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- 19 Mitunternehmerschaften, Vermögensverwaltende Personengesellschaften
- 19.5 Veräußerung und Aufgabe eines Mitunternehmeranteiles
- 19.5.4 Ermittlung des Veräußerungsgewinnes
19.5.4.10 Negatives Kapitalkonto
Gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 ist der Betrag des negativen Kapitalkontos, soweit er nicht aufgefüllt werden muss, jedenfalls als Veräußerungsgewinn bei Ausscheiden des Gesellschafters anzusetzen, und zwar unabhängig von eventuellen Haftungsbeschränkungen des Zivilrechts. Eine spätere Entlassung aus der Auffüllungsverpflichtung führt erst zu diesem Zeitpunkt zu nachträglichen Einkünften gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (VwGH 03.09.2008, 2006/13/0167).
Scheidet der Gesellschafter ohne Zahlungen aus und übersteigen die auf seinen Mitunternehmeranteil entfallenden stillen Reserven samt Firmenwert das negative Kapitalkonto, liegt grundsätzlich eine unentgeltliche Übertragung vor (VwGH 2.12.1987, 87/13/0061; VwGH 27.5.1998, 94/13/0084).
19.5.4.10.1 Persönlich unbeschränkt haftender Gesellschafter
Der persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter (das sind Gesellschafter einer OHG, OEG oder GesBR, Komplementäre einer KG oder KEG) hat grundsätzlich sein negatives Kapitalkonto bei Ausscheiden aus der Gesellschaft auszugleichen. Dieser Ausgleich kann erfolgen durch
- Ausgleichszahlungen an die Mitgesellschafter,
- Verrechnung mit den auf seinem Gesellschaftsanteil ruhenden stillen Reserven und Firmenwert,
- Beteiligung an der Tilgung von Gesellschaftsschulden.
Übersteigen die stillen Reserven und der Firmenwert insgesamt den Betrag des negativen Kapitalkontos, ergibt sich ein positiver Verkaufspreis. Der Veräußerungsgewinn besteht aus der Summe des negativen Kapitals und des Kaufpreises für den Gesellschaftsanteil abzüglich den Veräußerungskosten.
Beispiel:
Die Bilanz der AB-OHG hat folgendes Aussehen:
|
Aktiva |
|
Passiva |
||
|
Buchwert |
Teilwert |
|
Buchwert |
Teilwert |
Anlagevermögen |
800.000 |
1.600.000 |
Verbindlichkeiten |
1.500.000 |
1.500.000 |
Umlaufvermögen |
500.000 |
500.000 |
Kapital A |
100.000 |
500.000 |
Kapital B |
300.000 |
|
Kapital B |
|
100.000 |
Summe |
1.600.000 |
2.100.000 |
Summe |
1.600.000 |
2.100.000 |
B scheidet aus und verkauft seinen Anteil um 100.000 S an den neu eintretenden C (keine Veräußerungskosten).
Veräußerungsgewinn des B: |
Kaufpreis |
100.000 |
negatives Kapital |
300.000 |
|
Veräußerungsgewinn |
400.000 |
Übersteigen die stillen Reserven und der Firmenwert den Betrag des negativen Kapitalkontos nicht, besteht insoweit eine Auffüllungsverpflichtung des ausscheidenden Gesellschafters. Ein Veräußerungsgewinn entsteht in Höhe der stillen Reserven zuzüglich des Firmenwertes. Wird auf die Auffüllung aus betrieblichen Gründen verzichtet, entsteht ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos (außer der ausscheidende Gesellschafter muss mit der Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger rechnen). Einkünfte aus einem späteren Verzicht sind gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 als nachträgliche betriebliche Einkünfte zu berücksichtigen. Tritt beim ausscheidenden Gesellschafter Gewinnverwirklichung ein, wird er aber später wider Erwarten von Gesellschaftsgläubigern in Anspruch genommen, kann für ihn ein Verlust insoweit entstehen, als keine durchsetzbaren Ausgleichsforderungen gegenüber den anderen Gesellschaftern bestehen. Dieser Verlust ist im Rahmen des § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 im Jahr der Inanspruchnahme zu berücksichtigen (vgl. VwGH 04.02.2009, 2006/15/0151).
Das negative Kapitalkonto ist im steuerrechtlichen Sinne zu verstehen. Auszugehen ist vom gesamten steuerlichen Eigenkapital (Kapitalanteil in der Gesellschaftsbilanz zuzüglich Kapital in Sonder- und Ergänzungsbilanzen nach eventueller Auflösung von Rücklagen und Rückstellungen zu Gunsten des laufenden Gewinnes).
19.5.4.10.2 Beschränkt haftender Gesellschafter
Der beschränkt haftende Gesellschafter (idR Kommanditist oder unecht stiller Gesellschafter) hat das negative Kapitalkonto grundsätzlich nicht aufzufüllen. Übersteigen die stillen Reserven und der Firmenwert das negative Kapitalkonto, ist der Veräußerungsgewinn wie unter Rz 5989 ff dargestellt zu ermitteln.
Ist dies nicht der Fall, ist grundsätzlich ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos anzusetzen. Der Erwerber (Alt- oder Neugesellschafter) hat die anteiligen stillen Reserven samt Firmenwert zu aktivieren; die Differenz zum übernommenen und fortzuführenden negativen Kapitalkonto ist kein Erwerbsverlust, sondern in Form eines Ausgleichs-(Korrektur-)Postens zu aktivieren, der gegen künftige Gewinnanteile des Erwerbers erfolgsmindernd aufzulösen ist.
