

Rechtssätze
Stammrechtssatz
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf. über die Beschwerden vom 18.01.2018 gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom 20.12.2017 betreffend Einkommensteuer 2015 - 2016 entschieden:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1 . Am 20.12.2004 schloss der Beschwerdeführer (Bf.) mit Wirksamkeit vom 01.07.2004 mit der Wasserstraßendirektion namens der Republik Österreich einen entgeltlichen Bestandsvertrag über das Nutzungsrecht von zirka 160 m Kaimauer am rechten Ufer des... auf unbestimmte Zeit ab. Er durfte an der Kaimauer eine Lände errichten, um daran Wasserfahrzeuge und Schwimmkörper zu verheften (= befestigen) und hat eine Lände errichtet.
Am 31.08.2005 schloss der Bf. mit der GmbH eine Vereinbarung über die entgeltliche Mitbenutzung der Lände für unbestimmte Zeit ab. Die GmbH verheftete an der Lände ihr Schiff und der Bf. verheftete dort sein eigenes Schiff.
Mit gerichtlichem Vergleich vom 02.06.2015 verpflichtete sich die GmbH , die nicht bezahlten und vom Bf. eingeklagten Nutzungsentgelte samt Verzugszinsen in Raten an den Bf. zu zahlen.
Die Ratenzahlungen erklärte der Bf. als Einkünfte aus Kapitalvermögen und brachte in seinen „Erläuterungen “ zur Vereinbarung vom 31.08.2005 begründend vor, dass er mit dem Nutzungsvertrag vom 20.12.2004 ein Ländenrecht erworben habe. Nach dem 3. Teil des Schifffahrtsgesetzes entstehe eine Lände durch Hoheitsakt der Schifffahrtsbehörde, stelle wegen der Lage im Ländenabschnitt ... einen geldwerten, mit rechtskräftigem Bescheid dem Bf. übereigneten Vorteil dar und sei daher der GmbH als notwendiges Betriebsmittel zum Gebrauch überlassenes Sachkapital. Das von der GmbH bezahlte Entgelt entschädige den Bf. dafür, dass er den der GmbH überlassenen Ländenabschnitt nicht selbst nutzen könne.
2 . In den nach einer Außenprüfung erlassenen Bescheiden betreffend Einkommensteuer 2015 - 2016 vom 20.12.2017 veranlagte das Finanzamt die Ratenzahlungen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Die Bescheide wurden am 23.12.2017 zugestellt, waren innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurden mit den Beschwerden vom 18.01.2018 angefochten.
3 . In den Beschwerden vom 18.01.2018 beantragte der Bf., die Entgelte aus der Überlassung seiner Schifffahrtslände als Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 27 Abs 2 Z 2 EStG 1988 idgF zu veranlagen, die angefochtenen Bescheide aufzuheben oder abzuändern und brachte sinngemäß begründend vor:
Die GmbH könne ohne die vom Bf. überlassene Schifffahrtslände ihr Schiff nicht betreiben, weshalb die Schifffahrtslände ein eigenständiger und geldwerter Produktionsfaktor und als solcher Einkünfte aus Kapitalvermögen bewirkendes Sachkapital sei. Die darauf entfallenden Verzugszinsen seien Entgelte für unfreiwillig überlassenes fälliges Geldkapital und damit auch Kapitalertrag. Für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gelte, dass sie subsidiär zur Einkunftsart „Kapitalertrag “ zu veranlagen seien. Auch habe sich der Bf. in seiner Einkommensteuererklärung für die prioritäre Veranlagung als Kapitalertrag entschieden. Nach Ausführungen zu den Einkommensteuerrichtlinien stellte der Bf. fest, dass „ Kapital “ sowohl Geld- als auch Sachkapital sei, der Kapitalbegriff nicht definiert werde und daher im Sinne der betriebswirtschaftlichen Lehre und der geübten betriebswirtschaftlichen Praxis zu interpretieren sei (was das Finanzamt verabsäumt habe).
4 . Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 15.02.2018 wurden die Beschwerden abgewiesen. Das Finanzamt stellte fest, dass der in den Beschwerdevorentscheidungen zitierte § 27 EStG 1988 idgF nicht anwendbar ist, da die entgeltliche Überlassung einer Schifffahrtslände eine vermögensverwaltende und damit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen bewirkende Tätigkeit sei, weshalb auch die auf das unbewegliche Vermögen „Schifffahrtslände “ entfallenden Zinsen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien.
Die Beschwerdevorentscheidungen wurden am 02.03.2018 zugestellt, waren innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem mit 28.03.2018 datierten Vorlageantrag angefochten.
