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. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .Vorschreibung der Kapitalertragsteuer an die Schuldnerin der Kapitalerträge mit Festsetzungsbescheid und nicht mit Haftungsbescheid (§224 BAO) ist rechtswidrig!
Rechtssätze
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Aigner in der Beschwerdesache Firma A-GmbH NfG OG, A-Straße 5, 1XXX Wien, vertreten durch die Fa. CONSULTATIO Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG, Karl-Waldbrunner-Platz 1, A-1210 Wien, über die Beschwerde vom 13.02.2012 gegen den mit 6.12.2011 datierten Bescheid der belangten Behörde FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.11.2016 zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.
133
Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist die durch Umwandlung gemäß §§ 1 UmwG aus der A-GmbH
hervorgegangene A-GmbH NfG OG.
Die unbeschränkt haftenden Gesellschafterinnen sind A.A. und A.B.. Der Gegenstand
des Unternehmens ist die Beherbergung und Gastgewerbe, insbesondere der Betrieb des
A-Hotels.
Angefochten ist der an die Bf. adressierte Abgabenfestsetzungsbescheid vom 6.12.2011, mit dem die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 in Höhe von (25% von 311.298,96 €=) 77.824,74 € festgesetzt wurde.
Dem angefochtenen Bescheid ging eine abgabenbehördliche Nachschau bei der Bf. voraus,
in deren Gefolge die Betriebsprüfung in der Niederschrift gemäß § 144 BAO vom 1.12.2011
feststellte, dass A.B. ihren Mitunternehmeranteil an der A-GmbH & Co KG (=A-KG) zum
Stichtag 31.12.2009 in die A-GmbH eingebracht hätte. Der Vertrag wäre am 29.09.2010
unterzeichnet worden. Die Gegenleistung wäre gemäß § 19 Abs.2 Z.2 UmgrStG eine Abfindung
der Einbringenden mit Anteilen der Anteilsinhaber der übernehmenden Gesellschaft gewesen.
§ 16 Abs.5 UmgrStG wäre nicht zur Anwendung gekommen.
Durch die Einbringung der Anteile der letzten Kommanditistin sei es automatisch zu
einer Anwachsung gemäß § 142 UGB an die Komplementär-GmbH (=A-GmbH) gekommen. Das
Vermögen sei übergegangen. Im nächsten Schritt sei die GmbH zum Umwandlungsstichtag
31.12.2009 errichtend auf die A-GmbH NfG OG (=Bf.) umgewandelt (Vertrag vom 29.09.2010)
worden.
Mit der nachfolgenden Übersicht wurde der Stand des Eigenkapitals der A-GmbH zum 31.12.2009 laut Bilanz (vor Umgründung) wie folgt dargestellt:
Stammeinlage (eingefordert) | 18.168,23 € |
Kapitalrücklage | 270.151,18 € |
Jahresgewinn 2009 | 173.611,45 € |
Gewinnvortrag | 137.687,51 € |
Nach Rechtsmeinung der belangten Behörde würden thesaurierte Gewinne der umzuwandelnden
Kapitalgesellschaft bis zur Umwandlung zwar der Körperschaftsbesteuerung, nicht jedoch
der Ausschüttungsbesteuerung bei den Gesellschaftern unterzogen. Mit der Umwandlung
würden diese Gewinnbestandteile in das Eigenkapital der nachfolgenden Bf. überführt
und würden damit die Eigenschaft eines ausschüttbaren Gewinnvortrags verlieren. Für
diese Fälle sehe § 9 Abs. 6 UmgrStG zur Sicherstellung der Besteuerung der erzielten
Gewinne auf Gesellschafterebene eine Ausschüttungsfiktion vor.
Nach § 9 Abs. 6 UmgrStG würden die im Eigenkapital der Gesellschaft gespeicherten
und auch nach dem Umwandlungsstichtag nicht offen ausgeschütteten Gewinnbestandteile
der umzuwandelnden Körperschaft mit dem Tag der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses
zur Eintragung in das Firmenbuch als ausgeschüttet gelten, da in der nachfolgenden
Personengesellschaft diese Gewinnanteile im Eigenkapital untergehen würden und auf
Ebene der Personengesellschaft Zahlungen an die Gesellschafter erfolgsneutrale Entnahmen
und keine steuerbaren Gewinnausschüttungen darstellen würden.
