

Rechtssätze
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden V und die weiteren Senatsmitglieder R1, R2 und R3 im Beisein der Schriftführerin S in der Beschwerdesache der A, Adresse, über die Beschwerde vom 30. September 2015 gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Graz vom 17. September 2015, Zahl aa, betreffend Eingangsabgaben nach der am 18. Juli 2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom 17. September 2015 wurde der Beschwerdeführerin gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex, ZK) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) die am 28. Mai 2015 entstandene Abgabenschuld in der Höhe von 12.531,80 Euro (Zoll: 5.941,80 Euro, Einfuhrumsatzsteuer: 6.590 Euro) mitgeteilt. Als Folge der Entstehung der Eingangsabgabenschuld wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung in der Höhe von 104,85 Euro vorgeschrieben. In der Begründung wurde neben der Wiedergabe von Rechtsgrundlagen im Wesentlichen ausgeführt, das gegenständliche Kraftfahrzeug (Fiat Ducato Heavy 395 mit der Fahrgestellnummer bb) sei im Mai 2015 zum Zwecke der vorübergehenden Verwendung in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden. Der Inhaber des Zollverfahrens habe die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass alle Bestimmungen des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung eingehalten sowie alle geltenden Voraussetzungen erfüllt würden. Sich im Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Eingangsabgaben befindliche Straßenbeförderungsmittel dürften nur für solche gewerbliche Beförderungen verwendet werden, die außerhalb des Zollgebiets beginnen oder enden würden. Bei einer Zollkontrolle sei jedoch festgestellt worden, dass das Fahrzeug zum überwiegenden Teil zum Transport von Waren innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft eingesetzt werde. Damit sei den Voraussetzungen nicht entsprochen worden und die Zollschuld sei entstanden und die Abgabenerhöhung vorzuschreiben gewesen.
Dagegen richtete sich die Beschwerde vom 30. September 2015. Die Beschwerdeführerin brachte vor, eine Einfuhrzollschuld sei nicht entstanden. Bei einer Beförderung von Belgien nach Österreich handle es sich unstreitig um einen Binnentransport, der innerhalb der Gemeinschaft beginne und ende. Ein solcher sei grundsätzlich nicht gedeckt. Im Binnenverkehr könnten jedoch Beförderungsmittel aus Drittstaaten im Straßenverkehr eingesetzt werden, sofern die im Bereich des Verkehrs geltenden Vorschriften einen derartigen Binnenverkehr versehen würden. Bei der konsolidierten CEMT-Resolution handle es sich um eine derartige beförderungsrechtliche Verkehrsvorschrift. Vor der Aufnahme ihrer Beförderungstätigkeit habe sich die Beschwerdeführerin bei den zuständigen nationalen Stellen über das Erfordernis einer entsprechenden CEMT-Genehmigung erkundigt. Sie sei auf die Befreiung der von der Beschwerdeführerin genutzten Art (Klein-Lkw) hingewiesen worden; diese seien vom Genehmigungserfordernis von vornherein befreit. Beim gegenständlichen Beförderungsmittel habe es sich gerade um eine solches von der Genehmigungspflicht befreites Fahrzeug gehandelt, da dieses das zulässige Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen nicht übersteige. Das Zollamt habe verkannt, dass die grundsätzliche Befreiung vom