Pflanzen

1180

Die Anzucht von Pflanzen ist als sonstige Leistung zu qualifizieren und liegt vor, wenn ein Pflanzenzüchter junge Pflanzen (Sämlinge, Setzlinge) einem Unternehmer überlässt, damit dieser sie auf seinem Grundstück einpflanzt, pflegt und dem Pflanzenzüchter auf Abruf zurückgibt. Eine Lieferung und Rücklieferung wäre bei Überlassung von Samen, Wurzeln oder Knollen und Rückgabe der gezogenen Pflanzen anzunehmen und dem Normalsteuersatz zu unterziehen. Ebenso ist die Pflege von fremden Pflanzen keine Anzucht und unterliegt daher auch dem Normalsteuersatz.

10.2.3.3. Vatertierhaltung, Förderung der Tierzucht und künstliche Besamung

1181

Vatertierhaltung: Begünstigt sind Deckgelder, Umlagen, die nach der Zahl der deckfähigen Tiere bemessen werden, Zuschüsse, die nach Maßgabe der gedeckten Tiere bemessen werden.

1182

Förderung der Tierzucht: Unter Tierzucht sind die Maßnahmen zu verstehen, die auf eine Verbesserung der erblich bedingten Anlagen von Tieren gerichtet sind. Begünstigt sind Entgelte für Abstammungsnachweise und Stallbücher, Körgebühren, Standgelder, Provisionen für die Vermittlung des An- und Verkaufes von Zuchttieren oder der Durchführung von Zuchttierversteigerungen, Entgelte, die von Tierzüchtern oder ihren Angestellten für die Teilnahme an Ausstellungen erhoben werden.

1183

Künstliche Tierbesamung: Auch die Lieferung von Tiersamen und von Arzneimitteln, die wegen der künstlichen Besamung angewendet werden müssen, fällt hierunter.