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BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Rochus in der Beschwerdesache Bf , Ort , vertreten durch die Stb , Ort , gegen die Bescheide des Finanzamtes K vom 13. Mai 2014, betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für Juni 2013, Juli 2013 und September 2013 beschlossen:
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Die Beschwerdevorentscheidung vom 11. Februar 2015 mit der die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurückgewiesen wurde, wird ersatzlos aufgehoben.
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Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf), eine GmbH, weist im Firmenbuch als Geschäftszweig die
Beschaffung und den Vertrieb von Elektrogeräten aus.
Im Zuge einer bei der Bf durchgeführten Außenprüfung, erließ das Finanzamt gegenüber
der Bf mit Ausfertigungsdatum 13. Mai 2014 Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für die
Monate Juni, Juli und September 2013, mit denen der Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichen
Warenlieferungen (Dreiecksgeschäften) über insgesamt 246.775,74 € verwehrt wurde.
Gegen diese Bescheide erhob die Bf (nach einer gewährten Fristverlängerung) mit Eingabe
vom 09. Juli 2014 Beschwerde. In der Folge erließ das Finanzamt am 09. Februar 2015
den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2013, in dem ebenso wie in den angeführten Umsatzsteuerfestsetzungsbescheiden
der Vorsteuerabzug aus den strittigen Warenlieferungen nicht anerkannt wurde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11. Februar 2015 wies das Finanzamt die Beschwerde
gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für Juni, Juli und September 2013 nach
§ 260 BAO als unzulässig zurück. In der Begrünung wurde ausgeführt, eine Beschwerde sei vor
allem bei mangelnder Bescheidqualität bzw. bei Beseitigung des angefochtenen Bescheides
aus dem Rechtsbestand vor Erledigung der Beschwerde unzulässig. Durch den Umsatzsteuerjahresbescheid
vom 9. Februar 2015 seien die Festsetzungsbescheide vom 13. Mai 2014 aus dem Rechtsbestand
ausgeschieden. Die Beschwerde vom 9. Juli 2014 sei daher gegen nicht mehr existente
Bescheide eingebracht worden.
Mit Eingabe vom 13. April 2015 (nach Gewährung einer entsprechenden Fristverlängerung)
stellte die Bf fristgereicht einen Vorlageantrag und führte zusammengefasst betreffend
die Zurückweisung der Beschwerde aus, eine gegen einen Vorauszahlungsbescheid gerichtete
Bescheidbeschwerde gelte gemäß § 253 zweiter Satz BAO als auch gegen den Veranlagungsbescheid gerichtet. Der zweite Satz des
§ 253 BAO (idF FVwGG 2012) verallgemeinere die Judikatur des VwGH betreffend Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide.
Somit sei ab Inkrafttreten des § 253 BAO idF FVwGG (per 1.1.2014) jegliche frühere Zweifel in der Literatur beseitigt bzw.
sei nunmehr der USt-Veranlagungsbescheid das klassische Beispiel eines an die Stelle
eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tretenden Bescheides. Die Zurückweisung
der Beschwerde vom 9. Juli 2014 in der Beschwerdevorentscheidung vom 11. Februar 2015
sei zu Unrecht erfolgt, da die Beschwerde gegen die genannten USt-Feststellungsbescheide
Juni, Juli und September 2014 gemäß § 253 automatisch auch als gegen den Umsatzsteuerbescheid
2013 gerichtet gelte.
Für den Fall, dass das Gericht der Rechtsansicht der Bf, der Unzulässigkeit der Zurückweisung
der Beschwerde, nicht zustimmen sollte, wurde in eventu Beschwerde gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid
für 2013 erhoben.
Rechtslage und rechtliche Würdigung:
§ 253 BAO idF FVwGG 2012 ab 1.1.2014 lautet:
Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides,
so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies
gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende
Bescheid umfasst.
Nach § 261 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid.
Die Bf ist damit im Recht, dass der Umsatzsteuerjahresbescheid 2013 an die Stelle der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für Juni, Juli und September 2013 vom 13. Mai 2014 getreten ist, weshalb gemäß § 253 BAO die gegen die Festsetzungsbescheide vom 13. Mai 2014 erhobene Beschwerde vom 9. Juli 2014 auch als gegen den am 9. Februar 2015 erlassenen Umsatzsteuerjahresbescheid für 2013 gerichtet gilt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist ein Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für bestimmte Kalendermonate zwar in vollem Umfang anfechtbar, hat aber insoweit einen zeitlich begrenzten Wirkungsbereich, als er durch die Erlassung eines Umsatzsteuerjahresbescheides, der den gleichen Zeitraum (mit)umfasst, außer Kraft gesetzt wird, sodass er ab der Erlassung des Veranlagungsbescheides keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann (vgl. für viele: VwGH 16. 12. 2009, 2009/15/0149).
