Richtlinie des BMF vom 05.09.2014, BMF-010310/0205-IV/7/2014 gültig von 05.09.2014 bis 26.04.2020

UP-6100, Arbeitsrichtlinie Chile

5. Ursprungserzeugnisse

5.1. Grundsätzliches

5.1.1. Arten des präferentiellen Ursprungs

Man unterscheidet zwischen dem autonomen Ursprung durch vollständige Erzeugung oder ausreichende Be- oder Verarbeitung und dem Ursprung durch bilaterale Kumulierung. Details dazu können der Arbeitsrichtlinie UP-3000 Abschnitt 1.2. entnommen werden.

5.1.2. Gebiet der EU

Das Gebiet aller Mitgliedstaaten der EU wird für die Einhaltung der Ursprungsregeln wie das Gebiet eines einzigen Staates angesehen. Im Warenverkehr zwischen EU-Mitgliedstaaten werden Informationen über bereits innerhalb der EU geleistete Herstellungsvorgänge oder darüber, dass es sich bei der betreffenden Ware bereits um ein Ursprungserzeugnis im Sinne der jeweiligen Ursprungsregeln handelt, mittels sogenannter EU-interner Lieferantenerklärung (siehe UP-3000 Abschnitt 6.) weitergegeben.

5.1.3. Bestimmung des Ursprungslandes

In den Präferenznachweisen über Waren, die im Rahmen des autonomen Ursprungs erzeugt worden sind, ist als Ursprungsland immer das Land anzugeben, in dem die betreffende Ware unter Einhaltung der vorgenannten Herstellungsvorgänge erzeugt wurde.

Wird eine Ware in einem Land der Präferenzzone unter Anwendung der bilateralen Kumulierungsmöglichkeit zu einem Ursprungserzeugnis, ist das Ursprungsland nur dann das Herstellungsland, wenn die Bearbeitung über eine Minimalbehandlung hinausgeht.

Wird im Ausfuhrland keine Be- oder Verarbeitung oder nur eine Minimalbehandlung vorgenommen, so behalten die Vormaterialien oder Erzeugnisse ihre Ursprungseigenschaft bei. Handel und Verzollung (in den freien Verkehr bringen) haben keinen Einfluss auf das Ursprungsland.

5.1.4. Waren unbestimmten Ursprungs

Materialien, deren Ursprungscharakter nicht feststellbar ist und nicht nachgewiesen werden kann, gelten als "Waren unbestimmten Ursprungs" und sind bei der Ursprungsbeurteilung als Drittlandsmaterialien zu werten.

5.2. Allgemeine Vorschriften

Folgende Erzeugnisse gelten als Ursprungserzeugnisse einer Vertragspartei, wenn sie in eine andere Vertragspartei ausgeführt werden:

a)Erzeugnisse, die in einer Vertragspartei vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind;

b)Erzeugnisse, die in der Vertragspartei unter Verwendung von Vormaterialien gewonnen oder hergestellt worden sind, die dort nicht vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, vorausgesetzt, dass diese Vormaterialien in der Vertragspartei in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet worden sind.

5.3. Ursprung durch Kumulierung

5.3.1. Bilaterale Kumulierung mit Ursprungswaren

Eine Kumulierung ist nur mit Ursprungserzeugnissen möglich. Vormaterialien, die bereits Ursprungserzeugnisse eines Landes der Präferenzzone sind und als solche bereits mit Präferenznachweis eingeführt wurden, brauchen demnach - im Gegensatz zu Drittlandsmaterialien - nicht mehr ausreichend bearbeitet zu werden.

Nähere Erläuterungen und praktische Beispiele zum Thema Kumulierung können der Arbeitsrichtlinie UP-3000 Abschnitt 1.2.4. entnommen werden.

5.3.2. Drittlandsmaterialien

Die Anwendung der Kumulierung beeinträchtigt in keiner Weise die Verwendung von drittländischen Vormaterialien, sofern diese ausreichend be- oder verarbeitet werden.

5.3.3. Andorra

Erzeugnisse der HS-Kapitel 25 bis 97 mit Ursprung in Andorra werden von Chile als Ursprungserzeugnisse der EU anerkannt.

5.3.4. San Marino

Erzeugnisse mit Ursprung in der Republik San Marino werden von Chile als Ursprungserzeugnisse der EU anerkannt.

5.4. Vollständig gewonnene oder hergestellte Erzeugnisse (vollständige Erzeugung)

Eine Ware gilt als vollständig im Gebiet eines Staates der jeweiligen Präferenzzone erzeugt, wenn sämtliche zu ihrer Erzeugung verwendeten Vormaterialien, mag ihr Anteil an der Ware auch noch so geringfügig sein, zur Gänze aus diesem Staat stammen. Als vollständig erzeugt in diesem Sinne gelten ausschließlich:

a)dort aus dem Boden oder dem Meeresgrund gewonnene mineralische Erzeugnisse;

b)dort geerntete pflanzliche Erzeugnisse;

c)dort geborene oder ausgeschlüpfte und dort aufgezogene lebende Tiere;

d)Erzeugnisse von dort gehaltenen lebenden Tieren;

e)dort erzielte Jagdbeute (gilt ebenfalls für die Fischerei in Binnengewässern - dh. Flüssen und Seen - der EU oder Chiles);

f)Erzeugnisse der Seefischerei, Jagdbeute und andere von eigenen Schiffen aus dem Meer gewonnene Erzeugnisse (Solange eine etwaige Übertragung von Hoheitsrechten zwischen den Vertragsparteien im Sinne der internationalen Regeln Verhandlungen unterliegt, gilt diese Bestimmung nicht für Erzeugnisse der Seefischerei und andere von Schiffen der EU in der ausschließlichen Wirtschaftszone Chiles aus dem Meer gewonnene Erzeugnisse und nicht für Erzeugnisse der Seefischerei und andere von chilenischen Schiffen in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Mitgliedstaaten der EU aus dem Meer gewonnene Erzeugnisse.);

