

Rechtssätze
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kalcik & Co. Gesellschaft m.b.H., Huttengasse
45, 1160 Wien, über die Beschwerde vom 22. August 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom 11. Juli 2019, betreffend Einkommensteuer 2017, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ***Bf1*** (i.d.Folge Bf.) erzielte im Jahr 2017 Einkünfte aus
Gewerbebetrieb sowie aus nichtselbstständiger Tätigkeit, u.a. als Stadtrat der V.
Das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach erließ am 11. Juli 2019 einen Einkommensteuerbescheid
für das Jahr 2017, in dem von der Erklärung insoweit abgewichen wurde, als die beantragten
Werbungskosten von € 4.883,81 auf € 1.443,60 reduziert wurden.
Begründend führte das Finanzamt aus, dass die geltend gemachten Bewirtungskosten i.H.v.
€ 349,50 mangels überwiegender beruflicher Veranlassung nicht gewährt werden könnten.
Rundfunkgebühren i.H.v. € 72,11 würden gemäß § 20 EStG 1988 als typische Kosten der Lebensführung nichtabzugsfähige Ausgaben darstellen.
Die anteiligen Mietkosten für ein Arbeitszimmer i.H.v. € 3.018,60 seien nichtabzugsfähig,
da in dem im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer nicht der Tätigkeitsschwerpunkt
des Gemeinderates ausgeübt werde.
Mit Eingabe vom 22. August 2019 erhob der Bf. Beschwerde.
Die Bewirtungskosten sowie die GIS-Gebühren seien im Rahmen seiner Tätigkeit als Stadtrat
angefallen und somit überwiegend beruflich veranlasst. Namen der Gesprächspartner,
für deren Bewirtung Kosten angefallen waren, wurden bekannt gegeben. Die GIS Gebühren
seien für die Nachrichtenverfolgung notwendig und anteilig (50%) abgesetzt worden.
Zu den Kosten des Arbeitszimmers wurde vom Bf. erläutert, dass es sich dabei um einen
eigens eingerichteten und abgeschlossenen Arbeitsraum handle, der für seine Tätigkeit
als Stadtrat von wesentlicher Bedeutung sei. Die darin ausgeübten Arbeiten, die Bearbeitung
vertraulicher Dokumente, die Nutzung der EDV-Ausstattung sowie der Telekommunikationsanlagen
für die Kontaktanbahnung, Informationsgewinnung und -verarbeitung würden den Mittelpunkt
seiner beruflichen Tätigkeit bilden.
Der Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 31. Jänner 2020 (gesonderte
Begründung vom 30. Jänner 2020) teilweise Statt gegeben.
Zu den Bewirtungskosten wurde erläutert, solche seien als Repräsentationsaufwendungen
grundsätzlich nicht abzugsfähig. Nur wenn der Steuerpflichtige nachweise, dass die
Bewirtung der Werbung diene und die berufliche Veranlassung weitaus überwiege, könnten
derartige Aufwendungen zur Hälfte abgezogen werden.
Das Finanzamt gehe aufgrund der Angabe der bei der Bewirtung anwesenden Gesprächspartner
von derartigen Aufwendungen aus und berücksichtige diese i.H.v. 50% der Aufwendungen
als Werbungskosten.
Die anteilige Berücksichtigung der Rundfunkgebühren sei nicht möglich, da es sich
dabei um typische Aufwendungen der Lebensführung handle. Im Fall von Aufwendungen,
die sowohl beruflich als auch privat veranlasst seien und auch in den Kreis der privaten
Lebensführung fallen würden, sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (i.d.Folge
VwGH) ein strenger Maßstab anzulegen. Ließen sich die Aufwendungen nicht einwandfrei
trennen, sei entsprechend dem Aufteilungsverbot der gesamte Betrag nicht abzugsfähig.
Bei einem im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmer, dass den Mittelpunkt der gesamten
betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bilde, seien Kosten
dafür nur dann abzugsfähig, wenn ein solches nach der Art der Tätigkeit unbedingt
notwendig sei und tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich
genutzt werde.
Die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt i.S.d. § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 darstelle, habe nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung, sohin dem typischen Berufsbild
zu erfolgen.
Der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit liege dann vor, wenn der überwiegende
Teil der Erwerbstätigkeit in dem Arbeitszimmer ausgeübt werde. Dies sei bei Politikern,
Lehrern oder Vertretern, deren berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig außerhalb des
Hauses ausgeübt werde, nicht der Fall.
