Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis des BFG vom 10.07.2019, RV/7104839/2018
Vermietung einer Schifffahrtslände ist Einkunft aus Vermietung und Verpachtung (nicht Kapitalvermögen)

Rechtssätze

Stammrechtssatz

Wer investiert, verliert das Eigentum am Investitionsgut. Wird daher Sach- oder Realkapital in ein Unternehmen investiert, geht das Eigentum am Investitionsgut vom Investor auf dieses Unternehmen über. Wer einem Dritten gegen Entgelt gestattet, sein Schiff an der eigenen Lände zu verheften, verliert damit nicht das Eigentumsrecht. Es wird dem Dritten bloß das Recht eingeräumt, einen Teil der Schifffahrtslände nur für eigene Zwecke zu gebrauchen.

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Be­schwer­desache Bf. über die Beschwerden vom 18.01.2018 gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom 20.12.2017 be­tref­fend Einkommensteuer 2015 - 2016 ent­schie­den:

 

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

 

1 . Am 20.12.2004 schloss der Beschwerdeführer (Bf.) mit Wirksamkeit vom 01.07.2004 mit der Wasserstraßendirektion namens der Republik Österreich einen entgeltlichen Be­stands­vertrag über das Nutzungsrecht von zirka 160 m Kaimauer am rechten Ufer des... auf unbestimmte Zeit ab. Er durfte an der Kai­mau­er eine Lände errichten, um daran Wasserfahrzeuge und Schwimmkörper zu ver­hef­ten (= befestigen) und hat eine Lände errichtet.

Am 31.08.2005 schloss der Bf. mit der GmbH eine Vereinbarung über die entgelt­li­che Mitbenutzung der Lände für unbestimmte Zeit ab. Die GmbH verheftete an der Lände ihr Schiff und der Bf. verheftete dort sein eigenes Schiff.

Mit gerichtlichem Vergleich vom 02.06.2015 verpflichtete sich die GmbH , die nicht be­zahlten und vom Bf. eingeklagten Nutzungsentgelte samt Verzugszinsen in Raten an den Bf. zu zahlen.

Die Ratenzahlungen erklärte der Bf. als Einkünfte aus Kapitalvermögen und brachte in sei­nen „Erläuterungen “ zur Vereinbarung vom 31.08.2005 begründend vor, dass er mit dem Nut­zungsvertrag vom 20.12.2004 ein Ländenrecht erworben habe. Nach dem 3. Teil des Schifffahrtsgesetzes entstehe eine Lände durch Hoheitsakt der Schifffahrtsbehörde, stel­le wegen der Lage im Ländenabschnitt ... einen geldwerten, mit rechtskräfti­gem Be­scheid dem Bf. übereigneten Vorteil dar und sei daher der GmbH als not­wen­di­ges Betriebsmittel zum Gebrauch überlassenes Sachkapital. Das von der GmbH bezahlte Entgelt entschädige den Bf. dafür, dass er den der GmbH überlassenen Ländenabschnitt nicht selbst nutzen könne.

 

2 . In den nach einer Außenprüfung erlassenen Bescheiden betreffend Einkommensteuer 2015 - 2016 vom 20.12.2017 veranlagte das Finanzamt die Ratenzahlungen als Einkünf­te aus Vermietung und Verpachtung.

Die Bescheide wurden am 23.12.2017 zugestellt, waren innerhalb 1 Monats ab Zustel­lung mit Beschwerde anfechtbar und wurden mit den Beschwerden vom 18.01.2018 angefoch­ten.

 

3 . In den Beschwerden vom 18.01.2018 beantragte der Bf., die Entgelte aus der Überlas­sung seiner Schifffahrtslände als Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 27 Abs 2 Z 2 EStG 1988 idgF zu veranlagen, die angefochtenen Bescheide aufzu­he­ben oder abzuändern und brachte sinngemäß begründend vor:

