

Rechtssätze
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adresse1, vertreten durch Q.Q.KG, Adresse2, über die Beschwerde vom 17. Dezember 2014 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Umgebung vom 05. Dezember 2014 betreffend Einkommensteuer 2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 (Bundesabgabenordnung) BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Streitjahr 2008 Einkünfte aus selbständiger
Arbeit und aus nichtselbständiger Arbeit (bezugsauszahlende Stellen laut Lohnzettel:
01. Jänner bis 30. November: Architekt Z.Z.; 01. Dezember bis 31. Dezember: Y.Y. GmbH
& Co KG). lm Zuge der eingebrachten Einkommensteuererklärung 2008 vom 20. Dezember
2013 machte der Bf. unter der Position Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Kz 320)
einen Betrag von -11.955,15 Euro geltend. An Betriebsausgaben wurden dabei u.a. unter
der Position "Eigene Pflichtversicherungsbeiträge" (Kz 9225) 13.753,08 Euro und unter
der Position „übrige Aufwendungen/Betriebsausgaben (Kz 9230) 12.150,69 Euro beantragt.
Laut "Beilage zur Einkommensteuererklärung 2008" vom 19. Dezember 2012 [Anm. richtig
wohl: 2013] setzten sich die größten Ausgabenposten aus den Beiträgen „Wohlfahrtseinrichtung
lngenieurkammer" iHv. 13.473,08 Euro und "Honorare Dr X." iHv. 9.356,12 Euro zusammen.
In einem Schreiben vom 21. August 2014 übermittelte der steuerliche Vertreter mehrere
Belege (Gehaltsabrechnungen April bis November 2008 - darauf jeweils Abzüge für Exekution
ausgewiesen; Bewilligung der Gehaltsexekution vom 20. April 2006; Bewilligung der
Gehaltsexekution vom 3. April 2008; Schreiben von Rechtsanwalt Dr. X.X. vom 19. Jänner
2009; Schreiben von RA Dr. X.X. vom 19. August 2010) und folgende Zusammenstellung
der Ausgaben 2008 an die lngenieurkammer und an RA Dr. X.X.:
"1. Gehaltsexekutionen 2008 It. Lohnverrechnung:
April 637,91
Mai 637,91
Juni 1.780,78
Juli 637,91
August 637,91
September 637,91
Oktober 637,91
November 1.976.49 7.3584, 73
2. Zahlung an Dr. M.M. am 21.2.2008 (Forderung bis 20. April 2006) 2263,94
3. Zahlung am 19.5.2008 vom Treuhandkonto Dr. X.X. an Dr. C.C. für
Rückstand Architektenkammer 3.613,46
gesamt 13.462,13
Zahlungen an Rechtsanwalt Dr. X.X.:
1. Zahlung 26.5.2008 vom Treuhandkonto Dr. X. an
Honorarkonto Dr. X. 5.000,00
2. Zahlung 2.1.2008 Treuhandkonto Dr. X. an Honorarkonto 4.000,00
3. Zahlung 3.1.2008 Treuhandkonto Dr. X. an Rechtsanwälte
K.K. 356,12
gesamt 9,356.12"
In der Bewilligung der Gehaltsexekution des BG Graz-Ost vom 20. April 2006 über einen
Betrag von 2.263,94 Euro ist als Exekutionstitel der vollstreckbare Rückstandsausweis
vom 4. Februar 2003 der Bundeskammer der Architekten und lngenieurkonsulenten (Wohlfahrtseinrichtungen)
ausgewiesen.
In der Bewilligung der Gehaltsexekution des BG Graz-Ost vom 3. April 2008 über einen
Betrag von 7.584,73 Euro sind als erster Exekutionstitel der vollstreckbare Rückstandsausweis
vom 12. Februar 2001 und als zweiter Exekutionstitel der vollstreckbare Rückstandsausweis
vom 4. Februar 2000 der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (Wohlfahrtseinrichtungen)
angeführt.
Aus den Korrespondenzen des RA Dr. X. vom 19. Jänner 2009 und 19. August 2010 ist
ersichtlich, dass die angeführten Zahlungen im Zusammenhang mit folgenden Leistungen
- tw. unter Angabe der jeweiligen Geschäftszahl - erbracht wurden, wobei eine genaue
Zuteilung der Beträge zu den einzelnen Verfahren nicht aufgeschlüsselt wurde:
Verlassenschaftsverfahren nach DI V.N. (GZ. xxx BG Graz Ost), Verkauf Liegenschaft
"F.", Schuldenregulierungsverfahren, Konkursverfahren (GZ. xxx BG Graz-Ost), Strafsache
des Sohnes (GZ xxx BG Graz-Ost).
Die belangte Behörde setzte die Einkommensteuer im Bescheid vom 5. Dezember 2014 mit
9.369,69 Euro fest. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit wurden darin mit 11.814,23
Euro ausgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Die als Betriebsausgaben geltend gemachten Honorarzahlungen an Dr. X. i.H.v. 9.356,12
Euro und die bezahlten Beiträge an die Wohlfahrteinrichtung der lngenieurkammer i.H.v.
