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. Zum Inhalt (ALT+0) . Zum Hauptmenü (ALT+1) . Zur Fußzeile (ALT+2) . Zu den Zusatzinformationen (ALT+3) .KStR 2001, Körperschaftsteuerrichtlinien 2001
Die Körperschaftsteuerrichtlinien 2001 (KStR 2001) stellen einen Auslegungsbehelf zum Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 idF AbgÄG 2001 dar, der im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können aus den Richtlinien nicht abgeleitet werden.- 1.1 Körperschaftsteuersubjekte (§ 1 KStG 1988)
- 1.2 Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht
- 1.2.1 Unbeschränkte Steuerpflicht
1.2.1.1 Körperschaften des privaten Rechts (§ 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988)
Üblicherweise werden die juristischen Personen des privaten Rechts in Personenverbände (Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit usw.) und in Sachgesamtheiten (Stiftungen, Anstalten, Fonds) gegliedert. Von den juristischen Personen des privaten Rechts sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu unterscheiden.
Die Subsumtion rechtlicher Gebilde unter § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 ist zumindest bei den für die Besteuerung wichtigsten Typen der juristischen Personen des privaten Rechts ohne Schwierigkeiten möglich. In Einzelfällen kann zweifelhaft sein, ob bestimmte ausländische Rechtsgebilde einer der österreichischen Grundtypen der juristischen Personen des privaten Rechts entsprechen (Rz 110). Uneinheitlich ist auch die zivilrechtliche Beurteilung von Vermögensmassen, die zeitlich begrenzt bestehen, wie etwa des ruhenden Nachlasses. Dies berührt die steuerliche Behandlung aber regelmäßig nicht (zB Rz 102).
1.2.1.1.1 Kapitalgesellschaften
Kapitalgesellschaften sind die AG, die SE (siehe Rz 10a) und die GmbH.
Kapitalgesellschaften entstehen gesellschaftsrechtlich mit der Eintragung im Firmenbuch (zum Beginn der Steuerpflicht und zur Vorgesellschaft siehe Rz 117 bis 128). Die Beendigung der Kapitalgesellschaft kann durch verschiedene Rechtsakte erfolgen (zur steuerlichen Behandlung siehe Rz 129 bis 138, Rz 1403 bis 1432 und Rz 1433 bis 1451).
Das Gesetz unterscheidet zwischen kleinen, mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (§ 221 UGB). Das Rechnungswesen der Kapitalgesellschaften ist im Dritten Buch des UGB geregelt. Zu den für alle Unternehmer geltenden Vorschriften (§§ 189 bis 216 UGB) haben Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften des Unternehmensrechts, deren alleiniger, persönlich haftender Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft ist (Kapitalgesellschaft & Co.) bei der Erstellung des Jahresabschlusses ergänzende teils über die allgemeinen Anordnungen hinausgehende Bestimmungen zu beachten (§§ 221 bis 283 UGB). Bei diesen ergänzenden über die allgemeinen Anordnungen hinausgehenden Bestimmungen für die Erstellung des Jahresabschlusses sind größenabhängige Erleichterungen vorgesehen (§ 242 UGB).
Die Jahresabschlüsse von kleinen Kapitalgesellschaften, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften einen Aufsichtsrat haben müssen, sowie die Jahresabschlüsse von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften sind durch einen Abschlussprüfer zu prüfen (§§ 268 bis 276 UGB). Der Abschlussprüfer hat über das Ergebnis der Prüfung einen Prüfungsbericht anzufertigen (§ 273 UGB). Gemäß § 44 EStG 1988 in Verbindung mit § 24 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 muss der Prüfungsbericht der Körperschaftsteuererklärung beigelegt werden.
1.2.1.1.1.1 Die Aktiengesellschaft (AG) und die Societas Europaea (SE)
Die AG ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschafter mit Einlagen auf das in Aktien zerlegte Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (§ 1 AktG 1965). Aktionäre können natürliche oder juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, Personengesellschaften mit Ausnahme der GesBR, Inländer oder Ausländer sein.