Die GmbH könne ohne die vom Bf. überlassene Schifffahrtslände ihr Schiff nicht betreiben, weshalb die Schifffahrtslände ein eigenständiger und geldwerter Produk­ti­ons­faktor und als solcher Einkünfte aus Kapitalvermögen bewirkendes Sachkapital sei. Die darauf entfallenden Verzugszinsen seien Entgelte für unfreiwillig überlassenes fälli­ges Geldkapital und damit auch Kapitalertrag. Für Einkünfte aus Vermietung und Verpach­tung gelte, dass sie subsidiär zur Einkunftsart „Kapitalertrag “ zu veranlagen seien. Auch habe sich der Bf. in seiner Einkommensteuererklärung für die prioritäre Veranlagung als Ka­pi­tal­er­trag entschieden. Nach Ausführungen zu den Einkommensteuerrichtlinien stellte der Bf. fest, dass „ Kapital “ sowohl Geld- als auch Sachkapital sei, der Kapitalbegriff nicht definiert werde und daher im Sinne der betriebswirtschaftlichen Lehre und der geübten betriebs­wirt­schaft­lichen Praxis zu interpretieren sei (was das Finanzamt verabsäumt habe).

 

4 . Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 15.02.2018 wurden die Beschwerden abge­wie­sen. Das Finanzamt stellte fest, dass der in den Beschwerdevorentscheidungen zitier­te § 27 EStG 1988 idgF nicht anwendbar ist, da die entgeltliche Überlassung einer Schiff­fahrts­län­de eine vermögensverwaltende und damit Einkünfte aus Vermietung und Ver­pach­tung von unbeweglichem Vermögen bewirkende Tätigkeit sei, weshalb auch die auf das unbewegliche Vermögen „Schifffahrtslände “ entfallenden Zinsen Einkünfte aus Ver­mie­tung und Verpachtung seien.

Die Beschwerdevorentscheidungen wurden am 02.03.2018 zugestellt, waren innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem mit 28.03.2018 datierten Vorlageantrag angefochten.

 

5 . Der mit 28.03.2018 datierte Vorlageantrag wurde lt. Eingangsstempel am 28.03.2018 im für den Bf. zuständigen Finanzamt eingebracht und wurde lt. Mail vom 11.10.2018 irr­tüm­lich im Strafakt archiviert. Auf Seite 1 des Vorlageantrags befindet sich die hand­schrift­li­che Anmerkung: „tats. im FA 03 eingelangt am 16.10.2018.

Im Vorlageantrag beantragte der Bf. folgenden Ausspruch „1) Der aus der zeitweiligen Ge­brauchs­überlassung meiner Schifffahrtslände vereinnahmte monatliche Zins in der Höhe von insgesamt netto 152.221,20 stellt einen Ertrag aus Kapital (Sachkapital) gemäß § 27 (2) 2 EStG dar. 2.) Die Verzugszinsen in der Höhe von 52.390,86 aus überfälligen Entgelt­for­derungen nach Punkt 1) stellen einen Ertrag aus Kapital (Finanzkapital) gemäß § 27 (2) 2 EStG dar.“ und begründete diesen Antrag im Wesentlichen mit rechtlichen Ausführun­gen zu § 27 EStG 1988 idgF und Ausführungen zu den Feststellungen des Finanzamtes.

 

6 . Mit Schreiben vom 30.11.2018 beantragte der Bf. die Senatsverhandlung.

 

 

Über die Beschwerden wurde erwogen:

 

 

A. Wie dem Eingangsstempel auf Seite 1 des Vorlageantrags vom 28.03.2018 zu ent­neh­men ist, langte dieser Antrag am 28.03.2018 im für den Bf. zuständigen Finanzamt ein. Nach Aktenlage wurde dieser Vorlageantrag irrtümlich nicht an eine Veranlagungsab­tei­lung des für den Bf. zuständigen Finanzamtes weiter geleitet sondern im Strafakt des Bf. ar­chiviert, dort am 11.10.2018 entdeckt und an eine Veranlagungsabteilung des für den Bf. zuständigen Finanzamtes gesandt, in der er am 16.10.2018 eintraf.

Eine Eingabe ist in einem Finanzamt eingebracht, nachdem sie im Finanzamt persönlich ab­gegeben oder im Postweg oder elektronisch an das Finanzamt gesandt worden ist. Des­halb ist eine Eingabe nicht in einem Finanzamt eingebracht, wenn sie in der für die Be­ar­bei­tung der Eingabe zuständigen Abteilung dieses Finanzamtes einlangt. Das Bundes­fi­nanz­gericht stellt daher fest, dass der Bf. den Vorlageantrag nicht am 16.10.2018 sondern am 28.03.2018 eingebracht hat.