Genehmigungserfordernis für Binnentransporte innerhalb der CEMT-Staaten der Beschwerdeführerin nicht zum Nachteil gereichen könne. Wenn schon genehmigungspflichtige Kraftfahrzeuge vorbehaltlich der Genehmigungserteilung Transporte im EU-Binnenverkehr durchführen könnten, dann müsse dies erst recht für Kraftfahrzeuge gelten, die von vornherein keiner Genehmigungspflicht unterliegen würden und auch gar keine Möglichkeit hätten, eine Genehmigung zu erhalten. Eine andere Rechtsauffassung sei schlichtweg diskriminierend und würde der Intention der Verkehrsministerkonferenz zuwiderlaufen.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 29. Jänner 2016 wurde der Spruch der angefochtenen Entscheidung dahingehend abgeändert, als dass eine Abgabenerhöhung in der Höhe von 83,13 Euro zu entrichten sei. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, beim vorliegenden EU-Binnenverkehr, bei dem ein in Serbien zugelassenes Kraftfahrzeug in Belgien beladen und in Österreich entladen werden sollte, seien die CEMT-Bestimmungen einschlägig. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, das von ihr verwendete Kraftfahrzeug sei von vornherein vom Erfordernis einer CEMT-Genehmigung befreit. Dem könne zugestimmt werden. Die Beschwerdeführerin habe mit dem verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug, das sich im Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung befunden habe, regelmäßig Binnentransporte durchgeführt. Für das gegenständliche Fahrzeug sei die Beschwerdeführerin vom formellen Genehmigungsverfahren befreit und diese könne somit auf Grundlage der CEMT-Resolution Transporte nach den Bestimmungen dieser Resolution zwischen den CEMT-Mitgliedstaaten durchführen. Die Beschwerdeführerin habe aber übersehen, dass Transporte auf Grundlage der CEMT-Resolution unter folgenden Voraussetzungen erlaubt seien. Nach der ersten beladenen Fahrt zwischen dem Mitgliedstaat der Zulassung und einem anderen Mitgliedstaat dürfe das Unternehmen maximal drei Fahrten ohne Involvierung des Mitgliedstaates durchführen, und nach diesen maximal drei beladenen Fahrten müsse das Fahrzeug beladen oder leer in den Mitgliedstaat der Zulassung zurückkehren. Aufgrund vorgelegter Fahrtenbuchauszüge sei nachgewiesen worden, dass mit dem gegenständlichen Fahrzeug zumindest dreizehn Binnentransporte im Zollgebiet der Gemeinschaft vom ersten Eintritt am 22. Mai 2015 bis zur stattgefundenen Kontrolle am 15. September 2015 durchgeführt worden seien, ohne dass nach dem dritten Binnentransport das Fahrzeug nach Serbien zurückgekehrt sei. Nach einem Transport von Serbien nach Österreich am 22. Mai 2015 und drei darauf folgenden Binnentransporte im Zollgebiet der Gemeinschaft (Österreich und Deutschland) sei mit der Beförderung am 25. Juni 2015 zwischen Österreich und Deutschland ein illegaler Binnentransport im Zollgebiet der Gemeinschaft erfolgt. Diese Pflichtverletzung habe zur Zollschuldentstehung nach Art. 204 ZK geführt. Es sei bereits bei der Abfahrt in Österreich festgestanden, dass dieser Transport nicht mehr von der CEMT-Resolution erfasst sei. Die Pflichtverletzung sei somit in Österreich erfolgt und somit sei auch Österreich für die Abgabenerhebung zuständig. Aufgrund der Änderung des Zollschuldentstehungszeitpunktes sei auch die Abgabenerhöhung neu zu berechnen gewesen.
Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom 1. März 2016. Die Beschwerdeführerin, damals vertreten durch Vt, Rechtsanwalt, brachte vor, im Zuge einer Kontrolle am 15. September 2015 sei festgestellt worden, dass mit dem gegenständlichen Fahrzeug eine Palette mit 500 kg von Belgien nach Österreich transportiert werden sollte. Laut CMR und dem vorgelegten Fahrtenbuch sei ersichtlich, dass mit dem Fahrzeug regelmäßig innergemeinschaftliche (Binnenverkehr)Fahrten durchgeführt worden seien. Die rechtliche Würdigung in der Beschwerdevorentscheidung entspreche nicht nationalem oder europäischem Recht. Es sei unstreitig, dass Fahrzeuge im Binnenverkehr verwendet werden könnten. Fahrzeuge mit maximal 3,5 Tonnen Gesamtmasse seien von der Genehmigungspflicht befreit. Klarzustellen sei auch, dass es sich nicht um einen reinen Inlandstransport in Österreich gehandelt habe, und die Beschwerdeführerin alle notwendigen Genehmigungen für die Art der durchgeführten Transporte gehabt habe. Wenn Transporte vom formellen Genehmigungsverfahren und der Kontingentierung der CEMT-Genehmigung befreit seien, dann könnten sich weitere Regelungen bezüglich Anwendung von CEMT-Genehmigungen auf Transporte mit gegenständlichem Fahrzeug (Gesamtgewicht unter 3 Tonnen) nicht beziehen. Es gebe keine rechtliche Regelung, welche eine Anzahl der Transporte mit Fahrzeugen, deren Gesamtgewicht 3,5 Tonnen nicht übersteige, regle. Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung aufzuheben und nach Aufhebung dergestalt zu ändern, dass eine Zoll- und Abgabenschuld mit Null festgesetzt werde, eine Entscheidung durch den Senat und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
In Beantwortung eines Vorhalts legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 7. Mai 2018 eine Aufstellung über die im Zeitraum vom 18. Mai 2015 bis 14. September 2015 durchgeführten Beförderungen und ein Protokoll über eine Sitzung der Gemischten Kommission vor und teilte mit, sie habe bei der Durchführung ihrer Tätigkeit stets die international geltenden Regeln sowie die bilateralen Vereinbarungen zwischen der Republik Serbien und der Republik Österreich für Transporte mit Fahrzeugen, deren Gesamtmasse 3,5 t nicht übersteige, eingehalten.
Mit Schreiben vom 28. Mai 2018 legte die Beschwerdeführerin die vom Bundesfinanzgericht angeforderten Unterlagen für die Beförderungen vom 22. Mai 2015 und 17. Juni 2015 vor und verwies nochmals auf das Protokoll über die Sitzung der Gemischten Kommission.
Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 teilte die belangte Behörde mit, bei dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Protokoll gehe es um Genehmigungskontingente im bilateralen Verkehr bzw. Transitverkehr. Keine dieser Bewilligungen erlaube einen Kabotageverkehr innerhalb Österreichs oder der Europäischen Union. Laut dem Protokoll werde von der österreichischen Seite bestätigt, dass Fahrzeuge bis zu einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t von der Genehmigungspflicht für grenzüberschreitende Beförderungen befreit seien. Ein Kabotageverkehr sei nicht zulässig, ein solcher sei nur im Rahmen einer CEMT-Genehmigung zulässig. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Aufstellung entspreche nicht den Aussagen des niederschriftlich einvernommenen Fahrers (dieser habe angegeben, das Fahrzeug sei seit dem 31. Juli 2015 in der Europäischen Union unterwegs gewesen) und decke sich zum Teil auch nicht mit den Fahrtenbucheintragungen.
Mit Schreiben vom 13. Juli 2018 teilte die Beschwerdeführerin mit, sie werde an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen, und legte für alle in der am 7. Mai 2018 vorgelegten Aufstellung ausgewiesenen Beförderungen Frachtbriefe und die korrespondierenden Ausgangsrechnungen vor.
In der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2018 brachte das Bundesfinanzgericht die von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 13. Juli 2018 vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde zur Kenntnis. Die belangte Behörde stellte außer Streit, dass es sich beim verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug um eine solches mit einer Gesamtmasse von 3.500 kg gehandelt hat, und auch, dass mit dem Kraftfahrzeug im Zeitraum 18. Mai 2015 bis einschließlich 15. September 2015 keine Beförderungen mit Be- und Entladung in Österreich durchgeführt worden sind. Weiters verwies die belangte Behörde auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und auf die in der Beschwerdevorentscheidung und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug, mit einer zulässigen Gesamtmasse von 3.500 kg, war auf die Beschwerdeführerin, ein Unternehmen mit Sitz in der Republik Serbien, zugelassen. Dieses Kraftfahrzeug wurde am 18. Mai 2015 in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht und mit diesem Kraftfahrzeug wurden ab diesem Zeitpunkt bis zu der am 15. September 2015 durchgeführten Zollkontrolle immer wieder gewerbsmäßige Beförderungen von Gütern durchgeführt, bei denen Be- und Entladeort innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft lagen. Beförderungen von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs lag, wurden nicht durchgeführt.
Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB VwGH 20.7.2011, 2009/17/0132).
