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Rechtssätze
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des A, Adresse, über die Beschwerde vom 30. November 2016 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom 4. November 2016 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 machte der Beschwerdeführer neben Sonderausgaben Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in der Höhe von insgesamt 16.723,37 Euro (Kosten für Unterbringung in der Höhe von 10.415,85 Euro und Kosten für Familienheimfahrten in der Höhe von 6.307,52 Euro) als Werbungskosten geltend.
Mit Bescheid vom 4. November 2016 wurden neben Sonderausgaben der Pauschbetrag und
das Pendlerpauschale in der Höhe von 1.136 Euro als Werbungskosten berücksichtigt.
In der Begründung wurde (auszugsweise) Folgendes ausgeführt:
„Der Familienwohnsitz und auch Ihr Hauptwohnsitz befand sich seit mehreren Jahren in
Ort, in der Nähe der Arbeitsstätte. Selbst wenn bisher der Familienwohnsitz nicht
bereits in die Nähe der Arbeitsstätte verlegt worden wäre, hätten Aufwendungen dafür
nicht mehr berücksichtigt werden können, da die Gattin zumindest seit 2013 keine relevanten
Einkünfte in Adresse mehr erzielt (Einkünfte unter 6.000 €, bei sehr gutem Einkommen
des Partners), die für eine Unzumutbarkeit der Wegverlegung sprechen würden. Wird
nun von diesem Familienwohnsitz in der Nähe der Arbeitsstätte ohne berufliche Veranlassung
der Familienwohnsitz wieder wegverlegt, so sind dies private Gründe, die nicht zu
einer Berücksichtigung von Aufwendungen für Familienheimfahrten oder doppelte Haushaltsführung
führen können.
Es wurde jedoch ab März 2015 für die Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte der Familienwohnsitz
in Adresse für das Pendlerpauschale berücksichtigt (4 - 7 Fahrten pro Monat, mtl.
102 € PP/14€ Pendlereuro). (…)“
Dagegen richtete sich die Beschwerde vom 30. November 2016, mit der die „Versagung der (…) geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung
als Werbungskosten“ angefochten wird. Begründend führte der Beschwerdeführer aus:
„Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen im
Rahmen einer außerbetrieblichen Einkunftsart, in concreto Einkünfte aus nichtselbständiger
Tätigkeit gemäß § 2 Abs 3 Z 4 iVm § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG, sind als Werbungskosten
im Rahmen der Überschussermittlung abzuziehen. Zu diesen Werbungskosten zählen nach
der ständigen Rechtsprechung des VwGH und der Verwaltungspraxis auch Aufwendungen
für die doppelte Haushaltsführung (siehe nur LStR 2002, Rz 342 ff mwN). Aufwendungen
für eine doppelte Haushaltsführung sind dabei immer dann als Werbungskosten abzugsfähig,
wenn sie als durch die Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst anzusehen
sind. Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn
die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit
aufweist (vgl VwGH 28.3.2000, 96/14/0177). Dies ist - abgesichert durch die Rechtsprechung
des VwGH - auch dann der Fall, wenn dem erwerbstätigen Ehepartner des betroffenen
Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit
des Ehepartners nicht zugemutet werden kann. Aufwendungen gelten dementsprechend solange
als durch die Einkunftserzielung veranlasst, als dem Steuerpflichtigen oder seinem
Ehegatten eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit
nicht zugemutet werden kann (VwGH 29.1.1998, 96/15/0171, VwGH 17.2.1999, 95/14/0059).
Diese Voraussetzungen liegen im konkreten Fall vor:
Die Behörde geht davon aus, dass sich der Familienwohnsitz der Familie A
seit mehreren Jahren in Ort befand. Dabei übersieht sie aber, dass meine Ehefrau,
B, seit unserer Rückkehr aus Brüssel (berufliche bedingte Versetzung von 2001 bis
2006) ihren Wohnsitz durchgehend an ihrem Tätigkeitsort in Adresse hatte. Die Familie
A hatte daher zwei Wohnsitze: Ort und Adresse. Der Wohnsitz in Ort zeichnete sich
dabei vor allem als gemeinsamer Wohnort von mir und zwei der drei gemeinsamen Kinder
aus. Abseits davon bestanden die persönlichen Nahebeziehungen meiner Person zu diesem
Ort darin, bedingt durch die Nähe zu Ort1, die kulturelle Infrastruktur der Hauptstadt
zu nutzen. Der Wohnsitz in Adresse ist der gemeinsame Wohnsitz mit meiner Ehefrau
und der Anknüpfungspunkt unseres gemeinsamen Freundeskreises. Mit dem Auszug der Kinder
aus der Wohnung in Ort und deren beruflichen und privaten Selbständigkeit (Anfang 2015),
existierte zwangläufig nur noch ein Familienwohnsitz, nämlich jener in Adresse. Diese
Konstellation mag vielleicht auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, nichtsdestoweniger
lässt auch sie sich in die von den LStR 2002 zum Ausdruck gebrachten Verwaltungspraxis
einordnen.