Die Gründung kann zu jedem erlaubten Zweck, auch zu einem ideellen (etwa gemeinnützigen), erfolgen. Mindestens zwei Gründer müssen auftreten. Die Vereinigung sämtlicher Aktien in der Hand eines Gesellschafters (Einmanngesellschaften) wird anerkannt.
Das Grundkapital muss mindestens 70.000 Euro betragen (§ 7 AktG 1965). Aktien können entweder als Nennbetragsaktien oder als Stückaktien begründet werden. Nennbetragsaktien müssen auf mindestens einen Euro oder auf ein vielfaches davon lauten. Der Anteil am Grundkapital bestimmt sich nach dem Verhältnis des Nennbetrages der Aktie zum Grundkapital. Stückaktien haben keinen Nennbetrag. Jede Stückaktie ist am Grundkapital in gleichem Umfang beteiligt. Der Anteil am Grundkapital bestimmt sich nach der Zahl der ausgegebenen Aktien. Eigene Aktien darf die AG nur in den in § 65 AktG 1965 aufgezählten Fällen erwerben. Dem Erwerb eigener Aktien steht die Inpfandnahme gleich (§ 65b AktG 1965).
Jede Aktiengesellschaft wird durch ihre Organe tätig, das sind der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung.
Pensionskassen (§ 6 Pensionskassengesetz), Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften (§ 6b KStG 1988) und Beteiligungsfondsgesellschaften (§ 6 Beteiligungsfondsgesetz) sind zwingend in der Rechtsform der AG zu führen.
Die Societas Europaea (SE) ist eine auf Grundlage des Gesetzes über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SEG, BGBl. I 2004/67 idF des BGBl. I 2005/120) gegründete, oder durch eine "formwechselnde Umwandlung" aus einer anderen Rechtsform entstandene, der Aktiengesellschaft weitgehend entsprechende Rechtsform. Das SEG dient der Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), Amtsblatt Nr. L 294 vom 10. November 2001, S 1 bis 21.
Wesentliche Merkmale der SE sind die örtliche Flexibilität hinsichtlich des Gesellschaftssitzes, der zumindest in der EU relativ leicht von einem Land in ein anderes verlegt werden kann.
Neben der Neugründung der SE kann diese auch durch Verschmelzung oder Umwandlung entstehen.
Eine Besonderheit der SE besteht darin, dass sie hinsichtlich ihrer inneren Verfassung zwischen dem dualistischen und dem monistischen System wählen kann. Das dualistische System entspricht dem Aufbau der österreichischen AG mit Vorstand und Aufsichtsrat. Im monistischen System wird die Aufgabe der Geschäftsführung und deren Kontrolle von einem einheitlichen Organ, dem Verwaltungsrat, besorgt. Innerhalb dieses Organes kann aber die Satzung vorsehen, dass einzelnen Mitgliedern des Verwaltungsrates die Geschäftsführung übertragen wird (geschäftsführende Direktoren), während die übrigen Mitglieder überwachende Funktionen übernehmen.
1.2.1.1.1.2 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, enthält keine Begriffsbestimmung, sie ist aber analog zur gesetzlichen Begriffsbestimmung der AG eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschafter mit Einlagen auf das in Stammanteile zerlegte Stammkapital beteiligt sind, ohne für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften. Die Gesellschaft kann nach § 1 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich zu jedem gesetzlich zulässigen, auch ideellen Zweck, durch eine Person (Einmanngesellschaft) oder mehrere Personen gegründet werden. Gesellschafter können natürliche oder juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, Personengesellschaften mit Ausnahme der GesBR, Inländer oder Ausländer sein. Die Gründung kann durch eine oder mehrere Personen erfolgen.