Auch im Zuge der anschließenden Einbringung des Betriebes aus der Bf. in die A-Hotel
GmbH bleibe der ehemalige Gewinnvortrag Eigenkapital. Es komme zu keiner „Rückwidmung“ dieses Betrages, da ein solcher Vorgang steuerrechtlich nicht vorgesehen sei.
Grundsätzlich könnten nur die einer Kapitalgesellschaft von ihren Gesellschaftern
causa societatis zugeführten Mittel an die Gesellschafter ertragssteuerneutral zurückfließen.
Nur eine solche Interpretation würde verfassungsrechtlich akzeptable Ergebnisse gewährleisten.
Im Fall einer Umwandlung würden in der Kapitalgesellschaft gespeicherte Gewinne somit
grundsätzlich die Ausschüttungsfiktion nach § 9 Abs. 6 UmgrStG auslösen.
Da im vorliegenden Beschwerdefall die Ausschüttungsfiktion durch die Geltung der übergehenden,
thesaurierten Gewinne der A-GmbH in Höhe von 311.298,96 € mit dem Tag der Anmeldung
des Umwandlungsbeschlusses zur Eintragung der Umwandlung ins Firmenbuch als offen
ausgeschüttet und zugeflossen (30.09.2010) bedingt gegeben sei, falle Kapitalertragsteuer
in Höhe von 77.824,74 € für diesen Betrag bei der Bf. als Rechtsnachfolger der A-GmbH
an. Durch die nicht fristgerechte Abführung der Kapitalertragsteuer bedingt komme ein
Säumniszuschlag zum Tragen.
Der Rechtsmeinung der belangten Behörde wurde in der als Berufung bezeichneten Beschwerde
gegen den Kapitalertragsteuerfestsetzungsbescheid für das Jahr 2010 vom 6.12.2011
folgende Rechtsmeinung der steuerlichen Vertretung der Bf. entgegnet:
Zum rückwirkenden Einbringungsstichtag 31.12.2009 sei der Mitunternehmeranteil von
A.B. an der A-KG in die A-GmbH unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen
Begünstigungen im Rahmen des Art. III UmgrStG eingebracht worden (Umgründungsschritt
I). Die A-KG sei damit verbunden kraft Anteilsanwachsung unter Anwendung der Regeln
des § 142 UGB untergegangen. Das Betriebsvermögen sei an die A-GmbH in Gesamtrechtsnachfolge
übergegangen. Nach diesem Umgründungsschritt sei daher die davor bestehende Beteiligung
der A-GmbH kraft Anwachsung an der A-KG abgegangen. Der unternehmens- bzw. steuerrechtliche
Buchwert der Beteiligung sei abzuschreiben gewesen. An Stelle des Buchwerts der Beteiligung
habe die A-GmbH das Betriebsvermögen der A-KG mit ihren unternehmens- bzw. steuerrechtlichen
Buchwerten übernommen.
In einem zweiten Umgründungsschritt sei die A-GmbH errichtend unter Inanspruchnahme
des Umwandlungsgesetzes und der steuerlichen Begünstigungen im Rahmen des Art. II
UmgrStG auf die Bf. umgewandelt worden. Der Nachfolgerechtsträgerin OG sei mittels
angefochtenen Bescheid die Kapitalertragsteuer in Höhe von 77.824,74 € auf Basis eines
ausschüttbaren Bilanzgewinnes in Höhe von 31.298,96 € vorgeschrieben worden.
In einem dritten Schritt sei mit Einbringungsvertrag vom 3.11.2010 und rückwirkendem
Umgründungsstichtag zum 28.02.2010 der Betrieb der A-GmbH in eine davor neu gegründete
A-Hotel GmbH, im Firmenbuch eingetragen unter FN. 000000h, unter Inanspruchnahme der
Begünstigungen im Rahmen des Art.III UmgrStG eingebracht worden.