Der vorstehend Sachverhalt ergab sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten und aus den von der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigebrachten Unterlagen. Das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Fahrtenbuch weist – mit Ausnahme am 22. Mai 2015 und am 17. Juni 2015 – Eintragungen aus, die auch auf Beförderungen hinweisen, bei denen Be- und Entladeort innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegen sind. An den beiden, vorstehend genannten Tagen ist zwar jeweils „AUSTRIA“ im Fahrtenbuch ausgewiesen, jedoch aufgrund der von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28. Mai 2015 und vom 13. Juli 2015 vorgelegten Unterlagen (Rechnungen und Frachtbriefe) stand fest, dass Beförderungen von Gütern stattgefunden haben, bei denen die Güter in Österreich beladen, jedoch in Deutschland entladen worden sind. Da die auf Anforderung des Bundesfinanzgerichtes vorgelegten Unterlagen die in der mit Schreiben vom 7. Mai 2018 vorgelegten Aufstellung über die durchgeführten Beförderungen enthaltenen Angaben bestätigen, erachtete es das Bundesfinanzgericht als erwiesen, dass die Angaben in der Aufstellung eher den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen als die Eintragungen im Fahrtenbuch. Weitere Indizien für die Ansicht des Bundesfinanzgerichtes waren auch der Umstand, dass die Aufstellung nicht nur die genauen Be- und Entladeorte und die hierfür in Rechnung gestellten Entgelte ausweist, während die Fahrtenbucheintragungen nur Rückschlüsse auf das jeweilige Staatsgebiet zulassen, und der Umstand, dass in der Aufstellung mehr Fahrten angegeben sind als sich aus dem Fahrtenbuch (welches keine Angaben über gefahrene Kilometer, etc. enthält) ergeben. Der Aufstellung lassen sich so wie dem Fahrtenbuch (abgesehen von den beiden vorstehend angeführten Ausnahmen) keine Hinweise dafür entnehmen, dass Beförderungen von Gütern durchgeführt worden sind, bei denen Be- und Entladeort in Österreich gelegen sind; dies wurde auch von der belangten Behörde nicht behauptet.
Im Verfahren der vorübergehenden Verwendung können gemäß Art. 137 ZK Nichtgemeinschaftswaren, die zur Wiederausfuhr bestimmt sind, ohne dass sie, abgesehen von der normalen Wertminderung aufgrund des von ihnen gemachten Gebrauchs, Veränderungen erfahren hätten, unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben, und ohne dass sie handelspolitischen Maßnahmen unterliegen, im Zollgebiet der Gemeinschaft verwendet werden.
Die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben wird gemäß Art. 558 Abs. 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2912/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK-DVO) für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel bewilligt, die bei gewerblicher Verwendung mit Ausnahme von Schienenbeförderungsmitteln nur für Beförderungen verwendet werden, die außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft beginnen oder enden; sie können jedoch im Binnenverkehr eingesetzt werden, sofern die im Bereich des Verkehrs geltenden Vorschriften, insbesondere diejenigen betreffend die Voraussetzung für den Marktzugang und die Durchführung von Beförderungen, es vorsehen.
Gemäß Art. 555 Abs. 1 Buchstabe a ZK-DVO ist gewerbliche Verwendung die Verwendung eines Beförderungsmittels zur Beförderung von Personen gegen Entgelt oder zur industriellen oder gewerblichen Beförderung von Waren gegen oder ohne Entgelt.
Nach Art. 555 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO ist Binnenverkehr die Beförderung von Personen oder Waren, die im Zollgebiet der Gemeinschaft einsteigen oder geladen werden, um in diesem Gebiet wieder auszusteigen oder ausgeladen zu werden.
Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b ZK-DVO bestimmt, dass Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung für die in Art. 556 bis 561 genannten Beförderungsmittel durch eine Willensäußerung im Sinne des Art. 233 ZK-DVO nach Maßgabe des Art. 579 ZK-DVO abgegeben werden können, sofern sie nicht schriftlich oder mündlich angemeldet werden. Gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchstabe a zweiter Anstrich ZK-DVO kann die als Zollanmeldung geltende Willensäußerung durch Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben, abgegeben werden.