3.473,08 Euro resultieren aus Verbindlichkeiten aus den Jahren 2000, 2001 und 2003
(siehe jeweilige Exekutionstitel), welche im Zuge einer Betriebsaufgabe bei der Übergangsgewinnermittlung
zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für die Rechtsanwaltskosten i. H.v. 940,18
Euro. Lt. Aktenlage wurde der Betrieb mit Ende des Kalenderjahres 2007 aufgegeben
und wären diese Verbindlichkeiten dort zu erfassen gewesen und können mangels Zusammenhang
mit den einmaligen Honorareinnahmen des Jahres 2008 nicht als Betriebsausgaben in
Abzug gebracht werden.
Der Verlustvortrag aus den Jahren 2006 und 2008 beträgt 22.482,76 Euro.“
In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 gerichtete Beschwerde vom 17. Dezember
2014 gab der Bf. an, dass er einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich
Einkommensteuer 2007 gestellt habe, wodurch sich für das Jahr 2007 ein Verlust aus
selbständiger Arbeit in Höhe von -53.703,96 Euro ergeben werde, dem Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 9.585,43 Euro gegenüberstünden. Dies ergebe
einen negativen Gesamtbetrag der Einkünfte 2007 in Höhe -44.118,53 Euro.
Zusammen mit dem Verlustvortrag 2006 in Höhe von -16.342,41 Euro ergebe dies für 2008
einen vortragsfähigen Verlust in Höhe von 60.460,94 gegenüber lt. angefochtenen Bescheid
nur 22.842,76 Euro.
Das Finanzamt wie die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 14. Jänner 2015 mit der Begründung ab, dass mangels Stattgabe des Antrages auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Kalenderjahr 2007 die vortragsfähigen Verluste des Jahres 2008 keine Änderungen erfahren hätten.
Mit Schreiben vom 03. Februar 2015 beantragte der Bf. die Entscheidung über die Beschwerden
durch das Bundesfinanzgericht, da das Finanzamt mit Bescheid vom 05. Dezember 2014
seine Einkommensteuerveranlagung 2008 abweichend von der eingereichten Steuererklärung
durch geführt habe, wobei Ausgaben in Höhe von 23.769,38 Euro im Bereich der Einkünfte
aus selbständiger Arbeit nicht anerkannt worden seien, weil diese Ausgaben richtigerweise
Teil des Betriebsaufgabe-Ergebnisses 2007 gewesen wären. Ein Antrag auf diesbezügliche
Wiederaufnahme des Jahres 2007 sei vom Finanzamt Graz-Umgebung mit Zurückweisungsbescheid
vom 09. Jänner 2015 abgewiesen worden, da die Verjährungsfrist bereits Ende 2013 abgelaufen
sei.
Tatsächlich habe jedoch die vom früheren Steuerberater erklärte Betriebsaufgabe im
Jahr 2007 noch nicht stattgefunden, da im Jahr 2008 noch Einkünfte aus selbständiger
Arbeit erzielt worden seien, die vom Finanzamt auch dem angefochtenen Bescheid zu
Grunde gelegt worden seien: Laut Einkommensteuerbescheid 2008 vom 05. Dezember 2014
belaufen sich die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf 11.814,23 Euro, bei einer
Einnahmensumme in Höhe von 14.547,00 Euro. Da also die selbständige planerische Tätigkeit
erst im Jahr 2008 beendet worden sei, wären die im Jahr 2008 bezahlten Betriebsausgaben
als solche anzuerkennen. Die Deklarierung einer Betriebsaufgabe im Jahr 2007 sei durch
die frühere steuerliche Vertretung nur im Hinblick auf die Ruhendmeldung der Ziviltechnikerbefugnis
im Jahr 2007 erfolgt, die aber nichts daran ändern würde, dass Einkünfte aus Planungstätigkeit
auch noch im Jahr 2008 erzielt worden seien. Die Einnahmen des Jahres 2008 in Höhe
von 14,547,00 Euro hätten sich auf Planungsleistungen bezogen die auch im Jahr 2008
erbracht worden seien. Andernfalls müssten auch die Einnahmen dem Betriebsaufgabeergebnis
2007 zugerechnet werden und im Jahr 2008 unbesteuert bleiben.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am 12. Februar 2015 zur Entscheidung vor.
Zu den Ausführungen des Bf. im Vorlageantrag nahm die belangte Behörde nach Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht wie folgt Stellung:
Der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe sei aufgrund der nach außen erkennbaren Absicht
zur Betriebsaufgabe anhand objektiver Umstände festzustellen. Maßgeblich seien die
nach außen in Erscheinung tretenden Aufgabehandlungen. Die Besteuerung des Aufgabegewinnes
bzw. -verlustes habe dabei in jenem Jahr zu erfolgen, in dem die Aufgabehandlungen
bereits so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb die wesentlichen Betriebsgrundlagen
entzogen seien. Bei freiberuflichen Tätigkeiten seien allerdings die wesentlichen
Betriebsgrundlagen schwer zu bestimmen, da in diesen Berufen grundsätzlich das persönliche
Know-how und die individuellen Fähigkeiten im Vordergrund stünden und daher keine
besonders starke Sachbezogenheit angenommen werden könne. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen
bestünden vielmehr aus persönlichen und unveräußerbaren Eigenschaften.
