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- 29 Kapitalertragsteuer (§§ 93 bis 97 EStG 1988)
29.4 Einbehaltung und Abzug der Kapitalertragsteuer
29.4.1 Abzugsverpflichteter
29.4.1.1 Kapitalerträge aus Einlagen und sonstigen Forderungen bei Banken
Im Bereich der Kapitalerträge aus Einlagen und sonstigen Forderungen bei Banken ist grundsätzlich die Bank, die die Kapitalerträge schuldet, zum Steuerabzug verpflichtet (§ 95 Abs. 3 Z 1 EStG 1988).
29.4.1.2 Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren
Bei Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren ist zu unterscheiden, von wem die Kapitalerträge ausbezahlt (gutgeschrieben) werden (§ 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988). Erfolgt die Auszahlung durch ein Kreditinstitut, so ist dieses als kuponauszahlendes Kreditinstitut zum Steuerabzug verpflichtet. Unmaßgeblich ist, unter welchem Titel das Kreditinstitut die Kapitalerträge ausbezahlt. Die Abzugsverpflichtung des Kreditinstitutes besteht daher bei Auszahlung von Kapitalerträgen zu eigenen Emissionen und zu fremden Emissionen. Die Abzugspflicht ist weiters nicht davon abhängig, ob das Wertpapier oder der Kupon beim betreffenden Kreditinstitut hinterlegt ist. Zahlt ein Emittent Wertpapierzinsen direkt an den Kuponinhaber aus, so ist er - auch wenn er kein Kreditinstitut, sondern zB eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist - zum Steuerabzug verpflichtet.
Werden Kapitalerträge nicht (nur) vom Schuldner dieser Erträge gewährt, sondern (auch) von Dritten, so sind diese zum Steuerabzug verhalten (§ 93 Abs. 4 in Verbindung mit § 95 Abs. 3 Z 3 EStG 1988). Für Bezahlung von Stückzinsen durch Dritte, die durch ein Kreditinstitut abgerechnet werden, gilt ausschließlich Rz 7758 ff.
29.4.1.3 Die in § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a bis c EStG 1988 genannten vergleichbaren ausländischen Kapitalerträge
Zum Steuerabzug ist jenes inländische Kreditinstitut bzw. jene inländische Filiale eines ausländischen Kreditinstitutes verpflichtet, das die Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. e EStG 1988 auszahlt. Erfolgt die Auszahlung durch einen im EU-Raum ansässigen Wertpapierdienstleister, der selbst kein Kreditinstitut, aber auf Grund der Niederlassungsfreiheit im Inland mittels Zweigstelle tätig ist, ist dieser Wertpapierdienstleister zum Steuerabzug verpflichtet. Es bestehen keine Bedenken, wenn vom Abzugsverpflichteten die Kapitalertragsteuer für diese Kapitalerträge in dem nach § 96 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 genannten Zeitpunkt abgeführt wird.
29.4.2 Zeitpunkt des Steuerabzuges
29.4.2.1 Kapitalerträge aus Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten
Bei Kapitalerträgen aus Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten ist der Steuerabzug in jenem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem die Kapitalerträge im Sinne des § 19 EStG 1988 zufließen. Dies gilt auch dann, wenn die Geldeinlagen und sonstigen Forderungen zum Betriebsvermögen gehören. Der Zufluss von Kapitalerträgen aus Spar- und Sichteinlagen tritt grundsätzlich im Zeitpunkt des Abschlusses der Einlagen ein (§ 32 BWG). Der Abschluss wird regelmäßig am Ende eines Kalenderjahres bzw. bei unterjähriger voller Auszahlung der Einlage im Auszahlungszeitpunkt vorgenommen. Bei Sparbriefen, Kapitalsparbüchern, Termineinlagen und Festgeldern erlangt der Anleger erst im Zeitpunkt des Endes der Laufzeit bzw. im Zeitpunkt der vorzeitigen Auszahlung der Einlage die Verfügungsmacht über den Kapitalertrag. Ein Zufluss der Kapitalerträge und damit die Abzugspflicht ist daher in einem dieser Zeitpunkte gegeben, auch wenn die Einlage über die vereinbarte Laufzeit bestehen bleibt.
Beispiel:
Ein Sparbrief weist eine Laufzeit von 18 Monaten auf. Er wird am 10. Jänner 1999 ausgegeben und Ende der vorgesehenen Laufzeit, das ist der 10. Juli 2000, eingelöst. Die Abzugspflicht für den Kapitalertrag entsteht am 10. Juli 2000. Wäre der Sparbrief vorzeitig am 25. Mai 1999 eingelöst worden, wäre in diesem Zeitpunkt die Abzugspflicht entstanden. Hätte der Anleger das Kapital aus dem Sparbrief über dessen Laufzeit hinaus als Einlage bei der Bank bis 31. Dezember 2000 "stehen gelassen", so wäre die Abzugspflicht für den Kapitalertrag aus dem Sparbrief dennoch am 10. Juli 2000 entstanden.