Der VwGH habe mit Erkenntnis vom 17. Mai 2000, Zl. 98/15/0050 im Zusammenhang mit
der Tätigkeit eines Lehrers ausgeführt, dass die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers
nicht bestehe, wenn der Lehrer Korrekturarbeiten etwa in einem Lehrerzimmer, einem
Konferenzzimmer oder leer stehenden Klassenzimmern verrichten könne. Auch die EDV-Ausstattung
sei ,im Zeitalter von Notebooks' nicht an einen bestimmten Standort gebunden.
Der Umstand, dass der Bf. an seinem Arbeitsplatz im Rathaus X über kein Arbeitszimmer
verfüge, ändere nichts an der Beurteilung durch die Behörde.
Mit Eingabe vom 30. Juni 2020 brachte der Bf. nach zwei Fristverlängerungsersuchen
fristgerecht einen Vorlageantrag zur Entscheidung über die Beschwerdevorentscheidung
durch das Bundesfinanzgericht ein.
Zu den GIS-Gebühren wurde dargelegt, dass es sich dabei um ausschließlich beruflich
veranlasste Aufwendungen handle, ohne die eine Nachrichtenverfolgung zur Berufsausübung
nicht möglich sei.
Das Arbeitszimmer sei für seine Tätigkeit als Stadtrat unbedingt notwendig und werde
ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt.
Im Rahmen seiner Tätigkeit seien in Stadtratssitzungen und im nicht öffentlichen Teil
der Gemeinderatssitzungen Protokolle verfasst und als vertraulich oder geheim eingestuft
worden.
Die darüber erstellten Dokumente seien unter Beachtung des Datenschutzgesetzes sowie
der Datenschutzgrundverordnung sicher zu verwahren. Dies betreffe im Besonderen Unterlagen
zu dem ihm übertragenen Ressorts ***1*** und ***2***.
Zudem müssten Sitzungen (Stadtratssitzungen, Fraktionssitzungen, Gemeinderatssitzungen,
Stadparteivorstand, Bezirksparteivorstsand, Besprechungen mit externen Firmen, Polizei
usw.) vorbereitet, Redebeiträge verfasst und Protokolle ausgedruckt und studiert werden.
Der Bf. müsse die Möglichkeit haben, zu kopieren, abzulegen und ungestört zu telefonieren.
Auch benötige er Platz für Prospekte, Werbemittel und Plakate.
Da er im X1 Rathaus über kein Büro verfüge, müsse er seine Tätigkeiten zu Hause im
Home Office erledigen.
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom 12. August 2020
vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder
Erhaltung der Einnahmen.
§ 20 EStG 1988 lautet (auszugsweise):
(1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
…
2.
a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche
oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur
Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
…
d) Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und
dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung. Bildet ein im Wohnungsverband
gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen
Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben
einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.
…
3. Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben. Darunter fallen auch
Aufwendungen oder Ausgaben anläßlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Weist der
Steuerpflichtige nach, daß die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder
berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben
zur Hälfte abgezogen werden.
…
Folgender Sachverhalt wird dem Erkenntnis zu Grunde gelegt:
Der Bf. bezog im Jahr 2017 Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus nichtselbstständiger
Tätigkeit aus 2 Einkunftsquellen (L sowie als Gemeinde-/Stadtrat).
Haupteinkunftsquelle war seine Tätigkeit als Arbeitnehmer der L (steuerpflichtige
Bezüge i.h.v. € 30.143,86). Daneben übte er eine Tätigkeit als Gemeinde-/Stadtrat
aus, die zu steuerpflichtigen Bezügen i.H.v. € 7.707,51 führten.
Laut Sitzungsprotokoll des Gemeinderates der V wurde der Bf. in der Gemeinderatssitzung
vom 28. Juni 2017 (do. Pkt. 2) zum Stadtrat gewählt. Zuvor bekleidete er die Funktion
eines Gemeinderates.
Mit gleichem Datum wurde die Besetzung der Ausschüsse der V geändert und der Bf. wurde
Obmann des Ausschusses für ***2*** sowie Mitglied folgender Ausschüsse/Projektteams:
Ausschuss für Finanzen und Umwelt;
Ausschuss für Wirtschaft und Kultur;
Ausschuss für die Errichtung von gemeindeeigenen Gebäuden;
Projektteam ,***3***';
Projektteam ,Errichtung Volksschule X'.