Da der Bf. aufgrund der Art seines Betriebes kein Warenlager abzuverkaufen, grds.
keine Anlagegüter zu veräußern bzw. zu überführen gehabt hätte und auch keine Mietrechte
aufzugeben gewesen seien, reduziere sich im konkreten Fall jene nach außen hin in
Erscheinung tretenden Umstände, welche die Annahme einer Betriebsaufgabe zulassen,
auf wenige Kriterien. Deshalb komme der Publizität des Betriebsaufgabezeitpunktes,
somit den nach außen erkennbaren Willenserklärungen des Abgabepflichtigen, besondere
Bedeutung zu. Ein sehr starkes Indiz für die nach außen in Erscheinung getreten Absicht
zur Aufgabe des Betriebes stelle die Anzeige an das Finanzamt über die Betriebsaufgabe
dar, welche der Bf. gegenüber der Abgabenbehörde mit seiner Einkommensteuererklärung
2007 im Jahr 2012 erklärt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe er rückblickend bereits einen
erweiterten Kenntnisstand besessen und habe er damit auch bereits über allfällige
betriebliche Tätigkeiten in anderen Jahren, wie im Wirtschaftsjahr 2008, Bescheid
gewusst. Der Umstand, dass der Abgabepflichtige zu diesem Zeitpunkt vertreten war,
sei ein Indiz für die Richtigkeit der an die Abgabenbehörde gerichteten Willenserklärung.
Ebenso sei die Ruhendmeldung der Ziviltechnikerbefugnis für das Jahr 2007 erfolgt
und auch in dem Antrag auf Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2007 vom 17.
Dezember 2014 sei noch nicht behauptet worden, dass die Betriebsaufgabe gar nicht
im Jahr 2007 stattgefunden habe. Erst nach Zurückweisung des Wiederaufnahmsantrags
wegen eingetretener Verjährung sei die vom Bf. selbst erklärte Betriebsaufgabe im
Jahr 2007 strittig. Der Umstand, dass im Jahr 2008 Einnahmen erzielt wurden, könne
zwar für sich allein betrachtet die Betriebsaufgabe im Jahr 2007 fragwürdig erscheinen
lassen, im Zuge einer Gesamtbetrachtung aller Umstände sei die belangte Behörde jedoch
der Auffassung, dass die bis zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vorlageantrages abgegebenen
Erklärungen des Bf. über den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe am glaubwürdigsten erscheinen.
Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich bei der Leistungserbringung im Jahr 2008
um eine einmalige Tätigkeit gehandelt habe, zumal der Bf. gegenüber der belangten
Behörde am 09. Mai 2007 erklärt habe, seit Juni 2006 kein Einkommen gehabt zu haben.
Werde daher nach der Betriebsaufgabe wider Erwarten und außerplanmäßig doch noch einmal
eine Leistung erbracht, für die grundsätzlich keine über die persönlichen Fähigkeiten
hinausgehenden wesentlichen Betriebsgrundlage benötigt werde, weil sich die Leistungserbringung
auf die Planung eines einzelnen Bauvorhabens beschränke, führe der Zufluss der Gegenleistung
für diese Leistungserbringung zwar zu betrieblichen Einkünften, ändere jedoch nichts
an der ursprünglichen im Jahr zuvor erfolgten Betriebsaufgabe.
Hinsichtlich der Betriebsausgaben führte die belangte Behörde aus, dass zwar der Zahlungsfluss
im Jahr 2008 erfolgt sei, im Gegensatz zu den zugeflossenen Einnahmen in Höhe von
14.400,00 Euro diese Zahlungen ihren Ursprung allerdings nicht im Jahr 2008, sondern
in einem diesem vorangegangenen Jahren gehabt hätten und nicht mit den im Jahr 2008
erzielten Einkünften im Zusammenhang stünden.
In weitere Folge wurde vom BFG ein Auskunftsschreiben an die Kammer der Ziviltechnikerlnnen
Steiermark und Kärnten gerichtet, in welchem angefragt wurde,
- ob der Bf. die Ziviltechnikerbefugnis zurückgelegt oder ruhend gemeldet hat,
- so nicht bereits 2007 die Ziviltechnikerbefugnis zurückgelegt wurde, zu welchem
Zeitpunkt die Zurücklegung schließlich erfolgte, und um Übermittlung der entsprechenden
Abschriften ersucht.
Weiters erging die Anfrage, in welchem Umfang nach Erlöschen bzw. nach Ruhendmeldung
der Ziviltechnikerbefugnis eine weitere selbständige Arbeit als Ziviltechniker und
in welchem Umfang zulässig ist.
Die ZT-Kammer Steiermark und Kärnten teilte in Ihrem Antwortschreiben vom 28. Oktober
2019 mit, dass sich laut digitalem Aktenstand der Bf. seine Befugnis ab 27. August
2007 ruhend gemeldet habe und nach wie vor über eine ruhende Befugnis eines Architekten
verfüge.
Gem. § 16 Abs. 7 bzw. 8 Ziviltechnikergesetz 2019, das mit 1. Juli 2019 in Kraft getreten
ist, seien Ziviltechnikerinnen während des Ruhens der Befugnis nicht berechtigt, öffentliche
Urkunden gem. § 3 Abs. 3 zu errichten oder Ziviltechnikerleistungen gem. § 3 Abs.
