Richtlinie des BMF vom 08.10.2020, 2020-0.650.092 gültig von 08.10.2020 bis 28.10.2020

UP-3000, Arbeitsrichtlinie Allgemeine Bestimmungen

  • 1. Ursprung von Waren
  • 1.2. Ursprungserzielung

1.2.4. Kumulierung

In den Ursprungslisten der jeweiligen Abkommen beziehungsweise autonomen Maßnahmen sind die ursprungsverleihenden Herstellungsvorgängen angegeben, die erfüllt sein müssen, damit eine Präferenzbehandlung in Betracht kommt.

Bei der heutigen Produktionsweise ist es nicht ungewöhnlich, dass an der Herstellung einer Ware Unternehmen in zwei oder mehr Ländern beteiligt sind. Wenden diese Länder dieselben Ursprungsregeln an und haben sie untereinander entsprechende Abkommen (gleiche Präferenzzone) geschlossen, so können sie den Ursprung kumulieren.

Das Ausmaß der Kumulierungsmöglichkeit ist der jeweiligen UP-Arbeitsrichtlinie zu entnehmen, wobei folgende 3 Arten der Kumulierung zu unterscheiden sind:

1.2.4.1. Bilaterale Kumulierung mit Vormaterialien mit Ursprung

Die bilaterale Kumulierung wird zwischen zwei Partnerländern angewandt. Die Hersteller aus den beiden Partnerländern können Vormaterialien und Komponenten mit Ursprung in diesen Ländern verwenden, und die in dem einen Partnerland vorgenommenen Be- und Verarbeitungen und die in dem anderen Partnerland vorgenommenen Be- und Verarbeitungen können zusammengezählt werden, damit die zwischen den Partnerländern gehandelten Waren die Ursprungseigenschaft erwerben.

Beispiel:

Beispiel zu Abschnitt 1.2.4.1.
Bilaterale Kumulierung mit Vormaterialien mit Ursprung 

Ursprungsregel zu Abschnitt 1.2.4.1. 
Bilaterale Kumulierung mit Vormaterialien mit Ursprung 

1.2.4.2. Diagonale bzw. regionale Kumulierung mit Vormaterialien mit Ursprung

Die diagonale Kumulierung bzw. regionale Kumulierung (Letztere ist nur im Allgemeinen Präferenzsystem vorgesehen - siehe Arbeitsrichtlinie UP-8100) wird zwischen mehr als zwei Partnerländern angewandt. Hat Land A Abkommen mit Land B und Land C geschlossen und wenden die drei Länder auf die Be- und Verarbeitung von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft untereinander dieselben Ursprungsregeln an, so kann Land A im Handel mit seinen beiden Partnerländern die diagonale Kumulierung anwenden.

So können beispielsweise Ursprungserzeugnisse der Länder B und C zur Herstellung eines Ursprungserzeugnisses in Land A verwendet werden. Die Einfuhren aus den Ländern B und C nach Land A erfolgen im Rahmen der bilateralen Abkommen zwischen Land A und den anderen beiden Ländern. Da jedoch alle drei Länder dasselbe System von Ursprungsregeln anwenden, kann die Ursprungseigenschaft aller Komponenten zusammengezählt werden, sodass das Enderzeugnis ein Ursprungserzeugnis ist.

Beispiel:

Beispiel zu Abschnitt 1.2.4.2.
Diagonale Kumulierung mit Vormaterialien mit Ursprung 

Beispiel zu Abschnitt 1.2.4.2.
Ursprungsregel ex Kapitel 48 

1.2.4.3. Kumulierung mit Vormaterialien ohne Ursprung (volle Kumulierung)

Herstellungsvorgänge eines Landes, die noch nicht zu einem Ursprungserzeugnis geführt haben (sogenannte "Halb-Ursprungswaren"), werden zu den in einem anderen Land der jeweiligen Präferenzzone durchgeführten Herstellungsvorgängen hinzugerechnet und beide insgesamt als ursprungsbegründend bewertet.

Eine Zollbegünstigung wird jedoch für derartige "Halb-Ursprungswaren" nicht gewährt. Diese kann nur bei der Einfuhr von Waren, die bereits Ursprungserzeugnisse sind, angewendet werden. Für die Weitergabe der Informationen über bereits getätigte Arbeitsvorgänge sind Lieferantenerklärungen für Waren ohne Präferenzursprung vorgesehen.

Für die Erfüllung der Ursprungsregeln aller Zollpräferenzmaßnahmen gilt die EU als ein Land. Dies bedeutet, dass alle Herstellungsvorgänge in einem EU-Mitgliedstaat oder mehreren EU-Mitgliedstaaten addiert werden können (volle Kumulierung) und dies durch Lieferantenerklärungen für Waren ohne Präferenzursprung nachgewiesen wird.

Ob die volle Kumulierung im jeweiligen Präferenzabkommen vorgesehen ist, kann den entsprechenden Arbeitsrichtlinien entnommen werden.

Beispiel zu Abschnitt 1.2.4.3.
Kumulierung mit Vormaterialien ohne Ursprung (volle Kumulierung) 

Ursprungsregel für das in Norwegen erzeugte Gewebe:

Ursprungsregel zu Abschnitt 1.2.4.3.
Kumulierung mit Vormaterialien ohne Ursprung (volle Kumulierung) 

Ursprungsregel für das in der EU erzeugte Hemd:

Ursprungsregel für das hergestellte Hemd
Kumulierung mit Vormaterialien ohne Ursprung (volle Kumulierung) 

1.2.5. Territorialitätsprinzip (Grundsatz)

Grundsätzlich müssen sämtliche Bedingungen für den Erwerb der Ursprungseigenschaft ohne Unterbrechung in der ausführenden Vertragspartei erfüllt werden. Ursprungswaren, die aus einer Vertragspartei in ein Drittland ausgeführt und anschließend wieder eingeführt werden, gelten grundsätzlich als Erzeugnisse ohne Ursprungseigenschaft. Ausnahmen zum Territorialitätsprinzip sind der betreffenden UP-Arbeitsrichtlinie zu entnehmen.

1.2.6. Verbot der Zollrückvergütung

Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die in der EU oder in einem Partnerland bei der Herstellung von Ursprungserzeugnissen verwendet worden sind und für die ein Präferenznachweis ausgestellt oder ausgefertigt wird, dürfen in der EU oder in einem Partnerland nicht Gegenstand einer wie auch immer gearteten Zollrückvergütung oder Zollbefreiung sein. Das Verbot der Zollrückvergütung ist nicht in allen Abkommen der EU vorgesehen. Detailinformationen sind daher den betreffenden Findok-UP-Arbeitsrichtlinien zu entnehmen.