g)Erzeugnisse, die an Bord eigener Fabrikschiffe ausschließlich aus den unter Buchstabe f) genannten Erzeugnissen hergestellt werden;

h)dort gesammelte Altwaren, die nur zur Gewinnung von Rohstoffen oder als Abfall verwendet werden können;

i)bei einer dort ausgeübten Produktionstätigkeit anfallende Abfälle;

j)aus dem Meeresboden oder dem Meeresuntergrund außerhalb der Küstenmeere gewonnene Erzeugnisse, sofern sie zum Zwecke der Nutzbarmachung Ausschließlichkeitsrechte über diesen Teil des Meeresbodens oder des Meeresuntergrunds ausüben;

k)dort ausschließlich aus Erzeugnissen nach den Buchstaben a) bis j) hergestellte Waren.
Die hohe See (außerhalb der Küstenmeere) hat keine Staatszugehörigkeit. Fisch, der außerhalb des Küstenmeeres eines Partnerlandes gefangen wird, gilt jedoch als vollständig gewonnen, wenn die "eigenen Schiffe" bzw. "eigenen Fabrikschiffe" folgende Kriterien erfüllen:

1.die in einem Mitgliedstaat der EU oder in Chile ins Schiffsregister eingetragen oder dort angemeldet sind,

2.die unter der Flagge eines Mitgliedstaates der EU oder Chiles fahren.
Zusätzlich zu den vorgenannten Voraussetzungen gelten nach Buchstaben f) und g) gewonnene oder hergestellte Erzeugnisse als in der EU bzw. in Chile vollständig gewonnen oder hergestellt, wenn die eigenen Schiffe und eigenen Fabrikschiffe

a)Eigentum sind

i) mindestens zur Hälfte von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der EU oder Chiles, oder

ii) einer Personengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die ihren Hauptsitz in einem der Mitgliedstaaten der EU oder in Chile hat, bei der der oder die Geschäftsführer, der Vorsitzende des Vorstands oder Aufsichtsrates und die Mehrheit der Mitglieder dieser Organe Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU oder Chiles sind und das Geschäftskapital mindestens zur Hälfte den betreffenden Staaten oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder Staatsangehörigen dieser Staaten gehört, oder

iii) einer anderen Gesellschaft als den unter Buchstabe ii) genannten Gesellschaften, die ihren Hauptsitz in einem der Mitgliedstaaten der EU oder in Chile hat, bei der der oder die Geschäftsführer, der Vorsitzende des Vorstands oder Aufsichtsrates und die Mehrheit der Mitglieder dieser Organe Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU oder Chiles sind;

und

b)der Kapitän und mindestens 75 vH der Besatzung, einschließlich der Offiziere, Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU oder Chiles sind.

5.5. In ausreichendem Maß be- oder verarbeitete Erzeugnisse (ausreichende Be- oder Verarbeitung)

5.5.1. Grundsätzliches

In den meisten Fällen wird der Ursprung einer Ware nicht durch vollständige Erzeugung erzielt, und es muss daher eine ausreichende Be- oder Verarbeitung aller bei der Herstellung einer Ware verwendeten drittländischen Vormaterialien erfolgen, um präferentiellen Ursprung zu erzielen. Als ausreichende Be- oder Verarbeitung gilt die Erfüllung der Herstellungsvoraussetzungen, die in der Ursprungsliste der konkret in Anspruch genommenen Präferenzmaßnahme vorgesehen sind.

Die Ursprungsliste ist eine Liste der erforderlichen ausreichenden Be- oder Verarbeitungen, die an Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft vorgenommen werden müssen, um den hergestellten Erzeugnissen die Ursprungseigenschaft zu verleihen. Bei der Auslegung der Ursprungsliste sind immer die Einleitenden Bemerkungen zur Ursprungsliste zu beachten.

Die Ursprungsliste und die Einleitenden Bemerkungen sind Anhänge zum Ursprungsprotokoll und sind der jeweiligen Rechtsgrundlage (siehe Abschnitt 12.) zu entnehmen.

Die zu erfüllende Ursprungsregel ist in der Ursprungsliste in Spalte 3 angeführt. Für manche Waren ist auch in der Spalte 4 eine Regel angeführt, wobei in diesen Fällen für den Hersteller eine Wahlmöglichkeit besteht.

5.5.2. Ausnahme (allgemeine Toleranz)

Drittländische Vormaterialien bis zu einem Wert von max. 10% vom Ab-Werk-Preis der daraus hergestellten Fertigware brauchen die Ursprungsregel der Fertigware nicht zu erfüllen. Insgesamt muss aber mehr als eine Minimalbehandlung (siehe Abschnitt 5.6.) im Zuge der Herstellung der Fertigware erfolgen.

Die in den Ursprungsregeln der Ursprungslisten selbst vorgesehenen Wertkriterien bilden die absolute Grenze, dh. es ist kein Addieren mit der Toleranzgrenze möglich.

Waren der Kapitel 50 bis 63 des HS (Textilien/Bekleidung) sind von der 10%-Toleranzregel ausgenommen.

Für Textilien und Bekleidung sind allerdings in der Ursprungsliste (Fußnoten) und den Einleitenden Bemerkungen (Anhänge zum Ursprungsprotokoll - siehe Abschnitt 12.) spezielle Toleranzen zu entnehmen.