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- 20 Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 27 EStG 1988)
- 20.2 Steuerpflichtige Kapitaleinkünfte (Begriffsdefinitionen)
20.2.2 Stille Beteiligung
20.2.2.1 Wesen der stillen Beteiligung
Die Eigenheit einer stillen Gesellschaft liegt in der entgeltlichen Nutzungsüberlassung von Kapital als Dauerleistung (VwGH 20.12.1994, 89/14/0214). Ein "stiller Gesellschafter" beteiligt sich an einem Unternehmen eines anderen mit einer Vermögenseinlage, wobei die Vermögenseinlage in das Eigentum des Inhabers des Unternehmens übergeht. Die Beteiligung muss am (Teil-)Betrieb und nicht nur am Ertrag einzelner Geschäfte bestehen (VwGH 20.6.1960, 0212/60).
Zur unechten stillen Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) siehe Rz 5815 ff.
Da die stille Gesellschaft iSd § 179 UGB jene Gesellschaftsformen mit umfasst, die § 27 Abs. 1 Z 2 und § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 als Beteiligungen "nach Art eines stillen Gesellschafters" umschreibt (Beteiligung an einer Land- und Forstwirtschaft, am Betrieb eines Freiberuflers oder im Bereich der Vermögensverwaltung), sind derartige stille Gesellschaften ab 1. Jänner 2007 vom Begriff der "stillen Gesellschaft" iSd § 27 und § 93 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 erfasst. Diese Gewinnanteile unterliegen daher auch dem KESt-Abzug (§ 93 Abs. 2 Z 2 EStG 1988). Eine "Beteiligung nach Art eines stillen Gesellschafters" liegt nach Inkrafttreten des UGB weiterhin in jenen Fällen vor, in denen sich ein stiller Gesellschafter an einem "Nichtunternehmen" iSd UGB beteiligt. In einem derartigen Fall besteht keine Verpflichtung zum KESt-Abzug.
Die stille Gesellschaft muss gegenüber der Abgabenbehörde klar und eindeutig zum Ausdruck kommen. Im Falle der Vermögenseinlage ist diese jederzeit buch- und belegmäßig nachvollziehbar (VwGH 11.11.1980, 1175/80). Findet die stille Gesellschaft keinen Niederschlag in den Büchern oder Aufzeichnungen (zB Mitarbeit als Einlage), muss das Gesellschaftsverhältnis dem Finanzamt vorher bekannt gegeben werden; es ist nicht ausreichend, wenn das Gesellschaftsverhältnis erst anhand der Abgabenerklärung zur Kenntnis gebracht wird.
Die Einlage des stillen Gesellschafters kann bestehen aus
- Geldleistungen,
- Sachleistungen (zB Lizenzen) oder
- Dienstleistungen ("Arbeitsgesellschafter").
Bei einer auf dem Familienband beruhenden Gründung einer stillen Gesellschaft, die durch Umwandlung eines Darlehensverhältnisses zustande kommt oder bei der eine Verstärkung des Betriebskapitals unterblieben ist, weil die Einlagen dem Kapitalkonto des Unternehmers entnommen wurden, ist zu prüfen, ob die den stillen Gesellschaftern zugesicherte Gewinnbeteiligung wirtschaftlich gerechtfertigt ist. Dabei muss aus Gründen der Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung grundsätzlich derselbe Maßstab angewendet werden wie bei einer stillen Gesellschaft, die aus familienfremden Personen besteht (VwGH 7.5.1965, 1999/64, 2003/64, 2004/64; VwGH 4.3.1980, 1630/79; VwGH 21.9.1982, 82/14/0049).
20.2.2.2 Abgrenzung Beteiligung als stiller Gesellschafter und Gewährung eines Darlehens
Eine stille Gesellschaft erfordert jedenfalls die Vereinbarung eines gewinnabhängigen Ertrages; dabei ist ein gewinnabhängiges Schwanken des Ertrages zwischen festgelegten Bandbreiten zulässig. Weitere Merkmale für die stille Gesellschaft sind die Verlustbeteiligung, die Teilnahme an Wertsteigerungen des Unternehmens, Auskunfts-, Einsichts-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte, Mitwirkung an der Geschäftsführung sowie Betriebspflicht des Unternehmers.
Beim partiarischen Darlehen wird die Darlehensverzinsung ebenfalls gewinnabhängig vereinbart, es fehlen aber vor allem der gemeinsame Geschäftszweck, die Verlustbeteiligung, der Einfluss auf die Geschäftsführung und die Mitwirkungs- und Kontrollrechte.
20.2.2.3 Abgrenzung Arbeitsgesellschafter und Dienstnehmer
Der Dienstnehmer hat den Zwecken des Dienstgebers, also fremden Zwecken zu dienen, der Gesellschafter hingegen den gemeinsamen Zwecken, somit seinen eigenen Zwecken.