Das Stammkapital muss mindestens 35.000 Euro erreichen und besteht aus den Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter, deren jede mindestens 70 Euro betragen muss. Grundsätzlich muss mindestens die Hälfte des Stammkapitals durch bar zu leistende Stammeinlagen voll aufgebracht werden. Die Einzahlung von weniger als der Hälfte des Stammkapitals ist in Ausnahmefällen zulässig (§ 6a Abs. 2 bis 4 GmbHG).
Jede GmbH wird durch ihre Organe tätig, das sind ein oder mehrere Geschäftsführer und die Generalversammlung. Ein Aufsichtsrat ist in den im § 29 GmbHG aufgezählten Fällen verpflichtend.
1.2.1.1.2 Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Gen)
1.2.1.1.2.1 Allgemeines
Genossenschaften sind Vereine von nicht geschlossener Mitgliederzahl, die im Wesentlichen der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder dienen (§ 1 GenG). Die Genossenschaft ist eine Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Tätigkeit der Genossenschaft muss in erster Linie auf die Abgabe der von ihr erbrachten Leistungen an ihre Mitglieder zu Selbstkosten gerichtet sein. Die Verfolgung von ideellen oder politischen Zwecken kann grundsätzlich nicht Gegenstand einer Genossenschaft sein.
Erzielt eine Genossenschaft einen Gewinn, kann dieser nach Maßgabe des Genossenschaftsvertrages dem für die Selbstfinanzierung gebildeten Reservefonds zugeführt oder an die Mitglieder verteilt werden. Die Verteilung des Gewinnes in Form von Vergütungen oder Nachzahlungen ist möglich.
Genossenschaften können sich an Kapitalgesellschaften, anderen Genossenschaften, Vereinen, Personenhandelsgesellschaften und Gesellschaften bürgerlichen Rechts beteiligen. Die Beteiligung muss der Erfüllung des satzungsmäßigen Zweckes dienen und darf nicht überwiegend zur Erzielung von Erträgen eingegangen werden.
Mitglieder einer Genossenschaft können alle natürlichen und juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts, somit auch andere Genossenschaften sein. Stille Gesellschaften und bürgerlich rechtliche Gesellschaften können nicht Mitglied einer Genossenschaft sein.
Die Genossenschaft wird durch schriftlichen Vertrag (Statut) von mindestens zwei Personen gegründet und entsteht mit der Eintragung im Firmenbuch. Zwischen der Gründung und der Eintragung liegt eine Vorgesellschaft vor (zum Beginn der Steuerpflicht und zur Vorgesellschaft Rz 117 bis 128). Die Auflösung der Genossenschaft ist in den §§ 36 bis 40 GenG geregelt. Nach der Auflösung wird die Genossenschaft liquidiert (§§ 41 bis 51 GenG). Kreditgenossenschaften können ihr Unternehmen oder ihren bankgeschäftlichen Teilbetrieb in eine AG einbringen (§ 92 Abs. 2 BWG).
Die Genossenschaft wird durch ihre Organe tätig, das sind der Vorstand und die Generalversammlung. Ein Aufsichtsrat ist verpflichtend vorgesehen, wenn die Genossenschaft dauernd mindestens 40 Arbeitnehmer beschäftigt. Alle Organe der Genossenschaft sind durch Genossenschafter zu besetzen.
Gemäß § 22 GenG ist der Vorstand verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Bücher geführt werden. Die Grundsätze der Bilanzerstellung, Gewinnberechnung, Bilanzprüfung und der Gewinn- bzw. Verlustverteilung sind gemäß § 5 Z 6 GenG statutarisch festzulegen. Das Rechnungslegungsgesetz 1990 enthält keine konkreten Regelungen betreffend Genossenschaften. Genossenschaften, deren Geschäfte nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern, sind aber Vollkaufleute und unterliegen damit den allgemeinen Vorschriften des Rechnungslegungsgesetzes 1990 (§§ 189 bis 216 UGB). Genossenschaften, die einen Aufsichtsrat bestellen müssen, gelten ex lege als Kaufleute im Sinne des UGB.