Alle drei Umgründungsschritte seien erforderlich gewesen, um das Vermögen und insbesondere
die rechtlichen Verhältnisse des Hotelbetriebes von den übrigen Aktivitäten (vor allem
Liegenschaftstransaktionen) mit gesellschaftsrechtlicher und tatsächlicher Wirkung
zu trennen.
Wider die Anwendung von § 9 Abs.6 UmgrStG im konkreten Sachverhalt führte der steuerliche
Vertreter ins Treffen, dass der davor ausschüttbare Bilanzgewinn durch die Sacheinlage
der Buchwerte der A-KG untergehe. Ansonsten würde nämlich kein sachgerechtes steuerliches
Ergebnis resultieren, zumal die von der A-KG an die natürlichen Personen als Gesellschafterinnen
zugewiesenen Gewinne bereits voll der Einkommensbesteuerung unterzogen worden seien.
Die Finanzverwaltung übersehe, dass die Anteile von der natürlichen Person A.B. eingebracht
worden seien. Diese eingebrachten Mitunternehmeranteile seien zur Gänze bereits der
Einkommensbesteuerung unterworfen worden. Während die Finanzverwaltung mit der Sachgerechtigkeit
und mit „verfassungsrechtlich akzeptablen Ergebnissen“ argumentiere, führe der steuerliche Vertreter ins Treffen, dass gerade die Nichtanwendung
von § 9 Abs. 6 UmgrStG erst ein sachgerechtes und verfassungsrechtlich konformes Steuerergebnis
ermögliche. Die Vorumgründung (Umgründung Schritt I von der A-KG in die A-GmbH) sei eine
Sacheinlage (vgl. vor allem auch die offizielle Interpretation der gesetzlichen Grundlagen
des Bundesministeriums für Finanzen in den UmgrStR 2002, Rz.893ff. und Rz.1261ff.).
Einlagen seien allerdings von dem der Ausschüttungsfiktion zu unterziehenden Betrag
in Abzug zu bringen (siehe Gesetzestext zu § 9 Abs.6 UmgrStG und UmgrStR Rz.554 „minus Einlagen im Sinn des § 4 Abs.1 Z.12 Z.1 EStG ohne Einlagenteile des Nennkapitals“). In Rz 553 UmgrStR heiße es wörtlich: „Abzuziehen sind weiters Einlagen im Sinn des § 4 Abs.12 EStG“.
Hinsichtlich der Mitunternehmeranteilseinbringung von A.B. liege eine „Konzentrationsverschmelzung“ im Sinn der Rz 369 in den UmgrStR 2002 vor. Eine Nennkapitalerhöhung bei der übernehmenden
A-GmbH habe nicht stattgefunden. Dementsprechend wäre ein positiver Unterschiedsbetrag
in eine Kapitalrücklage einzustellen. Die Kapitalrücklage hätte unzweifelhaft Einlagen-
an Stelle von Gewinncharakter.
Bei der Einbringung im konkreten Sachverhalt sei das gesamte Eigenkapital in Höhe
von 599.618,37 € jedoch unverändert geblieben. Die Struktur des Eigenkapitals habe
sich laut der Entwicklung des Evidenzkontos gemäß § 4 Abs. 12 EStG verändert. Das
Stammkapital betrage unverändert 18.168,23 €; auf die nicht gebundene Kapitalrücklage
entfalle somit der restliche Betrag in Höhe von 581.450,14 €. Das unverändert bleibende
Eigenkapital bedinge eine unternehmensrechtliche Aufwertung als „Umgründungsmehrwert“ in Höhe von 82.416,88 €. Ohne die entsprechende Aufwertung wäre es zu einer Eigenkapitalreduktion
von 599.618,37 € um 82.416,88 € auf 462.956,61 € gekommen.
