Richtlinie des BMF vom 10.11.2009, BMF-010219/0277-VI/4/2009 gültig von 10.11.2009 bis 13.11.2014

UStR 2000, Umsatzsteuerrichtlinien 2000

Beachte
  • Diese Rechtslage gilt nicht für Umsätze, die nach dem 31. Dezember 2009 ausgeführt wurden.
Die Umsatzsteuerrichtlinien 2000 stellen einen Auslegungsbehelf zum Umsatzsteuergesetz 1994 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Umsatzsteuerrichtlinien sind als Zusammenfassung des geltenden Umsatzsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen.
  • 3a. Sonstige Leistung (§ 3a UStG 1994)

3a.12. Generalklausel

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§ 3a Abs. 12 UStG 1994 enthält die Generalklausel. Kommt keine Spezialbestimmung zur Anwendung, ist für die Bestimmung des Leistungsortes der Ort maßgeblich, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (das ist dort, wo sich die Leitung des Unternehmens befindet). Ist dieser Ort bei natürlichen Personen nicht eindeutig bestimmbar, kommen als Leistungsort in Betracht: Der Wohnsitz des Unternehmers (§ 26 Abs. 1 BAO) oder der Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts (§ 26 Abs. 2 BAO). Bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen ist der Sitz maßgebend, das ist der Ort, der durch Gesetz, Vertrag, Satzung, Stiftungsbrief und dgl. bestimmt ist (§ 27 Abs. 1 BAO). Der Begriff der Betriebsstätte ergibt sich aus der Judikatur des EuGH zur festen Niederlassung. Voraussetzung einer festen Niederlassung ist ein ständiges Zusammenwirken von Personal- und Sachmitteln, die für die Erbringung der betreffenden Leistungen erforderlich sind, sowie ein hinreichender Grad an Beständigkeit und eine Struktur, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der Leistung ermöglicht (EuGH 04.07.1985, Rs C-168/84, "Berkholz", EuGH 28.06.2007, Rs C-73/06, "Planzer", ebenso VwGH 29.04.2003, 2001/14/0226).

Beispiel:

Ein im Ausland ansässiger Unternehmer erbringt anlässlich einer mehrtägigen Veranstaltung in einem im Inland gelegenen Festzelt Restaurationsleistungen.

Die Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr umfasst eine Reihe von Dienstleistungen vom Zubereiten bis zum Darreichen der Speisen, die das Vorhandensein und Zusammenwirken der entsprechenden Personal- und Sachmittel vor Ort zwingend erfordern. Die Beständigkeit dieser notwendigen organisatorischen Struktur bestimmt sich durch den Anlass (Dauer der Veranstaltung) und die Art der zu erbringenden Leistungen (Erfordernis der Erbringung vor Ort). In gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung ist somit von einer in Österreich gelegenen Betriebsstätte auszugehen, sodass die diesbezüglichen Umsätze der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen.

Betriebsstätte kann auch eine Organgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 sein. Für die Bestimmung des Leistungsortes nach der Betriebsstätte ist Voraussetzung, dass der Umsatz von der Betriebsstätte ausgeführt worden ist, dh. die sonstige Leistung muss in tatsächlicher Hinsicht der Betriebsstätte zuzurechnen sein. Dies ist der Fall, wenn die für die sonstige Leistung erforderlichen einzelnen Arbeiten ganz oder überwiegend durch Angehörige oder Einrichtungen der Betriebsstätte ausgeführt werden. Es ist nicht erforderlich, dass die Betriebsstätte das Umsatzgeschäft selbst abgeschlossen hat. Wird ein Umsatz sowohl an dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, als auch von einer Betriebsstätte ausgeführt, ist der Leistungsort nach dem Ort zu bestimmen, an dem die sonstige Leistung überwiegend erbracht wird.