Durch die Änderung in der Familienkonstellationen ändert sich die Gewichtung in der
Beurteilung des Familienwohnsitzes; der Familienwohnsitz wechselt von Ort nach Adresse,
auch wenn der Tätigkeitsort von mir gleichgeblieben ist. Dass ich aufgrund dieser
faktischen Gegebenheiten meine Wohnsituation am Tätigkeitsort verändert habe und in
eine wesentlich kleinere Wohnung gezogen bin (eine knapp 100 m2 Wohnung ist für eine
einzelne Person schlichtweg überdimensioniert), ist für diese Beurteilung in einem
ersten Schritt irrelevant.
Geht man zutreffend ab Anfang 2015 von einem Familienwohnsitz in Adresse aus, ist
lediglich die Frage zu beurteilen, ob es für Zwecke der steuerlichen Berücksichtigung
als Werbungskosten zumutbar ist, dass meine Ehefrau ihre Erwerbstätigkeit in Adresse
aufgibt und der Familienwohnsitz nunmehr in Ort1 begründet wird (hierzu gilt es zu
beachten, dass der Wohnungswechsel von Ort nach Ort1 dafür dem Grunde nach nicht ausschlaggebend
ist; in diesem Sinne spiegelbildlich auch VwGH 28.3.1997, 96/13/0129). Die Unzumutbarkeit
der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres
zu beurteilen, ohne dass es von Belang ist, ob die Verlegung allenfalls zu einem anderen
Zeitpunkt zumutbar gewesen ist oder nicht (vgl VwGH 26.7.2007, 2006/15/0047). Unterhält
ein Steuerpflichtiger einen vom Beschäftigungsort entfernten Familienwohnsitz ist
folglich zu prüfen, ob für dieses Streitjahr (2015) die Verlegung des Familienwohnsitzes
- vor allem im Hinblick auf den dort wohnhaften, berufstätigen Ehepartner - unzumutbar
ist (ebenfalls VwGH 26.7.2007, 2006/15/0047). Dies ist für 2015 zu bejahen.
Denn bei der Prüfung der Zumutbarkeit eines Wohnsitzwechsels ist nach der Verwaltungspraxis
in einem ersten Schritt eine zeitliche Komponente zu berücksichtigen. So räumen die
LStR 2002, Rz 346 Ehepaaren in einer aufrechten Ehe für eine allfällige Verlegung
des Familienwohnsitzes einen Zeitraum von zwei Jahren ein; innerhalb dieses Zeitraumes
wird die Unzumutbarkeit gewissermaßen unterstellt. Innerhalb dieses Zeitraumes wäre
sogar die völlige Aufgabe der beruflichen Tätigkeit eines Ehepartners auszublenden
(ebenso Rz 346). Wendet man diesen Toleranzzeitraum auf unseren Sachverhalt an, muss
die steuerlich relevante doppelte Haushaltsführung in den Jahren 2015 und 2016 schon
aus diesem Grund bejaht werden und konsequenterweise für die daraus erwachsenden Aufwendungen
der Werbungskostenabzug gewährt werden:
Erst ab 2015 weicht mein Beschäftigungsort vom Familienwohnsitz der Familie A ab.
Dementsprechend ist auch in diesem Fall der Toleranzzeitraum von zwei Jahren zu gewähren.
Innerhalb dieses Zeitraums ist die Verlegung des Familienwohnsitzes an meinen Beschäftigungsort
per se unzumutbar. Dies wird verstärkt durch die Tatsache, dass meine Pensionierung
nicht mehr fern ist. Spätestens 2020 werde ich in den Ruhestand treten. Auch diesen
Faktor gilt es in der Zumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigen, zumal meine Ehefrau
jünger ist und ihre Erwerbstätigkeit am Familienwohnsitz in Adresse daher auch nach
2020 noch ausüben wird.