1.2.1.1.2.2 Arten von Genossenschaften
Es gibt unterschiedliche Arten von Genossenschaften. Unterschieden wird:
Nach Wirtschaftszweigen:
- Landwirtschaftliche Genossenschaften
- Gewerbliche Genossenschaften
- Konsumgenossenschaften (Verbrauchergenossenschaften)
- Wohnungsgenossenschaften
Nach der wirtschaftlichen Tätigkeit:
- In § 1 GenG werden beispielsweise aufgezählt die Kredit-, Einkaufs-, Verkaufs-, Konsum-, Verwertungs-, Nutzungs-, Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaften
Nach der rechtlichen Organisation:
- Genossenschaften mit unbeschränkter Haftung
- Genossenschaften mit beschränkter Haftung
- Genossenschaften mit Geschäftsanteilshaftung
- Genossenschaften, die der Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974 unterliegen; andere Genossenschaften
- Genossenschaften des privaten Rechts
- Genossenschaften des öffentlichen Rechts
1.2.1.1.2.3 Geschäftsbetrieb
Der wesentliche Zweck einer Genossenschaft ist die Förderung ihrer Mitglieder. Ausgehend davon werden die Geschäfte der Genossenschaften unterschieden in:
Zweckgeschäfte (Hauptgeschäfte)
Das sind Geschäfte, die dem satzungsmäßigen Zweck der Genossenschaft entsprechen wie zB die Überlassung einer Dreschmaschine bei einer landwirtschaftlichen Nutzungsgenossenschaft oder der Ankauf von Milch bei einer Molkereigenossenschaft. Zweckgeschäfte können mit Mitgliedern und mit Nichtmitgliedern der Genossenschaft geschlossen werden. Geschäfte mit Nichtmitgliedern können entweder freiwillig abgeschlossen werden oder sind auf Grund von Gesetzen, Verordnungen usw. verpflichtend abzuschließen (zwangsweise Nichtmitgliedergeschäfte).
Gegengeschäfte
Das sind jene Geschäfte, die zur Durchführung der Zweckgeschäfte erforderlich sind, zB der Ankauf einer Dreschmaschine durch eine landwirtschaftliche Nutzungsgenossenschaft oder der Verkauf von Milch und Molkereiprodukten durch eine Molkereigenossenschaft. Die Gegengeschäfte werden in der Regel mit Nichtmitgliedern geschlossen.
Hilfsgeschäfte
Diese fördern oder ermöglichen die Durchführung der Zweckgeschäfte oder Gegengeschäfte und stehen mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang. Hilfsgeschäfte wie zB der An- und Verkauf von Inventar oder sonstigen Anlagegütern, der Ankauf von Büromaterial usw. ergeben sich aus dem normalen Geschäftsbetrieb. Auch Zukäufe von Nichtmitgliedern können Hilfsgeschäfte sein, wenn die Genossenschaft den Betrieb nur mit diesen Zukäufen aufrechterhalten kann. Geringwertige Zukäufe, die zur Herstellung von Endprodukten erforderlich sind, stellen ebenfalls Hilfsgeschäfte dar.
Nebengeschäfte
Diese stehen mit den Zweckgeschäften in keinem Zusammenhang und entsprechen damit nicht dem Satzungszweck (zB der Ankauf von Eiern und Geflügel durch eine Molkereigenossenschaft). Solche Nebengeschäfte sind nur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zulässig.
1.2.1.1.3 Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit
Die rechtliche Grundlage der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit ist das am 1.Jänner.1979 in Kraft getretene Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Unternehmen mit Sitz im Inland, die den Betrieb der Vertragsversicherung zum Gegenstand haben, dürfen nur in Form einer AG oder eines Versicherungsvereines auf Gegenseitigkeit betrieben werden (§ 3 Abs. 1 VAG). Ausländische Unternehmen, welche die Vertragsversicherung im Inland betreiben, müssen eine in das Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung mit einer eigenen Geschäftsleitung haben (§ 5 VAG). Von ausländischen Versicherungsunternehmen muss überdies vor Aufnahme des Geschäftsbetriebes eine Kaution gestellt werden.