Die Veränderung des Eigenkapitals vor und nach der Einbringung habe somit in drei
Schritten zu erfolgen. Im ersten Schritt komme es zu einem Buchwertabgang der Beteiligung
in Höhe von 545.373,49 €. Im zweiten Schritt nehme die A-GmbH die Sacheinlage des
Betriebes mit einem Buchwert von 462.956,61 € auf. In einem dritten Schritt komme
es zur Inanspruchnahme der Option nach § 202 Abs.1 UGB in Form der Aufwertung eines
Umgründungsmehrwertes in Höhe von 82.416,88 €. Somit bleibe das Eigenkapital vor und
nach der Sacheinlage (Einbringung KG-Anteil) unverändert. Die Struktur des Eigenkapitals
habe sich jedoch ganz wesentlich verändert. Dies habe Auswirkung auf die Berechnung
der Ausschüttungsfiktion gemäß § 9 Abs. 6 UmgrStG. Hinsichtlich Details zur Evidenzkontenentwicklung
im Zuge der Einbringung werde auf die Beilage I-Entwicklung des Evidenzkontos gemäß
§ 4 Abs.12 EStG zum Stichtag 31.12.2009 verwiesen.
Die Einstellung des Umgründungsmehrwerts sei ein weiteres Indiz dafür, dass das Eigenkapital
nach der Einbringung gemäß Schritt I nichts mehr mit dem Eigenkapital vor der Umgründung
zu tun habe. Laut Rz.553 in den Umgründungssteuerrichtlinien 2002 würden zu den (Anmerkung:
nicht kapitalertragsteuerpflichtigen) Kapitalrücklagen auch solche zählen, die auf
Grund einer steuerneutralen Neubewertung des Vermögens gemäß § 202 Abs.1 UGB entstanden
seien. Der Aufwertungsbetrag in Höhe von 82.416,88 € könne somit keinesfalls der Ausschüttungsfiktion
unterliegen.
Bei Bestand von Zweifel an der Qualifikation zwischen Einlagen- und Gewinnteile sei
die Entwicklung laut Evidenzkontenstandsveränderung als Interpretationshilfe heranzuziehen
(vgl. Rz.555 in den UmgrStR 2002).In der Anlage werde die Evidenzkontostandsentwicklung
vor und nach der Einbringung gesendet; demzufolge würden nicht der Ausschüttungsfiktion
unterliegende Einlagenteile vorliegen.
Das Fachschrifttum lasse keinen Zweifel. Nicht für die Ausschüttungsfiktion nach § 9
Abs. 6 UmgrStG seien jene Beträge zu erfassen, die Einlagencharakter hätten. Hierzu
würden das Nennkapital sowie alle übrigen Einlagen im Sinn des § 4 Abs.12 EStG zählen.
Diese Komponenten seien von der Ausschüttungsfiktion nicht umfasst, da sie auch bei
tatsächlicher Ausschüttung zu keinen Kapitaleinkünften führen würden. Für die Ausschüttungsfiktion
würden nach der herrschenden Fachliteratur nur jene Teile der Kapitalrücklage zählen,
die nicht als Einlage im Sinn des § 4 Abs. 12 Z. 2 EStG zu behandeln seien (vgl. Hügel/Mühlehner/Hirschler,
Kommentar Umgründungssteuergesetz, Wien 2000, Rz 34).
Die Conclusion sei, dass das Eigenkapital nach der Einbringung der Mitunternehmeranteile
der A-KG von A.B. in die A-GmbH und den dadurch bewirkten Untergang der A–KG keine
Gewinn-, sondern Einlagenanteile aufweise. Die Bemessung der Ausschüttungsbesteuerung
gemäß § 9 Abs. 6 UmgrStG ergebe somit Null, da sich nach dem Gesetzestext und in den
Umgründungssteuerrichtlinien dokumentierten Verwaltungsrichtlinien keine positive
Bemessungsgrundlage für eine Kapitalertragsteuer auf Basis der Ausschüttungsfiktion
in § 9 Abs. 6 UmgrStG ergebe.
In der vom steuerlichen Vertreter in der Beschwerde rechtzeitig beantragten mündlichen
Verhandlung, in der die Bf. am 10.11.2016 steuerlich von Dr. A und Mag. B vertreten
war, wurde von Dr. A vorgebracht:
"Die Komplementär - GmbH A-GmbH war bereits an der KG beteiligt und der
Beteiligungsansatz 545.373,49 gehe aufgrund der Anwachsung bei der GmbH ab. Bei
diesem Buchwertabgang handelt es sich um einen Aufwand, der mit dem Eigenkapital
der GmbH insbesondere mit dem Bilanzgewinn der GmbH von 311.298,96 zu
verrechnen ist.