In ihrer Begründung führt die Behörde ebenfalls die angeblich mangelnde Höhe der Einkünfte
meiner Gattin an. Diese habe seit 2013 keine relevanten Einkünfte mehr erzielt. Dieser
Auffassung kann ebenso nicht gefolgt werden. Für die Zumutbarkeitsprüfung ist darauf
abzustellen, ob der Ehegatte „steuerlich relevante Einkünfte" aus einer aktiven Erwerbstätigkeit
am Familienwohnsitz erzielt. Steuerlich relevante Einkünfte sind zunächst solche,
die unter den Einkünftekatalog des § 2 Abs 3 EStG fallen. Dies tritt auf die von meiner
Frau erzielten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (C) in jedem Fall zu. Eine zahlenmäßig
festgelegte Einkunftsgrenze ist in diesem Zusammenhang weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung
des VwGH zu entnehmen. Vielmehr ist der konkrete Einzelfall in seinem Gesamtzusammenhang
zu würdigen.
In einem Erkenntnis aus 1999 (VwGH 17.2.1999, 95/15/0059) hat der VwGH etwa die Einkünfte
einer Heimarbeiterin aus nichtselbständiger Arbeit von 17.000 Schilling als irrelevant
erachtet (das wären umgerechnet 1.235 Euro). In diesem Erkenntnis führt der VwGH zudem
aus, dass nachhaltig erzielte Einkünfte „von weniger als 20.000 Schilling" nicht dazu
führen, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes zum Dienstort als unzumutbar anzusehen
wären. Im Umkehrschluss heißt das aber nichts anderes, als dass nachhaltige Einkünfte
des Ehepartners von über 20.000 Schilling (entspricht 1.454 Euro) für die Unzumutbarkeit
einer Verlegung des Familienwohnsitzes sprechen. Selbst wenn man in Bezug auf diese
Zahlen die zwischenzeitliche Teuerungsrate berücksichtigt, liegen die Einkünfte meiner
Frau sowohl 2013, 2014 als auch 2015 weit darüber. In den Jahren davor ebenfalls.
Aber selbst wenn man keine betragliche Fixgröße heranziehen wollte, sondern auf die
Relation der Einkünfte der Ehepartner abstellt, sind die Einkünfte meiner Frau als
steuerlich relevant zu beurteilen. In seinem Erkenntnis vom 20.4.2004 (2003/13/0154)
hat der VwGH den Einkünften der Ehefrau des Beschwerdeführers die Erheblichkeit unter
anderem deshalb abgesprochen, weil diese „deutlich unter einem Zehntel“ seiner eigenen
Einkünfte gelegen sind. Auch diese relative Größe ist im Einzelfall zu würdigen. Im
Fall meiner Frau sind für das gegenständliche Jahr 2015 folgende Umstände zu berücksichtigen,
die sich unmittelbar in der Höhe ihrer Einkünfte niedergeschlagen haben. Aufgrund
der Eröffnung des Lernstudios „D“ in Ort2 ergab sich ab 2012 eine neue Konkurrenzsituation,
die es deutlich erschwert hat, ausscheidende Schüler (zB solche, die ihre Schulpflicht
beendet haben und deshalb die Förderung nicht mehr benötigten) durch neue zu ersetzen
oder den bestehenden Stock gar auszubauen. Die Folge war ein spürbarer Einnahmenrückgang.
Erschwerend kam im Jahr 2015 eine Erkrankung meiner Gattin hinzu, die im gesamten
Herbst/Winter 2015 zu einem Totalausfall geführt hat. Gerade diese Monate sind in
ihrem Beruf aber besonders bedeutsam. Dies erklärt auch den vorübergehenden Rückgang
in der Höhe ihrer Einkünfte. Berücksichtigt man die vorgenannten Parameter, dann kann
aber die steuerliche Relevanz dieser Einkünfte im gegebenen Kontext nicht abgesprochen
werden.