29.4.2.2 Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren
Die Abzugspflicht für Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren entsteht im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge. Trifft die Abzugspflicht den Emittenten, so richtet sich die Fälligkeit nach den jeweiligen Anleihebedingungen. Ist nicht der Emittent zum Steuerabzug verpflichtet, sondern eine kuponauszahlende Bank, so ist für den Zeitpunkt des Steuerabzugs die Fälligkeit der Kuponauszahlung gegenüber dem Kuponinhaber maßgeblich. Die Fälligkeit von Kapitalerträgen aus Kost- oder Pensionsgeschäften sowie aus Werpapierleihegeschäften richtet sich nach den bei Abschluss festgelegten Bedingungen, bei Kostgeschäften ohne unterdrückten Kupon nach der Kuponfälligkeit. Zum Zeitpunkt des Steuerabzugs bei Kapitalerträgen aus Stückzinsen und aus Unterschiedsbeträgen im Sinne der Rz 7748 siehe die Rz 7758 ff und 7766 f.
29.4.2.3 Turbo-Zertikfikate (Hebelprodukte) und Optionsscheine
Bei Turbo-Zertifikaten (Hebelprodukten) hat die kuponauszahlende Stelle grundsätzlich von einer Kapitalertragssteuerpflicht auszugehen, es sei denn, der Emittent weist gegenüber der Meldestelle gemäß § 12 KMG (das ist die Österreichische Kontrollbank) unter Beilage der Wertpapierbedingungen nach, dass der anfängliche Kapitaleinsatz von untergeordneter Bedeutung (ab "Hebel 5" - siehe dazu Rz 6197b) ist. Dieser Nachweis hat vor Begebung des ersten Stücks am österreichischen Markt zu erfolgen. Dies ist bei inländischen Wertpapieren vor Laufzeitbeginn laut Emissionsbedingungen, bei ausländischen Wertpapieren innerhalb von 24 Stunden nach erstmaligem Auftreten am österreichischen Markt. Werden solche Nachweise später vorgelegt, hat die kuponauszahlende Stelle weiterhin von einer Kapitalertragsteuerpflicht auszugehen. Der Wertpapierinhaber hat jedoch die Möglichkeit, eine Kapitalertragsteuer-Erstattung im Wege der Veranlagung oder - wenn die Voraussetzungen für eine Veranlagung nicht vorliegen - gemäß § 240 Abs. 3 BAO zu beantragen.
Auf Grund der unklaren Rechtslage vor Ergehen des Wartungserlasses 2005 gilt für Hebelprodukte folgende Übergangsregel:
- Wurden vor dem 1. Oktober 2005 Hebelprodukte mit nicht untergeordnetem Kapitaleinsatz ("Hebel ist kleiner 5" - siehe dazu Rz 6197b) begeben und zum 1. Oktober 2005 als kapitalertragsteuerfrei behandelt, so ist auch bis zum Ende der Laufzeit dieser Wertpapiere weder Kapitalertragsteuer abzuziehen, noch eine Gutschrift zu gewähren.
- Wurden vor dem 1. Oktober 2005 Hebelprodukte mit untergeordnetem Kapitaleinsatz (ab "Hebel 5" - siehe dazu Rz 6197b) begeben und zum 1. Oktober 2005 als kapitalertragsteuerpflichtig behandelt, so ist auch bis zum Ende der Laufzeit dieser Wertpapiere Kapitalertragsteuer abzuziehen und eine Gutschrift zu gewähren. Der Wertpapierinhaber hat jedoch die Möglichkeit, eine Kapitalertragsteuer-Erstattung im Wege der Veranlagung oder wenn die Voraussetzungen für eine Veranlagung nicht vorliegen, gemäß § 240 Abs. 3 BAO zu beantragen.
- Keine Anwendung findet diese Übergangsregel auf Produkte, die mit keinem "Hebel" ausgestattet sind; das sind Produkte, deren Wertveränderung sich eins zu eins zur Wertveränderung des Underlyings verhält.
Hebelprodukte sind keine Optionen. Optionen sind Anbote im Sinne des § 861 ABGB auf Kauf oder Verkauf einer Sache. Der Optionsinhaber kann die Option zum Ausübungstag annehmen oder verfallen lassen. Optionen können aber auch so ausgestaltet sein, dass ein tatsächlicher Kauf/Verkauf des Basiswertes grundsätzlich nicht vereinbart wird, sondern dass lediglich der Differenzbetrag zwischen dem Kurswert des Underlyings und dem in der Option festgelegten Kaufpreis zu bezahlen ist (Glattstellen). Eine Verbriefung eines Optionsrechts macht eine Option nicht zu einem Forderungswertpapier. Gewinne aus Optionsscheinen sind daher keine Kapitalerträge iSd § 27 Abs. 2 Z 2 und 5 EStG 1988, sondern allenfalls nach § 30 EStG 1988 steuerpflichtig (siehe Rz 6620ff). Sie unterliegen daher auch nicht dem Kapitalertragsteuerabzug. Sofern Erträge aus Optionsscheinen, deren Emission vor dem 1. Dezember 2005 erfolgte, bei Emission als kapitalertragsteuerpflichtig deklariert wurden, sind sie auch bis zum Ende der Laufzeit der Optionsscheine als kapitalertragsteuerpflichtig einzustufen. Der Wertpapierinhaber hat jedoch die Möglichkeit, eine Kapitalertragsteuererstattung im Wege der Veranlagung, oder, wenn die Voraussetzungen für eine Veranlagung nicht vorliegen, gemäß § 240 Abs 3 BAO zu beantragen.