Gemäß Art. 138 ZK wird die Bewilligung des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung auf Antrag der Person erteilt, welche die Waren verwendet oder verwenden lässt. Inhaber des Zollverfahrens ist die Person, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird, oder die Person, der die Rechte und Pflichten der vorgenannten Person in Zusammenhang mit einem Zollverfahren übertragen worden sind (Art. 4 Nr. 21 ZK).
Eine Einfuhrzollschuld entsteht gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a ZK, wenn in anderen als den in Artikel 203 genannten Fällen eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabepflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben, es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.
Gemäß Art. 204 Abs. 2 ZK entsteht die Zollschuld in dem Zeitpunkt, in dem die Pflicht, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht mehr erfüllt wird, oder in dem Zeitpunkt, in dem die Ware in das betreffende Zollverfahren überführt worden ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine der Voraussetzungen für die Überführung dieser Ware in das Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht wirklich erfüllt war.
Die Zollschuld entsteht gemäß Art. 215 Abs. 1 erster Anstrich ZK an dem Ort, an dem der Tatbestand eintritt, der die Zollschuld entstehen lässt.
Für das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug wurden am 18. Mai 2015 durch das schlichte Passieren der Zollstelle an der serbisch/kroatischen Grenze bzw. bis zu der am 15. September 2015 durchgeführten Kontrolle durch die belangte Behörde durch das Passieren einer Zollstelle an der Grenze zum Zollgebiet der Gemeinschaft Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung, einschließlich des Antrags auf Bewilligung der vorübergehenden Verwendung abgegeben. Durch das Passieren der jeweiligen Zollstelle galt das Kraftfahrzeug gemäß Art. 234 ZK-DVO als gestellt, die Zollanmeldung als angenommen und das Fahrzeug als überlassen. Durch die Annahme der Zollanmeldungen wurde gemäß Art. 505 Buchstabe b ZK-DVO die Bewilligung für das Verfahren der vorübergehenden Verwendung erteilt.
Im verfahrensgegenständlichen Fall lagen Binnenverkehre im Sinne der zollrechtlichen Bestimmungen vor. Es war zu prüfen, ob diese Binnenverkehre nach den im Bereich des Verkehrs geltenden Vorschriften zulässig waren (Art. 558 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO).
§ 1 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) lautet (auszugweise):
„(1) Dieses Bundesgesetz gilt für
1.
die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs oder
solchen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte
insgesamt 3 500 kg übersteigt, durch Beförderungsunternehmen,
2. den Werkverkehr mit solchen Kraftfahrzeugen sowie
3. die Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern bei der gewerbsmäßigen Beförderung
von Gütern mit solchen Kraftfahrzeugen.
(2)
Abweichend von Abs. 1 gelten jedoch die Bestimmungen der § 6 Abs. 1 bis 4, § 7 Abs. 2,
§ 10, § 11 und die Bestimmungen der Abschnitte VI bis VIII auch für die gewerbsmäßige
Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs oder solchen Kraftfahrzeugen
mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt
3 500 kg nicht übersteigt.
(3) (…)“
Für die mit dem verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug durchgeführten gewerbsmäßigen Güterbeförderungen galten nur die in § 1 Abs. 2 GütbefG genannten Bestimmungen. Gemäß § 7 Abs. 2 GütbefG ist (sofern nicht eine Ausnahme vorliegt) die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Güterverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland verboten (Kabotage). Beförderungen von Gütern, deren Be- und Entladeorte innerhalb von Österreich lagen, fanden mit dem verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug im Zeitraum vom 18. Mai 2015 bis zur Kontrolle durch die Zollbehörde am 15. September 2015 nicht statt. Nach den einschlägigen nationalen Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes waren die mit dem Kraftfahrzeug vorgenommenen Güterbeförderungen (Binnenverkehr im Sinne des Art 555 Abs. 1 lit. c ZK-DVO) nicht verboten. § 7 Abs. 1 GütbefG war nicht einschlägig, weil das höchst zulässige Gesamtgewicht des gegenständlichen Fahrzeuges 3.500 kg nicht überstiegen hat.