Für einen Arbeitsgesellschafter und gegen einen Dienstnehmer sprechen folgende Kriterien:
- Verlustbeteiligung und hohe Gewinnbeteiligung (VwGH 5.6.1964, 1828/62; VwGH 27.1.1971, 0104/69; VwGH 20.4.1972, 0189/71),
- Hohe Gewinnbeteiligung, auch wenn darauf kein Rechtsanspruch besteht, aber tatsächlich durch Jahre hindurch ausbezahlt wird (VwGH 5.6.1964, 1828/62),
- Arbeitsgesellschafter dient gemeinsamen Zwecken der Gesellschaft und damit eigenen Zwecken (VwGH 5.6.1964, 1828/62),
- Wesentlicher Einfluss auf die organisatorische und kommerzielle Gestaltung des Unternehmens (VwGH 5.6.1964, 1828/62),
- Relativ geringer Lohn bei mehr als ausgleichender Gewinnbeteiligung.
Für einen Dienstnehmer und gegen einen Arbeitsgesellschafter sprechen folgende Kriterien:
- Nicht wesentliche Umsatzbeteiligung.
- Geringfügige Gewinnbeteiligung, geringer Einfluss auf die Geschäftsführung.
- Die gesamte Entlohnung entspricht - auch bei höherer Gewinnbeteiligung - wirtschaftlich der erbrachten Arbeitsleistung.
- Konstante Gewinnbeteiligung, die von der Höhe des Einlagenstandes unabhängig ist.
Erhält ein leitender Angestellter im Falle einer Umsatzbeteiligung eine über seine Stellung hinausgehende Gesamtvergütung, die eine Gewinn- und Risikobeteiligung ersetzt, liegt insoweit eine stille Gesellschaft vor (VwGH 29.10.1969, 0056/69). Eine Kombination zwischen Gewinn- und Umsatzbeteiligung, bei der die Gewinnbeteiligung auf die Umsatzbeteiligung angerechnet wird, ist nicht schädlich.
20.2.2.4 Gewinn- und Verlustanteile
Die Gegenleistung für die Einlage des stillen Gesellschafters muss in einer Gewinnbeteiligung bestehen. Dazu gehören alle gewinnabhängigen Bezüge, die den Charakter einer Gegenleistung für die Leistungen des stillen Gesellschafters haben, die dieser in Erfüllung seiner Gesellschafterstellung erbringt. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters mindert den Gewinn des Betriebsinhabers.
Eine Beteiligung am Verlust ist für die Anerkennung als stille Gesellschaft nicht erforderlich. Im Falle einer Verlustbeteiligung sind die Verlustanteile (nicht auch sonstige Verluste, zB aus einer Fremdfinanzierung) weder ausgleichs- noch vortragsfähig; sie sind jedoch mit späteren Gewinnanteilen aus der stillen Beteiligung, die zur Auffüllung der Einlage zu verwenden sind, zu verrechnen. Nimmt der stille Gesellschafter an Verlusten auch insoweit teil, als sie seine geleistete Einlage übersteigen, sind auch derartige Verlustanteile steuerlich unbeachtlich und mit späteren Gewinnanteilen zu verrechnen.
Beispiel:
A beteiligt sich am Unternehmen des B mit einer fremdfinanzierten Einlage von 100 als (echter) stiller Gesellschafter. A bekommt im Jahr 1 einen Verlustanteil von 8 zugewiesen, die Fremdfinanzierungskosten betragen 3. Der Verlustanteil von 8 ist nicht ausgleichsfähig, der Verlust aus der Fremdfinanzierung (3) kann mit anderen Einkünften ausgeglichen werden.
20.2.2.5 Abschichtungsüberschüsse
Ein über den Stand der Einlage des stillen Gesellschafters hinausgehender Abschichtungsbetrag, den der Inhaber des Unternehmens anlässlich des Ausscheidens des stillen Gesellschafters diesem bezahlt, gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Ist die stille Einlage wertgesichert, so erhöht dies den Abschichtungserlös. Erfolgt die Abschichtung zu einem geringeren Betrag als dem Einlagenstand, dann liegt ein steuerlich unbeachtlicher Verlust am Vermögensstamm vor.
Beispiel:
Einlage Jahr 2001 |
50.000 |
Verlustanteil Jahr 2001 |
30.000 |
Nachschuss Jahr 2002 |
10.000 |
Gewinnanteile Jahre 2002 bis 2004 |
40.000 |
Abschichtungserlös |
70.000 |
Der Einlagenstand beträgt im Jahr 2004 60.000, der steuerpflichtige Abschichtungsüberschuss daher 10.000.
Ist die Einlage durch Verluste unter den ursprünglichen Stand der Einlage gesunken, so ist der Abschichtungsüberschuss zunächst um diese Wartetastenverluste zu kürzen; nur die verbleibende Differenz ist steuerpflichtig.
Beispiel:
Einlage Jahr 2001 |
500.000 S |
Verlustanteil Jahr 2001 |
300.000 S |
Gewinnanteile Jahre 2002 bis 2004 |
200.000 S |
Abschichtungserlös |
550.000 S |
Der Einlagestand beträgt vor der Abschichtung 400.000 S, der Wartetastenverlust 100.000 S. Der Abschichtungsüberschuss von 150.000 S wird zunächst mit dem Wartetastenverlust von 100.000 S verrechnet. Die Differenz in Höhe 50.000 S ist gemäß § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 steuerpflichtig.
Übersteigen die Wartetastenverluste den Abschichtungsüberschuss, dann führen diese Verluste insoweit zu negativen Einkünften aus Kapitalvermögen, als bisher Gewinne versteuert worden sind.