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- 4 Gewinnermittlung - Allgemeine Vorschriften (§§ 4 und 5 EStG 1988)
4.3 Bilanzberichtigung und Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 EStG 1988)
4.3.1 Allgemeines
Bis zum Einreichen beim Finanzamt kann die Bilanz durch den Steuerpflichtigen - innerhalb allfälliger handelsrechtlicher Schranken - jederzeit geändert werden. Nach dem Einreichen beim Finanzamt muss unterschieden werden, ob eine Bilanzberichtigung oder eine Bilanzänderung vorliegt (VwGH 22.3.1993, 91/13/0134, 91/13/0135).
Für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermitteln, gelten die Bestimmungen über Bilanzberichtigungen und Bilanzänderungen schon begrifflich nicht (VwGH 31.3.1976, 0402/76). Sie können Irrtümer in Abgabenerklärungen bis zur rechtskräftigen Abgabenfestsetzung berichtigen (VwGH 23.6.1982, 3666/80).
4.3.2 Bilanzberichtigung
4.3.2.1 Definition des Begriffes Bilanzberichtigung
Unter Bilanzberichtigung versteht man
- die Berichtigung eines in der Bilanz vorhandenen, unrichtigen und daher unzulässigen Bilanzansatzes durch einen zulässigen Bilanzansatz,
- die Aufnahme eines fehlenden (zwingend aufzunehmenden) Bilanzansatzes, oder
- das Ausscheiden eines unzulässigen Bilanzansatzes.
4.3.2.2 Formell - materiell unrichtiger Bilanzansatz
Formelle Mängel, die die Bilanz materiell nicht unrichtig machen, sind nicht im Wege der Bilanzberichtigung zu beheben.
Materielle Mängel liegen vor, wenn in der Bilanz nicht alle tatsächlichen Umstände berücksichtigt sind, die der Steuerpflichtige im Zeitpunkt ihrer Erstellung kannte oder ein sorgfältiger und gewissenhafter Kaufmann bei Anwendung der nötigen Sorgfalt kennen und nach der zutreffenden Gewinnermittlungsmethode berücksichtigen musste.
Hat der Steuerpflichtige die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung eingehalten, dann bleibt die Bilanz auch dann richtig, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass sie objektiv unrichtig ist.
4.3.2.3 Pflicht zur Bilanzberichtigung
Bei einem Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (zB Bilanzwahrheit, Bilanzvollständigkeit, Bewertungsstetigkeit) oder gegen zwingende Gewinnermittlungsvorschriften des EStG 1988 muss sowohl bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 als auch bei jener nach § 5 EStG 1988 eine Bilanzberichtigung vorgenommen werden. Bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 ist eine Bilanzberichtigung überdies bei einem Verstoß gegen zwingende handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (zB Niederstwertprinzip) durchzuführen, sofern nicht zwingende abweichende Vorschriften des EStG 1988 bestehen.
Beispiele für gebotene Bilanzberichtigungen:
- Nachholung einer gebotenen Aktivierung;
- Berücksichtigung bisher nicht bilanzierter betrieblicher Verbindlichkeiten;
- Berichtigung einer unrichtig angesetzten Betriebsschuld, Vornahme unterlassener AfA bzw. Korrektur von zu geringer oder überhöhter AfA;
- Herausnahme notwendigen Privatvermögens aus der Bilanz oder Einbeziehung notwendigen Betriebsvermögens in die Bilanz;
- Rückgängigmachung der Aktivierung von Erhaltungsaufwand.
Eine Bilanzberichtigung muss in jedem Stadium des Besteuerungsverfahrens durchgeführt werden, ggf. auch von Amts wegen (VfGH 7.6.1984, B 401/79).
Die Berichtigungspflicht betrifft grundsätzlich alle Bilanzen, die sich als unrichtig erweisen, selbst dann, wenn Feststellungs- oder Abgabenbescheide, die auf einer unrichtigen Bilanz beruhen, endgültig in Rechtskraft erwachsen sind (VwGH 29.10.2003, 2000/13/0090; VwGH 17.2.1993, 88/14/0097).
4.3.2.4 Steuerliche Auswirkungen der Bilanzberichtigung
Hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen der Bilanzberichtigung ist zu unterscheiden, ob die Veranlagung bereits rechtskräftig ist oder nicht.
4.3.2.4.1 Steuerliche Auswirkungen bis zur Rechtskraft der Veranlagung
Bis zur Rechtskraft der Veranlagung führt die Bilanzberichtigung - ggf. im Wege eines Rechtsmittelverfahrens - auch zu einer Berichtigung der Veranlagung (VwGH 17.10.1952, 1837/50; VwGH 25.6.1954, 1473/53).
4.3.2.4.2 Steuerliche Auswirkungen nach Rechtskraft der Veranlagung
Ist die Veranlagung rechtskräftig, kann die Bilanzberichtigung nur dann zu einer Abänderung der Veranlagung führen, wenn dies verfahrensrechtlich möglich ist (zB Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO).