Zusammenfassend darf aber für den konkreten Fall noch einmal darauf verwiesen werden,
dass die Höhe der Einkünfte meiner Frau für die Jahre 2015 und 2016 aufgrund des von
der Verwaltungspraxis anerkannten Beobachtungszeitraums nicht entscheidungserheblich
sind. Und selbst wenn man sie berücksichtigte, sind sie im Kontext der Gesamtsituation
zu würdigen. Dabei ist vor allem die Erkrankung meiner Frau von September 2015 bis
Jänner 2016 zu berücksichtigen. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung der Umstände ist
ebenso auf die Tatsache meiner altersbedingt zeitlich nur noch begrenzten weiteren
beruflichen Tätigkeit außerhalb meines Familienwohnsitzes Bedacht zu nehmen. Zudem
soll darauf hingewiesen werden, dass die in den Richtlinien genannten Grenzen von
2.200 Euro bis 2012 und 6.000 Euro ab 2013 für steuerpflichtige Ehegatten ohne Kinder
willkürlich sind. Sie knüpfen weder an die Nullsteuerzone des § 33 Abs 1 EStG an noch
orientieren sie sich an der Versicherungsgrenze für selbständig Erwerbstätige noch
sind sie sonst an einer für die Gruppen steuerrelevanten Grenzen ausgerichtet. Zudem
ist für den abrupten Anstieg von 2.200 auf 6.000 Euro keine sachliche Rechtfertigung
ersichtlich. Nachdem sich diese Größen nicht in der Rechtsprechung des VwGH abbilden
lassen, können sie bestenfalls als Orientierungsgröße herangezogen werden, dürfen
jedoch die Würdigung im Einzelfall nicht verunmöglichen.“
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 24. März 2017 wurde die Beschwerde als unbegründet
abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus:
„Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für
den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften
nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG auch für Aufwendungen
oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder
gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung
des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Eine berufliche Veranlassung der mit einer doppelten Haushaltsführung verbundenen
Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und damit deren Werbungskostencharakter ist
dann als gegeben anzusehen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes
an den Ort der Beschäftigung nicht zuzumuten ist. Die Berufstätigkeit des Ehepartners
am Ort des Familienwohnsitzes ist als Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung
anzuerkennen, wenn der Ehepartner nachhaltig Einkünfte nicht bloß untergeordneten
Ausmaßes erzielt. Entscheidend ist somit das Gewicht zum Familieneinkommen der Eheleute.
Ist dieser Beitrag allerdings im Verhältnis zum Einkommen des Steuerpflichtigen vernachlässigbar,
dann stellt die Berufstätigkeit des Ehepartners keinen Grund für die Unzumutbarkeit
der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung dar (vgl. VwGH 20.04.2004,
2003/13/0154). Ein Einkommensvergleich für die Jahre 2007-2015 ergibt, dass Ihre Gattin
weniger als 10% Ihres Jahresgehaltes verdient hat. Ihre Gattin erzielte demnach keine
steuerlich relevanten Einkünfte und leistet somit keinen wesentlichen Beitrag (mindestens
10 %) zum Familieneinkommen, weswegen die Verlegung des Familienwohnsitzes zumutbar
ist (vgl. UFS vom 06.02.2006, RV/0002-G/06 und BFG vom 25.01.2017, RV/2101812/2014).
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 26.11.1996, 95/14/0124 ausgeführt, dass einem
Arbeitnehmer nach Erreichen des 60. Lebensjahres die Verlegung des Wohnsitzes an den
Tätigkeitsort nicht zumutbar ist, wenn von vornherein feststeht, dass er die Berufstätigkeit
spätestens mit Erreichen des 65. Lebensjahres einstellen wird. Der Gerichtshof stellt
dabei auf die Erreichung des Regelpensionsalters für die Alterspension von 65 Jahren
innerhalb von 5 Jahren ab Dienstantritt ab. Bei einem Dienstantritt vor Erreichung
des 65. Lebensjahres führt die bevorstehende Pensionierung nicht zur Unzumutbarkeit
der Wohnsitzverlegung (vgl. UFS vom 23.01.2006, RV/0204-I/05). Nachdem weder Gründe
für eine dauerhafte noch für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung vorliegen,
war die Beschwerde abzuweisen.“
Mit Vorlageantrag vom 18. April 2017 beantragte der Beschwerdeführer eine Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers, der Feststellungen im Verwaltungsverfahren und auf Grund der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Abfragen stand unstrittig fest, dass der verheiratete Beschwerdeführer – so wie in den Jahren davor - im verfahrensgegenständlichen Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezog und sein Dienstort (zumindest seit seiner Rückkehr aus Brüssel im Jahr 2006) Ort1 war. Der Beschwerdeführer war bis zu Beginn des Jahres 2015 in der Gemeinde Ort3 (Ort) mit Hauptwohnsitz gemeldet, seit 2. März 2015 ist er mit Hauptwohnsitz in Adresse gemeldet, wo er bis zu diesem Tag mit Nebenwohnsitz gemeldet war. Ebenfalls seit 2. März 2015 ist er in Ort1 mit Nebenwohnsitz gemeldet. Seine Gattin ist seit Oktober 2006 in Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet, davor war sie in Ort3 mit Hauptwohnsitz und in Adresse mit Nebenwohnsitz gemeldet. Bis zum Jahr 2006 waren alle drei Kinder des Beschwerdeführers bzw. zum 2. März 2015 waren zwei seiner Kinder mit Hauptwohnsitz in Ort3 gemeldet.