1 und 2 zu erbringen oder anzubieten. Jedoch sei die Teilnahme an einem Architekturwettbewerb
(Auslobungsverfahren) zulässig. Die diesbezügliche Bestimmung hätten im "alten" Ziviltechnikergesetz
1993 gleich gelautet.
lm mündlichen Erörterungstermin gem. § 269 Abs. 3 BAO vom 02. Dezember 2019 übergab der steuerliche Vertreter Kopien von zwei Schreiben der Wohlfahrtseinrichtungen der Kammer der Ziviltechniker vom 28. September 2007 und 30. Jänner 2009, aus welchen die ruhende Befugnis ersichtlich ist und eine Kopie des Vertrags der Y.Y. GmbH & Co KG vom 07. Oktober 2008 über die Erbringung von Planungsleistungen für das Projekt "Polyklinik Novorossisk" in Russland.
Auf die Frage des Richters, wann die gegenständliche Leistung erbracht wurde, gab der steuerliche Vertreter an, dass die Leistung vermutlich nach dem 7. Oktober 2008 erbracht wurde.
Zum Verweis des Richters, dass die Leistung während ruhender Befugnis und damit zu einem Zeitpunkt erbracht wurde, in welchem It. ZTG keine diesbezügliche Berechtigung vorlag, gab die steuerliche Vertretung an, dass sich die Frage ob eine aufrechte Berechtigung notwendig für die steuerliche Beurteilung des Sachverhaltes sei, nicht stelle, da laut höchstgerichtlicher Judikatur immer auf die tatsächliche Leistung abzustellen sei. Er wisse auch nicht, ob man für eine Tätigkeit wie sie im Vertrag aufgelistet sei, eine Berechtigung benötige. Der Bf. habe ihm zu seiner Ruhendmeldung mitgeteilt, dass er ein Dienstverhältnis bei einem Architekturbüro eingegangen und Voraussetzung für das Dienstverhältnis die Ruhendmeldung gewesen sei.
Der Vertreter der belangten Behörde gab auf die Frage des Richters, warum die UlD-Nr erst im Jahre 2012 begrenzt wurde, obwohl nach Ansicht des Finanzamts die Betriebsaufgabe bereits 2007 erfolgte, an, dass die Steuererklärungen für das Jahr 2007 erst im Jahr 2012 eingegangen und daraufhin von der Behörde unverzüglich die UlD-Nr begrenzt worden sei. Die Betriebsaufgabe sei 2012 kundgetan worden, dh 2012 musste der Bf. gewusst haben, dass er 2008 noch einmal tätig geworden sei. 2007 sei nach Ansicht des Finanzamts der Betrieb beendet worden, der Auftrag 2008 sei als "Ausreißerauftrag" bzw. "Einstiegsauftrag“ zu sehen, der dem Bf. das Dienstverhältnis bei der Firma Y.Y. ermöglichte.
Der steuerliche Vertreter gab an, dass es für ihn aus steuerlicher Sicht nicht nachvollziehbar
sei, warum der Bf. 2007 die Betriebsaufgabe erklärte. Er habe gewusst, dass er 2008
einen Auftrag hatte. Aus dem formalen Ereignis der Ruhendmeldung sei von ihm selbst
offenbar die Betriebsaufgabe abgeleitet worden. Der Bf. dürfte damit einem Rechtsirrtum
unterlegen sein. Nach den faktischen Gegebenheiten sei die Betriebsaufgabe 2008 erfolgt
und sei für den Bf. völlig unstrittig, dass die Betriebsaufgabe erst 2008 erfolgte,
da er sowohl Einnahmen als auch Ausgaben in dem Jahr gehabt hätte.
Weiters wurden die Anträge auf mündliche Verhandlung und auf Senatsentscheidung zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Beschwerdegegenständlich ist der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe, zu welchen von Seiten des Bf. im Zuge der Einkommensteuerveranlagungsverfahren 2007 und 2008 einander widersprechende Vorbringen und Aussagen vorgebracht wurden. Während der Bf. im Jahre 2012 die Betriebsaufgabe ursprünglich als im Jahr 2007 erklärte, revidierte er im Zuge des Vorlageantrages im Jahr 2015 den Zeitpunkt als erst im Jahr 2008 erfolgt.
Nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs besteht eine Betriebsaufgabe wesensmäßig in der Zerschlagung der betrieblichen Einheit in der Form, dass der Betrieb als solcher zu bestehen aufhört (VwGH 26.01.2017, Ro 2014/15/0016).
Der "Betriebs"-Begriff wird dabei als Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel in einer organisatorischen Einheit definiert (zB VwGH 24.01.2006, 2003/08/0231).
Bei der Aufgabe des Betriebes werden die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang entweder an verschiedene Erwerber entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder in das Privatvermögen übernommen oder einzelne der wesentlichen Betriebsgrundlagen an verschiedene Dritte übertragen und einzelne solcher (wesentliche Betriebsgrundlagen ausmachenden) Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen des bisherigen Betriebsinhabers übertragen (VwGH 28.10.2009, 2007/15/0114).