5 . Der mit 28.03.2018 datierte Vorlageantrag wurde lt. Eingangsstempel am 28.03.2018 im für den Bf. zuständigen Finanzamt eingebracht und wurde lt. Mail vom 11.10.2018 irrtümlich im Strafakt archiviert. Auf Seite 1 des Vorlageantrags befindet sich die handschriftliche Anmerkung: „tats. im FA 03 eingelangt am 16.10.2018. “
Im Vorlageantrag beantragte der Bf. folgenden Ausspruch „1) Der aus der zeitweiligen Gebrauchsüberlassung meiner Schifffahrtslände vereinnahmte monatliche Zins in der Höhe von insgesamt netto 152.221,20 stellt einen Ertrag aus Kapital (Sachkapital) gemäß § 27 (2) 2 EStG dar. 2.) Die Verzugszinsen in der Höhe von 52.390,86 aus überfälligen Entgeltforderungen nach Punkt 1) stellen einen Ertrag aus Kapital (Finanzkapital) gemäß § 27 (2) 2 EStG dar.“ und begründete diesen Antrag im Wesentlichen mit rechtlichen Ausführungen zu § 27 EStG 1988 idgF und Ausführungen zu den Feststellungen des Finanzamtes.
6 . Mit Schreiben vom 30.11.2018 beantragte der Bf. die Senatsverhandlung.
Über die Beschwerden wurde erwogen:
A. Wie dem Eingangsstempel auf Seite 1 des Vorlageantrags vom 28.03.2018 zu entnehmen ist, langte dieser Antrag am 28.03.2018 im für den Bf. zuständigen Finanzamt ein. Nach Aktenlage wurde dieser Vorlageantrag irrtümlich nicht an eine Veranlagungsabteilung des für den Bf. zuständigen Finanzamtes weiter geleitet sondern im Strafakt des Bf. archiviert, dort am 11.10.2018 entdeckt und an eine Veranlagungsabteilung des für den Bf. zuständigen Finanzamtes gesandt, in der er am 16.10.2018 eintraf.
Eine Eingabe ist in einem Finanzamt eingebracht, nachdem sie im Finanzamt persönlich abgegeben oder im Postweg oder elektronisch an das Finanzamt gesandt worden ist. Deshalb ist eine Eingabe nicht in einem Finanzamt eingebracht, wenn sie in der für die Bearbeitung der Eingabe zuständigen Abteilung dieses Finanzamtes einlangt. Das Bundesfinanzgericht stellt daher fest, dass der Bf. den Vorlageantrag nicht am 16.10.2018 sondern am 28.03.2018 eingebracht hat.
Gemäß § 264 Abs 1 BAO idgF beträgt die Vorlageantragsfrist 1 Monat ab Zustellung der Beschwerdevorentscheidung. Wird ein Vorlageantrag fristgerecht eingebracht, gilt die Beschwerde als unerledigt.
Da die Beschwerdevorentscheidung am 02.03.2018 zugestellt ist, würde die Vorlageantragsfrist am 02.04.2018 endet, wenn dieser Tag nicht der Ostermontag gewesen wäre. Die Vorlageantragsfrist hat daher am 03.04.2018 geendet.
Ein am 28.03.2018 eingebrachter Vorlageantrag ist innerhalb offener Vorlageantragsfrist eingebracht worden, weshalb die Beschwerden vom 18.01.2018 als unerledigt gelten. Da diese Beschwerden frist- und auch formgerecht eingebracht worden sind, ist über die Beschwerden „in der Sache “ zu entscheiden.
B. Gemäß § 272 BAO idgF ist der Antrag auf Senatsentscheidung entweder in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu stellen. Der Bf. hat den Antrag auf Senatsentscheidung am 30.11.2018 und damit weder in den Beschwerden vom 18.01.2018 noch im Vorlageantrag vom 28.03.2018 gestellt. Das Bundesfinanzgericht stellt iVm der vorzit. Rechtslage fest, dass der Bf. den Antrag auf Senatsentscheidung verspätet gestellt hat, weshalb dieser Antrag abzuweisen ist und mit dieser Entscheidung abgewiesen wird.
C. Entscheidung über die Beschwerden in der Sache:
Beschwerdepunkt/e
In der Sache ist strittig, ob der Bf. Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.
Sach- und Beweislage
Der Entscheidung ist die aus dem Bestandsvertrag vom 20.12.2004 , der Vereinbarung vom 31.08.2005 und dem gerichtlichen Vergleich vom 02.06.2015 sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen.
Nach dieser Sach- und Beweislage hat die Wasserstraßendirektion namens der Republik Österreich zirka 160 m Kaimauer ... an den Bf. gegen Entgelt verpachtet. Der Bf. durfte an dieser zirka 160 m langen Kaimauer eine Schifffahrtslände errichten und hat diese Schifffahrtslände auch errichtet.
Eine Schifffahrtslände ist eine Schiffsanlagestelle. An Schiffsanlagestellen werden Schiffe und andere Schwimmkörper verheftet. Der Bf. hat an der von ihm errichteten Schifffahrtslände sein eigenes Schiff verheftet und hat der GmbH gegen Entgelt gestattet, ihr Schiff an seiner Schifffahrtslände zu verheften.