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind Personenvereinigungen, die die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit betreiben. Der bei den einzelnen Mitgliedern entstandene Schaden wird gemeinsam getragen. Die Versicherten sind gleichzeitig die Versicherer. Die Versicherten müssen Beiträge leisten, aus denen die zu erbringenden Versicherungsleistungen und der Betriebsaufwand abgedeckt werden sollen (§ 40 VAG). Aus den Beiträgen ist ein satzungsmäßig bestimmter Teil einer Sicherungsrücklage zuzuführen (§ 41 VAG). Weiters ist eine Risikorücklage zu bilden, die ebenfalls zur Deckung von Verlusten dient (§ 73a VAG). Die Risikorücklage ist vor der Sicherheitsrücklage zu verwenden.
Reichen die von den Mitgliedern eines Versicherungsvereines einbezahlten Beiträge zur Abdeckung der Versicherungsleistung nicht aus, können die Mitglieder - im Unterschied zu den Versicherungen gegen Prämien - zu Nachschüssen verhalten werden oder es müssen die Mitglieder die Herabsetzung der Versicherungsleistung in Kauf nehmen.
Das VAG unterscheidet zwischen großen Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (§ 27 ff VAG) und kleinen Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (§ 62 ff VAG). Die Rechtsgrundlagen für die großen Vereine sind jenen der AG weitgehend angeglichen. Große Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit entstehen durch die Eintragung im Firmenbuch und gelten als Kaufleute. Kleine Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit haben einen örtlich, sachlich und nach der Zahl der Mitglieder eingeschränkten Wirkungsbereich. Kleine Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit müssen nur dann im Firmenbuch eingetragen werden, wenn sie nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern. Kleine Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind mit der Konzessionserteilung errichtet und entstanden. Zu welcher Kategorie ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gehört, wird ausschließlich vom BMF entschieden.
Die Organe eines Versicherungsvereines auf Gegenseitigkeit sind der Vorstand, der Aufsichtsrat und als oberstes Organ die Mitgliederversammlung (Mitgliedervertretung, § 43 Abs. 1 VAG).
Unter Beachtung des § 76 VAG kann sich ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit an Kapitalgesellschaften, anderen Gesellschaften oder an Einzelunternehmen beteiligen. Seit der Novelle BGBl. Nr. 558/1986 dürfen Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit mit Zustimmung des obersten Organs Zusatzkapital in Form von Partizipations- und Ergänzungskapital aufnehmen und darüber Wertpapiere ausgegeben.
Die Rechnungslegung für
- Versicherungsunternehmen, die in der Rechtsform einer AG betrieben werden
- große Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit
- kleine Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des § 63 Abs. 3 VAG
- Zweigniederlassungen von Versicherungsunternehmen mit Sitz außerhalb der EU
hat nach dem dritten Buch des UGB (§§ 189 bis 216 UGB sowie §§ 221 bis 293 UGB), ergänzt und erweitert um die Bestimmungen der §§ 80 bis 86 VAG, zu erfolgen. Darüber hinaus sind mehrere Verordnungen zu beachten, so insbesondere die Verordnung über die Rechnungslegung, BGBl. Nr. 757/1992 idF BGBl. Nr. 97/1995; die SchwankungsrückstellungsVO, BGBl. Nr. 545/1991 idF BGBl. Nr. 158/1993; die DeckungsstockVO, BGBl. Nr. 82/1995. Für die kleinen Vereine bestehen Erleichterungen hinsichtlich der Rechnungslegung, Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes (§ 86 VAG, BGBl. Nr. 96/1995). Die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen unterscheidet sich wesentlich von jener anderer Unternehmen. Dies zeigt sich vor allem in den Gliederungsvorschriften für die Bilanz und für die Gewinn- und Verlustrechnung.