Die Betriebsaufgabe beginnt mit dem Setzen objektiv erkennbarer, unmittelbar der Betriebsaufgabe dienender Handlungen, wie zB dem Beginn des Warenabverkaufs zu reduzierten Preisen, dem Einstellen des Warenverkaufes, der entgeltlichen Aufgabe der Mietrechte, der Veräußerung oder Überführung von wesentlichen Anlagegütern ins Privatvermögen und der Einstellung der werbenden Tätigkeit und endet mit dem Abschluss der Veräußerung bzw. Überführung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ins Privatvermögen, dh also mit der Veräußerung bzw. Überführung der letzten wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl. Fellner in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer: Kommentar, Rz 54 zu § 24).
Die Besteuerung des Aufgabegewinnes hat in dem Jahr zu erfolgen, in welches der Zeitpunkt fällt, zu dem die Aufgabehandlungen bereits so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (VwGH 26.01.2017, Ro 2014/15/0016, mwV).
Die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen ergibt sich einerseits aus der Art des Betriebes und andererseits nach ihrer Funktion innerhalb des konkreten Betriebes (VwGH 20.11.1990, 90/14/0122). Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehören, bestimmt sich nach dem jeweiligen Betriebstypus wie ortsgebundene Tätigkeit, kundengebundene Tätigkeit, Produktionsunternehmen usw. (zB VwGH 24.06.2003, 2000/14/0178).
Bei freien Berufen, zu welchen auch die Ziviltechniker zählen, hängt der Geschäftserfolg
in aller Regel entscheidend vom Vertrauen des Kunden (Klienten) zum Angehörigen des
freien Berufes ab. Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der freien Berufe zählt
daher — abgesehen von bloßer Laufkundschaft — regelmäßig der Kunden-, Klienten- oder
Patientenstock (vgl. Zirngast/Weinzierl/Leistentritt, in: Steuerhandbuch für Freiberufler, Linde 2017, S. 188), sofern die Beziehung zu
Klienten etc. ausreichend gefestigt ist (Renner, in SWK 34-35/2018, S. 1509).
Bestehen hingegen die wesentlichen Betriebsgrundlagen in den persönlichen Kenntnissen
und Fähigkeiten und im Wissen des Freiberuflers und sind Organisation und Infrastruktur
nicht derart gefestigt, dass mit Ausscheiden des Leistungsträgers als Vertrauensperson
auch die Klienten abwandern, liegt kein übertragbarer Kundenstock vor (vgl. Renner, a.a.O. und Jakom/Kanduth-Kristen, EStG12, § 8 Rz 48).
Der Bf. bezog bis zur Einstellung seines Betriebs Einkünften aus selbständiger Arbeit
als Ziviltechniker (Architekt). Ziviltechniker sind, sofern nicht eine besondere Berechtigung
gefordert wird, auf dem gesamten, von ihrer Befugnis umfassten Fachgebiet zur Erbringung
von planenden, prüfenden, überwachenden, beratenden, koordinierenden, mediativen und
treuhänderischen Leistungen, insb. zur Vornahme von Messungen, zur Erstellung von
Gutachten, zur berufsmäßigen Vertretung vor Behörden und Körperschaften öffentlichen
Rechts, zur organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Projekten, ferner zur
Übernahme von Gesamtplanungsauftragen, sofern wichtige Teile der Arbeiten dem Fachgebiet
des Ziviltechnikers zukommen, berechtigt (§ 3 Abs. 1 ZTG 2019; gleichlautend § 4 Abs. 1 ZTG 1993 idF BGBI. I, Nr 137/2005). Ziviltechniker werden
von Gesetzes wegen in ,,Architekten“ und ,,Ingenieurkonsulenten“ eingeteilt (§ 1 Abs.
2 ZTG).
Einkommensteuerrechtlich zählen Einkünfte aus der Berufstätigkeit der staatlich befugten
und beeideten Ziviltechniker oder aus einer unmittelbar ähnlichen Tätigkeit gem. § 22 Z 1 lit b TS 1 EStG 1988 zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit.
Wie ausgeführt, zählen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der freien Berufe regelmäßig der Kunden-, Klienten- oder Patientenstock, und/oder die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Betriebsinhabers. Bei Ziviltechnikern stellt v. a. das persönliche Know-how und die individuellen Fähigkeiten, also eine starke Personenbezogenheit, das zentrale Element der Betriebsgrundlage dar (vgl. idS. VwGH 31.10.2000, 98/15/0040), während es auf technische und administrative Hilfsmittel, die in einem Ziviltechnikerbetrieb ebenfalls gegeben sind, hingegen nicht entscheidend ankommt. Dies zeigt sich auch aus der gesetzlich definierten spezifische persönliche Fachkompetenz des Ziviltechnikers. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen sind somit im Beschwerdefall im persönlichen Wissen und den persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten des Bf. gelegen. Entsprechend finden sich in der eingereichten „Ermittlung des Aufgabegewinn/verlust" vom 14. März 2012 keine sachbezogenen Betriebsgrundlagen wie Einrichtungen oder Anlagen, aber auch kein Kundenstock.
Zur Beurteilung des Betriebsaufgabezeitpunkts ist auszuführen:
Gemäß § 2a BAO in Verbindung mit § 167 Abs. 2 BAO hat das Verwaltungsgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lasst (zB VwGH 23.09.2010, 2010/15/0078; 26.05.2011, 2011/16/0011).