Zu den beantragten, von der Behörde nicht bzw. nur zum Teil anerkannten Werbungskosten
ist auszuführen:
Bewirtungskosten
Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden stellen
gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 als Werbungskosten nichtabzugsfähige Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben
dar.
Nur wenn nachgewiesen werden kann, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche
oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder
Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden.
Der Bf. beantragte Bewirtungskosten i.H.v. € 349,50. In der Beschwerde erläuterte
er, die maßgeblichen Belege im Rahmen einer Vorhaltsbeantwortung vorgelegt zu haben,
zudem benannte er seine Geschäftspartner darin namentlich.
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 9. Dezember 2004, Zl. 99/14/0253 im Fall von
Bewirtungskosten eines Vizebürgermeisters dargelegt:
Hinsichtlich der als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang
mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Vizebürgermeister ist zum Beschwerdevorbringen
insbesondere darauf hinzuweisen, dass unter dem Begriff der nicht abzugsfähigen Repräsentationsaufwendungen
alle Aufwendungen zu verstehen sind, die zwar durch den Beruf des Steuerpflichtigen
bedingt bzw. im Zusammenhang mit der Erzielung von steuerpflichtigen Einkünften bewirkenden
Einnahmen anfallen, aber auch sein gesellschaftliches Ansehen fördern. Das gesellschaftliche
Ansehen fördert nicht nur die Bewirtung, die ein Unternehmer Geschäftsfreunden, sondern
gleichermaßen die Bewirtung, die ein politischer Funktionär anderen Personen, welcher
Art immer - etwa möglichen Wählern oder anderen politischen Funktionären - zuteil
werden lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2003, 99/14/0071). Die belangte
Behörde hat somit den Aufwendungen, welche als beruflich bedingte Einladungen bezeichnet
wurden, zutreffend die Anerkennung als Werbungskosten versagt, zumal kein überwiegender
Werbezweck nachgewiesen worden ist.'
Entgegen der Rechtsansicht der Behörde wurde mit der nachträglichen Benennung von
Personen, die den einzelnen Rechnungen nicht zugewiesen werden konnten und auch keine
Leistungsinformationen enthalten, keinerlei Werbezweck nachgewiesen, weshalb sich
deren teilweise Berücksichtigung als Werbungskosten i.S.d. dargelegten Rechtsprechung
im Rahmen der BVE als nicht rechtskonform erweist und die geltend gemachten Bewirtungskosten
in voller Höhe nichtabzugsfähige Repräsentationskosten darstellen.
GIS Gebühren
Der Bf. erläutert zu den beantragten (anteilig, zu 50% angesetzten) GIS Gebühren,
dass ohne entsprechende Nachrichtenverfolgung seine Tätigkeit als Stadtrat nicht möglich
ist und sich die beantragten Aufwendungen als überwiegend beruflich veranlasst erweisen.
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 30. April 2015, Zl. 2012/15/0190 (zu den vom
do. Beschwerdeführer, einem Englischlehrer beantragten Werbungskosten für englische
und amerikanische Zeitschriften) erwogen:
,Die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 enthält als wesentliche Aussage ein Verbot des Abzuges gemischt veranlasster Aufwendungen
in Bezug auf typischerweise auch der Lebensführung dienenden Wirtschaftsgütern (vgl.
Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 20 Tz 3.1). Der Regelung liegt der Gedanke der Steuergerechtigkeit
insoweit zu Grunde, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund
der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen
herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen
kann, was unsachlich gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben,
die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Tätigkeiten nicht ermöglicht,
und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen
(vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2007, 2006/14/0020, VwSlg 8206/F, mwN).
Bei der Abgrenzung beruflich bedingter Aufwendungen von den Kosten der Lebensführung
gilt in diesem Zusammenhang die typisierende Betrachtungsweise (vgl. z.B. das hg.
Erkenntnis vom 25. November 2009, 2007/15/0260). Derjenige, der typische Aufwendungen
der privaten Lebensführung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend macht,
hat im Hinblick auf seine Nähe zum Beweisthema von sich aus nachzuweisen, dass diese
Aufwendungen entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung (nahezu) ausschließlich die
berufliche bzw. betriebliche Sphäre betreffen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis VwSlg.
8206/F, mwN sowie das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2010/15/0197).'