Die GmbH hat ihr Schiff an der Schifffahrtslände des Bf. verheftet und hat die vereinbarten Entgelte nicht an den Bf. gezahlt. Der Bf. hat die GmbH geklagt und die GmbH muss nach dem mit dem Bf. geschlossenen gerichtlichen Vergleich die damals nicht gezahlten Entgelte samt Verzugszinsen in Raten an den Bf. zahlen.
Die Entgelte samt Verzugszinsen hat der Bf. als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt.
Rechtslage, rechtliche Würdigung und Entscheidung
Gemäß § 27 Abs 1 Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988 in der 2015 und 2016 geltenden Fassung sind Einkünfte aus Kapitalvermögen u.a. die Einkünfte aus der Überlassung von Kapital.
Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 EStG 1988 idF 2015 und 2016 gehören die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und von Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen zur Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“.
Der Bf. behauptet, er habe der GmbH ein Teilstück seiner Schifffahrtslände als „Sachkapital “ überlassen:
Sach- oder Realkapital im volkswirtschaftlichen Sinn sind Investitionsgüter (Website, wikipedia; Suchbegriff „Sachkapital). Wer investiert, verliert das Eigentum am Investitionsgut. Wird daher Sach- oder Realkapital in ein Unternehmen investiert, geht das Eigentum am Investitionsgut vom Investor auf dieses Unternehmen über.
Der Teil der Schifffahrtslände, an dem die GmbH ihr Schiff verheftet hat, ist nicht in das Eigentum der GmbH übergegangen; sie darf diesen Teil der Schifffahrtslände nur für eigene Zwecke „gebrauchen “ (was die GmbH auch getan hat, da ihr Schiff dort lag).
Wer einem Anderen den Gebrauch einer Sache gegen einen bestimmten Preis überlässt, schließt einen Bestandvertrag ab (§ 1090 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch – ABGB). Lässt sich die Sache ohne bearbeiten gebrauchen, ist dieser Vertrag ein Mietvertrag; muss sie bearbeitet werden, ist dieser Vertrag ein Pachtvertrag (§ 1091 ABGB). Da die vom Bf. errichtete Schifffahrtslände von der GmbH ohne bearbeiten genutzt werden konnte, hat der Bf. mit der GmbH einen Mietvertrag geschlossen. Die von der GmbH zu zahlenden Entgelte sind daher Mietzahlungen.
Einen Mietvertrag über die Schifffahrtslände abzuschließen, ist rechtlich möglich gewesen: Die Errichtung der Schifffahrtslände ist mit Bescheid bewilligt worden (§ 47 Schifffahrtsgesetz – SchFG). Mit diesem Bescheid sind keine Hoheitsrechte übertragen worden, da Hoheitsrechte nicht mit Bescheid übertragbar sind.
Wie bereits ausgeführt sind die von der GmbH zu zahlenden Entgelte Mietzahlungen. Da die GmbH diese Entgelte nicht gezahlt hat, als sie fällig geworden sind, muss sie Verzugszinsen an den Bf. zahlen. Entgelte und Verzugszinsen hängen daher untrennbar zusammen, weshalb die Verzugszinsen einkommensteuerrechtlich wie die von der GmbH zu zahlenden Entgelte zu behandeln sind. Einkommensteuerrechtlich irrelevant ist, ob Entgelte und Verzugszinsen als Einmalzahlung oder – wie hier geschehen – in Raten zu zahlen sind.
Die v.a. Ausführungen zusammenfassend sind die aus Entgelten und Verzugszinsen bestehenden Ratenzahlungen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Beschwerdebegehren, diese Einkünfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu veranlagen, ist daher abzuweisen und wird mit dieser Entscheidung abgewiesen.
D. Im Vorlageantrag beantragte Feststellung
Welcher Einkunftsart Einnahmen zugeordnet werden, bestimmt der Gesetzgeber, weshalb irrelevant ist, welcher Einkunftsart der Bf. seine Einnahmen zugeordnet hat.
Ein Feststellungsverfahren darüber, welcher Einkunftsart Einnahmen zuzuordnen sind, ist der österreichischen Rechtsordnung fremd. Der Bf. hat daher keinen diesbezüglichen Feststellungsanspruch.
Das im Vorlageantrag gestellte Beschwerdebegehren ist abzuweisen und wird mit dieser Entscheidung abgewiesen.
E. Revision
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten, da das Gesetz die Rechtsfrage, welcher Einkunftsart Einkünfte zuzuordnen sind, beantwortet.
Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am 10. Juli 2019
Zusatzinformationen
in Findok veröffentlicht am: | 29.07.2019 |
Materie: |
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betroffene Normen: | |
ECLI: |
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Systemdaten: | Findok-Nr: 124680.1 aufgenommen am: 29.07.2019 12:03:02 zuletzt geändert am: 14.05.2020 Dokument-ID: 538d6b5a-f79c-409d-94bb-1929dd8d8e50 Segment-ID: d9aaf379-ad2f-448e-92b6-de62a99e6f58 |