Gemäß § 264 Abs 1 BAO idgF beträgt die Vorlageantragsfrist 1 Monat ab Zustellung der Beschwerdevorentscheidung. Wird ein Vorlageantrag fristgerecht eingebracht, gilt die Be­schwerde als unerledigt.

Da die Beschwerdevorentscheidung am 02.03.2018 zugestellt ist, würde die Vorlage­an­trags­frist am 02.04.2018 endet, wenn dieser Tag nicht der Ostermontag gewesen wäre. Die Vorlageantragsfrist hat daher am 03.04.2018 geendet.

Ein am 28.03.2018 eingebrachter Vorlageantrag ist innerhalb offener Vor­la­geantragsfrist eingebracht worden, weshalb die Beschwerden vom 18.01.2018 als uner­le­digt gelten. Da die­se Beschwerden frist- und auch formgerecht eingebracht worden sind, ist über die Be­schwerden „in der Sache “ zu entscheiden.

 

B. Gemäß § 272 BAO idgF ist der Antrag auf Senatsentscheidung entweder in der Be­schwer­de oder im Vorlageantrag zu stellen. Der Bf. hat den Antrag auf Senatsentschei­dung am 30.11.2018 und damit weder in den Beschwerden vom 18.01.2018 noch im Vor­la­geantrag vom 28.03.2018 gestellt. Das Bundesfinanzgericht stellt iVm der vorzit. Rechts­la­ge fest, dass der Bf. den Antrag auf Senatsentscheidung verspätet gestellt hat, wes­halb dieser Antrag abzuweisen ist und mit dieser Entscheidung abgewiesen wird.

 

C. Entscheidung über die Beschwerden in der Sache:

Beschwerdepunkt/e

In der Sache ist strittig, ob der Bf. Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Einkünfte aus Ver­mie­tung und Verpachtung erzielt.

Sach- und Beweislage

Der Entscheidung ist die aus dem Bestandsvertrag vom 20.12.2004 , der Vereinbarung vom 31.08.2005 und dem gerichtlichen Vergleich vom 02.06.2015 sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen.

Nach dieser Sach- und Beweislage hat die Wasserstraßendirektion namens der Republik Österreich zirka 160 m Kaimauer ... an den Bf. gegen Entgelt verpachtet. Der Bf. durfte an dieser zirka 160 m lan­gen Kaimauer eine Schifffahrtslände errichten und hat diese Schifffahrtslände auch er­rich­tet.

Eine Schifffahrtslände ist eine Schiffsanlagestelle. An Schiffsanlagestellen werden Schiffe und andere Schwimmkörper verheftet. Der Bf. hat an der von ihm errichteten Schifffahrts­län­de sein eigenes Schiff verheftet und hat der GmbH gegen Entgelt gestattet, ihr Schiff an seiner Schifffahrtslände zu verheften.

Die GmbH hat ihr Schiff an der Schifffahrtslände des Bf. verheftet und hat die ver­einbarten Entgelte nicht an den Bf. gezahlt. Der Bf. hat die GmbH geklagt und die GmbH muss nach dem mit dem Bf. geschlossenen gerichtlichen Vergleich die da­mals nicht gezahlten Entgelte samt Verzugszinsen in Raten an den Bf. zahlen.

Die Entgelte samt Verzugszinsen hat der Bf. als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt.

Rechtslage, rechtliche Würdigung und Entscheidung

Gemäß § 27 Abs 1 Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988 in der 2015 und 2016 gel­ten­den Fassung sind Einkünfte aus Kapitalvermögen u.a. die Einkünfte aus der Überlas­sung von Kapital.

Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 EStG 1988 idF 2015 und 2016 gehören die Einkünfte aus Ver­mie­tung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und von Rechten, die den Vor­schrif­ten des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen zur Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“.