Damit liegt kein ausschüttbarer Gewinn (mehr) vor. Aufgrund der Anwachsung der KG an
die Komplementär-GmbH erhält diese eine Einlage gem. § 4 Abs.12 EStG in Höhe von
462.956,61. Diese Einlage ist Kapital der Komplementär GmbH und ist aufzuteilen
(mangels Kapitalerhöhung) bei der Komplementär-GmbH auf das Stammkapital in Höhe
von 18.168,23 der Rest auf die Kapitalrücklage.
Ich habe einen Buchwertabgang der Beteiligung bei der GmbH, der mit dem
Bilanzgewinn der GmbH zu verrechnen ist. Andererseits kommt das Eigenkapital der
KG
(im Rahmen der Einbringung gem. Art.III UmGrStG) in die GmbH."
Die Amtsvertreterin bestritt, der Argumentation, wonach der Abgang der Beteiligung
bei der Komplementär-GmbH als aufwandsrelevanter Vorgang und der Zugang des Betriebes
(Aktiva/Passiva) als Sacheinlage gemäß § 4 Abs. 12 EStG anzusehen sei - nebst der
bereits durch die Einbringung im Jahr 2008 in Höhe von 270.151,18 gebuchten sowie
der Einbringung zum Stichtag 09 in Höhe von 107.461,16 noch zu erfassenden Kapitalrücklage
- folgen zu können, und hielt der Rechtsmeinung der belangten Behörde entgegen:
"Im Prinzip wird der Beteiligungsansatz durch Übergang des Vermögens der KG ersetzt,
es handelt sich hierbei um einen Tauschvorgang, der steuerrechtlich keinen
erfolgswirksamen Vorgang nach sich zieht, eine Ausbuchung der Beteiligung an der
KG,
den Bilanzgewinn der GmbH nicht tangiert.
Nach Ansicht der Amtspartei ist der Sachverhalt in drei Schritte aufzuteilen. Erstens:
die
Einbringung des Mitunternehmeranteils der letzten Kommanditistin in die GmbH;
zweitens: die gesetzliche Folge der Anwachsung gemäß § 142 UGB des Vermögens der
KG an die GmbH; drittens: die Umwandlung der GmbH in die OG (=beschwerdeführende
Partei).
Eine handelsrechtliche Buchung könnte nach Ansicht der Amtspartei erst nach Übergang
des Vermögens (Mehrfachzug) erfolgen."
Der steuerliche Vertreter wandte daraufhin ein, dass der Buchwertabgang der Beteiligung
in der Komplementär-GmbH als Aufwand mit dem Bilanzgewinn der GmbH zu verrechnen sei,
weil bei der Ausschüttungsfiktion gemäß § 9 Abs. 6 UmGrStG es um den handelsrechtlich
/ unternehmensrechtlich ausschüttbaren Gewinn (nach der damaligen Rechtslage) gehe (vgl.
dazu auch Rz 545 UmGrStRL). Der Einbringungsvorgang nach Art. III UmGrStG umfasse
sowohl die Einlage von Mitunternehmeranteilen in die Komplementär-GmbH als auch die
Anwachsung des Betriebes der KG in die Komplementär-GmbH, womit nur ein Einbringungsvorgang
vorliege, der zum Stichtag 31.12.2009 erfolge.
Die steuerliche Vertreterin der Bf. Mag. B fügte den Ausführungen von Dr. A hinzu,
dass die belangte Behörde bei der Berechnung der Einlagen gem. § 4 Abs. 12 EStG nicht
berücksichtigt hätte, dass bei der Einbringung vor der Umwandlung eine Sacheinlage
in die GmbH eingebracht worden wäre, die bei der Berechnung der Ausschüttungsfiktion
in Abzug zu bringen sei. Der Betrag sei 462.956,61.
Zwecks Klärung des Zahlenmaterials einigten sich die Verfahrensparteien darauf, offene
Fragen im Schriftweg zu beantworten. Seitens der beschwerdeführenden Partei wurde
auf die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung verzichtet.
