Richtlinie des BMF vom 11.12.2009, BMF-010203/0704-VI/6/2009 gültig von 11.12.2009 bis 13.12.2011

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000

  • 29 Kapitalertragsteuer (§§ 93 bis 97 EStG 1988)
  • 29.1 Steuerpflichtige Kapitalerträge

29.1.4 Kapitalertragsteuer bei Aktien, GmbHs, Genossenschaften und Agrargemeinschaften

29.1.4.1 Inländischer Schuldner

7723

Bei Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie Genossenschaftsanteilen ist die jeweilige Körperschaft zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet. Dies gilt ebenso für Partizipationsscheine iSd Bankwesen- und Versicherungsaufsichtsgesetzes, sowie für Substanzgenussrechte (siehe Rz 6138 ff und Rz 5030 ff). Zu den Gewinnanteilen aus Aktien und Anteilen an GmbH gehören auch Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft mit einer inländischen vergleichbar ist (VwGH 20.9.2006, 2005/14/0124).

7723a

Geld und Sachausschüttungen von körperschaftlich organisierten Agrargemeinschaften (siehe Rz 5030) unterliegen dem Kapitalertragsteuerabzug und sind endbesteuert (§ 93 Abs. 2 Z 1 lit. f in Verbindung mit § 97 Abs. 1 EStG 1988). Für den Kapitalertragsteuerabzug ist unerheblich, ob die Erträge auf Ebene der Agrargemeinschaft landwirtschaftliche oder nichtlandwirtschaftliche Einkünfte darstellen, ob sie steuerbar, steuerfrei oder steuerpflichtig sind. Ausschüttungen auf Grund von Grundverkäufen der Agrargemeinschaft unterliegen daher dem Kapitalertragsteuerabzug.

Der Kapitalertragsteuerabzug ist grundsätzlich davon unabhängig, ob die dahinter stehenden Erträge beim Anteilsinhaber steuerpflichtig oder steuerfrei sind. Nicht zu den Sachausschüttungen gehört das Ausüben des Rechts auf bloße Nutzung der Liegenschaften der Agrargemeinschaft (zB die Nutzung des Weide- oder Wegerechtes).

Im Hinblick darauf, dass Sachausschüttungen vielfach (wegen des Einsatzes der Sachausschüttung im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb) in gleicher Höhe Betriebsausgaben gegenüberstehen und damit die auf Sachausschüttungen entfallende Kapitalertragsteuer nicht auf einen verbleibenden Gewinn entfällt, bestehen keine Bedenken gemäß § 206 lit. c BAO von Kapitalertragsteuerfestsetzungen Abstand zu nehmen, wenn die Ausschüttung (Geld- und/oder Sachausschüttung) je Anteilsinhaber bei der jeweiligen Agrargemeinschaft 2.000 Euro (für Ausschüttungen bis einschließlich 2004: 1.000 Euro) im Kalenderjahr nicht übersteigt (Freigrenze ohne Berücksichtigung von Elementarholz und - ab 2005 - ohne vom Anteilsinhaber für den Eigenbedarf genutztes Holz, Einrechnung von Kalamitätsausschüttungen zu einem Zehntel, siehe Rz 7723e). Die Agrargemeinschaft kann somit Ausschüttungen (Geld- und/oder Sachausschüttungen) von pro Kalenderjahr höchstens 2.000 Euro (für Ausschüttungen bis einschließlich 2004: 1.000 Euro) je Anteilsinhaber (unabhängig von der Anzahl der dem Anteilsinhaber zuzurechnenden Anteile) ohne Vornahme eines Kapitalertragsteuerabzuges vornehmen. Wenn die Ausschüttungen diesen Betrag übersteigen, unterliegen sie insgesamt dem Kapitalertragsteuerabzug. Wenn die Ausschüttungen diesen Betrag nicht übersteigen, sind sie auch nicht in die Einkommensteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

Die Kapitalertragsteuer für Sachausschüttungen ist vom gemeinen Wert derselben zu berechnen. Dabei bestehen keine Bedenken, die Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Bewertung bestimmter Sachbezüge, BGBl. II Nr. 416/2001, analog anzuwenden (siehe dazu auch Rz 7723e).

7723b

Es bestehen keine Bedenken, die auf zu verschiedenen Zeitpunkten vorgenommenen Ausschüttungen entfallende Kapitalertragsteuer einmal jährlich im Nachhinein bis 7. Jänner des Folgejahres an das zuständige Finanzamt abzuführen.

Wenn Ausschüttungen im Laufe des Jahres ohne Steuerabzug erfolgt sind, muss dem jeweiligen Mitglied die auf das Mitglied entfallende Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% der Bemessungsgrundlage in Rechnung gestellt werden. Wird auf die Nachforderung gegenüber dem Mitglied verzichtet, ist die Jahresbemessungsgrundlage mit 33,33% der Kapitalertragsteuer zu unterziehen und die Kapitalertragsteuer bis 7. Jänner des Folgejahres abzuführen.