Auch unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) und der der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und Rates über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterverkehrs ergab sich nichts Gegenteiliges.
Gemäß § 1 Abs. 5 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 bedürfen Beförderungen von Gütern mit Kraftfahrzeugen, deren zulässige Gesamtmasse, einschließlich der Gesamtmasse der Anhänger, 3,5 t nicht übersteigt, sowie im Zusammenhang damit durchgeführte Leerfahrten keiner Gemeinschaftslizenz und sind von jeglichem Erfordernis einer Beförderungsgenehmigung ausgenommen.
Nach der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister sind zur Erleichterung internationaler Transporte sowie zur besseren Ausnutzung der Fahrzeuge die Transporte von Gütern durch Kraftfahrzeuge, deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger, 6 Tonnen nicht überschreitet oder deren zulässige Nutzlast, einschließlich der der Anhänger, 3,5 Tonnen nicht übersteigt, von multilateralen und bilateralen Genehmigungsverfahren ausgenommen (Kapitel 2 Z 1). Der von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vertretenen Auffassung, nach der ersten beladenen Fahrt zwischen dem Mitgliedstaat der Zulassung und einem anderen Mitgliedstaat dürfe das Unternehmen maximal drei beladene Fahrten ohne Involvierung des Mitgliedstaats der Zulassung durchführen, war nicht zu folgen. Denn diese von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung stellt gemäß Kapitel 3 (Punkt 3.18) der Resolution auf Transporte mit CEMT-Genehmigungen ab. Solche waren gemäß der eingangs genannten Bestimmung nicht erforderlich, weil der Transport von Gütern mit Kraftfahrzeugen wie dem gegenständlichen vom Genehmigungsverfahren ausgeschlossen ist.
Auch in dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Protokoll „zur bilateralen Sitzung der Gemischten Kommission der Republik Serbien und der Republik Österreich zum Straßenverkehr am 4. und 5. Oktober 2016 in Belgrad“ ist festgehalten, dass grenzüberschreitende Beförderungen mit Kraftfahrzeugen, deren erlaubtes Gewicht höchstens 3,5 Tonnen ausmacht, keiner Genehmigungspflicht unterliegen.
Die belangte Behörde vertritt in ihrer Stellungnahme vom 30. Mai 2018 die Ansicht, ein Kabotageverkehr sei nur im Rahmen einer CEMT-Genehmigung zulässig. Selbst bei Zutreffen dieser Ansicht führte dies nicht zur Abweisung der Beschwerde. Nach Kapitel 1 der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister ist Kabotage ein Straßentransport, bei dem Güter an zwei verschiedenen Punkten in einem Land be- und entladen werden und der von einem Fahrzeug durchgeführt wird, das in einem anderen Land zugelassen ist. Gemäß Art. 2 Z 6 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 bezeichnet der Ausdruck Kabotage den gewerblichen innerstaatlichen Verkehr, der im Einklang mit dieser Verordnung in einem Aufnahmemitgliedstaat durchgeführt wird. Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Verkehrsunternehmen mit Sitz im Ausland ist (wie vorstehend angegeben) gemäß § 7 Abs. 2 GütbefG Kabotage. Im gegenständlichen Fall stand unstrittig fest, dass mit dem Kraftfahrzeug, für das die Zollschuld vorgeschrieben worden ist, im Zeitraum vom 18. Mai 2015 bis zum 15. September 2015 keine Beförderungen von Gütern durchgeführt worden sind, bei denen Be- und Entladeort im selben Land gelegen sind. Ein Fall der Kabotage lag nicht vor.
Da im Zusammenhang mit den mit dem verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug durchgeführten Güterbeförderungen keine Verletzung von Pflichten, die sich aus der Inanspruchnahme der Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung ergeben, festgestellt werden konnten, erfolgte die Festsetzung einer gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a ZK entstandenen Zollschuld zu Unrecht.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen. Es sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt; eine Revision ist nicht zulässig.
Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am 23. Juli 2018