Bei Rundfunkempfangseinrichtungen (Radio bzw. Fernseher), handelt es sich um typischerweise
der Lebensführung dienende Wirtschaftsgüter, damit verbundene Kosten teilen deren
Schicksal.
Der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 ist ein Verbot des Abzuges gemischt veranlasster Aufwendungen (so genanntes Aufteilungs-
und Abzugsverbot) immanent. Wie schon die Behörde in der Beschwerdevorentscheidung
ausgeführt hat, sind derartige Aufwendungen, sofern sie sich nicht einwandfrei trennen
lassen, entsprechend dem Aufteilungsverbot nicht abzugsfähig (vgl. VwGH 25. November
2009, Zl. 2007/15/0260).
Es mag zutreffen, dass sich einzelne im Rundfunk ausgestrahlte Sendungen für die Tätigkeit
als Gemeinde-/Stadtrat als hilfreich erweisen, einen Nachweis, wonach ihm ohne Nachrichtenverfolgung
die Ausübung seiner Funktion im Rahmen der Kommunalpolitik nicht möglich gewesen wäre,
hat der Bf. aber nicht erbracht.
Das allgemeine gehaltene Vorbringen des Bf. lässt nicht erkennen, aus welchem Grund
die in Rede stehenden Aufwendungen entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung (nahezu)
ausschließlich seine berufliche Sphäre betreffen.
Arbeitszimmer
Für die Bestimmung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ist entsprechend der Judikatur
des Verwaltungsgerichtshofes ihr materieller Schwerpunkt maßgebend. Im Zweifel ist
darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte
der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. VwGH 24.
März 2009, 2006/13/0137).
Nach § 21 Abs. 3 der NÖ Gemeindeordnung haben die Mitglieder des Gemeinderates an
den Sitzungen des Gemeinderates teilzunehmen. Jedes Mitglied des Gemeinderates hat
insbesondere das Recht, bei den Sitzungen des Gemeinderates zu den Verhandlungsgegenständen
das Wort zu ergreifen, Anfragen und Anträge zu stellen sowie das Stimmrecht auszuüben
(§ 22 Abs. 1 lg. cit.).
Gemäß § 36 Abs. 2 Z 1 der NÖ Gemeindeordnung obliegen dem Gemeindevorstand (Stadtrat)
insbesondere
1. die Vorberatung und Antragstellung der zum Wirkungskreis des Gemeinderates gehörenden
Angelegenheiten, ausgenommen jene, für die in der Sitzung des Gemeinderates ein Antrag
gemäß § 22 Abs. 1 gestellt wurde;
…
§ 44 Abs. 1+2 NÖ Gemeindeordnung lautet:
(1) Der Gemeinderat, der Gemeindevorstand (Stadtrat) und die Gemeinderatsausschüsse
fassen ihre Beschlüsse in Sitzungen.
(2) Der Gemeinderat, der Gemeindevorstand (Stadtrat) sowie die Gemeinderatsausschüsse
treten zu ihren Sitzungen nach Bedarf zusammen. Der Gemeinderat hat jedenfalls mindestens
einmal in jedem Vierteljahr, der Gemeindevorstand (Stadtrat) einmal in zwei Monaten
zusammenzutreten.
Die Tätigkeit des Bf. als Mitglied des Gemeinde- bzw. nachfolgend Stadtrates beinhaltet,
wie von ihm dargestellt, u.a. die aktive Teilnahme an Sitzungen des Stadt- und Gemeinderates,
des Stadtpartei- und Bezirksparteivorstandes samt Anfragen, Berichterstattungen, Beschlussfassungen
und Abstimmungen, sowie zudem Besprechungen mit externen Firmen, Polizei usw.
Diese Tätigkeit wird nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung nicht typischerweise
in einem im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmer erbracht, d.h. der materielle
Schwerpunkt der Tätigkeit als Mitglied des Gemeinderates/des Stadtrates und somit
der Tätigkeitsmittelpunkt liegt nicht im Arbeitsraum.
Die Darstellung des Bf., wonach er außerhalb seines Arbeitszimmers keine Möglichkeit
hatte, Unterlagen zu kopieren oder ungestört zu telefonieren, geht über die Behauptungsebene
nicht hinaus und ist nicht glaubhaft.