Bei Betriebsaufgabe einer KG oder unechten stillen Gesellschaft hat der beschränkt haftende Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto in Höhe der Nichtauffüllungsverpflichtung einen Aufgabegewinn zu versteuern. Weil aber in diesem Fall endgültig feststeht, dass der Komplementär den Verlust zu tragen hat, ist ihm der Verlust in gleicher Höhe mit steuerrechtlicher Wirkung zuzurechnen (Verminderung seines Aufgabegewinnes oder Erhöhung seines Aufgabeverlustes).
Die Eröffnung des Konkurses über eine KG führt zur Auflösung der Gesellschaft (§ 131 Z 3 iVm § 161 Abs. 2 UGB). Die Auflösung der Gesellschaft bewirkt allerdings noch nicht das Ende der Gesellschaft, sie ist vielmehr abzuwickeln bzw. zu liquidieren. Solange die KG nicht abgewickelt ist, besteht sie unternehmensrechtlich fort. Im Unterschied zur stillen Gesellschaft (siehe Rz 5994b) lässt die Konkurseröffnung eine KG als Mitunternehmerschaft nicht untergehen. Eine nach Konkurseröffnung abzuwickelnde Personengesellschaft ist ertragsteuerlich grundsätzlich wie eine werbende Gesellschaft zu behandeln. Dementsprechend hat bei den Gesellschaftern die Erfassung eines Veräußerungsgewinnes nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuergesetzes zu erfolgen. Die Erfassung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 hat daher zu erfolgen:
Variante 1:
Wird im Rahmen des Konkurses die KG abgewickelt und stellt die Abwicklung eine Betriebsaufgabe gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 dar, hat die Erfassung des Veräußerungsgewinnes in dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem die Aufgabehandlungen so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb der KG die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (vgl. VwGH 16.12.2009, 2007/15/0121). Sollte die Abwicklung keine Betriebsaufgabe iSd § 24 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 darstellen, ist für die Erfassung des Veräußerungsgewinnes iSd § 24 Abs. 2 EStG 1988 der Zeitpunkt der Verteilung des Massevermögens maßgebend, da es jedenfalls damit zur Beendigung der Mitunternehmerschaft kommt (vgl. VwGH 21.02.1996, 94/14/0160).
Variante 2:
Wird die Eröffnung des Konkurses mangels Masse abgewiesen, hat die Erfassung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten als Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 zu dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem er tatsächlich aus der Gesellschaft ausscheidet.
Variante 3:
Im Konkursverfahren wird ein Zwangsausgleich durchgeführt bzw. ein Sanierungsplan nach der Insolvenzordnung erfüllt. Da die Konkurseröffnung den Bestand der Mitunternehmerschaft nicht berührt, ist der Gewinn aus dem Zwangsausgleich bzw. der Erfüllung des Sanierungsplanes anteilig den Gesellschaftern, somit auch dem Kommanditisten zuzurechnen.
Nach § 185 Abs. 2 UGB wird eine stille Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Dieser Auflösungsgrund kann nicht abbedungen werden. Mangels gesellschaftsrechtlicher Grundlage erlischt die stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft mit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Unternehmers. Da die Mitunternehmerschaft mit Konkurseröffnung erlischt, hat zu diesem Zeitpunkt die Versteuerung der negativen Kapitalkonten der atypisch stillen Gesellschafter zu erfolgen (UFS 03.02.2011, RV/3852-W/10). Nach Konkurseröffnung eintretende Änderungen im Vermögensstand des Geschäftsinhabers haben keine Auswirkungen mehr auf den stillen Gesellschafter. Maßgebender Stichtag für die Auseinandersetzung ist der Auflösungsstichtag, das ist der Tag der Konkurseröffnung über den Unternehmer. Ein Gewinn aus dem Schuldnachlass ist daher nur dem Unternehmer zuzurechnen, nur er kann die Begünstigung des § 36 EStG 1988 in Anspruch nehmen (anders im Falle eines gerichtlichen Ausgleiches oder eines Schuldnachlasses im Rahmen der Erfüllung eines Sanierungsplanes nach der Insolvenzordnung, siehe Rz 5908a).
Eine Fortsetzung einer bereits (durch Konkurs) aufgelösten stillen Gesellschaft ist nicht möglich; es ist vielmehr ein neuer Gesellschaftsvertrag zu schließen, der mit dem ursprünglichen Vertrag ident sein kann bzw. die ursprünglichen Gesellschafter so stellen kann, als hätte die stille Gesellschaft fortdauernd bestanden.
Der Vereinbarung, die stille Gesellschaft "fortsetzen" zu wollen, kann angesichts der rechtlichen Tatsache, dass eine stille Gesellschaft während des Bestandes eines Konkursverfahrens nicht existieren kann, nur die Wirkung beigemessen werden, dass nach Konkursaufhebung eine neue stille Gesellschaft errichtet werden soll. Da die Gesellschaftsgründung keine rückwirkende Kraft entfalten kann, ist auch in diesem Fall der Gewinn aus dem Schuldnachlass nur dem Unternehmer zuzurechnen.