Die Agrargemeinschaft hat den Empfängern für jede Ausschüttung eine Bescheinigung über die Steuerabrechnung zu erteilen. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Kapitalerträge über ein Kreditinstitut gezahlt werden und über die Zahlung eine Abrechnung durch das Kreditinstitut erfolgt (siehe § 96 Abs. 4 EStG 1988).

Beispiel:

Eine körperschaftlich organisierte Agrargemeinschaft hat 18 Anteile. In der Sitzung vom 15. Jänner 03 wird beschlossen, dass für 02 ein Betrag von 54.000 Euro mit Wirkung ab 20. Jänner 03 zur Ausschüttung gelangen soll. Daraus ergeben sich 3.000 Euro pro Anteil.

  • Von diesem Betrag sind 25%, das sind 13.500 Euro oder 750 Euro pro Anteil, als Kapitalertragsteuer bis spätestens 7. Jänner 04 an das Finanzamt abzuführen, sodass letztendlich 2.250 Euro pro Anteil ausbezahlt werden können.
  • Im Erklärungsformular "Ka1" ist unter Punkt 1 der Betrag von 54.000 Euro und in das Feld "Summe KA" der Betrag von 13.500 Euro einzutragen. Bei den vier Feldern "Der Kapitalertrag ist zugeflossen (§ 95 EStG)" ist das erste Feld "Bezeichnung der Körperschaft, Datum des Beschlusses" anzukreuzen und mit den Worten "Agrargemeinschaft, 15. Jänner 03" auszufüllen.
  • Den Mitgliedern ist eine Abrechnung zur Verfügung zu stellen die lautet:

Bruttoausschüttung vom 20. Jänner 03 für 02

3.000 Euro

davon Kapitalertragsteuer, abgeführt an das Finanzamt X.

750 Euro

Nettoausschüttung

2.250 Euro

 

7723c

Zur Ausschüttung gehören nur Beträge, die auf Grund des Anteilsrechtes ausgeschüttet werden. Beträge, die auf Grund eines anderen Rechtsgrundes an die Anteilsinhaber ausgeschüttet werden, sind nicht als Ausschüttung anzusehen. Dies ist etwa bei der Alpungsprämie der Fall, wenn diese nach Maßgabe des aufgetriebenen Viehs an dessen Besitzer unabhängig von seiner Mitgliedschaft bei der Gemeinschaft ausbezahlt wird. Gleiches gilt für Erlöse aus Milch- (oder Käse-)verkäufen, wenn eine Abrechnung nach der tatsächlichen Milchmenge der Kühe des jeweiligen Bauern erfolgt.

7723d

Werden bei forstlichen Agrargemeinschaften zustehende Holznutzungsrechte dem Anteilsinhaber zur Schlägerung zugewiesen, ist das zur Entnahme zur Verfügung stehende Holz dem Anteilsinhaber als zugeflossen anzusehen; bei Überschreiten der Freigrenze von 2.000 Euro (bis einschließlich 2004: 1.000 Euro, Rz 7723a) ist daher ein entsprechender Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen, auch wenn die tatsächliche Entnahme des Holzes erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.

7723e

Die Bewertung von Brennholz kann nach den in der Sachbezugsverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001, vorgesehenen Werten erfolgen.

Es bestehen keine Bedenken, für Nutzholz bei Selbstschlägerung einen Wert von 60 Euro pro Festmeter und für Nutzholz am Stamm einen Wert von 30 Euro pro Festmeter anzusetzen.

Es bestehen weiters keine Bedenken, den Bezug von Elementarholz (Holz zur Wiedererrichtung von durch Katastrophenschäden beschädigten oder vernichteten, betrieblich oder privat genutzten Gebäuden eines Mitgliedes der Agrargemeinschaft) sowie - ab 2005 - das vom Anteilsinhaber für den Eigenbedarf genutzte Holz weder auf die Freigrenze nach Rz 7723a anzurechnen noch einem Kapitalertragsteuerabzug zu unterwerfen.

Ferner bestehen keine Bedenken, wenn Ausschüttungen, die wegen Waldnutzungen infolge Windbruch (Rz 7325, 7326 und 7334 ff) durch die Agrargemeinschaft getätigt werden, gemäß § 206 lit. a BAO auf 10 Jahre verteilt werden.

Randzahl 7723f: entfällt

29.1.4.2 Ausländischer Schuldner mit inländischer auszahlender Stelle

7723g

Kapitalertragsteuer ist auch von ausländischen Dividenden und Ausschüttungen auf GmbH - Anteile, Bezügen und Rückvergütungen ausländischer Genossenschaften sowie Ausschüttungen von ausländischen Beteiligungen, die mit Substanzgenussrechten vergleichbar sind, einzubehalten, wenn diese Kapitalerträge von einem inländischen Kreditinstitut bzw. einer inländischen Filiale eines ausländischen Kreditinstitutes ausbezahlt werden. Hinsichtlich der Eigenschaft als ein der Kapitalertragsteuer unterliegender Kapitalertrag haften Kreditinstitute nur insoweit, als sie diese Eigenschaft kannten oder auf Grund der im Bankgeschäft zumutbaren Sorgfaltspflichten kennen mussten.