4.3.2.5 Berichtigung eines unrichtigen Bilanzansatzes
Ein unrichtiger Bilanzansatz ist bis zum Jahr des erstmaligen fehlerhaften Ausweises zurück zu berichtigen (VwGH 14.12.1993, 90/14/0034). Es kommt jedoch deswegen zu keiner Durchbrechung des Bilanzzusammenhanges.
4.3.2.6 Frist
Die Vornahme von Bilanzberichtigungen im Wege der Mitteilung an das Finanzamt ist an keine Frist gebunden.
4.3.2.7 Nachholverbot
Die Auswirkungen eines auf Grund vernachlässigter Sorgfalt unrichtigen Bilanzansatzes können nicht mit steuerlicher Wirkung für ein späteres Wirtschaftsjahr nachgeholt werden:
- So können zB weder unterlassene Abschreibungen uneinbringlicher Forderungen in einem späteren Wirtschaftsjahr gewinnmindernd (VwGH 3.7.1968, 1067/66) noch unterlassene Aktivierungen von Forderungen in einem späteren Wirtschaftsjahr gewinnerhöhend (VwGH 21.10.1966, 0349/66) nachgeholt werden.
- "Jubiläumsgeldrückstellung" und "Urlaubsrückstellung": Geht der Steuerpflichtige vom "deckungslosen Verfahren" zur Rückstellungsbildung über, so muss er eine Bilanzberichtigung durchführen. Die Eröffnungsbilanz ist entsprechend zu berichtigen, sodass sich nur der auf das Wirtschaftsjahr entfallende Teil der Rückstellung auf den Gewinn auswirkt (siehe Rz 3329, sowie VwGH 17.1.1995, 94/14/0110).
4.3.2.7.1 Grundsatz von Treu und Glauben
Weder die Grundsätze des Bilanzzusammenhanges und der Bilanzierungsgleichmäßigkeit noch der Grundsatz von Treu und Glauben besagen, dass die Abgabenbehörde Aufwandsposten, die sie einmal zum Abzug zuließ, rechtswidrigerweise auch weiterhin steuerlich berücksichtigen müsste (VwGH 14.2.1978, 0913/75); vielmehr ist in solchen Fällen eine Berichtigung der entsprechenden Vorjahresbilanzen durchzuführen.
Hat die Behörde eine bestimmte Vorgangsweise durch Jahre hindurch in Übereinstimmung mit dem Abgabepflichtigen in vertretbarer Weise beurteilt, so darf es auf Grund einer anderen Vorgangsweise nicht zu einer Doppelbesteuerung (und auch zu keiner Doppelnichtbesteuerung) kommen (VfGH 30.1.1980, B 29/77).
4.3.3 Bilanzänderung
4.3.3.1 Begriff
Unter Bilanzänderung versteht man das Ersetzen des gewählten, zulässigen Bilanzansatzes durch einen anderen, ebenfalls zulässigen Bilanzansatz (VwGH 22.3.1993, 91/13/0134; 91/13/0135).
Sind steuerrechtlich und handelsrechtlich verschiedene Ansätze zulässig und hat der Steuerpflichtige daher die Möglichkeit, zwischen den zulässigen Ansätzen zu wählen, hat der Steuerpflichtige mit dem Einreichen der Steuererklärung beim Finanzamt seine Entscheidung getroffen.
4.3.3.2 Zustimmung der Abgabenbehörde
Nach der Einreichung der Bilanz beim Finanzamt bedarf eine Bilanzänderung der Zustimmung des Finanzamtes (bzw. im Rechtsmittelverfahren der zur Entscheidung über das Rechtsmittel zuständigen Abgabenbehörde). Die Zustimmung muss von der Behörde erteilt werden, wenn die Bilanzänderung wirtschaftlich begründet ist.
4.3.3.3 Wirtschaftliche Gründe
Wirtschaftlich begründet ist eine Bilanzänderung dann, wenn im Unternehmen, das den Gegenstand der Bilanzierung bildet, stichhaltige, wirtschaftliche Gründe vorliegen (vgl. VwGH 21.9.1988, 87/13/0176).
Beispiel:
Im Falle einer Aktivierung der Aufwendungen für ein Wirtschaftsgut durch das Finanzamt ist die Bilanzänderung hinsichtlich der erstmaligen Geltendmachung der in Betracht kommenden Investitionsbegünstigung wirtschaftlich begründet.
Wirtschaftlich unbegründet ist eine Bilanzänderung vor allem dann, wenn sie bloß der Erlangung zunächst nicht erkannter steuerlicher Vorteile oder dem Ausgleich steuerlicher Nachteile dient oder wenn damit Steuernachforderungen (auf der Basis entsprechender Berichtigung der Besteuerungsgrundlagen durch die Abgabenbehörde) ausgeglichen werden sollen (VwGH 25.10.1995, 94/15/0035).
4.3.3.4 Keine Rückwirkung
Die Bilanzänderung kann im Unterschied zur Bilanzberichtigung nicht rückwirkend auf die Vorjahre vorgenommen werden.