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Unter § 3a Abs. 12 UStG 1994 fallen zB die in § 23 Abs. 1 UStG 1994 bezeichneten Reiseleistungen (§ 23 Abs. 3 UStG 1994), die Leistungen der Ärzte, Vermögensverwalter, Testamentsvollstrecker, die Leistungen der Notare, soweit sie nicht Grundstücksgeschäfte beurkunden (vgl. Rz 522) oder nicht selbstständige Beratungsleistungen erbringen (vgl. Rz 582), sowie Restaurationsumsätze (EuGH 02.05.1996, Rs C-231/94, "Faaborg-Gelting Linien A/S"). § 3a Abs. 12 UStG 1994 erfasst ferner sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 10 UStG 1994, wenn der Leistungsempfänger kein Unternehmer ist und innerhalb der EU einen Wohnsitz oder Sitz hat (bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 10 Z 15 UStG 1994 nur, wenn der leistende Unternehmer sein Unternehmen vom Gemeinschaftsgebiet aus betreibt). Betreibt der leistende Unternehmer sein Unternehmen vom Drittland aus und ist der Leistungsempfänger eine juristische Person des öffentlichen Rechts vgl. § 3a Abs. 9 lit. c UStG 1994 idF bis 30. Juni 2003 und § 3a Abs. 11 UStG 1994 idF ab 1. Juli 2003.

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Außerdem gilt § 3a Abs. 12 UStG 1994 für den Ort der Leistung bei der Vermietung von Beförderungsmitteln, da die Vermietung dieser Gegenstände von der Regelung nach § 3a Abs. 9 in Verbindung mit § 3a Abs. 10 Z 12 UStG 1994 ausgenommen ist (betreibt der Unternehmer sein Unternehmen vom Drittland aus vgl. § 3a Abs. 11 UStG 1994).

Beispiel:

Ein kanadischer Staatsbürger tritt eine Europareise in Wien an und mietet ein KFZ bei einer Firma in Wien.

Die Vermietung des KFZ durch einen Unternehmer mit Sitz im Inland ist insgesamt steuerbar, und zwar auch dann, wenn das vermietete Beförderungsmittel während der Vermietung im Ausland genutzt wird.

Als Vermietung von Beförderungsmitteln gilt auch die Überlassung von KFZ, die dem Unternehmen dienen, durch Arbeitgeber an ihre Arbeitnehmer zur privaten Nutzung. Das gilt nicht für KFZ die gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 nicht als für das Unternehmen angeschafft gelten.

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Wird eine Segel- oder Motoryacht ohne Besatzung verchartert, so ist eine Vermietung eines Beförderungsmittels anzunehmen. Bei einer Vercharterung mit Besatzung ohne im Chartervertrag festgelegte Reiseroute ist ebenfalls eine Vermietung eines Beförderungsmittels anzunehmen. Das gilt auch dann, wenn die Vercharterung mit Besatzung an eine geschlossene Gruppe erfolgt, die mit dem Vercharterer vorher die Reiseroute festgelegt hat, diese Reiseroute aber im Verlauf der Reise ändern oder in anderer Weise auf den Ablauf der Reise Einfluss nehmen kann. Eine Beförderungsleistung ist dagegen anzunehmen, wenn nach dem Chartervertrag eine bestimmte Beförderung geschuldet wird und der Unternehmer diese unter eigener Verantwortung vornimmt, zB bei einer vom Vercharterer organisierten Rundreise mit Teilnehmern, die auf Ablauf und nähere Ausgestaltung der Reise keinen Einfluss haben.

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Als Beförderungsmittel sind Gegenstände anzusehen, deren Hauptzweck auf die Beförderung von Personen und Gütern gerichtet ist und die sich auch tatsächlich fortbewegen. Zu den Beförderungsmitteln gehören auch Sattelzugmaschinen, Sattelanhänger, Auflieger, Fahrzeuganhänger, Transportbetonmischer, Segelboote, Ruderboote, Paddelboote, Motorboote, Sportflugzeuge, Segelflugzeuge, Wohnmobile, Wohnwagen (vgl. jedoch Rz 519). Keine Beförderungsmittel sind zB Traktoren, Bagger, Planierraupen, Bergungskräne, Schwertransportkräne, Baustellenlastenaufzüge, Transportbänder, Gabelstapler, Elektrokarren, Rohrleitungen, Ladekräne, Schwimmkräne, Container, militärische Kampffahrzeuge, Kampfflugzeuge, Maschinen, Apparate und Geräte zum Ernten oder Dreschen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Unabhängig hievon kann jedoch mit diesen Gegenständen eine Beförderungsleistung ausgeführt werden.

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Die Bergung von Autos und der Transport in eine nahe gelegene Werkstätte durch einen Unternehmer fällt unter § 3a Abs. 12 UStG 1994. Eine Verlagerung des Leistungsortes durch Vorlage einer ausländischen UID ist nicht möglich.

Randzahl 635: derzeit frei.