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungkosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften unter anderem die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung, wie zum Beispiel für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind die Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 (VwGH 22.12.2011, 2008/15/0157).
Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch Beschäftigungsort ist bzw. in der Nähe des Beschäftigungsortes liegt, weg verlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. VwGH 26.4.2006, 2006/14/0013).
Im verfahrensgegenständlichen Fall war unstrittig, dass der Beschwerdeführer seit Dezember 1985 und bis zum 2. März 2015 über einen Wohnsitz in der Nähe seines Beschäftigungsortes verfügt hat. Seine Gattin und ein Kind waren bis zum Jahr 2006, die beiden anderen Kinder waren ebenfalls bis zum 2. März 2015 dort wohnhaft und dort mit Hauptwohnsitz gemeldet. Nach § 4 Abs. 1 der Pendlerverordnung (BGBl. II Nr. 276/2013) liegt ein Familienwohnsitz dort, wo ein Arbeitnehmer seine engsten persönlichen Beziehungen (zum Beispiel Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers, er habe in Ort3 gemeinsam mit zwei seiner Kinder gelebt und zu diesem Ort habe bedingt durch die Nutzung der kulturellen Infrastruktur eine persönliche Nahebeziehung bestanden, war davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bis Anfang März 2015 über einen Familienwohnsitz in Ort3 verfügt hat. Selbst der Beschwerdeführer ging in seiner Beschwerdeschrift von einem solchen in Ort3 bis März 2015 aus, denn durch die Änderung in der Familienkonstellation habe der Familienwohnsitz von Ort3 nach Adresse gewechselt. Eine etwaige nach der Aufgabe des Familienwohnsitzes in Ort3 erfolgte Begründung eines Familienwohnsitzes in Adresse hatte ihre Veranlassung nicht in der nichtselbständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers; der Dienstort des Beschwerdeführers hat sich nicht geändert. Die doppelte Haushaltsführung war somit nicht beruflich veranlasst (VwGH 26.4.2006, 2006/14/0013).
Lag damit schon deshalb keine Möglichkeit zur Berücksichtigung der diesbezüglich geltend gemachten Werbungskosten vor, bedurfte es keiner Erwägungen betreffend die Bedeutung und Höhe der von der Gattin des Beschwerdeführers erzielten Einkünfte und auch keiner betreffend die Frage, die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort sei aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen. In eine Prüfung der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung war bei dieser Sachlage nicht einzutreten (VwGH 22.12.2011, 2008/15/0157). Auch war die spätestens im Jahr 2020 erfolgende Ruhestandsversetzung bei der gegenständlichen Sachlage nicht zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer hat seinen Familienwohnsitz in der Nähe seines Beschäftigungsortes aufgegeben und seine (schon Jahre andauernde) Beschäftigung in Ort1 beibehalten; der Beschwerdefall unterschiedet sich daher wesentlich von den Fällen, in denen Arbeitnehmern, die nach Erreichen des 60. Lebensjahres eine auswärtige Tätigkeit (neu) aufnehmen, die Verlegung des Wohnsitzes an den Tätigkeitsort nicht zumutbar ist, wenn von vornherein feststeht, dass die Berufstätigkeit spätestens mit Erreichen des 65. Lebensjahres eingestellt wird.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern hat sich auf diese sowie auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen gestützt.
Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.
Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am 12. März 2018