Der Bf. behauptet, er habe der GmbH ein Teilstück seiner Schifffahrtslände als „Sach­kapital “ überlassen:

Sach- oder Realkapital im volkswirtschaftlichen Sinn sind Investitionsgüter (Website, wiki­pe­dia; Suchbegriff „Sachkapital). Wer investiert, verliert das Eigentum am Investitionsgut. Wird daher Sach- oder Realkapital in ein Unternehmen investiert, geht das Eigentum am Investitionsgut vom Investor auf dieses Unternehmen über.

Der Teil der Schifffahrtslände, an dem die GmbH ihr Schiff verheftet hat, ist nicht in das Eigentum der GmbH übergegangen; sie darf diesen Teil der Schiff­fahrts­lände nur für eigene Zwecke „gebrauchen “ (was die GmbH auch getan hat, da ihr Schiff dort lag).

Wer einem Anderen den Gebrauch einer Sache gegen einen bestimmten Preis überlässt, schließt einen Bestandvertrag ab (§ 1090 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch – ABGB). Lässt sich die Sache ohne bearbeiten gebrauchen, ist dieser Vertrag ein Miet­ver­trag; muss sie bearbeitet werden, ist dieser Vertrag ein Pachtvertrag (§ 1091 ABGB). Da die vom Bf. errichtete Schifffahrtslände von der GmbH ohne bearbeiten genutzt wer­den konnte, hat der Bf. mit der GmbH einen Mietvertrag geschlossen. Die von der GmbH zu zahlenden Entgelte sind daher Mietzahlungen.

Einen Mietvertrag über die Schifffahrtslände abzuschließen, ist rechtlich möglich gewe­sen: Die Errichtung der Schifffahrtslände ist mit Bescheid bewilligt worden (§ 47 Schiff­fahrts­ge­setz – SchFG). Mit diesem Bescheid sind keine Hoheitsrechte übertragen worden, da Ho­heits­rechte nicht mit Bescheid übertragbar sind.

Wie bereits ausgeführt sind die von der GmbH zu zahlenden Entgelte Mietzah­lun­gen. Da die GmbH diese Entgelte nicht gezahlt hat, als sie fällig geworden sind, muss sie Verzugszinsen an den Bf. zahlen. Entgelte und Verzugszinsen hängen daher un­trennbar zusammen, weshalb die Verzugszinsen einkommensteuerrechtlich wie die von der GmbH zu zahlenden Entgelte zu behandeln sind. Einkommensteuerrecht­lich irrelevant ist, ob Entgelte und Verzugszinsen als Einmalzahlung oder – wie hier ge­sche­hen – in Raten zu zahlen sind.

Die v.a. Ausführungen zusammenfassend sind die aus Entgelten und Verzugszinsen be­ste­henden Ratenzahlungen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Beschwer­de­begehren, diese Einkünfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu veranlagen, ist daher abzuweisen und wird mit dieser Entscheidung abgewiesen.

 

D. Im Vorlageantrag beantragte Feststellung

Welcher Einkunftsart Einnahmen zugeordnet werden, bestimmt der Gesetzgeber, weshalb irrelevant ist, welcher Einkunftsart der Bf. seine Einnahmen zugeordnet hat.

Ein Feststellungsverfahren darüber, welcher Einkunftsart Einnahmen zuzuordnen sind, ist der österreichischen Rechtsordnung fremd. Der Bf. hat daher keinen diesbezüglichen Fest­stellungsanspruch.

Das im Vorlageantrag gestellte Beschwerdebegehren ist abzuweisen und wird mit dieser Entscheidung abgewiesen.

 

E. Revision

Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsge­richts­hof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung ab­hängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht be­antworten, da das Gesetz die Rechtsfrage, welcher Einkunftsart Einkünfte zuzuordnen sind, beantwortet.

Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

 

 

Wien, am 10. Juli 2019

 

Zusatzinformationen

in Findok veröffentlicht am:29.07.2019
Materie:
  • Steuer
betroffene Normen:
ECLI:
  • ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104839.2018
Systemdaten: Findok-Nr: 124680.1
aufgenommen am: 29.07.2019 12:03:02
zuletzt geändert am: 14.05.2020
Dokument-ID: 538d6b5a-f79c-409d-94bb-1929dd8d8e50
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