Soweit der Bf. erstmals im Vorlageantrag vom 03. Februar 2015 den Betriebsaufgabezeitpunkt im Jahr 2007 bestreitet und behauptet, dieser habe erst 2008 stattgefunden, geht das Verwaltungsgericht gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung davon aus, dass die Betriebsaufgabe aus den folgenden Gründen im Jahr 2007 stattgefunden hat:
a) Da der Bf. Ziviltechniker (Architekt) war und ist, kommt aufgrund der starken Personenbezogenheit und der geringen Sachbezogenheit der wesentlichen Betriebsgrundlagen der Beurteilung der zielgerichteten eindeutigen Handlung des Steuerpflichtigen, die nach außen seinen Willen erkennen lässt, besondere Bedeutung bei der Beurteilung des Zeitpunktes der Betriebsaufgabe zu.
So judiziert der Verwaltungsgerichtshof, dass die Mitteilung des Steuerpflichtigen an das Finanzamt, dass er den Betrieb aufgegeben habe, zwar nicht für sich eine Betriebsaufgabe bewirkt, "ihr kommt aber Bedeutung für die Frage zu, ob die Absicht des Steuerpflichtigen nach außen zu erkennen gegeben worden ist. Ob die Absicht des Steuerpflichtigen zur Betriebsaufgabe nach außen hin erkennbar geworden ist, ist allerdings auch nach anderen objektiven Umständen zu prüfen. Ob die Absicht des Abgabepflichtigen zur Betriebsaufgabe nach außen hin erkennbar geworden ist, ist nach objektiven Umständen zu prüfen" (VwGH 18.11.2008, 2006/15/0253).
Im Rahmen der vom VwGH geforderten Gesamtbetrachtung sprechen folgende Indizien für das Vorliegen einer Betriebsaufgabe im Jahr 2007:
Der Bf. hat mit Schreiben vom 09. Mai 2007 um Einstellung der Einkommensteuervorauszahlungen für das (zweite) Halbjahr 2006 sowie für das Jahr 2007 krankheitsbedingt ersucht und im Jahr 2007 die Ziviltechnikerbefugnis ab 27. August 2007 ruhend gemeldet. Beide eindeutigen Willensäußerungen erfolgten in jenem Jahr, welches in weiterer Folge vom Bf. bis zum Vorlageantrag als Betriebsaufgabenjahr genannt wurde.
Mit der Einkommensteuererklärung 2007 vom 14. März 2012 hat der Bf. die Aufgabe seines Betriebes im Jahr 2007 und einen Verlust iHv. 62.532,61 Euro erklärt. Die laufenden Erlöse wurden mit 0,00 Euro ausgewiesen.
In der die Betriebsaufgabe betreffenden Nachschau gem. § 144 BAO vom 27. März 2012 wurde festgehalten, dass die bei der Ermittlung des Aufgabegewinns angesetzten "Sonstigen Verbindlichkeiten“ (= 46.807,30 Euro) auszuscheiden wären. Der in Folge am 28. März 2012 erlassene Einkommensteuerbescheid 2007 mit einem schließlich festgesetzten Betriebsaufgabeverlust iHv. -15.725,78 Euro wurde nicht angefochten und erwuchs in Rechtskraft.
lm Zuge des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2007 vom 17. Dezember 2014 wurden zusätzliche als für den „Betriebsaufgabeverlust im Jahr 2007“ zu berücksichtigende Betriebsausgaben iHv. 37.978,18 Euro geltend gemacht. Ein Einwand gegen den angesetzten Betriebsaufgabezeitpunkt im Jahre 2007 erfolgte nicht.
b) lm Gegensatz dazu wurde erstmals im Vorlageantrag vom 03. Februar 2015 vorgebracht, dass der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nicht 2007, sondern 2008 gewesen sei. Zu dem auch im Erörterungstermin vom 2. Dezember 2019 vorgebrachten Argument der steuerlichen Vertretung, dass es für den Bf. völlig unstrittig sei, dass die Betriebsaufgaben erst 2008 erfolgte da er sowohl Einnahmen als auch Ausgaben in dem Jahr gehabt hätte, ist auszuführen:
ba) Zu den Betriebseinnahmen:
Unstrittig ist, dass im Jahr 2008 Einnahmen iHv. 14.547,00 Euro erzielt wurden. Der
Bf. und seine steuerliche Vertretung argumentierten, dass diese mit dem Betrieb des
Bf. im Zusammenhang stünden und daher eine Betriebsaufgabe erst 2008 erfolgt sei.
Dem ist zu entgegnen:
Im Erörterungstermin erklärte der steuerliche Vertreter, dass laut Auskunft seines
Mandanten die Ruhendmeldung der Ziviltechniker-Berechtigung notwendige Voraussetzung
für das Eingehen des Dienstverhältnisses bei Architekt DI Stich war. Diese nichtselbständige
Arbeit übte der Bf. laut vorliegender Lohnzettel von 8. Oktober 2007 bis 30. November
2008 aus.
Der während dieses aufrechten Dienstverhältnis am 7. Oktober 2008 angenommene Auftrag
mit dem späteren Dienstgeber des Bf.