Mit der an das Bundesfinanzgericht adressierten Mail vom 27.08.2018 sprach sich die Amtsvertreterin für eine Aufhebung des angefochtenen Kapitalertragsteuerfestsetzungsbescheides aus.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhaltsmäßig steht fest, dass mit dem an die A-GmbH NfG OG adressierten Bescheid vom 6.12.2011 die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 gemäß § 95 Abs. 5 EStG in Höhe von (25% von 311.298,96 € =) 77.824,74 € festgesetzt worden ist. Begründet wurde die Erlassung des angefochtenen Kapitalertragsteuerfestsetzungsbescheides vom 6.12.2011 durch die belangte Behörde mit der [vom steuerlichen Vertreter bestrittenen] Rechtsmeinung, wonach die Ausschüttungsfiktion des § 9 Abs. 6 UmgrStG im vorliegenden Beschwerdefall anzuwenden sei. Zwischen den Verfahrensparteien ist nunmehr strittig, ob die Ausschüttungsfiktion des § 9 Abs. 6 UmgrStG in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalt anzuwenden ist.
Rechtslage
Nach § 27 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1988 sind Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen
an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, soweit sie nicht zu den Einkünften im
Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Nach § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) die Einkommensteuer durch Abzug vom
Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).
Nach § 93 Abs. 2 EStG 1988 liegen inländische Kapitalerträge vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz,
Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder Zweigstelle im Inland eines Kreditinstituts
ist und es sich um Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien,
Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung handelt. Nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 ist der Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer
ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund
für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Nach § 95 Abs. 3 Z. 1 EStG 1988 ist bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2) der Schuldner der Kapitalerträge
zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet.
Nach § 95 Abs. 5 EStG 1988 ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben,
wenn 1. der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt
hat oder 2. der Empfänger weiß, daß der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer
nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.
Kommt ein Schuldner derartiger Kapitalerträge dieser Verpflichtung nicht nach, ist er
mittels Haftungsbescheid gemäß § 224 BAO in Anspruch zu nehmen. Nach § 224 Abs.1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten
persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In
diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die
seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet,
binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
Im gegenständlichen Beschwerdefall ging die belangte Behörde von einem Sachverhalt
aus, in dem die Ausschüttungsfiktion des § 9 Abs. 6 UmgrStG Anwendung findet.
Unabhängig von der Rechtmäßigkeit dieser Würdigung ist festzuhalten, dass die Bf.
als inländische Schuldnerin der Kapitalerträge im Falle des Vorliegens von kapitalertragsteuerpflichtigen
Erträgen zur Einbehaltung und Abfuhr der geschuldeten Kapitalertragsteuer an den Bund
verpflichtet ist. Kommt ein Schuldner derartiger Kapitalerträge dieser Verpflichtung
nicht nach, ist er mittels Haftungsbescheid gemäß § 224 BAO in Anspruch zu nehmen.
Da der angefochtene Bescheid vom 6.12.2011 kein Haftungsbescheid ist, sondern darin
die vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Kapitalertragsteuer unmittelbar gegenüber
der Bf. festgesetzt wurde, war der angefochtene Bescheid folglich rechtwidrig und
spruchgemäß aufzuheben.
Klargestellt wird, dass die gegenständliche Entscheidung nicht den an „A-GmbH NFG OG als Rechtsnachfolgerin der A-GmbH“ adressierten Haftungsbescheid [betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 in Höhe von € 77.824,73] vom 12.12.2016 berührt, da dieser nicht Beschwerdegegenstand ist.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche
Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der
bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet
wird.
Eine Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31.08.2018, RV/7100582/2012, ist unzulässig, weil das Gesetz unmissverständlich regelt, dass ein Schuldner inländischer Kapitalerträge, der seiner
Einbehaltungs- und Abfuhrverpflichtung nicht nachkommt, im Haftungswege gemäß § 224 BAO für die vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Kapitalertragsteuer in Anspruch
zu nehmen ist. Diese Vorgangsweise ergibt sich unmittelbar aus den Bestimmungen der
§§ 93 und 95 EStG 1988.
Eine unmittelbare Festsetzung der Kapitalertragsteuer gegenüber dem Schuldner der
Kapitalerträge ist aus dem Gesetz nicht abzuleiten und daher rechtswidrig.
Wien, am 31. August 2018