Mit dem zweiten Satz des § 253 BAO wurde gegenüber der vor dem FVwGG 2012 geltenden Bestimmung in § 274 BAO normiert, dass das grundsätzliche Weitergeltungsgebot von Beschwerden auch dann gilt, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst. Damit ist gegenüber der bis 2014 geltenden Rechtslage klargestellt, dass eine Zeitraumidentität nicht erforderlich ist und somit die Weitergeltung einer Beschwerde nach § 253 Satz 1 BAO auch für Umsatzsteuerfälle anzuwenden ist, in denen auf den Festsetzungsbescheid (§ 21 Abs. 3 UStG) für einen bestimmten Jahresabschnitt (Monate) der Jahresbescheid folgt (vgl. Ritz, BAO 5 , § 253 Tz 1 f.).
Wird ein mit Bescheidbeschwerde angefochtener Bescheid ersatzlos aufgehoben (somit nicht iSd § 253 BAO durch einen späteren Bescheid ersetzt), so wird die Bescheidbeschwerde unzulässig. Hingegen werden Bescheidbeschwerden in den Fällen des § 253 BAO nicht unzulässig, sondern gelten auch als gegen den an die Stelle des mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid gerichtet (vgl. Ritz, BAO 5 , § 260 Tz 15 f.).
Das Finanzamt hat mit dem Umsatzsteuerjahresbescheid 2013 vom 9. Februar 2015, in dem der strittige Vorsteuerabzug ebenso wie in den Festsetzungsbescheiden nicht anerkannt wurde, dem Beschwerdebegehren nicht Rechnung getragen, damit gilt die Beschwerde vom 9. Juli 2014 gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide vom 13. Mai 2014 (die aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sind) nicht als unzulässig geworden sondern gemäß dem Weiterwirkungsgebot des § 253 BAO nunmehr als gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2013 gerichtet.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich die vom Finanzamt vorgenommene Zurückweisung der Beschwerde vom 9. Juli 2014 daher als rechtswidrig (vgl. VwGH 4.6.2008, 2004/13/0124).
Nach dem oben zitierten ersten Satz des § 253 BAO gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Aus dem Wort „auch“ könnte man schließen, dass die Beschwerde noch immer als auch gegen den alten Bescheid gerichtet gilt (vgl. Ritz, BAO 4 , § 274 Tz 13). Das würde dazu führen, dass die Abgabenbehörde eine doppelte Erledigung der Beschwerde vorzunehmen hätte. Erstens eine meritorische Entscheidung auf Grund der Weiterwirkung der Beschwerde gegenüber den später erlassen Umsatzsteuerjahresbescheid und zweitens zusätzlich eine Formalentscheidung (Zurückweisung der Beschwerde) gegen den aus dem Rechtsbestand ausgeschiedenen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid.
Eine solche Interpretation ist aus teleologischer und verfahrensökonomischer Sicht nicht geboten. Sinn und Zweck der Bestimmung des § 253 BAO ist es, Nachteile für Abgabepflichtige zu vermeiden, die den nachfolgenden Bescheid nicht bekämpfen, im Glauben dies sei entbehrlich, weil die Beschwerde gegen den bisherigen Bescheid noch nicht erledigt ist. Dem Rechtsschutz des Abgabepflichtigen ist mit der Weitergeltung der Beschwerde gegen den Folgebescheid genüge getan. Eine zusätzliche Formalentscheidung gegen den ursprünglich bekämpften Bescheid erhöht nicht den Rechtsschutz und würde nur zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen. Abgesehen davon, hat das Finanzamt eine solche Interpretation der Bestimmung des § 253 BAO gar nicht vorgenommen, sondern ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die Beschwerde eben nicht auch gegen den Jahresbescheid wirkt und das anhängige Beschwerdeverfahren mit der Formalentscheidung (Zurückweisung der Beschwerde gegen die Festsetzungsbescheide) beendet ist.
Tatsächlich ist die Beschwerde vom 9. Juli 2014, die gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2013 vom 9. Februar 2015 wirkt, aber nach wie vor unerledigt. Das Finanzamt wird daher entsprechend ihrer Entscheidungspflicht nach § 262 Abs. 1 BAO diesbezüglich eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen haben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Weitergeltung der Beschwerde auch in Umsatzsteuerfällen, in denen auf den Festsetzungsbescheid der Jahresbescheid folgt, ergibt sich unmittelbar aus § 253 BAO. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 4.6.2008, 2004/13/0124 ausgesprochen, dass in einem solchen Fall die Zurückweisung der Beschwerde gegen den ursprünglichen Festsetzungsbescheid rechtswidrig ist. Für die Zulässigkeit der Revision besteht daher kein Anlass.
Innsbruck, am 4. September 2015
Zusatzinformationen
in Findok veröffentlicht am: | 03.11.2015 |
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Systemdaten: | Findok-Nr: 107083.1 aufgenommen am: 03.11.2015 10:18:59 Dokument-ID: 0fe3b510-d3ab-439d-b651-7c3350421306 Segment-ID: 2bf4aeff-aa6c-49df-98ec-57aa7221f687 |