(ab 1. Dezember 2008)
, war laut Vertrag bis 24. Oktober 2008 zu erbringen, in einer Zeit also, in der das
Dienstverhältnis mit dem Dienstgeber Architekt DI Stich noch aufrecht war und der
Bf. sowohl aufgrund der Vereinbarung mit dem Dienstgeber DI Stich keine aktive Ziviltechniker-Berechtigung
führen durfte, als auch aus (berufs)rechtlichen Gründen gem. § 1 Abs. und 8 ZTG 2019
bzw. § 17 Abs. 7 und 8 ZTG 1993, keine selbständige Ziviltechnikerleistungen erbringen
durfte.
Der Bf. hat zudem im gesamten Beschwerdejahr 2008 seine ruhende Ziviltechnikerberechtigung
nicht wieder reaktiviert, welche aber notwendige gesetzliche Voraussetzung für die
Ausübung eines selbständigen ZT-Betriebs darstellt, oder eine sonstige nach außen
erkennbare Handlung gesetzt, aus welcher eine Wiederaufnahme der
–
wie aus dem Antrag des Bf. auf Einstellung der Einkommensteuervorauszahlung vom 09.
Mai 2007 ersichtlich – krankheitsbedingt eingestellten selbständigen Tätigkeit in
Form eines ZT-Betriebs erkennbar gewesen wäre, wie etwa eine entsprechende Mitteilung
an die belangte Behörde.
Diese Vorgangsweise zeigt, dass der Bf. zwar eine Planungsleistung erbracht hat,
welche zu Einkünften aus selbständiger Tätigkeit gem. § 22 Z 1 lit b TS 1 EStG 1988
führte, diese planerische Tätigkeit aber offensichtlich nicht im Rahmen seines ursprünglich
mit 2007 als aufgegeben erklärten ZT-Betriebes vornehmen wollte, hätte er doch damit
gegen die Einstellungsvoraussetzungen und Treuepflichten aus dem Arbeitsverhältnis
bei Architekt DI Stich verstoßen (zur Treuepflicht siehe Reissner, Gert-Peter, Arbeitsrecht für Architektur- und Ingenieurkonsulentenbüros, Leitfaden,
erstellt für die BAIK, Stand März 2009, S. 67ff.) und gegen das Berufsrecht lt. ZTG
verstoßen. Dass der Bf. den im Übrigen einmaligen Planungsauftrag ausführen konnte,
liegt in den bereits dargestellten, für diese Berufsgruppe charakteristischen, in
personenbezogenen Fähigkeiten und nicht in sachlichen Produktionsmittel liegenden,
Betriebsgrundlagen.
Wenn der Vertreter der belangten Behörde im Erörterungstermin den Auftrag als „Einstiegsauftrag"
zur Ermöglichung des Dienstverhältnisses bei der Firma Y.Y. GmbH & Co KG qualifizierte,
ist dies aufgrund des Abschlusses des Planungsauftrags Ende Oktober 2008 und dem Beginn
des Dienstverhältnis mit 1. Dezember 2008 bei der Y.Y. GmbH & Co KG als schlüssig
anzusehen.
Demgegenüber erscheint der vom steuerlichen Vertreter argumentierte "Rechtsirrtum"
als wenig plausibel, war dem Bf. bei der mit 14. März 2012 eingereichten Steuerklärung
für das Veranlagungsjahr 2007 und der Bekanntgabe der Betriebsaufgabe im Jahr 2007
bewusst, dass er 2008 einen Auftrag übernommen hatte, zumal der Bf. durch eine fachkundige
Person (Steuerberater) vertreten war. Weiters wurden die entsprechende Willenserklärung
der Betriebsaufgabe im Jahr 2007 deutlich nach außen kundgetan, gegen die anlässlich
der Betriebsaufgabe im Zuge der Nachschau getroffenen Feststellung kein Einwand und
gegen den in Folge von der belangten Behörde erlassenen Einkommensteuerbescheid vom
28. März 2012 kein Rechtsmittel erhoben.
Im Übrigen judiziert der Verwaltungsgerichtshof regelmäßig, dass der Erstaussage höhere
Beweiskraft zukommt als späteren Aussagen (vgl. bereits VwGH 21.12.1992, 89/16/0147) und ,,es nicht im Widerspruch zur Lebenserfahrung steht, dass Abgabepflichtige ihre Erklärungen
im Verlauf eines Abgabenverfahrens zunehmend der Kenntnis ihrer abgabenrechtlichen
Wirkung entsprechend gestalten" (VwGH vom 17.04.2008, 2008/15/0052), so dass auch aus diesem Grund der früheren
Erklärung eine höhere Beweiskraft zukommt, als jener, welche nach dem – wegen Verjährung
– erfolglosen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens für das Jahr 2007 vorgebracht
wurde.
bb) Zu den Betriebsausgaben:
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 19
88 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betriebs veranlasst
sind.
Damit Aufwendungen oder Ausgaben Betriebsausgaben sind, müssen sie durch die konkrete
Einkunftsquelle veranlasst sein (VwGH 29.07.2010, 2007/15/0234), es muss also ein Veranlassungszusammenhang zur jeweiligen Tätigkeit vorliegen (zB
VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0031).
Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben objektiv
im Zusammenhang mit einer betrieblichen Tätigkeit stehen und subjektiv dem Betrieb
zu dienen bestimmt sind oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und nicht unter
ein steuerrechtliches Abzugsverbot fallen.