Wenn der Bf. einwendet, dass er vertraulichen Daten unter Beachtung des Datenschutzgesetzes
sowie der Datenschutzgrundverordnung sicher zu verwahren hatte bzw. Prospekte, Werbemittel,
Plakate einen Ablageplatz erfordern und er dazu ein Zimmer benötigt, ist dieser Darstellung
zu folgen.
Alleine daraus ergibt sich aber noch nicht, dass sich aus diesem Grund der Mittelpunkt
seiner gesamten beruflichen Tätigkeit in ein steuerlich als Arbeitszimmer zu qualifizierendes
Zimmer verlegen würde.
Zu Vorbereitungshandlungen hat der VwGH in Hinblick auf Vortragstätigkeiten wiederholt ausgesprochen, dass Vorbereitungsarbeiten
keineswegs den Mittelpunkt der Kerntätigkeit verlagern können (VwGH 20. Jänner 1999,
98/13/0132, 19. April 2006, 2002/13/0202).
Gleiches muss auch für die Tätigkeit als Mitglied eines Gemeinde-/Stadtrates gelten,
sodass auch die dafür zweifelsfrei erforderlichen Vorbereitungshandlungen und Ablagemöglichkeiten
nicht den Mittelpunkt der Kerntätigkeit, das ist die Teilnahme an den oben benannten
Sitzungen, in das Arbeitszimmer verlagern können.
Auch die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu Z 22 des Strukturanpassungsgesetzes
1996, BGBl 1996/201, mit dem § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 angefügt wurde, teilen diese Beurteilung, wenn dort die Aussage getroffen wird, dass
bei Lehrern, Vertretern oder Politikern die betriebliche oder berufliche Tätigkeit
schwerpunktmäßig außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt wird.
Dabei ist die Tätigkeit nach dem typischen Berufsbild zu beurteilen. Liegt demnach
der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer, ist es
nicht mehr wesentlich, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht zu mehr als der
Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (VwGH 19.
April 2006, 2002/13/0202).
Bildet aber das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen
Tätigkeit, dann sind nach dem klaren Gesetzeswortlaut Aufwendungen dafür nicht abzugsfähig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe betragen:
Werbungskosten |
Erklärung |
Erstbescheid |
BVE |
BFG |
11.07.2019 |
31.01.2020 |
|||
Arbeitszimmer |
3.018,60 |
0,00 |
0,00 |
0,00 |
GIS Gebühren |
72,11 |
0,00 |
0,00 |
0,00 |
Bewirtung |
349,50 |
0,00 |
174,75 |
0,00 |
sonst. Werbungskosten |
1.443,60 |
1.443,60 |
1.443,60 |
1.443,60 |
Summe Werbungskosten |
4.883,81 |
1.443,60 |
1.618,35 |
1.443,60 |
Einkommensteuer 2017 |
€ |
|||
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
-1.846,90 |
|||
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit |
||||
L |
30.143,86 |
|||
V |
7.707,51 |
|||
Werbungskosten lt. BFG |
-1.443,60 |
|||
Gesamtbetrag der Einkünfte |
34.560,87 |
|||
Sonderausgaben |
||||
Viertel Personenversicherungen… |
-87,63 |
|||
Kirchenbeitrag |
-147,86 |
|||
a.g. Belastungen |
-699,93 |
|||
Selbstbehalt |
699,93 |
|||
Einkommen |
36.172,28 |
|||
0% für die ersten 11.000,00 |
0,00 |
|||
25% für die weiteren 7.000,00 |
1.750,00 |
|||
35% für die weiteren 13.000,00 |
4.550,00 |
|||
42% für die restlichen 3.325,38 |
1.396,66 |
|||
Steuer vor Abzug Absetzbeträge |
7.696,66 |
|||
Verkehrsabsetzbetrag |
-400,00 |
|||
Pendlereuro |
-90,00 |
|||
Steuer nach Absetzbeträgen |
7.206,66 |
|||
Steuer sonstige Bezüge |
246,37 |
|||
Einkommensteuer |
7.453,03 |
|||
anrechenbare Lohnsteuer |
-5.724,40 |
|||
Rundung gem. § 39 Abs. 3 |
0,37 |
|||
festgesetzte Einkommensteuer |
1.729,00 |
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie
von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere
weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht,
eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung folgt den benannten Erkenntnissen des VwGH, weshalb
eine ordentliche Revision als nicht zulässig zu erklären war.
Wien, am 4. März 2024