Zwar genügt ein bloß mittelbarer Zusammenhang mit dem Betrieb, um betriebliche Veranlassung
annehmen zu können, wird der mittelbare Zusammenhang allerdings von einem in erster
Linie die persönliche Sphäre betreffenden Faktor überlagert, so wird der Veranlassungszusammenhang
unterbrochen (vgl. Jakom/Vock EStG 2019, § 20, Rz 1, mwN). Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen; es gilt die
typisierende Betrachtungsweise (VwGH 19.05.1994, 92/15/0171).
Die geltend gemachten Betriebsausgaben "Rechtsanwaltskosten" wurden für Leistungen
im Zusammenhang mit dem genannten Verlassenschaftsverfahren, dem Verkauf der Liegenschaft
"F.", dem Schuldenregulierungs- und Konkursverfahren, sowie der Strafsache den Sohn
betreffend geleistet. Aus den Leistungsbeschreibungen des Rechtsanwalts ist ersichtlich,
dass die Beträge jedenfalls nicht mit der 2008 vom Bf. erbrachten Leistung im Zusammenhang
standen und im Fall des Verlassenschaftsverfahren, des Liegenschaftsverkaufs und der
Strafsache des Sohnes darüber hinaus keine betriebliche Veranlassung vorgelegen ist.
Somit ist festzuhalten, dass die Zahlungen zwar im Jahr 2008 erfolgten, sämtliche
Ausgaben jedoch in den Jahren vor 2008 begründet waren, weshalb sie in keinen Zusammenhang
mit den im Beschwerdejahr erzielten Einkünften standen und zum Teil zusätzlich auch
keine betriebliche Veranlassung vorlag.
Bezüglich der geltend gemachten und 2008 bezahlten "Beiträge Wohlfahrtseinrichtung"
ist auszuführen, dass auf Grund der einkommensteuerlichen Systematik bei den betrieblichen
Einkünften alle im Betriebsvermögen vorhandenen Vermögenswerte im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung
bzw. Betriebsaufgabe steuerlich zu erfassen sind. Es sind daher insbesondere alle
Forderungen und Verbindlichkeiten anzusetzen. Das bedeutet, dass alle im Zeitpunkt
der Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe noch offenen Forderungen und Verbindlichkeiten
bei der Ermittlung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinnes zu berücksichtigen sind.
Der spätere Zu- bzw. Abfluss bleibt ohne steuerliche Folgen (vgl. Doralt, EStG12, § 32 Tz 62; VwGH 22.10.1996, 95/14/0018).
Aus den mit Schreiben vom 21. August 2014 mitübermittelten Belegen wird deutlich,
dass
der jeweilige Zahlungsgrund der Gehaltsexekution in den Exekutionstitel aus Februar
2000,
Februar
2001,
Februar 2003 und März
2003 gelegen ist. Die Verbindlichkeiten des Bf. an die Bundeskammer der Architekten
und Ingenieurkonsulenten (Wohlfahrtseinrichtungen) bestanden bereits im Zeitpunkt
der Betriebsaufgabe zum 31. Dezember 2007 und waren dem Bf. zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe
–
wie aus dem Schreiben inkl. Anhänge vom 21. August 2014 ersichtlich – die Höhe der
bestehenden Außenstände bekannt. Sie wären daher in der Ermittlung des Aufgabegewinns/Verlusts
zum 31. Dezember 2007 - den Aufgabegewinn mindernd - zu erfassen gewesen.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Betriebsaufgabe im Jahre 2007 erfolgte. Da die nachträglich geltend gemachten Betriebsausgaben bei der Ermittlung des Aufgabegewinns zu berücksichtigen oder mangels Veranlassungszusammenhangs als Betriebsausgaben ohnehin auszuscheiden gewesen wären, ist eine Berücksichtigung im Beschwerdejahr 2008 nicht zulässig.
Abschließend wird darauf verwiesen, dass auch eine – wie im Vorlageantrag zusätzlich vorgebracht – nachträgliche Zurechnung der Einkünfte aus dem Jahr 2008 zum Betriebsaufgabeergebnis 2007 nicht zulässig ist, da unter Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit gem. § 32 EStG 19 88 nicht Beiträge fallen, die für eine aktuell und konkret erbrachte Leistung – wie dies im Beschwerdejahr 2008 der Fall ist – gezahlt werden (vgl. VwGH 17.06.1997, 95/13/0034).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie
von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere
weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht,
eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
lm vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne
des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht stützte
sich auf die zitierte höchstgerichtliche Judikatur. Mit dem vorliegenden Erkenntnis
weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
ab. lm Übrigen ist die Frage, wann der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe anzusetzen ist,
keine Rechtsfrage, sondern eine Frage der Beweiswürdigung und somit des Sachverhaltes.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.
Graz, am 3. Februar 2020
Zusatzinformationen
in Findok veröffentlicht am: | 13.02.2020 |
Materie: |
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betroffene Normen: |
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Verweise: |
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ECLI: |
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Systemdaten: | Findok-Nr: 127193.1 aufgenommen am: 13.02.2020 13:42:30 Dokument-ID: 5154f335-14b9-4017-a762-df55a37471e4 Segment-ID: d5d381b3-d9df-4b8f-b1f6-ecd6197c08f0 |
